TE Bvwg Beschluss 2021/12/21 W213 2248357-1

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Veröffentlicht am 21.12.2021
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Entscheidungsdatum

21.12.2021

Norm

BDG 1979 §48a Abs3
BDG 1979 §75
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch


W213 2248357-1/2E

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Wien vom 15.10.2021, GZ. PAD/21/1170798, betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung eines Karenzurlaubes (§ 75 BDG) beschlossen:

A)

Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG behoben und der Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I.1. Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor (E2b) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Landespolizeidirektion Wien, XXXX zur Dienstleistung zugewiesen.

I.2. Mit Schreiben vom 24.06.2021 ersuchte der Beschwerdeführer um unbezahlte Karenzierung für die Zeit vom 01.09.2021 bis 31.08.2028. Begründend brachte er im Wesentlichen vor, er seit 2008 im Unternehmen seiner Familie XXXX tätig sei. Er habe seit dieser Zeit einige Seminare und Kurse im Bereich Baumanagement, Bauleitung, und Bauführung absolviert. Am 10.12.2014 habe er erfolgreich die Prüfung für die Gewerbeberechtigung abgelegt. Die Firmenleitung sei bis vor kurzem durch seinen Vater XXXX erfolgt. Aus plötzlich und unerwartet eingetretenen gesundheitlichen Gründen sei es ihm leider nicht mehr möglich, seine Tätigkeit in vollem Umfang auszuüben. Der Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers sei dadurch deutlich umfangreicher geworden. Seit einiger Zeit sei auch sein jüngerer Bruder im Unternehmen tätig, der jedoch neu in der Baubranche begonnen habe. Seine notwendige Ausbildung zum Baumeister werde voraussichtlich noch mind. 6 Jahre dauern, um dann den Betrieb übernehmen zu können. Um den Familienbetrieb bis dahin aufrecht erhalten zu können, sei es für den Beschwerdeführer erforderlich, sich ausschließlich diesen Aufgaben zu widmen.

Derzeit arbeite das Unternehmen an einigen mehrjährigen Großprojekten, und sei mittels langfristigen Rahmenverträge gegenüber verschiedene Genossenschaften zu deren Einhaltung verpflichtet. Im Unternehmen seien 15 langjährige Mitarbeiter beschäftigt.

I.3. Mit Schreiben vom 12.09.2021 bzw. 26.09.2021 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs die Überstundenbelastung in der XXXX sowie im Bereich der Polizeiinspektion XXXX zur Kenntnis. Ferner wurde ihm mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt werde den beantragten Karenzurlaub zu gewähren.

I.4. Der Beschwerdeführer teilte mit Schreiben vom 24.09.2021 mit, dass das Ansuchen. Karenzierung unter Hinweis auf die im Ansuchen vom 24.06.2021 genannten Gründe aufrecht erhalten werde.

I.5. Die belangte Behörde erließ hierauf den Bescheid vom 15.10.2021, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

„Ihr Antrag vom 24.06.2021, eingelangt am 29.06.2021, auf Gewährung eines Karenzurlaubes gemäß § 75 Abs 1 BDG von 01.09.2021 bis einschließlich 31.08.2028 wird abgewiesen.“

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer als Exekutivbeamter (EB) der Landespolizeidirektion Wien in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehe und derzeit der XXXX zugewiesen sei.

Nach Wiedergabe des Verfahrensgangs wurde unter Hinweis auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und die dazu ergangene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt, dass die derzeitige Personalsituation einer Analyse unterzogen worden sei.

Gegenstand der Betrachtung seien Arbeitsplätze, die im Hinblick auf die Verwendbarkeit des Beamten infrage kämen. Obwohl der Dienstgeber bemüht sei für adäquate Personalressourcen Sorge zu tragen und in diesem Zusammenhang seit einigen Jahren im Bereich des Exekutivdienstes Aufnahmekampagnen liefen, sei derzeit ein Defizit von 258 Exekutivbeamten zu verzeichnen. So stehe am 01.09.2021 dem Sollstand laut Stellenplan von 6.612 Exekutivbeamten der tatsächliche Ist-Stand von 6.354 Exekutivbeamten gegenüber.

