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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Dr. A in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für Inneres, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend einen Antrag auf Neubemessung einer Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der belangten Behörde wird gemäß § 42 Abs. 4 VwGG aufgetragen, die versäumte Entscheidung unter Zugrundelegung folgender Rechtsanschauung zu erlassen:
1. Die mangelnde Zustimmung des Bundeskanzlers hindert die belangte Behörde nicht an der fristgerechten Erlassung des Bescheides, mit dem über die Anträge des Beschwerdeführers vom 18. April 1986 und vom 28. Dezember 1988 abzusprechen ist.
2. § 30a Abs. 4 GG enthält keine erschöpfende Aufzählung der Fälle, in denen die Dienstbehörde zur Neubemessung verpflichtet ist. Auch die Änderung des Ausmaßes der zeitlichen Mehrleistungen kann eine Anpassung der Zulage erfordern.
3. Der Erlaß der belangten Behörde vom 20. Jänner 1984, Zl. 18.109/97-II/2/84, kommt als Beweismittel für das Zutreffen der Behauptungen des Beschwerdeführers, es habe sich der für die Beurteilung der Bemessung der Leiterzulage maßgebende Sachverhalt geändert, nicht aber als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch in Betracht.
4. Der frühestmögliche Zeitpunkt für die Neubemessung der Leiterzulage ist der 1. Jänner 1984.
5. Dabei ist zu prüfen, ob und bejahendenfalls ab wann die vom Beschwerdeführer behaupteten Sachverhaltsänderungen, die einen Anspruch auf Neubemessung begründen können, verwirklicht wurden. Die Erheblichkeit festgestellter Änderungen im Sachverhaltsbereich ist (jedenfalls auch) anhand des rechtskräftigen Bemessungsbescheides der belangten Behörde vom 15. Jänner 1982 zu beurteilen.
Für den Fall, daß die diesem rechtskräftigen Bescheid zugrundegelegten 33 Überstunden zu einem Abschlag bei der Bemessung der zeitlichen Mehrleistungen geführt haben, weil sie unter der Mindestgrenze der Höchstbelastung von 35 Überstunden pro Monat lagen, was im Zweifel zu bejahen ist, liegt eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes bereits ab dem Zeitpunkt (frühestens jedoch ab 1. Jänner 1984) vor, zu dem der Beschwerdeführer 35 Überstunden oder mehr pro Monat geleistet hat.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Hofrat in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Er war bis zu seiner ab 1. September 1992 erfolgten Versetzung in den Ruhestand Leiter der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich.
Für die Dauer dieser Funktion und der von ihm "dabei geleisteten Überstunden im durchschnittlichen Ausmaß von 33 Stunden monatlich" (so der Spruch des nachfolgend zitierten Bescheides) wurde ihm mit Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1982 die Verwendungszulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG (im folgenden Leiterzulage) mit 3 1/2 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VIII (davon 1 1/2 Vorrückungsbeträge als Überstundenvergütung) bemessen. Nach der Begründung dieses Bescheides seien bei der Bemessung der Grad seiner höheren Verantwortung und seine zeitlichen und mengenmäßigen Mehrleistungen berücksichtigt worden. Nach dem diesem Bescheid zugrundeliegenden Antragsformular sind laut Angaben des Beschwerdeführers in der von ihm genannten Überstundenanzahl fallweise auch an Samstagen erforderliche Anwesenheit im Amt sowie der Zeitaufwand für die im Interesse des Amtes notwendige Teilnahme an Veranstaltungen etc. zum Wochenende oder sonst außerhalb der Dienststunden NICHT inbegriffen.
