Entscheidungsdatum
07.08.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
I417 2149277-1/19E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Friedrich ZANIER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.02.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.05.2021 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt I. erster und zweiter Satz des angefochtenen Bescheides zu lauten hat wie folgt:
„Ein „Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG“ wird Ihnen nicht erteilt. Gemäß § 52 Absatz 2 Z 2 FPG iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 30.08.2012 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass seine Eltern verstorben seien und er von seinem Vormund mit dessen Tochter verheiratet werden sollte.
2. Mit Bescheid vom 22.01.2013 wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.) ab und wies den Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia aus (Spruchpunkt III.).
3. Am 05.02.2013 erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.01.2013 und ersuchte die Beschwerdebehörde, sie möge den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und Asyl gewähren, in eventu den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen und Spruchpunkt III. aufheben, in eventu zur gebotenen Ergänzung des mangelhaft gebliebenen Ermittlungsverfahrens eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen.
4. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2015, GZ: W159 1432575-1/15E, gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20, 1. Satz, 2. Fall und 2. Satz AsylG 2005 idgF zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
5. Am 07.02.2017 wurde der Beschwerdeführer niederschriftlich von der belangten Behörde zu seinem Privat- und Familienleben einvernommen und legte er dabei zahlreiche Unterstützungserklärungen sowie Integrationsunterlagen vor.
6. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 15.02.2017 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 AsylG, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Gambia zulässig sei. Zudem wurde ihm eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung zur freiwilligen Ausreise gewährt (Spruchpunkt I.).
7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine damals ausgewiesene Rechtsvertretung mit Schreiben vom 03.03.2017 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.
8. Am 11.05.2021 fand in Anwesenheit und unter Einvernahme des Beschwerdeführers eine mündliche Verhandlung am Bundesverwaltungsgericht statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und dessen Ausführungen werden zu Feststellungen erhoben.
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist gambischer Staatsangehöriger, bekennt sich zum islamischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Sarakole an. Seine Identität steht nicht fest.
Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig, gesund und gehört keiner Risikogruppe im Sinne der COVID 19-Pandemie an.
Der Beschwerdeführer reiste zu einem unbestimmten Zeitpunkt im Jahr 2012 aus Gambia aus und gelangte im August 2012 letztlich unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet. Er hält sich somit seit (mindestens) 30.08.2012 in Österreich auf.
Der vom Beschwerdeführer am 30.08.2012 gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde in Bezug auf die Gewährung von Asyl bzw. subsidiärem Schutz rechtskräftig mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2015, Zl. W159 1432575-1/15E, mangels Glaubhaftmachung einer drohenden Verfolgung abgewiesen.
In Gambia besuchte der Beschwerdeführer acht Jahre eine Koranschule. Der Beschwerdeführer verfügt über keine Berufsausbildung und verdiente seinen Lebensunterhalt vor seiner Ausreise aus Gambia mit seiner Arbeit in der Landwirtschaft.
Es kann nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer nach wie vor über Angehörige in Gambia verfügt.
Der Beschwerdeführer ist seit Mai 2016 mit Frau XXXX traditionell islamisch verheiratet, wobei die Beziehung im Juni 2018 geendet hat. Er hat keine Kinder oder Sorgepflichten. Nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer derzeit in einer Lebensgemeinschaft lebt.
Er verfügt in Österreich über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen, hat sich allerdings einen Bekanntenkreis im Bundesgebiet aufgebaut.
Der Beschwerdeführer besuchte im Jahr 2017 zwei Deutschkurse auf dem Niveau A1 und nahm am 25.03.2019 an einer Integrationsprüfung A1 teil, welche er jedoch nicht bestanden hat. Ansonsten absolvierte er bislang keine weitere Deutschprüfung. Er verfügt über keine qualifizierten Deutschkenntnisse.
Im Jahr 2015 arbeitete er freiwillig in einem Seniorenzentrum und Kindergarten in XXXX mit und nahm zwischen Oktober und Dezember 2020 am Projekt „ XXXX “ von pro mente XXXX teil. Er suchte im Jahr 2020 um einen Antrag auf Saisonbewilligung beim AMS an.
