Entscheidungsdatum
06.08.2021Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
I421 2244234-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. UNGARN, vertreten durch die BBU GmbH, Bundesagentur für Vertretungs- und Unterstützungsleistungen, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (BFA-N) vom 09.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ungarischer Staatsangehöriger, wurde am 22.11.2013 einen Anmeldebescheinigung Arbeitnehmer ausgestellt.
2. Mit Bescheid vom 13.06.2018, Zl. XXXX , sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA, belangte Behörde) die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt I.) und erteilte ihm einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat (Spruchpunkt II.). Der Bescheid wurde damit begründet, dass der BF nicht erwerbstätig sei, nicht über ausreichend Erwerbsmittel verfüge, seit dem 01.05.2014 durchgehend bedarfsorientierte Mindestsicherung beziehe und somit die Vorgaben gemäß § 51 NAG nicht erfülle.
3. Am 28.08.2018 wurde der BF festgenommen und auf dem Landweg nach Ungarn abgeschoben.
4. Mit Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) vom 11.09.2018 wurde dem BF der Anspruch auf Ausgleichszulage ab dem 01.08.2018 anerkannt. Mit Bescheid vom 02.10.2018 wurde der Antrag des BF auf Ausgleichszulage rückwirkend abgelehnt, weil sich herausstellte, dass die Anmeldebescheinigung des BF bereits mit 18.07.2018 für ungültig erklärt worden war.
5. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Klage beim Landesgericht XXXX , welche mit Urteil vom 07.12.2018 abgewiesen wurde. Nachdem dagegen Berufung erhoben wurde, hat das Oberlandesgericht XXXX in seinem Urteil am 24.05.2020 zu XXXX das Ersturteil bestätigt.
6. Am 05.02.2020 langte bei der Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) ein vom BF ausgefüllter „Fragebogen Ausgleichszulage“ ein.
7. Am 11.02.2020 forderte die PVA den BF auf, Nachweise über seinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu übermitteln.
8. Am 06.03.2020 stellte der BF einen Antrag auf Ausstellung einer Anmeldebescheinigung Sonstige.
9. Mit Schreiben vom 25.11.2020 wurde der BF von der Bezirkshauptmannschaft XXXX darüber informiert, dass das BFA hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung des BF befasst wurde, weil der BF lediglich über eine Alterspension in der Höhe von EUR 486,36 monatlich und daher nicht über ausreichend Existenzmittel verfüge.
10. Im Schreiben vom 11.02.2021 wurde der BF von der belangten Behörde vom Ergebnis der Beweisaufnahme betreffend die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verständigt und ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.
11. Mit Bescheid vom 09.06.2021, Zl. XXXX , sprach das BFA die Ausweisung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt I.) und erteilte ihm einen Durchsetzungsaufschub von einem Monat (Spruchpunkt II.).
12. In der darauffolgenden Beschwerde vom 07.07.2021 bekämpfte der BF den oben angeführten Bescheid und brachte zusammengefasst vor, dass er über eine umfassende Krankenversicherung verfüge, keine Ausgaben für Miete habe, da er kostenlos im Haus einer Bekannten wohnen dürfe, einen sparsamen Lebensstil pflege, weshalb seine Pension in der Höhe von EUR 486,36 monatlich ausreichende Existenzmittel darstellen. Die belangte Behörde hätte den BF jedenfalls einvernehmen müssen, so dass sie sich einen persönlichen Eindruck und ein Bild vom Leben des BF im Österreich hätte machen können. Der BF sei rechtsunkundig und hätte bei Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme nicht wissen können, auf welche rechtlichen Umstände es bei einer Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet ankomme. Weiters führte er aus, dass der Grund für den Antrag auf Dokumentation seines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechtes am 06.03.2020 das Schreiben der PVA vom 11.02.2020 gewesen sei. Darüber hinaus habe der BF mittlerweile das Recht auf Daueraufenthalt gemäß § 53a NAG erworben. Zudem stelle die Ausweisung eine Verletzung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art 8 EMRK) dar, insbesondere weil der BF bereits seit 50 Jahren durchgehend im österreichischen Bundesgebiet gemeldet sei und mittlerweile seine gesamten sozialen Kontakte und das Privatleben auf Österreich beschränkt sei. Der Bruder des BF und dessen Familie lebe in Österreich, der BF spreche fließend Deutsch und sei in Österreich sowohl familiär und sozial verankert. Der BF beantragte das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben, in eventu eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG durchführen, den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung an die Behörde erster Instanz zurückverweisen.
