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KFGNorm
AVG §69 Abs1 litcBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Dorner, Dr. Waldner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerde des NB in W, vertreten durch Dr. Johann-Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien I, Liliengasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. Dezember 1986, Zl. MA 70-8/542/86, betreffend Wiederaufnahme eines Verfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt: Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 13. Mai 1985 war dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppe B für die Zeit bis 27. September 1985 vorübergehend entzogen worden. Dieser Bescheid stützte sich im wesentlichen darauf, daß der Beschwerdeführer in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand einen Verkehrsunfall verschuldet habe und daß er mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, vom 2. Mai 1985 im Zusammenhang mit diesem Vorfall einer Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 schuldig erkannt worden war. Der Bescheid vom 13. Mai 1985 erwuchs in Rechtskraft.
Mit Antrag vom 19. August 1986 begehrte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950. Er begründete dies damit, daß das Straferkenntnis vom 2. Mai 1985 (richtig: der dieses Straferkenntnis bestätigende Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 3. April 1986) mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. August 1986 für nichtig erklärt und das Strafverfahren nach § 45 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 51 Abs. 5 VStG 1950 eingestellt worden sei.
Dieser Wiederaufnahmeantrag wurde mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 22. August 1986 abgewiesen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vom 22. August 1986 bestätigt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Der Beschwerdeführer behauptet, die Einstellung des Strafverfahrens wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO 1960 stelle eine in wesentlichen Punkten andere Entscheidung über die im Verfahren betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung maßgebende Vorfrage, ob nämlich der Beschwerdeführer eine Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen habe, dar.
Der Beschwerdeführer ist zunächst darauf hinzuweisen, daß eine bestimmte Tatsache nach § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967, die die Verkehrsunzuverlässigkeit der betreffenden Person indiziert, vorliegt, wenn eine Übertretung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wurde. Es ist hiefür - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht erforderlich, daß die betreffende Person deswegen auch bestraft worden ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1985, Zl. 84/11/0273, und vom 17. April 1985, Zl. 84/11/0247). Die Bundespolizeidirektion Wien hat das Vorliegen einer bestimmten Tatsache im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. e sublit. bb KFG 1967 im Wege der selbständigen Vorfragenbeurteilung nach § 38 AVG 1950 angenommen; eine sie bindende Entscheidung der Verwaltungsstrafbehörde lag nicht vor.
Die Entscheidung der Wiener Landesregierung vom 18. August 1986 lautet dahingehend, daß das Strafverfahren nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 eingestellt wird, weil die Berufungsbehörde nicht innerhalb eines Jahres nach Einlangen der Berufung entschieden habe, und nicht etwa, weil als erwiesen anzunehmen sei, der Beschwerdeführer habe nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sein Kraftfahrzeug gelenkt (§ 45 Abs. 1 lit. b VStG 1950). Nur letzteres wäre eine anderslautende Vorfragenentscheidung im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. c AVG 1950. Mit der vorliegenden Einstellung nach § 45 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 51 Abs. 5 VStG 1950 ist über die Vorfrage, ob der Beschwerdeführer eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat, gar keine Entscheidung getroffen worden.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Hinsichtlich der zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes wird an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.
Wien, am 20. Februar 1987
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1987:1987110012.X00Im RIS seit
24.01.2022Zuletzt aktualisiert am
24.01.2022