Entscheidungsdatum
04.10.2021Norm
FPG §66Spruch
I403 2243361-1/24E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über den Antrag von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten, vertreten durch RA Mag. Jürgen M. KRAUSKOPF, Schottenfeldgasse 60, 1070 Wien, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.08.2021, Zl. I403 2243361-1/17E, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:
Der Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Mit Schriftsatz vom 01.10.2021 brachte die revisionswerbende Partei eine Revision gegen das im Spruch angeführte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes ein.
Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die revisionswerbende Partei folgendes an:
„Der angefochtene Bescheid des BFA ist dem Vollzug zugänglich. Im Falle einer nicht fristgerechten Ausreise des Revisionswerbers kann die Ausreiseverpflichtung mit Abschiebung erzwungen werden.
Der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung stehen keine öffentlichen Interessen entgegen. Nach der Judikatur des VwGH wäre dies nur dann anzunehmen, wenn es sich dabei um besonders qualifizierte, über das bei jeder Verwaltungsmaßnahme vorhandene öffentliche Interesse hinausgehende Interessen handelt, die eine Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit zwingend gebieten (VwGH 11.04.1986, 86/17/0006), was aber im vorliegenden Fall nicht anzunehmen ist, weil die Ausreise des Revisionswerbers nur verzögert würde. Von zwingenden öffentlichen Interessen iSd § 30 Abs 2 VwGG kann nur dann gesprochen werden, wenn mit dem durch den angefochtenen Bescheid angeordneten Vollzug einerseits öffentliche Interessen berührt werden, und andererseits eben diese Interessen die sofortige Verwirklichung der angeordneten Maßnahme zwingend gebieten (VfSlg 15646; VfGH 16.11.2000, B1771/00). Eine Vereitelung der angeordneten Maßnahme ist nicht zu befürchten bzw gar nicht möglich. Die Ausreise des Revisionswerbers kann auch in der Zukunft jederzeit auf freiwilliger Basis erfolgen oder durch Abschiebung erzwungen werden.
Mit dem Vollzug wäre für den Revisionswerbers ein nicht wieder gut zu machender Nachteil verbunden. Bei einer angenommenen Verfahrensdauer von rund zwei Jahren bis zu einer Entscheidung des Hohen Verwaltungsgerichtshofs würde ein „Schaden“ durch Beeinträchtigung des Privatlebens des Revisionswerbers, nämlich insbesondere Jobverlust und der Abbruch zahlreicher Sozialkontakte in Österreich eintreten.
Weiters würde der sofortige Vollzug den Beschwerdeerfolg vollständig vereiteln. Ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre daher die Effektivität des Rechtschutzes beseitigt (VfSlg 11.196/1986) und die Rechtschutzfunktion der Revision an den Verwaltungsgerichtshof vereitelt.
Auch die Güterabwägung schlägt zu Gunsten des Revisionswerbers aus, da ein öffentliches Interesse am sofortigen Vollzug nur in jenem Ausmaß vorliegen kann, als sich die Vollziehung zeitlich verschieben wird; demgegenüber wäre der Revisionswerber bei sofortiger Umsetzung in mehrfacher Hinsicht in seiner sozialen wie insbesondere wirtschaftlichen Existenz bedroht.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Rechtliche Beurteilung:
§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer
Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht zu überprüfen, sondern es ist - wenn das in der Beschwerde (nunmehr: Revision) selbst erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen ist - zunächst von den Annahmen in der angefochtenen Entscheidung auszugehen (vgl. etwa VwGH vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mwN). In diesem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof auch bereits erkannt, dass eine aufschiebende Wirkung Zl. Ra 2014/04/0004-3 - zuzuerkennen ist, wenn der Fehler in der angefochtenen Entscheidung nicht bloß ein potentieller, sondern ein evidenter ist, mit anderen Worten die Partei mit den Folgen eines offenkundig vorliegenden Fehlers der belangten Behörde belastet würde (vgl. abermals den Beschluss vom 30. September 2013, AW 2013/04/0036, mit Verweis auf den Beschluss vom 10. Oktober 2002, AW 2002/08/0031).
Gegenständlich ist nach der Aktenlage von einem solchen offenkundig vorliegenden Fehler des Bundesverwaltungsgerichts nicht auszugehen. Daher ist im vorliegenden Provisorialverfahren von den Annahmen der angefochtenen Entscheidung auszugehen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die beschwerdeführende (nunmehr revisionswerbende) Partei - unabhängig vom Fehlen eines zwingenden öffentlichen Interesses - in ihrem Antrag zu konkretisieren, worin für sie der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl dazu u. a. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg Nr 10.381/A).
Die revisionswerbende Partei unterlässt in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit den allgemeinen Umschreibungen die gebotene Darlegung ausreichend konkreter nachteiliger Sachverhalte, sodass die Beurteilung, ob die dargelegten Nachteile die revisionswerbende Partei unverhältnismäßig treffen, nicht möglich ist. Dem Antrag der revisionswerbenden Partei fehlt es damit an der notwendigen Konkretisierung.
Schon aus diesen Erwägungen war dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Schlagworte
Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsrecht aufschiebende Wirkung Interessenabwägung konkrete Darlegung Konkretisierung offenkundige Unrichtigkeit Provisorialverfahren Revision subsidiärer Schutz unverhältnismäßiger Nachteil zwingendes öffentliches InteresseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2243361.1.01Im RIS seit
24.01.2022Zuletzt aktualisiert am
24.01.2022