13. Das BFA legte am 09.07.2021, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 13.07.2021, die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem BF wurde am 22.11.2013 eine Anmeldebescheinigung Arbeitnehmer ausgestellt. Mit Bescheid vom 13.06.2018, Zl. XXXX , rechtskräftig seit 18.07.2018, wurde er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und am 28.08.2018 auf dem Landweg nach Ungarn abgeschoben. Der BF reiste zu einem unbekannten Zeitpunkt erneut in das österreichische Bundesgebiet ein.
Der BF ist Staatsangehöriger Ungarns. Seine Identität steht fest. Der BF wurde am XXXX in XXXX in Serbien geboren und ist im Entscheidungszeitpunkt 68 Jahre alt.
Der BF kam erstmals 1971 nach Österreich und war sodann berufstätig in Österreich. Der BF war seither nicht durchgehend in Österreich aufhältig. Am 26.05.2010 lag wieder eine melderechtliche Erfassung des BF mit Hauptwohnsitz in XXXX vor und seit dem 18.07.2013 ist er durchgehend mit Hauptwohnsitz im österreichischen Bundesgebiet gemeldet. Der BF lebt in einem Haus auf der Liegenschaft in XXXX , das der Eigentümerin XXXX gehört und bezahlt ihr dafür keinen Mietzins. In Österreich lebt der Bruder des BF und dessen Familie. Der BF ist geschieden. Ansonsten verfügt er über keine familiären Angehörigen in Österreich,
Der BF geht derzeit keiner geregelten Erwerbstätigkeit nach. Der BF war zuletzt vom 02.04.2013 bis zum 06.12.2013 bei XXXX beschäftigt. Von 16.12.2013 bis zum 31.07.2018 bezog der BF bedarfsorientierte Mindestsicherung. Zuvor war der BF bereits vom Jahr 1971 bis zum Jahr 1993 mit Unterbrechungen berufstätig in Österreich. Aufgrund seiner Erwerbstätigkeit im österreichischen Bundesgebiet hat er insgesamt 228 Versicherungsmonate erworben.
Der BF bestreitet seine Lebenserhaltungskosten durch eine ihm seit 01.08.2018 zuerkannte Alterspension in der Höhe von EUR 486,36. Der BF ist in Österreich krankenversichert. Dem BF wurde mit Bescheid vom 11.09.2018 der Anspruch auf Ausgleichszulage ab 01.08.2018 anerkannt. In weiterer Folge wurde dem BF mit Bescheid vom 02.10.2018 der Antrag auf Ausgleichszulage rückwirkend abgelehnt und der entstandene Überbezug an Ausgleichszulage zurückgefordert, weil der BF seit 18.07.2018 über keinen rechtmäßigen Aufenthalt im Inland verfügt. Die dagegen erhobene Klage wurde abgewiesen.
Der BF verfügt nicht über ausreichend Existenzmittel im Bundesgebiet. Der BF hat 05.02.2020 einen ausgefüllten Fragebogen Ausgleichszulage an die PVA übermittelt.
Insgesamt ist der BF seit acht Jahren durchgehend in Österreich mit Hauptwohnsitz erfasst und verfügt über gute Deutschkenntnisse. Aufgrund der langen Aufenthaltsdauer liegt eine gewisse Integration in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht vor, jedoch verfügt der BF über keine familiären oder sonstigen nennenswerten privaten Bindungen in Österreich.
