RS Vfgh 2021/12/16 E1999/2021

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Veröffentlicht am 16.12.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
Genfer Flüchtlingskonvention Art1 Abschnitt A
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung Fremder untereinander durch Abweisung des Asylantrags eines aus Myanmar nach Bangladesch geflüchteten Angehörigen der Rohingya; Zuerkennung des Status des Asylberechtigten auf Grund der staatlichen Bedrohung wegen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya geboten

Rechtssatz

Vor dem Hintergrund der Länderberichte zur Situation von (aus Myanmar geflüchteten) Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya in Bangladesch und E v 23.02.2021, E3215/2020, hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) im fortgesetzten Verfahren nicht nur mit der Frage zu befassen, inwieweit dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Bangladesch eine individuelle Verfolgung im Zusammenhang mit einer etwaigen Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya droht, sondern auch zu prüfen, ob die Zugehörigkeit zur Volksgruppe für sich genommen bereits Asylrelevanz hat.

Das BVwG stellt im fortgesetzten Verfahren fest, dass der Beschwerdeführer der Volksgruppe der Rohingya angehört und auf Grund der Länderberichte "wegen seiner Zugehörigkeit zu den Rohingya" einer "unmittelbaren Bedrohung bzw Belästigung durch staatliche Autoritäten" ausgesetzt ist. Gestützt auf diese Feststellungen und die Länderberichte zur Situation von (aus Myanmar geflüchteten) Angehörigen der Volksgruppe der Rohingya kommt das BVwG zu dem Schluss, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers, im Falle seiner Rückkehr nach Bangladesch "aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den Rohingyas einer - faktischen - Verfolgung durch die Mehrheitsbevölkerung bzw durch Ignoranz der inländischen Behörden einer Verfolgung ausgesetzt zu sein, [...] nicht entgegengetreten werden [kann]".

Wenn das BVwG ungeachtet dieser Ausführungen dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten (und nicht den Status des Asylberechtigten) zuerkennt, verkennt es, dass eine Person, deren Leben oder Freiheit von staatlichen Behörden wegen der Zugehörigkeit zu einer in Art1 Abschnitt A Z2 GFK genannten Gruppe bedroht wird, als Flüchtling anzuerkennen und ihr gemäß §3 Abs1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Indem das BVwG daher den Beschwerdeführer, der nach den Feststellungen des BVwG wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Rohingya staatlicher Bedrohung ausgesetzt ist, nicht als Flüchtling iSd Art1 Abschnitt A Z2 GFK anerkannt hat, hat es im Hinblick auf §3 Abs1 AsylG 2005 die Rechtslage grob verkannt.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht / Vulnerabilität, Entscheidungsbegründung, Völkerrecht, Auslegung völkerrechtlicher Verträge

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E1999.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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