Zum besseren Verständnis werde das Fehlen von 258 Exekutivbediensteten durch die Gegenüberstellung von Soll- und Ist-Stand dargelegt:

Sollstand = Stand laut Stellenplan 2021 in der gesamten LPD Wien

6.612

Ist-Stand = EB denen eine Planstelle im Bereich der LPD Wien zugewiesen wurde

6354

Tatsächlicher Ist-Stand = EB die tatsächlich im Bereich der LPD Wien Dienst tun

6180

Die Differenz zwischen dem Ist- Stand und den tatsächlichen Ist-Stand von 174 Exekutivbeamten ergebe sich daraus, dass 162 Beamte im Karenzurlaub oder in der Schutzfrist befindlich seien. Zwölf seien suspendiert oder gänzlich vom dienstfreigestellt.

Der Landespolizeidirektion Wien stünden daher 6,53 % weniger Exekutivbedienstete zur Verfügung als im Stellenplan vorgesehen.

Betrachte man nun die Organisationseinheit, der der Beschwerdeführer zur Dienstleistung zugewiesen sei, zeige sich sich, dass die Abteilung XXXX , Ref. I/FB 1.5, PI XXXX FGP, — Stand 01.07.2021 — mit einem tatsächlichen Personalunterstand von 3 Exekutivbediensteten (Sollstand 25 EB, tatsächlicher Ist-Stand 22 EB) das Auslangen finden müsse. In Relation zum Gesamtpersonalstand zeige sich daher mit einem Personalfehlstand von 12 % EB eine besondere Belastung im Bereich der PI XXXX .

Künftige Absolventen der Polizeiausbildung die in den Stand der E2b übernommen würden, würden zu einer Reduktion des Personalunterstandes führen. Jedoch stünden diesen Ausgleichsmaßnahmen Übertritte in den Ruhestand, Austritte, Todesfälle, Versetzungen und Dienstzuteilungen gegenüber, deren Anzahl im Vorhinein kaum abschätzbar sei. Temporäre Verwendungen von Exekutivbediensteten in der Bereitschaftseinheit und allfällige Krankenstände strapazierten darüber hinaus die Kapazitäten des Stadtpolizeikommandos.

Systemimmanente AUS- und Fortbildungsmaßnahmen — wie etwa GAL E2a, EKO Cobra/DSE, WEGA, EGS,- fänden notwendigerweise regelmäßig statt und führten ebenso zu Personalstandreduzierungen. Diese drohenden negativen Auswirkungen auf die Personalressourcen hätten daher in die Beurteilung einzufließen.

Ebenso sei die durchschnittliche Belastung der Bediensteten durch Überstunden in die Bewertung der dienstlichen Interessen miteinzubeziehen gewesen. Gemäß § 48a Abs 3 BDG dürfe die Wochenarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden nicht überschreiten. Dies entspreche einer monatlichen Mehrdienstleistung von durchschnittlich 34,64 Stunden, was als Referenzwert für eine hohe Überstundenbelastung herangezogen worden sei.

In der PI XXXX , in der der Beschwerdeführer Dienst versehe, liege der Durchschnittswert der Mehrdienstleistunden im Zeitraum Februar 2021 bis Mai 2021 bei monatlich 23,53 Stunden pro EB. Der Durchschnittswert der Mehrdienstleistungen der Abteilung XXXX im selben Zeitraum liege bei monatlich 25,76 Stunden pro EB. Diese Werte ließen jedoch die Mehrdienstleistung aus Journaldiensten unberücksichtigt, die nochmals eine markante Erhöhung darstellten.

Der Beschwerdeführer habe im Zeitraum 01.04.2021 bis 01.10.2021 durchschnittlich 70,5 Überstunden monatlich geleistet. Der Entfall seiner Arbeitsleistung infolge der Karenz bedinge eine Intensivierung der Überstundenbelastung der aktiven Bediensteten. Dies einerseits durch den erforderlichen Ersatz für seine entfallende Regelarbeitsleistung und andererseits durch die Reduktion der Anzahl der Beamten, die für Überstundenleistungen zur Verfügung stünden.

Zudem falle er als vollbeschäftigter E2b Beamter in die Zielgruppe kommandierfähiger Exekutivbeamter. Der Ausfall seiner Arbeitsleistung und Kommandierfähigkeit infolge der Karenz würde sich daher unmittelbar zu Lasten der verbleibenden kommandierfähigen Beamten auswirken.