Der BF ist strafgerichtlich unbescholten. Es sind ihm keine Verstöße gegen die öffentliche Ordnung anzulasten.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
2.2. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes. Ergänzend wurden Auszüge des Zentralen Melderegisters (ZMR), des Informationsverbundsystems Zentrales Fremdenregister (IZR), des Strafregisters und ein Sozialversicherungsdatenauszug eingeholt. Überdies wurde eine Auskunft beim PVA eingeholt und die von der PVA übermittelten Unterlagen (zwei Bescheide und ein Fragenbogen der PVA betreffend die Ausgleichszulage sowie das Urteil des Landesgerichtes XXXX zu XXXX und das Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX zu XXXX zum Akt genommen.
2.3. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen im Hinblick auf die Person des BF, seines Geburtsdatums und -ortes und seiner Staatsangehörigkeit ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und dem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.
Dass dem am 22.11.2013 eine Anmeldebescheinigung Arbeitnehmer ausgestellt wurde, war dem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister und dem Schreiben der BH XXXX vom 06.12.2017 (AS 3) zu entnehmen.
Die Angaben bezüglich seiner Ausweisung und Abschiebung nach Ungarn gründen auf dem im Akt befindlichen Bescheid und dem Festaufnahmeauftrag (AS 65).
Die Feststellung, dass der BF erstmals 1971 nach Österreich kam und dort berufstätig war, jedoch nicht durchgehend seit 1971 in Österreich aufhältig ist, basiert auf den nachvollziehbaren Ausführungen des Urteils des Landesgerichtes XXXX zu XXXX . Auch sind im vom BF vorgelegten Schreiben der PVA vom 02.07.2018 die erworbenen Versicherungszeiten des BF in Österreich aufgelistet und weisen diese eine Lücke zwischen dem Jahr 1993 und dem Jahr 2010 auf (AS 123 ff).
Aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters ist seine Wohnsitznahme im Bundesgebiet nachgewiesen und leitet sich daraus ab, dass der BF seit 2013 durchgehend in Österreich mit Hauptwohnsitz gemeldet ist. Vorgelegt wurde ein Schreiben von XXXX , in welchem sie bestätigt, dass der BF kostenlos in ihrem Haus wohnen dürfe (AS 155). Aus diesem Grund hat er derzeit keine Mietkosten.
Dass der BF derzeit keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgeht, er zuletzt 2013 beschäftigt war sowie eine bestimmte Zeit lang Mindestsicherung bezogen hat, geht aus dem AJ-Webauszug hervor.
Die Feststellung, dass der BF seit 01.08.2018 eine Alterspension in der Höhe von EUR 486,36 monatlich in Österreich bezieht, basiert auf dem AJ-Webauszug und dem Schreiben der BH XXXX vom 25.11.2020 (AS 69). Dass dem BF der Anspruch auf Ausgleichszulage 2018 vorerst anerkannt wurde und sodann rückwirkend abgelehnt wurde, ergibt sich aus einem Schreiben der PVA vom 23.07.2021 an das erkennende Gericht und den von der PVA beigelegten Unterlagen. Daraus geht auch hervor, dass der BF am 05.02.2020 einen ausgefüllten „Fragenbogen Ausgleichszulage“ an die PVA retourniert hat. Im Schreiben der PVA vom 23.07.2021 wird erklärt, dass eine unaufgeforderte Retournierung des Fragenbogens an die PVA üblicherweise als Antrag auf Ausgleichszulage gewertet wird. Ob das Ausfüllen und Rücksenden des Fragebogens durch den BF die Stellung eines Antrags auf Ausgleichszulage dargestellt hat, konnte von der PVA nicht gesagt werden. Wesentlich ist, dass die PVA den BF am 11.02.2020 aufgrund seines retournierten Fragebogens aufforderte, seinen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nachzuweisen. Aus diesem Grund beantragte der BF bei der BH XXXX am 06.03.2020 die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung. Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass – wie von der BH XXXX ausgeführt wird – der BF seinen Antrag auf Dokumentation seines Aufenthaltsrechtes damit begründete, dass er den Bezug der Ausgleichszulage anstrebe. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der BF mit seinem ausgefüllten und retournierten Fragebogen einen Antrag auf Ausgleichzulage stellen wollte. Aus diesem Grund erachtet das Gericht, die Angaben des BF, er verfüge über ausreichend Existenzmittel und müsse keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen, als nicht glaubhaft, zumal er bei ausreichender Existenzmittel nicht den „Fragebogen Ausgleichzulage“ ausgefüllt hätte und die weiteren Schritte gesetzt hätte.
