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27 RechtspflegeNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Verhängung einer Disziplinarstrafe über einen RechtsanwaltSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird daher abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1.1. Mit Erkenntnis vom 18.1.1989, D 19/85-46, hat der Disziplinarrat der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer den Disziplinarbeschuldigten der Disziplinarvergehen der Verletzung der Pflichten seines Berufes und der Beeinträchtigung der Ehre und des Ansehens des Standes in drei Fällen schuldig erkannt; er habe
"a) im Verfahren C130/84 des BG M in der am 2.11.1984 beim Erstgericht eingelangten Berufung die unrichtige Behauptung aufgestellt, daß der Verhandlungsrichter Dr. E im Verhandlungsprotokoll vom 19.9.1984 insofern falsch protokolliert habe, als er feststellte, daß sich der Beklagtenvertreter vor Schluß der Verhandlung entfernt habe;
b) im Verfahren C76/85 des BG M in der mündlichen Streitverhandlung am 24.4.1985 die Behauptung aufgestellt, daß die im Verhandlungsprotokoll vom 12.4.1985 bekundete Verlesung des Aktes C176/83 BG M tatsächlich nicht stattgefunden habe;
c) im Verfahren 3 C270/87 des KG R in der Streitverhandlung am 23.11.1987 den Verhandlungsrichter Dr. K B während der Parteienvernehmung der K Ö trotz vorheriger Abmahnung mehrmals unterbrochen und selbst an die Parteien Fragen gestellt, ohne daß ihm der Verhandlungsrichter vorher das Fragerecht zuerkannt habe."
Er wurde hiefür zu einer Geldbuße von S 5.000,-- und zum Ersatz der Verfahrenskosten verurteilt.
Hingegen wurde der Disziplinarbeschuldigte von den wider ihn erhobenen Anschuldigungen, er habe
"d) im Verfahren C313/84 des BG M in der Streitverhandlung am 20.2.1985 die Äußerung des Richters Dr. E, es liege dem Rechtsstreit wohl eher ein Pacht- als ein Mietverhältnis zugrunde, als lachhaft bezeichnet;
e) im Verfahren C76/85 des BG M in der Streitverhandlung am 24.4.1985 sich als Parteienvertreter gegenüber der Zeugin A B aggressiv ('ungestüm') verhalten, das Fragerecht mißbraucht und Drohgebärden eingenommen;
f) im Verfahren C232/84 des BG M in der Streitverhandlung am 8.5.1985 als Parteienvertreter durch Stellen eines fadenscheinigen Ablehnungsantrages eine Verschleppung des Verfahrens bewirken wollen,"
freigesprochen.
1.1.2. Der Freispruch zu litf) ist in Rechtskraft erwachsen.
Im übrigen haben gegen dieses Erkenntnis der Disziplinarbeschuldigte und der Kammeranwalt Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (künftig: OBDK) erhoben.
1.2.1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 4.4.1990, D 52/88, wurde der Disziplinarbeschuldigte schuldig erkannt, das Disziplinarvergehen der Verletzung der Pflichten seines Berufes und der Beeinträchtigung der Ehre und des Ansehens des Standes dadurch begangen zu haben, daß er
"a) am 17.2.1988 dem Rechtsvertreter der Firma F W, Rechtsanwalt Dr. M L am 17.2.1988 bei einem einvernehmlich festgelegten Termin zur Besichtigung der Baustelle mit einem Bausachverständigen den Zutritt zur Baustelle und damit die Teilnahme an der Befundaufnahme verwehrt hat;
b) in der Rechtssache 1 Cg 299/84 des Landesgerichtes L zur Verhandlung am 16.6.1988 einen nicht substitutionsberechtigten Rechtsanwaltsanwärter (mit kleiner Legitimationsurkunde) entsandt hat."
Hiefür wurde der Disziplinarbeschuldigte zu einer Geldbuße von S 15.000,-- verurteilt.