Der Beschwerdeführer besuchte ansonsten keine Aus- oder Weiterbildungskurse und liegen derzeit keine Mitgliedschaften in Vereinen oder ehrenamtliche Tätigkeiten vor.
Der Beschwerdeführer weist in Österreich keinerlei berücksichtigungswürdige Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher oder sozialer Hinsicht auf.
Der Beschwerdeführer ging zu keiner Zeit im Bundesgebiet einer Erwerbstätigkeit nach, ist nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht nach wie vor Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat:
Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung am 11.05.2021 das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Gambia übermittelt. Aus diesem ergeben sich folgende entscheidungswesentliche Feststellungen:
1.2.1. Politische Lage:
Gambia ist eine Präsidialrepublik mit starker Stellung des direkt gewählten Staatspräsidenten. Dieser ist gleichzeitig Regierungschef (ÖB 12.2019). Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 15.10.2018; vgl. ÖB 12.2019). Bei den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet wurden (FH 4.3.2020; vgl. ÖB 12.2019), gewann Barrow gegen den 22 Jahre autoritär regierenden Amtsinhaber Jammeh (WB 22.3.2020), der nach einer knapp zweimonatigen innenpolitischen Krise schließlich zur Aufgabe seines Amtes bereit war (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020).
Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia, um die Sicherheit des Transformationsprozesses des Sicherheitssektors zu unterstützen und politischer Instabilität vorzubeugen (FH 4.3.2020).
Barrow kündigte ein ambitioniertes Reformprogramm an, das ab Mitte 2017 auch initiiert wurde. Der Namenszusatz „Islamische Republik“ wurde gestrichen, ein Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe wurde erlassen, Meinungs- und Pressefreiheit gewährleistet und die Stärkung von Institutionen und wirtschaftlicher Aufschwung versprochen (KAS .24.1.2020). Zwei weitere Wahlen konnten friedlich und transparent abgehalten und somit der politische Umbruch konsolidiert werden (ÖB 12.2019; vgl UNSC 29.6.2018, FH 4.3.2020).
Im Oktober 2018 wurde unter der Leitung des Ministeriums für Justiz die „Truth, Reconciliation and Reparation Commission“ eingerichtet, welche an der Aufklärung der unter der Regierung Jammeh verübten Menschenrechtsverletzungen arbeitet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020). Die Arbeit der Kommission ist noch nicht abgeschlossen. Zeugenaussagen bestätigen weit verbreitete Misshandlungen und Folterungen durch die Sicherheitskräfte und ein außergerichtliches Killerkommando, sowie Misshandlungen durch Jammeh selbst. Es kam jedoch bislang noch zu keiner Strafverfolgung und die Freilassung einiger Täter war umstritten (FH 4.3.2020).
Obschon es zahlreiche, wichtige außen- und innenpolitische Veränderungen gibt, nimmt die Kritik an Barrows Regierungsführung mittlerweile zu. Die junge Bevölkerung äußert ihre Unzufriedenheit über die schleppende Umsetzung von Reformen und erwartet rasche Ergebnisse bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für die meisten Gambier nach dem Regimewechsel nicht. Auch der 2018 verabschiedete Entwicklungsplan konnte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht verbessern (KAS 24.1.2020).
Barrow versprach als Präsidentschaftskandidat öffentlich, dass er drei Jahre als Übergangspräsident fungieren würde und im Dezember 2019 Neuwahlen abhalten ließe, ohne dabei selbst erneut anzutreten. Damit sollte eine Übergangsphase von der Diktatur Jammehs hin zu einer Demokratie eingeläutet werden. Im Dezember 2019 fanden allerdings keine Präsidentschaftswahlen statt und Barrow erklärte, sich an die verfassungsmäßige Amtszeit von fünf Jahren für Präsidenten zu halten. Nicht erst seit dieser Entscheidung nehmen Stimmen zu, die einen zunehmend autoritären Führungsstil des Präsidenten konstatieren (KAS 24.1.2020).