Die aufrechte Krankenversicherung wurde durch die E-Card belegt (AS 151 f).
Dass im Bundesgebiet der Bruder mit dessen Familie wohnt, war den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz zu entnehmen. Aufgrund des Umstandes, dass sich der BF insgesamt längere Zeit in Österreich aufgehalten hat, kann davon ausgegangen werden, dass eine gewisse Integration in sozialer und gesellschaftlicher Hinsicht vorliegt. Für weitere Integrationsmomente gibt es weder im Akteninhalt noch im Vorbringen des BF Hinweise.
Die Feststellungen im Hinblick auf die strafrechtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus einer Anfrage im Strafregister am 12.07.2020.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Rechtslage:
§ 66 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF BGBl. I Nr. 27/2020 regelt die Ausweisung:
„(1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
(2) Soll ein EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigter Drittstaatsangehöriger ausgewiesen werden, hat das Bundesamt insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet, sein Alter, seinen Gesundheitszustand, seine familiäre und wirtschaftliche Lage, seine soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß seiner Bindung zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen.
(3) Die Erlassung einer Ausweisung gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, die Ausweisung wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“
Gemäß § 51 Abs. 1 NAG sind EWR-Bürger auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind (Z 1); für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen (Z 2), oder als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen (Z 3).
Abs. 1 des mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelten § 53a NAG idgF BGBl. I Nr. 146/2020 lautet:
„(1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.“
Der mit „Nichtbestehen, Fortbestand und Überprüfung des Aufenthaltsrechtes für mehr als drei Monate“ betitelte § 55 NAG idgF BGBl. I Nr. 146/2020 lautet wie folgt:
„(1) EWR-Bürgern und ihren Angehörigen kommt das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52, 53 und 54 zu, solange die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
(2) Der Fortbestand der Voraussetzungen kann bei einer Meldung gemäß §§ 51 Abs. 3 und 54 Abs. 6 oder aus besonderem Anlass wie insbesondere Kenntnis der Behörde vom Tod des unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgers oder einer Scheidung überprüft werden.
(3) Besteht das Aufenthaltsrecht gemäß §§ 51, 52 und 54 nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden oder die Voraussetzungen für dieses Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr vorliegen, hat die Behörde den Betroffenen hievon schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller, zu befassen. Dies gilt nicht in einem Fall gemäß § 54 Abs. 7. Während eines Verfahrens zur Aufenthaltsbeendigung ist der Ablauf der Frist gemäß § 8 VwGVG gehemmt.
(4) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§ 9 BFA-VG), hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dies der Behörde mitzuteilen. Sofern der Betroffene nicht bereits über eine gültige Dokumentation verfügt, hat die Behörde in diesem Fall die Dokumentation des Aufenthaltsrechts unverzüglich vorzunehmen oder dem Betroffenen einen Aufenthaltstitel zu erteilen, wenn dies nach diesem Bundesgesetz vorgesehen ist.
(5) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung von Drittstaatsangehörigen, die Angehörige sind, aber die Voraussetzungen nicht mehr erfüllen, ist diesen Angehörigen ein Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" quotenfrei zu erteilen.
(6) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist ein nach diesem Bundesgesetz anhängiges Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird."
3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Als Staatsangehöriger Ungarns ist der BF EWR-Bürger im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
Nach Art. 7 Abs. 1 lit. a und b RL 2004/38/EG vom 3.7.2009 (Freizügigkeitsrichtlinie) hat jeder Unionsbürger das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten, wenn er Arbeitnehmer oder Selbständiger im Aufnahmemitgliedstaat ist, oder für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, sodass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen. Nicht von Bedeutung ist die Höhe der Vergütung, Ausmaß der Arbeitszeit und Dauer des Dienstverhältnisses (vgl. EuGH 26.2.1992, C-357/89, Raullin/Minister van Onderwijs en Weteschappen).
