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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie den Hofrat Dr. Faber und die Hofrätin Dr. Funk-Leisch als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des J A A, vertreten durch Dr. Costantino De Nicolò, Rechtsanwalt in 9800 Spittal an der Drau, Jahnstraße 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. August 2021, G304 2238668-1/9E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 20. Februar 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er habe mit einer Frau eine Beziehung geführt und deswegen seit 2004 Probleme mit deren Cousin gehabt, weil dieser die Frau habe heiraten wollen. Dieser Cousin bzw. die Mitglieder des Clans Talabani hätten ihn töten wollen.
2 Mit Bescheid vom 26. November 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest, und erteilte den Auftrag, in einem bestimmten Quartier Unterkunft zu nehmen.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, die Beziehung des Revisionswerbers zu einer Frau zwischen 2003 und 2004 weise durch die anhaltende Bedrohung mit einem „Ehrenverbrechen“ und die besonderen Umstände, nämlich zwei Schussattentate, einen aktuellen Stellenwert auf, der zu einer „real risk Feststellung“ hätte führen müssen. Die reale Gefahr habe sich auf das gesamte Staatsgebiet bezogen und die Bedrohung sei von einer bestimmten Intensität und weise ein Mindestmaß an Schwere auf. Der Sachverhalt sei zudem ergänzungsbedürftig, weil das BVwG kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren geführt und die Fluchtgeschichte nicht vollständig ermittelt habe. Aufgrund der Angaben des Revisionswerbers zu seiner Mutter und seinen Geschwistern wären durch das BVwG konkrete Nachforschungen anzustellen gewesen.
8 Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 28.10.2021, Ra 2020/19/0413, mwN).
9 Diesen Anforderungen wird die Revision nicht gerecht, weil sie weder aufzeigt, welche Aspekte des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers unbeachtet geblieben bzw. welche weiteren Nachforschungen erforderlich gewesen wären, noch darlegt, was sich aus weiteren Ermittlungen konkret ergeben hätte. Die Revision kann mit den behaupteten Verfahrensmängeln den festgestellten Sachverhalt daher nicht in Zweifel ziehen.
10 Im Revisionsfall legte das BVwG das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers seinen Feststellungen nicht zu Grunde, sondern stellte fest, dass der Revisionswerber im Irak weder von staatlicher, noch von privater Seite verfolgt werde. Soweit die Revision vorbringt, das BVwG hätte das Bestehen einer realen Gefahr für den Revisionswerber annehmen müssen, entfernt sie sich daher vom festgestellten Sachverhalt und vermag auch insoweit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 8.11.2021, Ra 2021/19/0390, mwN).
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 30. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021190371.L00Im RIS seit
25.01.2022Zuletzt aktualisiert am
25.01.2022