Mit Schreiben vom 18. April 1986 beantragte der Beschwerdeführer, den Bescheid vom 15. Jänner 1982 "der im do. Erlaß vom 20.1.1984, Zl. 18.109/97-II/2/84, vorgesehenen Regelung anzugleichen und (die Zulage) mit Wirkung vom 1.1.1984 bescheidmäßig mit 4 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VIII zu bemessen." Die Berechtigung dieses Begehrens ergebe sich schlüssig aus dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich und der Arbeitsbelastung des Leiters der Sicherheitsdirektion des nach Einwohnern drittgrößten Bundeslandes (einschließlich Wien).
Hierauf teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Mai 1986 im wesentlichen mit, die Änderung der Zulagenbemessung setze eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes voraus. Die Änderung der Bewertung der vom Beschwerdeführer bekleideten Planstelle oder - wie im vorliegenden Fall - die Erstellung sogenannter "Richtlinien" für die Bemessung von Leiterzulagen könnten jedoch keinen Anspruch auf Neubemessung begründen. Die genannten Richtlinien stellten bloß einen Rahmen dar, innerhalb dessen die Bemessung vorzunehmen sei. Die in diesem Katalog angeführten Beträge seien lediglich allenfalls mögliche Höchstgrenzen; sie begründeten aber keinen rechtlichen Anspruch darauf. Bei diesem Katalog handle es sich um ein "rein internes Arbeitspapier" ohne jegliche rechtlich relevante Wirkung. Da der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 18. April 1986 außer der Neufestsetzung der diesbezüglichen Richtlinien keine weiteren Umstände, die eine Neubemessung der Leiterzulage begründen könnten, vorgebracht habe, könne seinem Antrag nicht näher getreten werden. Die Erlassung eines (Feststellungs)Bescheides könne "in concreto" unterbleiben, da über die Gebührlichkeit dieser Zulage an sich kein Streit bestehe und eine förmliche Feststellung der Gebührlichkeit der Leiterzulage kein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung darstelle.
In dem zitierten Erlaß vom 20. Jänner 1984 wurden nach der Einbegleitung "im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Finanzen .. für den Bereich der Bundespolizeibehörden und der Sicherheitsdirektionen ein Katalog über neue Richtlinien der zu bemessenden Zulagen gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 Gehaltsgesetz 1956 erarbeitet. Die neuen Richtlinien über das Ausmaß der Zulagen treten mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1984 in Kraft und haben auf bestehende Bemessungen keine Auswirkung." Für den Sicherheitsdirektor für das Bundesland Oberösterreich ist demnach eine Leiterzulage im Ausmaß von vier Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse VIII, davon zwei für Überstunden, vorgesehen.
Ende Dezember 1988 legte der Beschwerdeführer im Dienstweg ein mit 28. Dezember 1988 datiertes und von ihm unterschriebenes Formblatt betreffend Erklärung seiner Überstundenleistungen vor. Danach leistete er im Durchschnitt 58 Überstunden pro Monat. Davon "sind neben den täglich geleisteten jene weiteren Überstunden enthalten, die ich regelmäßig an Samstagen, fallweise auch an Sonntagen von 8.00 bis 11.30 Uhr leiste".
Im Antrag auf Zustimmung zur (Neu)Bemessung der Leiterzulage (beantragt wurden ab 1. Jänner 1989 vier Vorrückungsbeträge, davon zwei Vorrückungsbeträge als Überstundenvergütung) wies die belangte Behörde darauf hin, es könne mit den der seinerzeitigen Bemessung geltend gemachten 33 Überstunden wegen einer wesentlichen Zahl von Asylwerbern bei weitem nicht das Auslangen gefunden werden. Im Bundesland Oberösterreich seien ständig etwa ein Drittel aller in Österreich registrierten Asylwerber untergebracht. Von der Sicherheitsdirektion Oberösterreich würden jährlich mehr als 4000 Asylverfahren durchgeführt. Der Beschwerdeführer erbringe daher "seit geraumer Zeit" regelmäßig 58 Überstunden monatlich, die für die Leitung der Sicherheitsdirektion unbedingt erforderlich und nicht durch Freizeit ausgleichbar seien.