Der BF ging zuletzt vom 02.04.2013 bis zum 06.12.2013 einer Beschäftigung im Bundesgebiet nach. Der BF geht damit gegenwärtig keiner selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nach, wodurch er auf Grundlage des § 51 Abs 1 Z 1 NAG zum Aufenthalt in Österreich berechtigt wäre.
Es war gegenständlich in weiterer Folge zu prüfen, ob er den Tatbestand des § 51 Abs. 1 Z 2 NAG erfüllt.
Im Rahmen der Prüfung des Tatbestandes des § 51 Abs 1 Z 2 NAG ist (unter anderem) zu beurteilen, ob der Unionsbürger über ausreichende Existenzmittel im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und ein umfassender Krankenversicherungsschutz besteht, sodass während des Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch genommen werden müssen. Für das Vorliegen ausreichender Existenzmittel genügt, wenn dem Unionsbürger die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen; hingegen stellt die Bestimmung keine Anforderungen an die Herkunft der Mittel, sodass diese etwa auch von einem Elternteil des betroffenen Unionsbürgers stammen können (vgl. VwGH 12.12.2017, Ra 2015/22/0149).
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 29.4.2004, Skalka, C-160/02, Rn. 26, festgehalten, dass die österreichische Ausgleichszulage Sozialhilfecharakter hat, soweit sie dem Empfänger im Fall einer unzureichenden Rente ein Existenzminimum gewährleisten soll. Im Urteil vom 19.9.2013, Brey, C-140/12, Rn. 60 ff, hat der EuGH dargelegt, dass die Ausgleichszulage als "Sozialhilfeleistung" (im Sinn des Art. 7 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2004/38/EG) angesehen werden kann. Der Umstand, dass ein EWR-Bürger zum Bezug dieser Leistung berechtigt ist, könne einen Anhaltspunkt dafür darstellen, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt (VwGH, 04.10.2018, Ra 2017/22/0218).
Die Leitlinien der Europäischen Kommission zur Auslegung und Umsetzung der Freizügigkeitsrichtlinie vom 3.7.2009 (KOM (2009) 313 endg.) legen klar, dass für das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel zu prüfen ist, ob der Unionsbürger die Voraussetzungen für die Gewährung von Sozialhilfe erfüllt. Ein Unionsbürger verfüge dann über ausreichend Existenzmittel, wenn diese über der geltenden Sozialhilfegrenze liegen.
Dennoch bedarf es bei der Frage, ob ausreichende Existenzmittel zur Verfügung stehen, einer konkreten Einzelfallbeurteilung (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2017/21/0222).
Von 16.12.2013 bis 31.07.2018 bezog der BF nach dem Inhalt des Versicherungsdatenauszuges Sozialhilfe und war ohne Bezug arbeitslos gemeldet. Der BF bezieht seit 01.08.2018 Alterspension in der Höhe von EUR 486,36. Dem BF fallen derzeit keine Mietkosten an. Der BF verfügt über einen aufrechten Krankenversicherungsschutz.
Aufgrund der Tatsache, dass in Österreich jenen alleinstehenden, volljährigen Personen Mindestsicherung zusteht, wenn sie über ein monatliches Einkommen von weniger als rund EUR 890,00 verfügen, und der BF nur über EUR 486,36 verfügt und kein sonstiges Vermögen vorgebracht wurde, verfügt er über keine ausreichenden Existenzmittel in Österreich. Überdies hat der BF bereits 2018 einen Antrag auf Ausgleichszulage gestellt und wurde ihm dieser nur aufgrund seines unrechtmäßigen Aufenthaltes rückwirkend abgelehnt. Der Umstand, dass der BF bereits im Jahr 2018 aufgrund seiner geringen Alterspension zum Bezug der Ausgleichszulage berechtigt gewesen wäre, stellt einen Anhaltspunkt dar, dass er nicht über ausreichend Existenzmittel verfügt.