Hingegen wurde er von der wider ihn erhobenen Anschuldigung, er habe weitere Disziplinarvergehen dadurch begangen, daß er
"bb) am 15.12.1988 nach Anhängigkeit einer Rechtssache, in welcher die Firma F W von Rechtsanwalt Dr. M L vertreten wurde, den Geschäftsführer der Firma F W J H zu einem außergerichtlichen Vergleichsgespräch zu bewegen und dadurch den Rechtsvertreter dieser Partei zu umgehen versuchte;
cc) und in der Rechtssache 1 Cg 299/84 des Landesgerichtes L seine Klienten vom abgeschlossenen Vergleich und dessen Widerrufsmöglichkeiten nicht oder verspätet unterrichtete,"
freigesprochen.
1.2.2. Der Disziplinarbeschuldigte bekämpfte den schuldigsprechenden Teil des Erkenntnisses mit Berufung wegen Verletzung des Grundrechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie wegen Schuld und Strafe und beantragte, ihn freizusprechen. Der Kammeranwalt bekämpfte den freisprechenden Teil des Erkenntnisses (in den Punkten d) und e)) und den Ausspruch über die Strafe und beantragte, die verhängte Geldbuße schuldangemessen zu erhöhen.
1.3.1. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 7.10.1991, DV 10/91-25, wurde der Disziplinarbeschuldigte schuldig erkannt, Ehre und Ansehen des Standes beeinträchtigt und die Berufspflichten dadurch verletzt zu haben, daß er
"1.) eine gegen ihn vor dem Kreisgericht R im Innkreis zu 3 Cg 206/89 eingeklagte berechtigte Architektenhonorarforderung in Höhe von S 617.572,-- mutwillig bestritten hat;
2.) in diesem Verfahren eine ihm zu anderen Zwecken zur Verfügung gestellte Privaturkunde mißbräuchlich verwendet hat, um sich dadurch eine günstigere Prozeßsituation zu verschaffen;
3.) bei seiner Honorarforderung gegen C P Leistungen mit überhöhten Tarifansätzen verrechnet hat, so die Kommissionen vom
18. und 25.4.1990, das Rangordnungsgesuch vom 24.4.1990 und das Pfandrechtslöschungsgesuch vom 25.5.1990."
Er wurde hiefür zu einer Geldbuße von S 70.000,-- und zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt.
1.3.2. Gegen dieses Erkenntnis haben der Beschuldigte und der Kammeranwalt Berufung an die OBDK erhoben.
2. Mit Erkenntnis der OBDK vom 25.1.1993, Bkd 43,88/90, 10 Bkd 4/92, wurde den Berufungen des Disziplinarbeschuldigten und des Kammeranwaltes wegen Schuld teilweise Folge gegeben.
Es wurden
"A. das Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 18.1.1989, D 19/85, das im übrigen unberührt bleibt, im Freispruch zu 2a) und b) und demgemäß auch im Strafausspruch, ferner
B. das Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 4.4.1990, D 52/88, das im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung des Schuldspruchfaktums a) auch als Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und demgemäß gleichfalls im Strafausspruch sowie schließlich
C. das Erkenntnis des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 7.10.1991, DV 10/91, zur Gänze
aufgehoben."
Im Umfang dieser Aufhebungen wurde in der Sache selbst zu Recht erkannt:
"1) Dr. W R ist schuldig, er hat
a) am 20.2.1985 im Verfahren C313/84 des Bezirksgerichtes M die Äußerung des Richters Dr. E, es liege dem Rechtsstreit wohl eher ein Pacht- als ein Mietverhältnis zugrunde, als lachhaft bezeichnet, sowie
b) am 24.4.1985 im Verfahren C76/85 des Bezirksgerichtes M sich als Parteienvertreter gegenüber der Zeugin A B aggressiv verhalten, das Fragerecht mißbraucht und Drohgebärden eingenommen,
Dr. W R hat hiedurch die Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen.
2) Dr. W R hat durch das in Punkt a) des Erkenntnisses des Disziplinarrates der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 4.4.1990, D 52/88, festgestellte Verhalten lediglich das Disziplinarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes begangen.
3) Dr. W R wird für die ihm demnach zur Last fallenden Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung und der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes insgesamt, nämlich gemäß den Punkten 1a) bis c) des Erkenntnisses vom 18.1.1989, D 19/85 und gemäß dem Punkt b) des Erkenntnisses vom 4.4.1990, D 52/88, sowie laut den Punkten 1) und 2) dieses Erkenntnisses zu einer Geldbuße in Höhe von
S 25.000,-- (Schilling fünfundzwanzigtausend)
verurteilt.