Die Ergebnisse der dargestellten Personalstand- und Überstundenbelastungsanalysen zeigten, dass dem gegenständlichen Antrag zwingende dienstliche Interessen entgegenstünden. Aus diesem Grunde bestehe kein Raum für eine Ermessensentscheidung durch die Dienstbehörde, weshalb eine Auseinandersetzung in Form einer Interessensabwägung entfallen sei.

I.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, rechtzeitig erhobene Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die im Bescheid enthaltene Überstundenaufstellung unrichtig sei.

Er habe im Zeitraum April 2021 bis September 2021 nachstehend angeführte Überstunden verrichtet:

April 2021

1,0

Mai 2021

20,0

Juni 2021

8,5

Juli 2021

0

August 2021

16,0

September 2021

25,0

Daraus ergebe sich eine durchschnittliche Überstundenleistung von 11,75 Stunden, während im bekämpften Bescheid 70,5 Stunden angegeben würden.

Dem Gleichheitsgrundsatz entsprechend wolle er auch anführen, dass im Falle der Besetzung eines politischen Mandats ebenfalls Karenzurlaub generell gewährt werde. Dabei würden zwingende dienstliche Gründe nicht zur Beurteilung herangenzogen. So wie das politische Mandat von großer Bedeutung sein könne, so sehr könne ein Familienunternehmen für den Einzelnen von großer Bedeutung sein.

Als Beamte im Bundesdienst sollten gemäß dem Beamtendienstrechtsgesetz alle Bediensteten über die gleichen Rechte und Pflichten verfügen. Bereits bei seinem Dienstantritt sei er im Rahmen des Dienstrechtsvortrags über die Möglichkeiten eines Karenzurlaubs unterrichtet worden. So besteht die Möglichkeit auch in der Landespolizeidirektion Wien, Karenzurlaub zu beantragen und zu gewähren. In vielen Organisationseinheiten quer durch die österreichische Verwaltung sei es üblich, obwohl auch in diesen Fällen dienstliche Interessen geprüft würden, dass Karenzurlaub gewährt werde.

Die dienstlichen Interessen seien seitens der Behörde eingehend geprüft worden. Was aus seiner Sicht absolut ungeprüft geblieben sei, sei die Begründung warum Karenzurlaub beantragt wurde. Der Fortbestand eines Familientraditionsunternehmens sei in dieser Prüfung mit keinem einzigen Punkt erwähnt und auch aus diesem Grund einer näheren Betrachtung nicht zugeführt worden.

Er beantrage daher die positive Erledigung seines Antrags.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht als Gruppeninspektor (E2b) in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Landespolizeidirektion Wien, Abteilung XXXX Polizeiinspektion XXXX zur Dienstleistung zugewiesen.

Die Personalsituation bei der belangten Behörde stellt sich wie folgt dar:

Sollstand = Stand laut Stellenplan 2021 in der gesamten LPD Wien

6.612

Ist-Stand = EB denen eine Planstelle im Bereich der LPD Wien zugewiesen wurde

6354

Tatsächlicher Ist-Stand = EB die tatsächlich im Bereich der LPD Wien Dienst tun

6180

Die Differenz zwischen dem Ist- Stand und den tatsächlichen Ist-Stand von 174 Exekutivbeamten ergibt sich daraus, dass 162 Beamte im Karenzurlaub oder in der Schutzfrist befindlich sind. Zwölf sind suspendiert oder gänzlich vom dienstfreigestellt.

Im Bereich der Organisationseinheit des Beschwerdeführers, der Abteilung XXXX , besteht — Stand 01.07.2021 — ein tatsächlicher Personalunterstand von 3 Exekutivbediensteten (Sollstand 25 EB, tatsächlicher Ist-Stand 22 EB). In Relation zum Gesamtpersonalstand zeigt sich daher mit einem Personalfehlstand von 12 % EB eine besondere Belastung im Bereich der PI XXXX .