Der Bundeskanzler stimmte diesem Antrag mit Note vom 25. Jänner 1989 mit der Begründung nicht zu, daß auf die mit Ansehung der Funktion des Beschwerdeführers regelmäßig zu erbringenden Mehrleistungen in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht bereits anläßlich der Erstbemessung der Leiterzulage Bedacht genommen worden sei.
In der Folge teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom 2. Mai 1989 dem Beschwerdeführer diese Auffassung des Bundeskanzlers mit. Für einen neuerlichen Antrag an den Bundeskanzler sei die Vorlage von Unterlagen erforderlich, die die stetig steigende Arbeitsbelastung der Bediensteten der Sicherheitsdirektion dokumentiere.
In einer vom einem Organwalter der Sicherheitsdirektion in Vertretung unterzeichneten Eingabe vom 5. Februar 1990 wies die Sicherheitsdirektion neuerlich darauf hin, in den (auf die Erstbemessung) folgenden Jahren habe sich gezeigt, daß mit der seinerzeitigen zeitlichen Mehrleistung (von 33 Stunden pro Monat) auf Grund der tatsächlichen Arbeitsbelastung nicht das Auslangen habe gefunden werden können. Die tatsächliche Mehrbelastung des Beschwerdeführers habe etwa das doppelte Ausmaß erreicht. Für die Richtigkeit dieser Angaben wurden Zeugen angeboten. Die in den letzten zehn Jahren allgemein eingetretene arbeitsmäßige Mehrbelastung der Sicherheitsbehörden im allgemeinen dürfe als bekannt vorausgesetzt werden. Für die Sicherheitsdirektion Oberösterreich sei sie in den jährlich vorgelegten Tätigkeitsberichten dokumentiert worden. Dies wurde beispielhaft anhand der von der Sicherheitsdirektion durchgeführten Asylverfahren dargestellt (vor 1979: kaum Verfahren; 1979: 328 Verfahren; 1989: 4308 Verfahren bei steigender Tendenz). Diese Mehrbelastung bestehe im wesentlichen nur in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark. Erhebliche Mehrbelastungen, insbesondere für den Sicherheitsdirektor, ergäben sich insofern, als die Abwicklung dieser Verfahren umfangreiche Korrespondenzen mit dem Hochkommissär der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge erforderlich mache, die laut Geschäftsordnung vom Behördenleiter persönlich zu erledigen seien. Außerdem seien auf den Beschwerdeführer als einzigen Leiter einer Sicherheitsdirektion die Richtlinien vom 20. Jänner 1984 nicht angewandt worden.
Auf Grund dieser Unterlagen und der in der Folge am 8. Jänner 1993 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers trat die belangte Behörde innerhalb der ihr nach § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten dreimonatigen Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides neuerlich an das Bundeskanzleramt mit dem Ersuchen heran, der Neubemessung auf vier Vorrückungsbeträgen ab 1. Jänner 1989 zuzustimmen, erhielt jedoch innerhalb dieser Frist (Ablauf: 28. April 1993) keine Entscheidung. Sie legte daher nach Ablauf dieser Frist die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie darauf hinwies, im Hinblick auf § 30a Abs. 2 letzter Satz GG (Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen) sei die Erlassung des versäumten Bescheides "bis dato nicht möglich" gewesen.
Der Verwaltungsgerichtshof, auf den die Zuständigkeit zur Entscheidung auf Grund der Beschwerde gemäß § 27 VwGG übergegangen ist, hat erwogen:
Im Beschwerdefall ist auf Grund der zeitlichen Lagerung § 30a des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, anzuwenden.