4) Die Disziplinarsache DV 10/91 wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die 1. Instanz zurückverwiesen.
5) Mit ihren Berufungen wegen Strafe werden der Disziplinarbeschuldigte und der Kammeranwalt teils auf die Strafneubemessung und teils auf die kassatorische Entscheidung verwiesen."
Im übrigen wurde den Berufungen des Disziplinarbeschuldigten und des Kammeranwaltes wegen Schuld nicht Folge gegeben.
Der Disziplinarbeschuldigte hat nach dem Spruch die anteiligen Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte "auf zügige Abwicklung der Disziplinarverfahren D 19/85 und D 52/88 gemäß Art6 Abs1 MRK" sowie des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz "oder anderer verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte" geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
4.1.1. Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, das Disziplinarverfahren D 19/85 gehe auf Anzeigen zurück, die 1985 erstattet worden seien, das Disziplinarverfahren D 52/88 auf Anzeigen vom September/November/Dezember 1988. Weder der Sachverhalt, noch der Umfang oder die Schwierigkeit der Fälle würden zu D 19/85 eine fast achtjährige, zu D 52/88 eine fast viereinhalbjährige Verfahrensdauer rechtfertigen. Die belangte Behörde habe dies nicht berücksichtigt, weshalb er durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht "auf zügige Abwicklung von Disziplinarverfahren" verletzt worden sei.
4.1.2. Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer offensichtlich geltend, daß die Dauer der Disziplinarverfahren mit Art6 EMRK nicht im Einklang stünde. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht dieser Ansicht. Dem angefochtenen Erkenntnis liegen drei Disziplinarverfahren zugrunde, in denen insgesamt über 13 Fakten abzusprechen war. Es ging dabei um unterschiedlichste Sachverhalte, die zu verschiedenen Zeitpunkten in den Jahren 1984 bis 1990 verwirklicht worden waren. Die Disziplinarbehörde hatte im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Sachverhalte zeitaufwendige Verfahren durchzuführen und für jeden Einzelfall die Spruchreife zu erwägen sowie die Schuld- und Straffrage unter Berücksichtigung des gesamten Verfahrensumfanges zu beurteilen. Unter Berücksichtigung dieser spezifischen Umstände kann nicht davon gesprochen werden, daß durch die Dauer der Verfahren, die Gegenstände des angefochtenen Bescheides bilden, gegen Art6 EMRK verstoßen wurde.
4.2.1. Der Beschwerdeführer behauptet weiters, der angefochtene Bescheid verletze ihn im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, da eine "vorzeitige" Strafneubemessung und Teilung des Strafausspruches im Rechtsmittelverfahren nur ausnahmsweise zulässig sei, ein solcher Fall jedoch nicht vorliege. Die OBDK habe unterlassen, zu berücksichtigen, daß durch die Verfahrensdauer allein ein langandauerndes Übel für den Beschwerdeführer bewirkt werde und daß eine zeitlich große Entfernung zu abgeurteilten Taten das kriminalpolitische Interesse am sofortigen Ausspruch eher in den Hintergrund treten lasse, weil die Notwendigkeit des sofortigen Strafvollzuges nicht mehr gegeben erscheine. Es liege auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung vor, weil die Tilgungsfrist erst nach Abschluß des offenen Verfahrens DV 10/91 zu laufen beginne.
Die OBDK habe es auch, mit Ausnahme des Faktums Entsendung eines nicht substitutionsberechtigten Rechtsanwaltsanwärters, unterlassen, hinsichtlich der einzelnen Fakten zu prüfen, ob nicht die Anwendung des §3 DSt gerechtfertigt wäre und ob §39 leg.cit. angewendet werden durfte. Was die Entsendung eines nicht substitutionsberechtigten Rechtsanwaltsanwärters betreffe, habe die belangte Behörde ignoriert, daß diese mit ausdrücklicher Zustimmung des Senatsvorsitzenden erfolgt sei, um eine Vertagung zu vermeiden. Wenn ihm die belangte Behörde anlaste, er habe eine rechtliche Meinungsäußerung eines Richters als lachhaft bezeichnet, berufe er sich auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf freie Meinungsäußerung. Was schließlich den Schuldspruch betreffe, daß er ein aggressives Verhalten gegen eine vernommene Zeugin gesetzt hätte, weiche der angefochtene Bescheid vom Inhalt der Akten ab. Die OBDK habe sich mit seinem umfangreichen Vorbringen nicht beschäftigt und die in der Berufung gestellten Beweisanträge übergangen. Diese Mangelhaftigkeit ziehe eine nicht gerechtfertigte Benachteiligung des Beschwerdeführers nach sich.