Weiters ist – wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargelegt wurde – davon auszugehen, dass der BF durch das Ausfüllen und Retournieren des „Fragenbogens Ausgleichszulage“ an die PVA erneut einen Antrag auf Ausgleichszulage gestellt hat. Der BF hat im Februar 2020 den „Fragebogen Ausgleichszulage“ ausgefüllt und an die PVA retourniert, wurde in weiterer Folge von dieser aufgefordert seinen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich nachzuweisen, weshalb der BF am 06.03.2021 bei der BH XXXX eine Ausstellung einer Anmeldebescheinigung beantragte. Damit ist davon auszugehen, dass der BF, auch wenn ihm keine Mietkosten anfallen mögen, er aufgrund seiner niedrigen Alterspension in der Höhe von EUR 489,36 auf Sozialhilfeleistungen angewiesen ist und nicht über ausreichend Existenzmittel in Österreich verfügt. Angesichts dessen war damit auch das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach § 51 Abs 1 Z 2 NAG nicht gegeben.
Wenn im Beschwerdeschriftsatz vorgebracht wird, dass der BF gemäß § 53a NAG das Daueraufenthaltsrechts für EU-Bürger erworben hat, so ist auszuführen, dass selbst wenn sich der BF seit 2013 durchgehend in Österreich aufgehalten haben sollte, im kein Daueraufenthaltsrecht zukäme:
Wie oben ausgeführt, endete das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht des BF als Arbeitnehmer gemäß § 51 Abs 1 Z 1 NAG bereits nach seiner letzten Beschäftigung im Jahr 2013. Da der BF danach von 16.12.2013 bis zum 31.07.2018 durchgehend Sozialhilfe bezog, war damit angesichts des Angewiesenseins auf Sozialhilfeleistungen auch das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach § 51 Abs 1 Z 2 NAG nicht gegeben. Die Bestimmung des § 53a NAG kann nicht so betrachtet werden, als habe der Unionsbürger das Recht auf Daueraufenthalt erworben, wenn er während dieser Aufenthaltszeit die Voraussetzungen des Artikel 7 Abs 1 der Freizügigkeitsrichtlinie nicht erfüllt hat. Der Erwerb des Daueraufenthaltsrechts des § 53a NAG setzt somit voraus, dass die Voraussetzungen des § 51 oder § 52 NAG fünf Jahre hindurch erfüllt waren (Abermann in Abermann/Czech/Kind/Peyrl, NAG § 53a Rz 5, 6 (2019).
Aus diesem Grund erfolgte die Ausweisung des BF nach § 66 Abs 1 FPG in Verbindung mit § 55 Abs 3 NAG im gegenständlichen Beschwerdefall dem Grunde nach zu Recht.
In einem weiteren Schritt war noch zu prüfen, ob die Erlassung einer Ausweisung gemäß § 66 FPG nach § 9 BFA-VG zulässig ist. Nach § 66 Abs. 2 FPG und § 9 BFA-VG ist bei Erlassung einer auf § 66 FPG gestützten Ausweisung eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des EWR-Bürgers mit dessen Interesse an einem Verbleib in Österreich vorzunehmen, bei der insbesondere die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts im Bundesgebiet, das Alter, der Gesundheitszustand, die familiäre und wirtschaftliche Lage, die soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindungen zum Heimatstaat sowie die Frage der strafgerichtlichen Unbescholtenheit zu berücksichtigen sind (vgl VwGH vom 30.08.2018, Ra 2018/21/0049).
Gemäß § 9 BFA-VG ist ua eine Ausweisung gemäß § 66 Abs FPG, die in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingreift, nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist eine gewichtende Gegenüberstellung der öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung mit dem persönlichen Interesse des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich vorzunehmen. Dieses Interesse nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden zu. Die bloße Aufenthaltsdauer ist jedoch nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung der besagten persönlichen Interessen ist aber auch auf die Auswirkungen, die eine Ausweisung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2010/18/0248).
Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 EMRK, ÖJZ 2007, 852 ff).