Nach § 30a Abs. 1 Z. 3 gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat und diese Verantwortung über dem Ausmaß von Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist die Verwendungszulage mit Vorrückungsbeträgen oder halben Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse und Verwendungsgruppe zu bemessen, der der Beamte angehört. Im Falle des Abs. 1 Z. 3 darf sie vier Vorrückungsbeträge nicht übersteigen. Die Verwendungszulage nach Abs. 1 Z. 3 kann auch in Hundertsätzen des Gehaltes der Gehaltsstufe 2 der Dienstklasse V bemessen werden, wenn dies im Hinblick auf den Grad der höheren Verantwortung erforderlich ist; sie darf in diesem Fall 50 v.H. dieses Gehaltes nicht übersteigen. Innerhalb dieser Grenzen ist die Verwendungszulage nach Abs. 1 Z. 3 nach dem Grad der höheren Verantwortung und unter entsprechender Bedachtnahme auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen zu bemessen. Die Bemessung bedarf der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen.
Gemäß Abs. 3 dieser Bestimmung gelten durch die Verwendungszulage nach Abs. 1 Z. 3 alle Mehrleistungen des Beamten in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht als abgegolten.
Abs. 4 dieser Bestimmung lautet:
"Die Verwendungszulage ist neu zu bemessen, wenn der Beamte befördert, überstellt oder auf einen anderen Arbeitsplatz versetzt wird."
Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen vor, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betrage das Höchstmaß an Überstundenbelastung 35 Stunden pro Monat. Werde dieses Höchstausmaß nicht erreicht, sei die Leiterzulage um einen halben Vorrückungsbetrag niedriger anzusetzen. Dem Erstbemessungsbescheid sei ausdrücklich (schon im Spruch) die Erbringung von 33 Überstunden zugrunde gelegt worden. Daraus sei der Bescheidabspruch verständlich, daß eineinhalb Vorrückungsbeträge von den insgesamt dreieinhalb Vorrückungsbeträgen als Überstundenvergütung zu gelten hätten. Allein durch die Überschreitung dieser Grenze von
35 Überstunden sei eine solche wesentliche Änderung des Sachverhaltes eingetreten, daß ein Anspruch auf Neubemessung bestanden habe. Wie bei jeder Grenzüberschreitung habe zu gelten, daß die Grenze selbst das Erheblichkeitskriterium darstelle. Möge daher auch die quantitative (überstundenmäßige) Mehrleistung nur sukzessive gestiegen sein und 1984 gegenüber der Grundlage des Erstbemessungsbescheides aus 1982 noch keine sehr große Erhöhung eingetreten gewesen sein, so habe sich doch ab jenem Monat Entscheidendes geändert, in dem der Beschwerdeführer durchschnittlich mehr als 35 Überstunden geleistet habe. Tatsächlich sei dies sicher bereits ab 1983 der Fall gewesen. Der Einfachheit halber begnüge sich der Beschwerdeführer aber mit der Geltendmachung ab 1. Jänner 1984, wie er dies in seinem Antrag vom 18. April 1986 begehrt habe. Seither sei auch keine Verjährung eingetreten, da er mit seinem Antrag vom 18. April 1986 ausdrücklich die Neubemessung auf vier Vorrückungsbeträge ab 1. Jänner 1984 geltend gemacht habe. Er habe sich in diesem Antrag ausdrücklich nur auf den Erlaß vom 20. Jänner 1984 bezogen, da er die Auffassung vertrete, die belangte Behörde hätte von Amts wegen tätig werden müssen, sobald sie zu jener Ansicht gelangt sei, die in diesem Erlaß ihren Ausdruck gefunden habe (Bemessung der Leiterzulage für den Sicherheitsdirektor für Oberösterreich im Ausmaß von vier Vorrückungsbeträgen). Man müsse nämlich davon ausgehen, daß Grundlage dieses Erlasses die Erkenntnis gewesen sei, es sei wegen der laufenden Vermehrung der Anforderungen für die Sicherheitsdirektoren der drei größten Bundesländer, insbesondere quantitativ, aber auch insgesamt die Höchstbelastung im Sinne der Zulagenbemessung nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG eingetreten. Damit habe die belangte Behörde (selbst) eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes erkannt, was einen Rechtsanspruch auf Zulagenneubemessung begründe. Abgesehen davon habe der Beschwerdeführer diese Tatsache der Überstundenerhöhung durch das Formblatt vom 28. Dezember 1988 auch selbst konkret vorgebracht. Das Bundeskanzleramt habe dazu einen evident falschen Standpunkt eingenommen: Entgegen seiner Auffassung sei die Überstundenleistung des Beschwerdeführers nicht bereits im rechtskräftigen Bescheid vom 25. Jänner 1982 entsprechend berücksichtigt worden, sei doch diesem Bescheid eine erheblich geringere Überstundenbelastung zugrunde gelegt worden. Er beantrage daher, der Verwaltungsgerichtshof möge in Stattgebung seiner Anträge vom 18. April 1986 und vom 28. Dezember 1988 aussprechen, daß ihm ab 1. Jänner 1984 eine Leiterzulage in der Höhe von vier Vorrückungsbeträgen gebühre.