In der PI XXXX , in der der Beschwerdeführer Dienst versieht, liegt der Durchschnittswert der Mehrdienstleistungsstunden im Zeitraum Februar 2021 bis Mai 2021 bei monatlich 23,53 Stunden pro EB. Der Durchschnittswert der Mehrdienstleistungen der Abteilung XXXX im selben Zeitraum liegt bei monatlich 25,76 Stunden pro EB. dazu kommen noch die Mehrdienstleistungen aus Journaldiensten, die nochmals eine markante Erhöhung darstellen.

Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 01.04.2021 bis 01.10.2021 insgesamt 70,5 Überstunden erbracht. Hinzu kommen noch 120 Journaldienststunden.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen konnten unmittelbar auf Grund der Aktenlage ohne weiteres Beweisverfahren getroffen werden. Die Anzahl der vom Beschwerdeführer geleisteten Überstunden bzw. Journaldienststunden ergibt sich aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitnachweisen. Dabei ist hervorzuheben, dass der Beschwerdeführer laut den vorgelegten Zeitnachweisen im Zeitraum vom 01.04.2021 bis 01.10.2021 insgesamt 70,5 Überstunden und 120 Journaldienststunden erbracht hat. Soweit die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides von einem Durchschnittswert von 70,5 Überstunden pro Monat ausgeht, dürfte es sich um ein Versehen handeln.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels materienspezifischer Sonderregelung eine Einzelrichter-zuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 75 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 – BDG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2012, lautet:

„Karenzurlaub

§ 75. (1) Dem Beamten kann auf Antrag ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen

(2) Eine Beamtin oder ein Beamter,

1. die oder der befristet zum Mitglied eines Organs einer zwischenstaatlichen Einrichtung über Vorschlag der oder im Einvernehmen mit der Republik Österreich bestellt wird oder

2. die oder der zur Vizepräsidentin oder zum Vizepräsidenten eines Landesschulrats oder des Stadtschulrats Wien bestellt wird oder

3. die oder der durch Dienstvertrag mit der Funktion einer Generalsekretärin oder eines Generalsekretärs gemäß § 7 Abs. 11 des Bundesministeriengesetzes 1986 (BMG), BGBl. Nr. 76, betraut wird oder

4. die oder der zur Rektorin oder zum Rektor gemäß § 23 des Universitätsgesetzes 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120, oder zur hauptamtlichen Vizerektorin oder zum hauptamtlichen Vizerektor gemäß § 24 UG einer Universität gewählt wird oder

5. die oder der zur Rektorin oder zum Rektor oder zur Vizerektorin oder zum Vizerektor einer Pädagogischen Hochschule gemäß § 1 Abs. 1 oder § 4 Abs. 1 Z 1 des Hochschulgesetzes 2005 (HG), BGBl. I Nr. 30/2006, bestellt wird oder

6. die oder der zur Generaldirektorin oder zum Generaldirektor des Militärstabs der Europäischen Union bestellt wird,

ist für die Dauer der Mitgliedschaft oder Funktion gegen Entfall der Bezüge beurlaubt.

(3) Ein Karenzurlaub endet

1. spätestens mit Ablauf des Kalendermonates, in dem er gemeinsam mit früheren Karenzurlauben oder Freistellungen nach § 160 Abs. 2 eine Gesamtdauer von zehn Jahren erreicht, oder

2. spätestens mit Ablauf des Jahres, in dem der Beamte sein 64. Lebensjahr vollendet.

Auf die Gesamtdauer von zehn Jahren sind frühere, nach dienstrechtlichen Vorschriften des Bundes gewährte Karenzurlaube anzurechnen, ausgenommen Zeiten von Karenzen nach dem MSchG oder dem VKG.

(4) …“

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes folgt aus § 75 Abs. 1 BDG 1979, dass das Gesetz die Gewährung eines Karenzurlaubes für den Fall ausdrücklich untersagt, dass ihr zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, sie in allen anderen Fällen jedoch dem freien Ermessen der für die Entscheidung zuständigen Dienstbehörde anheimstellt. Ob der Karenzurlaubsgewährung zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, ist von der Behörde in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilen. (VwGH vom 19.02.1992, 90/12/0156).

Dass der Bewilligung des Karenzurlaubes solche zwingenden Gründe nicht entgegenstehen, bedeutet nicht, dass der Beamte einen Rechtsanspruch auf dessen Gewährung hätte, vielmehr liegt die Entscheidung dann im Ermessen der Behörde (VwGH vom 28.04.2008, 2005/12/0059).

