Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
AVG §8Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Dipl. Ing. E P in P, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Lerchenfelder Straße 120/28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. März 2021, Zl. W234 2240538-1/2E, betreffend Parteistellung im Verfahren zur Bewilligung einer Funkanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Fernmeldebüro), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - durch Bestätigung eines entsprechenden Bescheids der belangten Behörde - den Antrag des Revisionswerbers auf Zustellung des fernmeldebehördlichen Bewilligungsbescheides und nachträgliche Einräumung der Parteistellung im fernmeldebehördlichen Bewilligungsverfahren betreffend eine näher bezeichnete Funkanlage zurückgewiesen und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.
2 Das BVwG stellte fest, die näher beschriebene Funkanlage befinde sich im örtlichen Nahebereich des Wohnortes des Revisionswerbers. Rechtlich führte es aus, bei der gegenständlichen Mobilfunksendeanlage handle es sich um eine Funkanlage iSd § 3 Z 6 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003), die einer Bewilligung nach §§ 81 ff leg. cit. bedürfe, wenn sie nicht in eine Verordnung nach § 74 Abs. 3 leg. cit. aufgenommen worden sei. In der einschlägigen Verordnung seien Mobilfunkanlagen nicht von der benötigten Genehmigung freigestellt, weshalb sie in einem Verfahren gemäß §§ 81 ff TKG zu bewilligen seien.
Wem in einem solchen Bewilligungsverfahren Parteistellung zukomme, sei im TKG 2003 nicht explizit geregelt, sodass diese Frage vor dem Hintergrund des § 8 AVG durch Auslegung zu lösen sei.
Unter Hinweis auf VwGH 27.11.2012, 2011/03/0026, und VwGH 18.9.2013, 2011/03/0231, führte das BVwG aus, es handle sich beim Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen iSd § 73 Abs. 2 TKG 2003 um öffentliche Interessen, die von der Behörde von Amts wegen wahrzunehmen seien. Hieraus erwachse Dritten im Nahebereich der Funkanlage - selbst wenn sie Eigentümer von im Nahebereich der Anlage liegenden Grundstücken seien - kein subjektives Recht, sodass ihnen auch keine Parteistellung im Verfahren nach §§ 81 ff TKG 2003 zukomme.
Der Verwaltungsgerichtshof habe erst kürzlich (Hinweis auf VwGH 21.12.2020, Ra 2020/03/0156 bis 0160) diese Rechtsprechung bekräftigt, indem er ausgeführt habe, dass es keine Veranlassung gebe, von der - zur Rechtslage nach dem TKG 2003 idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 102/2011, die sich inhaltlich nicht relevant von der hier maßgeblichen Rechtslage unterscheide, ergangenen - Rechtsprechung, wonach es sich bei der nach den Bestimmungen der §§ 73, 74 und 81 TKG 2003 der Behörde übertragenen Hintanhaltung von Gefährdungen um die Wahrnehmung öffentlicher Interessen handle, die von der Behörde von Amts wegen zu prüfen seien, abzuweichen. Dritten - wie dem Revisionswerber, der geltend gemacht habe, als Nachbar Strahlungen ausgesetzt zu sein - komme daher im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 74 TKG 2003 für die Errichtung und den Betrieb einer Funkanlage keine Parteistellung zu. Mangels Parteistellung stehe dem Revisionswerber auch kein Recht auf Zustellung des Bescheides zu.
3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Soweit der mit „Lösung einer Rechtsfrage der grundsätzliche Bedeutung zukommt“ überschriebene Abschnitt IV. der Revision, der die demnach maßgeblichen Gründe enthalten sollte, sich nicht darauf beschränkt, Auszügen aus dem angefochtenen Erkenntnis Rechtsansichten des Revisionswerbers gegenüberzustellen (womit keine klar formulierte Rechtsfrage dargestellt wird, die bei Entscheidung über die Revision zu lösen wäre), wird darin nur insoweit das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung behauptet, als Folgendes geltend gemacht wird:
8 Das BVwG habe sich mit den Einwendungen des Revisionswerbers in der „Beschwerde zur geänderten Sach- und Rechtslage“ nicht auseinandergesetzt, sei seiner Verpflichtung zur Erforschung des wahren Sachverhalts nicht nachgekommen und habe tragende Verfahrensgrundsätze bei der amtwegigen Wahrheitserforschung in unvertretbarer Weise missachtet; es sei damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen.
9 Damit wird schon deshalb die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt, weil nicht zugleich die Relevanz dieses behaupteten Verfahrensmangels dargelegt wird. Insbesondere fehlt im Hinblick auf die mit der Verletzung der Pflicht „zur amtswegigen Wahrheitserforschung“ behaupteten Feststellungsmängel jegliche Darlegung jener Tatsachen, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten, und ist nicht erkennbar, welche konkreten Tatsachenfeststellungen vom Revisionswerber in Zweifel gezogen werden oder welche ergänzenden, für die entscheidungserheblichen Rechtsfragen relevanten Tatsachenfeststellungen nach Ansicht des Revisionswerbers zu treffen gewesen wären.
10 Ebensowenig zielführend ist das weitere Vorbringen, es fehle Rechtsprechung zur Beantragung einer Parteistellung gemäß § 8 AVG zum TKG 2003 in der Fassung ab der 7. TKG-Novelle, BGBl. I 102/2011, sowie in der „derzeit geltenden Fassung des TKG 2003“:
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Beschluss vom 21. Dezember 2020, Ra 2020/03/0156, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass auch nach der (wie auch im vorliegenden Revisionsfall maßgebenden) Rechtslage ab der TKG-Novelle BGBl. I Nr. 102/2011 ein subjektives Recht von Dritten im räumlichen Nahebereich der Funkanlage auf Wahrnehmung der der Fernmeldebehörde gesetzlich übertragenen Aufgaben im Rahmen des Verfahrens nach § 74 TKG 2003 nicht besteht, weshalb solchen Dritten im Verfahren zur Erteilung der Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Funkanlage keine Parteistellung zukommt.
12 Es besteht also bereits Rechtsprechung zur aufgeworfenen Frage, von der das BVwG auch nicht abgewichen ist.
13 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juni 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030079.L00Im RIS seit
25.01.2022Zuletzt aktualisiert am
25.01.2022