Das Kabinett wurde im März 2019 umgebildet, da der Vizepräsident zusammen mit zwei weiteren prominenten Mitgliedern der UDP abgesetzt wurde. Im Dezember 2019 gründete Präsident Barrow eine neue politische Partei, die Nationale Volkspartei, wodurch es ihm ermöglicht wird, bei den Wahlen 2021 für eine zweite Amtszeit zu kandidieren (WB 20.3.2020; vgl. FH 4.3.2020, KAS 24.1.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (15.10.2018): Gambia: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambia/213610, Zugriff 17.6.2020
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (24.1.2020): „Too small to fail“? - Gambias Demokratisierungsprozess - zwischen Fortschritt und Frustration, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/too-small-to-fail, Zugriff 22.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel, https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- WB - the World Bank (20.3.2020): The Gambia - Overview, https://www.worldbank.org/en/country/gambia/overview, Zugriff 22.6.2020
1.2.2. Sicherheitslage:
Das staatliche Gewaltmonopol ist im gesamten Staatsgebiet gewährleistet. Es gibt keine Gruppen, die die staatliche Integrität in Frage stellen (BS 29.4.2020). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont (AA 18.6.2020). Das Risiko von Entführungen, sporadischen bewaffneten Angriffen und Raubüberfällen durch Casamance-Rebellen im Süden des Landes nimmt weiter ab. Die Kriminalitätsrate in Gambia ist relativ niedrig (Garda 5.4.2019; vgl. BS 29.4.2020). Gambia wird zunehmend zu einem Transitland für Geldwäsche und den Handel mit Waffen, Drogen, Diamanten und gestohlenen Gütern (Garda 5.4.2019). Demonstrationen und Proteste finden inzwischen wieder häufiger statt. Am 26.1.2020 kam es bei einer Demonstration in Kanifing/Serrekunda zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften (AA 18.6.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.6.2020): Gambia: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624, Zugriff 16.6.2020
- BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029565/country_report_2020_GMB.pdf, Zugriff 27.5.2020
- Garda World (5.4.2019): Gambia Country Report, https://www.garda.com/crisis24/country-reports/gambia, Zugriff 26.5.2020
1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:
Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 11.3.2020; vgl. EASO 12.2017). Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren (FH 4.3.2020; vgl. PFD 3.12.2019, ÖB 12.2019). Justizmitarbeiter sind eingeschüchtert und unzureichend ausgebildet, es fehlt an Arbeitsmaterialien und Infrastruktur, wodurch die Unabhängigkeit der Justiz infrage gestellt wird (PFD 3.12.2019). Die verfassungsmäßigen Garantien für einen fairen Prozess werden nur schwach umgesetzt (ÖB 12.2019).
Seit dem Machtwechsel ist allgemein ein Reformwille zu verzeichnen. Die Regierung hat Maßnahmen zur Stärkung bestehender und zur Schaffung neuer Institutionen unternommen. Rechtsstaatlichkeit war unter Jammeh nach Ansicht internationaler Beobachter lediglich formal gesichert. Durch die neue Regierung wurde die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt. Des Weiteren wurde die Judicial Service Commission, welche Empfehlungen über die Bestellung von Richterposten und zur Effizienzsteigerung ausspricht, wieder eingesetzt (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
Eine verfassungsgebende Kommission hat im Mai 2018 ihre Arbeit aufgenommen (AA 5.8.2019). Ein Verfassungsentwurf wurde am 15.11.2019 vorgelegt. Elemente sind unter anderem die klare Begrenzung auf zwei Amtszeiten (inkl. für den dzt. Präsidenten) oder die Abschaffung der Todesstrafe. Der Entwurf liegt nun zur Kommentierung durch die Öffentlichkeit vor und soll letztendlich durch ein Referendum angenommen werden (ÖB 12.2019).
Die Regierung Barrow ernennt mehr gambische Staatsbürger ins Richteramt, dennoch bleibt die Jurisdiktion von ausländischen Richtern abhängig (ÖB 12.2019; vgl. FH 4.3.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff: 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- PFD - the Point for Freedom and Democracy (3.12.2019): UN rapporteur urges Gambia to reform judicial system, http://thepoint.gm/africa/gambia/article/un-rapporteur-urges-gambia-to-reform-judicial-system, Zugriff: 23.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff: 23.6.2020
1.2.4. Sicherheitsbehörden:
Die zivilen Behörden behalten zwar wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 11.2.2020), jedoch fehlen noch weitere zivile Überwachungsmechanismen für die Sicherheitskräfte (ÖB 12.2019). Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt weiterhin im Land (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019, FH 4.3.2020).