Vorab ist festzuhalten, daß die in der Gegenschrift von der belangten Behörde zum Ausdruck gebrachte Beurteilung, mangels der (gemäß § 30a Abs. 2 letzter Satz GG) erforderlichen Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen sei bis dato die Erlassung eines Bescheides nicht möglich gewesen, unzutreffend ist: Wie der Verwaltungsgerichtshof beispielsweise im Erkenntnis vom 15. Jänner 1976, Zl. 897/75 = Slg. N.F. Nr. 8959/A, ausgesprochen hat, enthebt das Verhalten einer anderen Zentralstelle die belangte Behörde ihrerseits nicht der vom Gesetz auferlegten Pflicht, über den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag zu entscheiden, wenn sie diese Entscheidungspflicht auch mangels des gemäß § 30a Abs. 2 GG für die Bemessung der Zulage statuierten essentiellen Erfordernisses der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen nur durch Abweisung des Ansuchens des Beschwerdeführers ausüben kann. Das von der belangten Behörde im vorliegenden Verfahren angenommene Entscheidungshindernis besteht somit nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 19. April 1995, Zl. 94/12/0314).
Mit dem zu erlassenden Bescheid hat die Behörde über die Anträge des Beschwerdeführers vom 18. April 1986 und vom 28. Dezember 1988 abzusprechen, in denen er hinreichend klar sein Verlangen auf bescheidförmige Absprache betreffend die Neubemessung seiner Leiterzulage zum Ausdruck gebracht hat. Eine bescheidförmige Erledigung dieser Anträge ist bislang nicht erfolgt; dies gilt auch für seinen Erstantrag vom 18. April 1986, da das Antwortschreiben der belangten Behörde vom 5. Mai 1986, das nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, auch seinem Inhalt nach nicht zweifelsfrei (vgl. dazu die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. September 1977, Slg. N.F. Nr. 9458/A) als Bescheid gewertet werden kann.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu z.B. die hg. Erkenntnisse vom 13. November 1975, Zl. 1343/75, vom 6. April 1981, Zl. 12/1097/80, vom 29. November 1988, Zl. 88/12/0143, vom 18. Dezember 1992, Zl. 90/12/0212 uva.) enthält § 30a Abs. 4 GG keine erschöpfende Aufzählung der Fälle, in denen die Dienstbehörde zur Neubemessung verpflichtet ist. Sie läßt den aus § 68 Abs. 1 AVG sich ergebenden allgemeinen Verfahrensgrundsatz unberührt, wonach die Rechtskraft eines Bescheides einer neuerlichen Entscheidung in der Sache dann nicht entgegensteht, wenn ein für die Entscheidung wesentliches Element des Sachverhaltes eine Änderung erfahren hat. Da nun das Ausmaß der zeitlichen Mehrleistung einen Faktor darstellt, auf den nach § 30a Abs. 2 GG bei der Zulagenbemessung Bedacht zu nehmen ist, kann auch eine in dieser Hinsicht eingetretene Änderung eine Anpassung der Zulage erfordern (vgl. dazu insbesondere das hg. Erkenntnis vom 6. April 1981, Zl. 12/1097/80).
