TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/29 W192 2180421-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.09.2021
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Entscheidungsdatum

29.09.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W192 2180421-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Ruso über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017, Zahl: 1076444302-150787385, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 i.d.g.F. als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein damals minderjähriger Staatsangehöriger Afghanistans, reiste gemeinsam mit einem älteren Bruder (nunmehriger Beschwerdeführer zu W192 2179453-1) illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 03.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Eine niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers unterblieb angesichts seiner damaligen (unmündigen) Minderjährigkeit; durch den gemeinsam mit ihm gereisten Bruder wurde zu den Gründen der Flucht der Brüder anlässlich der am Tag der Antragstellung durchgeführten Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausgeführt, dass die im Iran geborenen Brüder in diesem Land keine Zukunftsperspektiven gehabt und unter Schikanen der dortigen Behörden gelitten hätten.

Mit Beschluss eines Bezirksgerichts vom 03.11.2015 wurde der Kinder- und Jugendhilfeträger Wien, Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, mit der Obsorge für den Beschwerdeführer betraut.

Am 04.11.2015 stellte ein weiterer zwischenzeitlich ins Bundesgebiet eingereister Bruder des Beschwerdeführers (nunmehriger Beschwerdeführer zu W192 2180439-1) ebenfalls einen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 02.10.2017 gab der damals minderjährige Beschwerdeführer im Beisein seines gesetzlichen Vertreters und einer Vertrauensperson sowie eines Dolmetschers für die Sprache Dari auf Befragen an, er sei ein gesunder, im Iran geborener, Staatsangehöriger Afghanistans, sunnitischer Moslem und Tadschike. Er sei ledig und kinderlos, seine Eltern seien im Iran aufhältig. Zwei seiner Brüder seien mit ihm in Österreich, ein weiterer Bruder und zwei Schwestern befänden sich bei den Eltern im Iran. Der Beschwerdeführer habe immer in der iranischen Herkunftsstadt gelebt und habe dort sechs Jahre eine Schule besucht. Der Aufenthalt seiner Familie sei teils legal, teils illegal gewesen. Der Beschwerdeführer stehe mit seiner im Iran lebenden Familie in Kontakt, habe jedoch keine Informationen über etwaige Besitztümer seiner Familie oder das Vorhandensein weiterer Verwandter. In Afghanistan habe er sich nie aufgehalten, er habe dort niemanden und habe auch keine Kontakte dorthin. Weshalb seine Familie Afghanistan verlassen hätte, sei dem Beschwerdeführer nie erzählt worden. Den Iran habe er verlassen, da sie immer Angst vor einer Abschiebung gehabt hätten, zudem sei er an seiner Schule der einzige Sunnit gewesen. Die Entscheidung, dass er den Iran Richtung Europa verlassen solle, sei von seinem Vater getroffen worden. Zu seinen konkreten Befürchtungen für den Fall seiner Niederlassung in Afghanistan erklärte der damals minderjährige Beschwerdeführer, dass er Afghanistan nie gesehen hätte und dort niemanden habe. Die Lage in Afghanistan sei unsicher und er hätte Angst um sein Leben. Wenn man nicht bete, werde man geschlagen.

Mit Eingabe vom 12.10.2017 wurde durch die damals bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation eine für alle drei Brüder gleichlautende Stellungnahme zum anlässlich der Einvernahmen zur Kenntnis gebrachten Länderberichtsmaterial eingebracht, in welcher ausgeführt wurde, dass das Länderinformationsblatt die höchst volatile Sicherheitslage in Afghanistan belegen würde. Ergänzend wurde auf auszugsweise wiedergegebenes Berichtsmaterial zur problematischen Situation von nach Afghanistan zurückkehrenden Personen sowie zur sich verschlechternden Sicherheitslage im Land verwiesen. Schließlich wurden Ausführungen zur notwendigen Berücksichtigung des Kindeswohls getroffen.

2. Mit dem nunmehr hinsichtlich Spruchpunkt I. angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.11.2017 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) sowie dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 leg.cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe keine ihm in Afghanistan drohende Verfolgung aus asylrelevanten Motiven vorgebracht und es habe eine solche auch durch die Behörde nicht erkannt werden können. Der Beschwerdeführer sei im Iran geboren und habe keine Angaben zu den Gründen der Ausreise seiner Eltern aus Afghanistan erstatten können. Das Nichtvorliegen einer Verfolgung ergebe sich daraus, dass der Beschwerdeführer nie in Afghanistan aufhältig gewesen wäre und eine entsprechende Befürchtung auch nicht vorgebracht hätte. Wenn auch dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine Verfolgungshandlungen drohen würden, so sei es jedoch absehbar, dass dieser aufgrund seiner Minderjährigkeit und des fehlenden familiären Rückhalts im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat derzeit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer einer unmenschlichen Behandlung gleichzusetzenden Lage ausgesetzt sein würde. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer derzeit auf sich alleine gestellt nicht in der Lage sein würde, im Herkunftsstaat Fuß zu fassen und seine existenziellen Grundbedürfnisse zu decken.

3. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde durch die damals bevollmächtigte Vertretung des Beschwerdeführers mit Eingabe vom 18.12.2017 die gegenständliche Beschwerde erhoben. Begründend wurde ausgeführt, dem Beschwerdeführer drohe aufgrund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe in seinem Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung durch die Taliban. Die Behörde habe es unterlassen, den Beschwerdeführer konkret zu befragen und den maßgeblichen Sachverhalt zu erforschen. Zudem würde der Beschwerdeführer aufgrund der allgemein instabilen Lage in Afghanistan in eine lebensbedrohliche Lage geraten. Der Beschwerdeführer könnte durch die Taliban aufgefordert werden, an Kampfhandlungen zwangsweise teilzunehmen. Da der Staat Afghanistan mangels staatlicher Strukturen nicht vor religiösen Fanatikern und den Taliban schützen könne, sei eine asylrelevante Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure gegeben.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.08.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der bis dahin zuständigen Gerichtabteilung abgenommen und der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinem Fluchtgrund:

Der im Jahr 2002 geborene Beschwerdeführer führt die im Spruch ersichtlichen Personalien, ist Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, er bekennt sich zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung und wurde im Iran als Sohn zweier afghanischer Staatsbürger geboren. Er lebte von Geburt an bis zu seiner Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern und fünf Geschwistern in einer iranischen Stadt in der Provinz Teheran, spricht muttersprachlich Dari und besuchte sechs Jahre eine Schule im Iran.

Der Vater des Beschwerdeführers veranlasste die Ausreise des Beschwerdeführers und zwei seiner Brüder Richtung Europa aufgrund der unsicheren aufenthaltsrechtlichen Situation der Familie im Iran. Der damals minderjährige Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit einem der genannten beiden Brüder (Beschwerdeführer zu W192 2179453-1) aus dem Iran illegal nach Österreich und stellte hier am 03.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Seither hält er sich durchgehend im Bundesgebiet auf. Am 04.11.2015 stellte auch der einige Monate nach dem Beschwerdeführer und seinem Bruder aus dem Iran ausgereiste Bruder (Beschwerdeführer zu W192 2180439-1) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer hat sich nie in Afghanistan aufgehalten. Er war dort demnach nie von Problemen mit den dortigen Behörden betroffen, ebensowenig hatte er Probleme aufgrund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit. Er äußerte keine konkreten Befürchtungen hinsichtlich einer ihm in Afghanistan drohenden gezielten Verfolgung und ist seinen Angaben zufolge nicht über die Gründe informiert, welche dem Ausreiseentschluss seiner Eltern zugrunde gelegen hatten.

Es kann auch sonst nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten von staatlicher Seite oder von Seiten Dritter bedroht wäre.

Der Beschwerdeführer ist gesund und strafrechtlich unbescholten.

Dem Beschwerdeführer wurde mit dem insofern in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 16.11.2017 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres erteilt. Zuletzt wurde ihm die befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für den Zeitraum 06.07.2021 bis 06.07.2023 erteilt.

1.2. Zum Herkunftsstaat:

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vgl. USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10–19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vgl. auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha´i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Art. 3 der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vgl. auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vgl. auch: CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie – welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

[…]

Tadschiken

Die dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan (CRS 12.1.2015). Die Tadschiken machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus (GIZ 1.2017). Der Name t?jik (Tadschike) bezeichnete sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Der Hauptführer der „Nordallianz“, eine politisch-militärische Koalition, ist Dr. Abdullah Abdullah - dessen Mutter Tadschikin und dessen Vater Pashtune ist. Er selbst identifiziert sich politisch gesehen als Tadschike, da er ein hochrangiger Berater von Ahmad Shah Masoud, war. Mittlerweile ist er „Chief Executive Officer“ in Afghanistan (CRS 12.1.2015).

Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer geführten Personalien ergeben sich aus seinen Angaben. Da die angeführten Personalien nicht durch die Vorlage von Identitätsdokumenten im Original belegt wurden, war die präzise Identität des Beschwerdeführers nicht zweifelsfrei festzustellen. Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seinem Alter, zu seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit, seinem Geburtsort, seinem Aufwachsen im Iran und seinen familiären Bindungen beruhen auf den dahingehend glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers (und seiner beiden Brüder) im Verfahren. Die Feststellungen zur Ausreise und zur Reisebewegung ergeben sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Beschwerdeführers.

Die Feststellungen zu seinem Gesundheitszustand resultieren aus den Angaben des Beschwerdeführers, welcher im Verfahren keine Erkrankungen oder einen aktuellen Behandlungsbedarf nannte oder diesbezügliche ärztliche Unterlagen vorlegte.

Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit lässt sich einem aktuellen Auszug aus dem österreichischen Strafregister entnehmen.

Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der erteilten Aufenthaltsberechtigung stützen sich unmittelbar auf den angefochtenen Bescheid vom 16.11.2017 sowie einen entsprechenden Eintrag im Zentralen Fremdenregister. Die Gültigkeitsdauer der zuletzt erteilten Aufenthaltsberechtigung lässt sich ebenfalls einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister entnehmen.

2.2. In Bezug auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Antragsgründe hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt, dass vom Beschwerdeführer keine Befürchtungen hinsichtlich einer ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan drohenden individuellen Verfolgung genannt wurden.

Der Beschwerdeführer wurde im Iran geboren und hat sich noch nie in Afghanistan aufgehalten, sodass dieser bislang von keinen Problemen im Herkunftsstaat betroffen gewesen ist und auch sonst keine konkreten eigenen Wahrnehmungen hinsichtlich der dortigen Gegebenheiten besitzt. Über die Gründe der vor seiner Geburt erfolgten Ausreise seiner Eltern aus Afghanistan ist der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge nicht in Kenntnis, sodass auch auszuschließen ist, dass dieser allenfalls wegen seiner Familienzugehörigkeit bedroht sein könnte. Auch aus seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Tadschiken und seinem Bekenntnis zum islamischen Glauben sunnitischer Ausrichtung ergibt sich laut den vorliegenden Länderberichten, auch unter Berücksichtigung der kürzlich erfolgten Machtübernahme der Taliban im gesamten Staatsgebiet, kein Risiko einer dem Beschwerdeführer individuell drohenden Verfolgung. Ebensowenig wurden in den ebenfalls mit Erkenntnissen vom heutigen Datum entschiedenen Verfahren der beiden gemeinsam mit ihm eingereisten Brüder glaubhafte Gründe für eine individuelle Verfolgung vorgebracht, sodass auch insofern eine konkrete Gefährdung aufgrund seiner Familienzugehörigkeit bzw. eines allenfalls inhaltlich zusammenhängenden Fluchtgrundes auszuschließen ist.

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren keine Befürchtungen einer ihm in Afghanistan drohenden gezielten Verfolgung vorgebracht und sich auf die Frage nach seinen konkreten Rückkehrbefürchtungen ausschließlich auf seine fehlende Bindung zum Herkunftsland und die dort instabile Sicherheitslage berufen. Wenn auch der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt seiner Einvernahme vor dem Bundesamt noch minderjährig war, so haben sich keine Hinweise darauf ergeben, dass dieser im Alter von damals 15 Jahren allenfalls aufgrund seines Entwicklungsstandes nicht in der Lage gewesen wäre, eine allenfalls befürchtete persönliche Verfolgung vorzubringen. Die Befragung wurde im Beisein eines Dolmetschers für seine Muttersprache Dari, seines gesetzlichen Vertreters und einer Vertrauensperson abgehalten und enthielt keinerlei komplexe Fragestellungen. Der Beschwerdeführer bestätigte zudem mehrfach, kein weiteres Vorbringen erstatten zu wollen und es wurden auch in der in der Folge eingebrachten Stellungnahme sowie in der Beschwerde keine individuellen Verfolgungsbefürchtungen vorgebracht. Dem lediglich allgemein gehaltenen Vorwurf in der Beschwerde einer unzureichenden Befragung bzw. Erforschung des maßgeblichen Sachverhaltes kann demnach keinesfalls gefolgt werden, insbesondere da auch die Beschwerde keine Ausführungen zu konkreten individuellen Rückkehrbefürchtungen des Beschwerdeführers enthält.