Die Gambia Armed Forces – GAF (Streitkräfte) sind für die externe Verteidigung zuständig und stehen unter der Aufsicht des Verteidigungsministers; der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (ÖB 12.2019). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 11.3.2020; vgl. ÖB 12.2019). Sie besitzt sowohl eine Menschenrechts- und Beschwerdeabteilung, sowie eine Kinderfürsorge- und „Gefährdete Personen“- Abteilung (ÖB 12.2019).
Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurden aufgehoben (AI 22.2.2018; vgl. ÖB 12.2019). Eine Reihe von Führungspersönlichkeiten der NIA unter dem Vorgängerregime sollen ausgewechselt worden sein und sich nun entweder vor Gericht oder im Ausland befinden. Einige Mitarbeiter haben jedoch ihre Stellen behalten (ÖB 12.2019). Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht (AI 22.2.2018).
Die Regierung hat effektive Mechanismen, um bei Missbrauch zu ermitteln und zu bestrafen in Kraft gesetzt, jedoch kommen Straflosigkeit und inkonsistente Durchsetzung vor (USDOS 11.3.2020). Die Ausübung illegitimer Gewalt durch Sicherheitskräfte ist unter der Regierung Barrow seltener geworden (FH 4.3.2020). Im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahren wurde 2018 kein Fall von Straflosigkeit im Zusammenhang mit den Sicherheitskräften gemeldet (ÖB 12.2019).
Quellen:
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425363.html, Zugriff: 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff: 23.6.2020
1.2.5. NGOs und Menschenrechtsaktivisten:
Das Umfeld für NGOs hat sich seit dem Machtwechsel stark verbessert (ÖB 12.2019). In Gambia gibt es eine Reihe von NGOs, die sich mit Fragen der Menschenrechte und der Regierungsführung befassen. Unter Jammeh sahen sich NGO-Mitarbeiter der Gefahr von Inhaftierung und Repressalien ausgesetzt. Es gab seit dem Regierungswechsel nur noch wenige Berichte über eine solche Unterdrückung. Umweltschutzgruppen berichten jedoch über Belästigung durch die Sicherheitskräfte (FH 4.3.2020).
Regierungsbeamte sind in der Regel kooperativ und empfänglich für Ansichten von NGOs. Trotz der Zusage der Barrow-Regierung von 2017, ein für NGOs günstigeres Umfeld zu schaffen, verlangt das Gesetz weiterhin, dass NGOs sich beim National Advisory Council registrieren. Sie verleiht dem Rat die Befugnis, einer NGO (einschließlich internationaler NGOs) das Recht, im Land tätig zu sein zu verweigern, auszusetzen oder aufzuheben. Jedoch hat der Rat im Jahr 2019 gegen keine NGO Maßnahmen ergriffen (USDOS 11.3.2020).
Das Büro des Bürgerbeauftragten betreibt eine Nationale Menschenrechtseinheit (NHRU) mit dem Auftrag, die Menschenrechte zu fördern und zu schützen und vulnerable Gruppen zu unterstützen. Die NHRU befasst sich mit Beschwerden über rechtswidrige Handlungen, ungerechte Behandlung sowie illegalen Verhaftungen. Die Regierung gewährt dem Büro des Ombudsmanns und der NHRU ebenso uneingeschränkten Zugang zu allen Haftanstalten wie lokalen und internationalen NGOs (USDOS 11.3.2020).
Quellen:
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
1.2.6. Allgemeine Menschenrechtslage:
Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017). Zu den bedeutendsten Menschenrechtsproblemen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; mangelnde Rechenschaftspflicht in Fällen von Gewalt gegen Mädchen und Frauen, einschließlich Vergewaltigung und weit verbreiteter weiblicher Genitalverstümmelung; Menschenhandel; und die Kriminalisierung einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens zwischen Erwachsenen, obwohl das Gesetz nicht durchgesetzt wird (USDOS 11.3.2020).