Die Ermessensentscheidung besteht in einer Abwägung der für bzw. gegen die Gewährung des Karenzurlaubes sprechenden dienstlichen bzw. privaten Interessen, wobei der Behörde jedoch gerade in Ansehung der Gewichtung dieser Interessen ein Ermessensspielraum zukommt (vgl. VwGH vom 20.12.2004, 2004/12/0137).

Gemäß Art 130 Abs. 3 B-VG liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat. Daran anknüpfend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Ra 2015/11/0106 ausgeführt, dass es Aufgabe des Verwaltungsgerichts ist, zu überprüfen, ob sich die Entscheidung der Behörde als Ermessensübung im Sinne des Gesetzes erweist. Bejahendenfalls ist die Beschwerde ohne dass das Verwaltungsgericht befugt wäre, in eine eigene Ermessenentscheidung einzutreten – abzuweisen (VwGH 26.04.2016, Ro 2014/03/0084).

Im Fall einer Ermessensentscheidung hat die Behörde in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. VwGH 04.10.2012, 2012/09/0043).

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Gewährung des beantragten Karenzurlaubes zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen und hat das damit begründet, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 01.04.2021 bis 01.10.2021 durchschnittlich 70,5 Überstunden monatlich geleistet habe.

Dazu ist anzumerken, dass - wie den vom Beschwerdeführer vorgelegten Zeitnachweisen zu entnehmen ist - der Beschwerdeführer während des oben genannten Zeitraumes insgesamt 70,5 Überstunden geleistet hat. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche monatliche Überstundenleistung von 11,75 Stunden.

Gemäß § 48a Abs. 3 BDG darf die Wochenarbeitszeit innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen im Durchschnitt 48 Stunden nicht überschreiten. Dies entspricht einer monatlichen Mehrdienstleistung von durchschnittlich 34,64 Stunden.

Im Falle der Gewährung des vom Beschwerdeführer beantragten Karenzurlaubes müsste die monatliche Dienstzeit des Beschwerdeführers von durchschnittlich ca. 171,75 Stunden durch die verbleibenden 21 Exekutivbeamten abgedeckt werden. Daher würde die monatlichen Mehrdienstleistungen der verbleibenden Beamten an der Dienststelle des Beschwerdeführers von derzeit monatlich 23,53 auf ca. 31,5 Stunden pro Exekutivbeamten ansteigen.

Aus dieser überschlägigen Berechnung ergibt sich, dass die Mehrbelastung der an der Dienststelle verbleibenden Beamten im Falle der Gewährung des Karenzurlaubes - ungeachtet der Möglichkeiten durch allfällige personelle Ersatzleistung (Dienstzuteilungen etc.) Abhilfe zu schaffen - noch innerhalb der durch § 48a Abs. 3 BDG gesetzten Grenzen bleibt. Es kann daher nicht von zwingenden dienstlichen Gründen im Sinne des § 75 Abs. 1 BDG ausgegangen werden, die der Gewährung des beantragten Karenzurlaubes entgegenstehen.

Das Nichtvorliegen zwingende dienstlicher Gründe bedeutet aber nicht, dass der Beamte einen Rechtsanspruch auf dessen Gewährung hätte, vielmehr liegt die Entscheidung dann im Ermessen der Behörde. Die belangte Behörde hat aber im vorliegenden Fall ausdrücklich keine Ermessensentscheidung getroffen und auch keine für eine fundierte Interessenabwägung erforderlichen Ermittlungen angestellt.

Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz VwGVG kommt bei besonders gravierenden Ermittlungslücken in Betracht, insbesondere dann, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. (VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).

Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren nach Durchführung der erforderlichen Ermittlungen - soweit nicht dann vom Vorliegen zwingende dienstlicher Gründe auszugehen ist - nach Durchführung einer entsprechenden Interessenabwägung eine Ermessensentscheidung über den vorliegenden Antrag auf Karenzurlaub nach § 75 BDG zu treffen haben.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG zu beheben und zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ermessen Ermittlungspflicht Interessenabwägung Karenzurlaub Kassation mangelnde Sachverhaltsfeststellung öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zwingende dienstliche Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W213.2248357.1.00

Im RIS seit

24.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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