Wie bereits in der Beweiswürdigung festgehalten ist der BF seit 2013 durchgehend melderechtlich in Österreich mit Hauptwohnsitz erfasst. In diesem Zusammenhang schließt sich das erkennende Gericht den Ausführungen des Landesgericht XXXX im Urteil zu XXXX an, wonach nicht festgestellt werden konnte, ob sich der BF auch tatsächlich immer im Bundesgebiet aufgehalten hat. Allein die erfassten Meldungen im Bundesgebiet stellen keinen Beweis für einen tatsächlichen Aufenthalt dar. Vielmehr konnte der BF bei der Befragung durch das Landesgericht XXXX seine Adresse, ohne auf seine Unterlagen nachzusehen, nicht angeben. Es ist daher nachvollziehbar, dass das Landesgericht XXXX den Eindruck hatte, dass der BF deshalb nicht tatsächlich an dieser Anschrift seit vier Jahren aufhältig ist. Es liegt nicht in der allgemeinen Lebenserfahrung, dass man nach mehr als drei Jahren Aufenthalt an einer Adresse diese nicht kennt. Der BF ist mit Unterbrechungen von 2010 bis 2013 einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachgegangen und bezog von 16.12.2013 bis zum 31.07.2018 Mindestsicherung. Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des BF in beruflicher und sozialer Hinsicht ist damit nicht erkennbar, insbesondere war sein Aufenthalt im Bundesgebiet zuletzt durch seine Erwerbslosigkeit geprägt.
Es wird vom erkennende Richter nicht verkannt, dass der BF aufgrund der Dauer, die er insgesamt in Österreich verbracht hat, über gewisse soziale und gesellschaftliche Beziehungen in Österreich verfügt und die deutsche Sprache beherrscht. Darüberhinausgehende nennenswerte private Bindungen liegen jedoch nicht vor.
Der Begriff des Familienlebens in Art 8 EMRK umfasst jedenfalls die Beziehung von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten und schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (vgl. EGMR 13. 6. 1979, Marckx, EuGRZ 1979). Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art 8 Abs 1 MRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 02.08.2016, Ra 2016/20/0152 mit Verweis auf VwGH 21.04.2011, 2011/01/0093).
Zum Familienleben des BF im Bundesgebiet wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass der Bruder und dessen Familie in Österreich leben und diese nahe Bezugspersonen des BF darstellen würden. Ein Abhängigkeitsverhältnis des BF zu seinem Bruder wurde nicht behauptet und sind daher die Bindungen zu ihnen allenfalls unter dem Privatleben des BF zu berücksichtigen. Weitere in Österreich lebende Familienangehörigen wurden nicht vorgebracht, weshalb der BF über kein schützenswertes Familienleben iSd Art 8 EMRK im Bundesgebiet verfügt.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist das BFA unter Beachtung des großen öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0062) zum Schutz der öffentlichen Ordnung iSd Art 8 Abs 2 EMRK zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Ungarn an Österreich angrenzt und es dem BF daher möglich sein wird, seinen Bruder und dessen Familie in Österreich zu besuchen und so den Kontakt aufrechtzuhalten.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist daher als unbegründet abzuweisen.
Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids ist vor diesem gesetzlichen Hintergrund somit nicht zu beanstanden.
4. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde nicht klärungsbedürftig ist, kann die beantragte Beschwerdeverhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG unterbleiben (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0052). Eine Notwendigkeit, den Sachverhalt im Zuge einer mündlichen Beschwerdeverhandlung zu erörtern, wird vom erkennenden Richter gegenständlich nicht als zielführend erachtet, zumal keine strittigen Sachverhalts- oder Rechtsfragen vorliegen und auch keine Beweise aufzunehmen sind (vgl. VwGH 30.12.2016, Ra 2016/21/0179). Es konnte daher aufgrund der Aktenlage entschieden werden.
Unter diesen Umständen hätte, selbst wenn der erkennende Richter sich einen positiven persönlichen Eindruck vom BF verschafft hätte, kein günstigeres Ergebnis abgeleitet werden können (vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0430).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Aufenthaltsdauer Aufenthaltsrecht Ausgleichszulage Ausweisung Ausweisung rechtmäßig Ausweisungsverfahren Durchsetzungsaufschub Einzelfallprüfung Erwerbstätigkeit EU-Bürger EWR-Bürger Existenzminimum Integration Interessenabwägung Krankenversicherung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen soziale Bedürftigkeit UnionsbürgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I421.2244234.1.00Im RIS seit
21.01.2022Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022