Soweit die Beschwerde lediglich kurz und allgemein gehalten vorbrachte, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan von einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban bedroht sei, so wurde dies in keiner Weise substantiiert und es lassen sich den vorliegenden Länderberichten keine Informationen zu einer sämtlichen jungen Männern in Afghanistan drohenden Zwangsrekrutierung entnehmen. Ein entsprechendes Risiko ergab sich auch unter Berücksichtigung der notorisch kürzlich erfolgten Machtübernahme der Taliban im gesamten Staatsgebiet nicht. Das Vorbringen des Asylwerbers muss jedoch, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/14/0445, mwN).

In Zusammenschau mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers als Person, die sich nie in Afghanistan aufgehalten hat, sowie den gleichlautenden Schlussfolgerungen in den Verfahren seiner beiden Brüder, ist demnach auszuschließen, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan konkret von Verfolgung bedroht ist. Daher ist den Erwägungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen die Gefahr einer individuellen Verfolgung nicht aufgezeigt hat, beizupflichten.

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Sie wurden im angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Da vom Beschwerdeführer keine individuellen Verfolgungsbefürchtungen vorgebracht worden sind, erweisen diese sich im Hinblick auf den konkreten Verfahrensgegenstand als hinreichend aktuell. Auch vor dem Hintergrund der notorisch mit August 2021 eingetretenen Machübernahme durch die Taliban-Bewegung sind konkret fallbezogen für den Beschwerdeführer als außerhalb Afghanistans aufgewachsene Person, welche keine individuellen Verfolgungsbefürchtungen äußerte, entscheidungsrelevante Lageänderungen nicht zu sehen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht (vgl. auch die Verfolgungsdefinition in § 2 Abs. 1 Z 11 AsylG 2005, die auf Art. 9 der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines – asylrelevante Intensität erreichenden – Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist (vgl. VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).

Die Gefahr der Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende „Gruppenverfolgung“, hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (vgl. VwGH vom 10.12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - abgesehen vom Fall einer Wahrunterstellung (vgl. dazu etwa VwGH 25.06.2019, Ra 2019/19/0032, Rn. 13) - die Glaubwu?rdigkeit des Vorbringens des Asylwerbers zu pru?fen (vgl. zur Beurteilung der Glaubwu?rdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers ausdru?cklich § 18 Abs. 3 AsylG 2005). Erst danach erfolgt die Prognoseentscheidung gema?ß § 3 AsylG 2005, ob mit dem als glaubwu?rdig erachteten Vorbringen eine wohl begru?ndete Furcht vor Verfolgung glaubhaft gemacht wird (vgl. zur Prognoseentscheidung VwGH 08.09.2016, Ra 2015/20/0217, mwN; vgl. zu der dabei vorzunehmenden einzelfallbezogenen Beurteilung VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN; 20.03.2020, Ra 2019/01/0472-10).

Der Begriff der „Glaubhaftmachung“ im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften ist iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, § 45, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die „Glaubhaftmachung“ wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der „hierzu geeigneten Beweismittel“, insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (vgl. VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Das Vorbringen des Asylwerbers muss, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Die allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zuga?nglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsa?tzlich zur Dartuung von selbst Erlebtem nicht genu?gen (vgl. VwGH 02.09.2019, Ro 2019/01/0009, mwN; 20.03.2020, Ra 2019/01/0472-10).

3.2.2. Wie an anderer Stelle dargelegt, hat der Beschwerdeführer, welcher im Iran geboren wurde, sich nie in Afghanistan aufgehalten hat und keine individuellen Verfolgungsbefürchtungen konkret vorgebracht hat, nicht glaubhaft gemacht, dass er bei einer erstmaligen Niederlassung in Afghanistan einer gezielten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung ausgesetzt sein würde.

Das erstmals in der Beschwerde auf den Einzelfall bezogen nicht konkretisiert erstattete Vorbringen einer dem Beschwerdeführer drohenden Zwangsrekrutierung durch die Taliban stellt – ungeachtet dessen, dass eine solche generelle Gefährdung in den vorliegenden Länderberichten und der medialen Berichterstattung zur notorischen Lageentwicklung in Zusammenhang mit der Machtübernahme der Taliban keine Deckung findet – keinen potentiell asylrelevanten Umstand dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung von der - nicht asylrelevanten - Zwangsrekrutierung durch eine Bürgerkriegspartei jene Verfolgung unterschieden, die an die tatsächliche oder nur unterstellte politische Gesinnung anknüpft, die in der Weigerung, sich den Rekrutierenden anzuschließen, gesehen wird. Auf das Auswahlkriterium für die Zwangsrekrutierung selbst kommt es in einem solchen Fall nicht an. Entscheidend ist daher, mit welchen Reaktionen durch die genannten Milizen die betroffene Person auf Grund ihrer Weigerung, sich dem Willen der Rekrutierenden zu beugen, rechnen müsste und ob in ihrem Verhalten eine - sei es auch nur unterstellte - politische oder religiöse oppositionelle Gesinnung erblickt wird (vgl. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0079, mwN.). Der Beschwerdeführer hat nicht vorgebracht, dass ihm eine Rekrutierung durch die Taliban aus bestimmten in seiner Person gelegenen Gründen drohen würde; angesichts des Umstandes, dass dieser sich nie in Afghanistan aufgehalten hat, demnach keinerlei persönlichen Kontakte zu den Taliban hatte und nie einem konkreten Rekrutierungsversuch unterlegen hat, ist überdies auszuschließen, dass ihm bei einer Rückkehr wegen einer verweigerten Kooperation eine gezielte Verfolgung drohen würde.