Die Auffassung des Beschwerdeführers, er habe bereits in seinem Antrag vom 18. April 1986 eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes geltend gemacht, trifft im Ergebnis zu. Zwar teilt der Verwaltungsgerichtshof die von der belangten Behörde in ihrem Antwortschreiben vom 5. Mai 1986 vertretene Rechtsauffassung, aus (verwaltungsinternen) Richtlinien könne kein Rechtsanspruch auf Neubemessung der Leiterzulage in einer bestimmten Höhe abgeleitet werden; denn maßgeblich für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Neubemessung seiner Leiterzulage kann nur das Gesetz (hier: § 30a Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 4 GG) sein (zum Wesensgehalt des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und der Bedeutung von Gesetz, Verordnung und - allenfalls - rechtskräftigen Bescheiden als Rechtsgrundlage von Ansprüchen siehe die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, z.B. die Erkenntnisse vom 18. Februar 1994, Zl. 93/12/0065, sowie vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/12/0325 uva.). Seine Berufung auf den (nicht kundgemachten) Erlaß der belangten Behörde vom 20. Jänner 1984 (in dem unter anderem für den Sicherheitsdirektor des Bundeslandes Oberösterreich die Leiterzulagen in der Höhe von vier Vorrückungsbeträgen, davon zwei Vorrückungsbeträgen als Abgeltung für zeitliche und mengenmäßige Mehrleistungen, vorgesehen war) kann aber (jedenfalls auch) als Stütze für sein Tatsachenvorbringen, er erfülle die gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Neubemessung, verstanden werden, leitet er doch die Berechtigung seines Begehrens schlechthin aus dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich der ihm übertragenen Funktion ab. Da zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes als Beweismittel nach § 46 AVG (dessen Anwendbarkeit für das vorliegende Dienstrechtsverfahren sich aus § 1 Abs. 1 DVG ergibt) alles in Betracht kommt, was zu dessen Feststellung geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist, kann die Heranziehung dieses Erlasses der belangten Behörde vom 20. Jänner 1984 als Beweismittel für das Zutreffen der Behauptungen des Beschwerdeführers, es liege eine maßgebende Änderung des Sachverhaltes vor, nicht von vornherein ausgeschlossen werden: Es liegt nahe, daß die im Erlaß vorgenommene Einstufungen für die davon erfaßten Funktionen auf behördlichen Erhebungen beruhen, die auf den vom Gesetz für die Bemessung maßgebenden Kriterien aufbauen und die aktuellen Entwicklungen mitberücksichtigen. Im übrigen wurde dieser Erlaß vom 20. Jänner 1984 nach seiner Einbegleitung im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Bundesminister für Finanzen erstellt. Er stellt daher auch nicht bloß die Vorstellungen eines Ressorts über die Bemessung von Leiterzulagen bestimmter Funktionsträger dar, sondern soll offenkundig im Sinne der Verwaltungsökonomie das Zustimmungsverfahren gemäß § 30a Abs. 2 letzter Satz GG in bezug auf die von dieser Richtlinie erfaßten Funktionen beschleunigen und für nichterfaßte (z.B. neu geschaffene) Funktionen einen Beurteilungsmaßstab für die Einstufung abgeben.
Es kommt daher - ausgehend von der in diesem Antrag des Beschwerdeführers vom 18. April 1986 vorgenommenen (in der Beschwerde wiederholten) Eingrenzung in Verbindung mit den Verjährungsregeln - der 1. Jänner 1984 als frühestmöglicher Zeitpunkt der Neubemessung der Leiterzulage in Betracht.