4.2.2. Auch diese Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, nachzuweisen, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder einem sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985, 11682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Daß der angefochtene Bescheid auf einer der Verfassung widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise ein verfassungswidriger Inhalt unterstellt wurde, wird vom Beschwerdeführer gar nicht behauptet; auch der Verfassungsgerichtshof sieht sich zu solchen Bedenken nicht veranlaßt.
Der Vorwurf der Gleichheitswidrigkeit würde daher nur dann zutreffen, wenn die belangte Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10338/1985, 11213/1987).
Ein solcher Vorwurf kann der belangten Behörde aber offenkundig nicht gemacht werden. Dem Beschwerdevorbringen, daß die belangte Behörde zu einer Teilung des Strafausspruches und einer Strafneubemessung im Rechtsmittelverfahren nur ausnahmsweise berechtigt sei, ein solcher Fall jedoch nicht vorliege, wird von der belangten Behörde in der Gegenschrift entgegengehalten, daß es in einem offenkundigen Widerspruch zu dem ebenfalls erhobenen Vorwurf einer überlangen Verfahrensdauer stehe. Gerade daraus rechtfertigt sich das Vorgehen der belangten Behörde. Lägen einem Beschuldigten mehrere Disziplinarvergehen zur Last, so sei gemäß §16 Abs5 DSt 1990, außer in den Fällen der Absätze 3 und 4, nur eine Disziplinarstrafe zu verhängen. Die §§31 und 40 StGB seien sinngemäß anzuwenden, sodaß auch für das Disziplinarverfahren das Absorptionsprinzip (§28 Abs1 StGB) gelte.
Diese Auffassung ist jedenfalls nicht unvertretbar, sodaß schon deshalb vom Vorwurf eines willkürlichen Vorgehens der belangten Behörde keine Rede sein kann.
Entgegen den Beschwerdebehauptungen kann der belangten Behörde auch nicht der Vorwurf gemacht werden, jegliche Ermittlungstätigkeit in entscheidenden Punkten, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens oder einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten, unterlassen zu haben.
Tatsächlich erschöpft sich das Beschwerdevorbringen zu einigen Fakten im Vorwurf einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens, zu anderen Fakten in einer Rüge der Beweiswürdigung und der Behauptung einer unrichtigen Anwendung des Gesetzes, ohne hiebei die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit, auf Freiheit der Meinungsäußerung oder eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes aufzuzeigen. Ob die belangte Behörde richtig entschieden hat, hat jedoch der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen.
4.3.1. Schließlich behauptet der Beschwerdeführer, die Disziplinarverfahren seien "offenbar in den ersten Jahren ihrer Anhängigkeit mit nicht verfassungsgemäßen Geschäftsordnungen durchgeführt" worden, weshalb der Beschwerdeführer auch im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei.
4.3.2. Auf dieses Vorbringen sieht sich der Verfassungsgerichtshof schon im Hinblick auf das Fehlen jeder Konkretisierung nicht veranlaßt, einzugehen. Dem Verfassungsgerichtshof ist jedenfalls anhand des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar, wieso der Beschwerdeführer durch die Verfassungs-(Gesetz-)widrigkeit von Geschäftsordnungen, die vor Jahren in Kraft gestanden sein sollen, dermaßen betroffen sein könnte, daß er durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt wäre.
5. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin insgesamt nicht stattgefunden. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war deshalb als unbegründet abzuweisen.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz und Z2 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Rechtsanwälte, Disziplinarrecht Rechtsanwälte, fair trial, Strafrecht, Strafbemessung, Absorptionsprinzip, Zusammentreffen strafbarer HandlungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:B955.1993Dokumentnummer
JFT_10058988_93B00955_2_00