Der Beschwerdeführer konnte somit in dieser Hinsicht eine individuelle Verfolgung nicht aufzeigen. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt - wie bereits vorhin ausgeführt - nicht.

3.2.3. Da eine Gruppenverfolgung – in Hinblick auf die Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit – von Tadschiken und Sunniten in Afghanistan nicht gegeben ist und der Beschwerdeführer diesbezüglich auch keine individuelle Bedrohung dargetan hat, lässt sich aus diesem Vorbringen eine asylrelevante Verfolgung des Beschwerdeführers nicht ableiten.

3.2.4. Auch der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Iran und in Europa führt zu keiner individuellen und konkret gegen ihn gerichteten Verfolgung als Rückkehrer. Der Beschwerdeführer hat im Verfahren keine konkreten Befürchtungen hinsichtlich einer möglichen Bedrohung wegen des Auslandsaufenthalts geäußert. Auch eine von individuellen Aspekten unabhängige Gruppenverfolgung kann auf Basis der derzeitigen Berichtslage nicht erkannt werden.

Es kann demnach nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer, der der Volksgruppe der Tadschiken angehört, sich zum sunnitischen Islam bekennt und auch nicht politisch aktiv war, im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale einer Verfolgung aus in der GFK genannten Motiven ausgesetzt wäre.

Auf allfällige kinderspezifische Gefährdungen im Herkunftsstaat war angesichts der zwischenzeitlichen Volljährigkeit des Beschwerdeführers nicht einzugehen.

Den vom Beschwerdeführer genannten Befürchtungen hinsichtlich der allgemeinen Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan wurde, auch unter Berücksichtigung der notorischen Lageänderung infolge der Machtübernahme durch die Taliban, durch die Gewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten hinreichend Rechnung getragen.

3.2.5. Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wäre, ist die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Ergebnis nicht zu beanstanden.

3.3. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers und zur Lage in Afghanistan auf jene der angefochtenen Bescheide gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt aber es nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 04.12.2017, Ra 2017/19/0316-14). Die notorische Lageentwicklung durch die Machtübernahme der Taliban wurde durch Einsichtnahme in das am 16.09.2021 aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes sowie Medienbeobachtung mitberücksichtigt, führt jedoch im Hinblick auf den zu beurteilenden Einzelfall zu keinem potentiell anderen Verfahrensergebnis.

Im gegenständlichen Verfahren wurden vom Beschwerdeführer keine Befürchtungen einer individuellen Verfolgung in Afghanistan geschildert. Vielmehr brachte er vor, sein gesamtes Leben bis zur Ausreise nach Europa im Iran verbracht zu haben und aufgrund seiner fehlenden Bindungen und der allgemein instabilen Sicherheitslage eine Rückkehr nach Afghanistan zu befürchten. Die Beschwerde ist der Beurteilung der Behörde, dass der Beschwerdeführer eine Furcht vor individueller Verfolgung mit diesen Angaben nicht aufgezeigt hat, nicht entgegengetreten und hat ebenfalls keinerlei Ausführungen dazu getroffen, vor welchem Hintergrund der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr einer individuellen Verfolgung ausgesetzt sein würde, sodass sich insofern kein strittiger Sachverhalt ergeben hat.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall trotz des seit Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichenen Zeitraums angesichts des fehlenden Vorbringens zu individuellen Verfolgungsbefürchtungen von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

3.4. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zu den einzelnen Spruchpunkten oben dargelegt wurde, ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren begründete Furcht vor Verfolgung Bürgerkrieg Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Gruppenverfolgung private Verfolgung soziale Gruppe Taliban Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung Volksgruppenzugehörigkeit wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W192.2180421.1.00

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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