Der Bundeskanzler hat bisher im Verfahren nach § 30a Abs. 2 letzter Satz in Verbindung mit Abs. 4 GG die vom Beschwerdeführer kritisierte Auffassung vertreten, die geltend gemachte Steigerung der quantitativen Mehrleistungen sei bereits bei der rechtskräftigen Erstbemessung der Leiterzulage (Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1982) berücksichtigt worden.
Dabei ist davon auszugehen, daß der rechtskräftige Erstbemessungsbescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1982 bei der Festlegung von eineinhalb Vorrückungsbeträgen für quantitative Mehrleistungen 33 Überstunden des Beschwerdeführers pro Monat zugrunde gelegt hat.
Ob die Auffassung des Bundeskanzlers zutrifft (dies müßte folgerichtig zu einer Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache führen) oder nicht, hängt von der Klärung verschiedener Sachverhaltselemente ab, die bisher nicht vorgenommen wurde:
Ungeprüft blieb, welches Ausmaß an quantitativer Belastung in der Funktion des Sicherheitsdirektors für das Bundesland Oberösterreich dazu führte, daß im Erlaß vom 20. Jänner 1984 die Abgeltung der quantitativen Mehrleistungen für diese Funktion ab 1. Jänner 1984 mit zwei Vorrückungsbeträgen angesetzt wurde, ob bzw. ab wann der Beschwerdeführer den zu diesen Bemessungsrichtlinien führenden maßgebenden Sachverhalt erfüllte und ob dabei eine Änderung gegenüber dem für den rechtskräftigen Bescheid vom 15. Jänner 1982 maßgebenden Sachverhalt eingetreten ist. Dabei wird auch zu klären sein, ob die der rechtskräftigen Erstbemessung zugrundeliegenden 33 Überstunden des Beschwerdeführers pro Monat, die unter der nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit 35 Überstunden anzusiedelnden Untergrenze der Höchstbelastung lagen, bei der Bemessung der Abgeltung für quantitative Mehrleistungen zu einem Abschlag führte (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1981, Zl. 12/1097/80 und die dort zitierte Vorjudikatur) oder nicht. Im Zweifel ist von einer gesetzeskonformen Vorgangsweise der belangten Behörde (das heißt der Vornahme eines Abzuges) auszugehen. In diesem Fall ist eine Änderung des maßgebenden Sachverhaltes bereits ab dem Zeitpunkt zu bejahen, ab dem der Beschwerdeführer
35 Überstunden oder mehr geleistet hat, frühestens jedoch ab 1. Jänner 1984.
Ergeben diese Ermittlungen, daß der vom Beschwerdeführer auf den Erlaß vom 20. Jänner 1984 (im Sachverhaltsbereich) gestützte Neubemessungsanspruch nicht gegeben ist, wird zu klären sein, ob und bejahendenfalls ab welchem Zeitpunkt das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe 58 Überstunden pro Monat geleistet, zutraf. Auch in diesem Fall ist es erforderlich, die Bedeutung der seinerzeitigen 33 Überstunden für den rechtskräftigen Bemessungsbescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1982 zu ermitteln, weil nur auf diese Weise der Maßstab für die Beurteilung gefunden werden kann, ob es nach Erlassung dieses Bescheides zu rechtserheblichen Änderungen des Sachverhaltes gekommen ist oder nicht.
Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG beschränkt der Verwaltungsgerichtshof sein Erkenntnis auf die Entscheidung dieser Rechtsfragen, weil es die belangte Behörde im bisherigen Verwaltungsverfahren - erkennbar von einer irrigen Rechtsanschauung ausgehend - unterlassen hat, die aufgezeigten Ermittlungen anzustellen. Die belangte Behörde wird nunmehr die versäumte Entscheidung unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen haben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
ZustimmungserfordernisBeschwerdepunkt Beschwerdebegehren ErlässeZurückweisung wegen entschiedener SacheBeweismittelRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeVerschulden der Behörde §73 Abs2 letzter Satz AVGAnspruch auf Sachentscheidung AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993120014.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017