Die Grundrechte, einschließlich der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit, haben sich seit dem Amtsantritt von Präsidenten Barrow verbessert, aber die Konsolidierung der Rechtsstaatlichkeit geht nur langsam voran (FH 4.3.2020). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017; vgl. VA 19.6.2020).
Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 5.8.2019; vgl. FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (HRW 18.1.2018; vgl. ÖB 12.2019). Die Selbstzensur ist zurückgegangen und mehr Menschen ergreifen den Beruf des Journalisten. Journalisten kehren vermehrt aus dem Exil zurück (FH 4.3.2020; vgl. AI 22.2.2018, ÖB 12.2019). Dennoch bleiben restriktive Mediengesetze zumindest am Papier erhalten und es gibt vereinzelte Berichte über Verhaftungen und Polizeiübergriffe gegen Journalisten (FH 4.3.2020; vgl. JA 26.1.2020, AN 28.1.2020). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017).
Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der „Gambia Press Union“. In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Für öffentliche Versammlungen muss eine Genehmigung vom Generalinspektor der Polizei eingeholt werden (FH 4.3.2020). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze (AI 22.2.2018).
Im Juli 2019 wurden bei größeren Protesten in Serrekunda und Brikama zahlreiche Personen nach einem Einschreiten der Polizei verletzt und verhaftet (FH 4.3.2020). Im Zuge von Protestveranstaltungen gegen Präsident Barrow im Jänner 2020 wurden ca. hundert Personen verhaftet, einige Medienunternehmen gesperrt und die Oppositionsgruppe „Three Years Jotna“ verboten. Bei der Auflösung der Demonstrationen wurde Tränengas eingesetzt (AN 27.1.2020, AN 28.1.2020, JA 26.1.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- AN - AfricaNews (27.1.2020): Gambia govt bans protests, silences critical media, https://www.africanews.com/2020/01/27/gambia-govt-bans-protests-silences-critical-media/, Zugriff 23.6.2020
- AN - AfricaNews (28.1.2020): Unpacking Gambia's three-year pact: Constitution vs. Coalition MoU, https://www.africanews.com/2020/01/28/unpacking-gambia-s-three-year-pact-constitution-vs-coalition-mou/, Zugriff 23.6.2020
- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 23.6.2020
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- JA - Jeune Afrique (26.1.2020): Gambie : le gouvernement durcit le ton face à la contestation anti-présidentielle, https://www.jeuneafrique.com/886852/politique/gambie-le-gouvernement-durcit-le-ton-face-a-la-contestation-anti-presidentielle/, Zugriff 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
- VA - Vertrauensanwalt der Österreichischen Botschaft Dakar in Gambia (19.6.2020): Antwortschreiben, per E-Mail.
1.2.7. Bewegungsfreiheit:
Die Verfassung und Gesetze ermöglichen die Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen (USDOS 11.3.2020). Jedoch wird die Bewegungsfreiheit durch häufige Sicherheitskontrollen beeinträchtigt (FH 4.3.2020; vgl. USDOS 11.3.2020).
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat Gambia am 23.3.2020 bis auf Weiteres den Luftraum und die Landgrenzen geschlossen. Der Ausnahmezustand wurde bis 1.7.2020 verlängert, seit 4.6.2020 werden die Einschränkungen schrittweise gelockert (USEMB 11.6.2020; vgl. Garda 11.6.2020). Einschränkungen der Passagierzahl im privaten und öffentlichen Personenverkehr auf die Hälfte des Fassungsvermögens des Fahrzeuges bleiben bis auf Weiteres in Kraft (Garda 11.6.2020)
Quellen:
- FH - Freedom House (4.3.2020): Freedom in the World 2020 - The Gambia, https://freedomhouse.org/country/gambia/freedom-world/2020, Zugriff 15.6.2020
- Garda World (11.6.2020): Gambia: COVID-19 state of emergency extended until July 1 /update 3, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/349821/gambia-covid-19-state-of-emergency-extended-until-july-1-update-3, Zugriff 15.6.2020
- USDOS - U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: The Gambia, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/02/GAMBIA-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 23.6.2020
- USEMB - U.S. Embassy in The Gambia (11.6.2020): COVID-19 Information, https://gm.usembassy.gov/u-s-citizen-services/covid-19-information/, Zugriff 15.6.2020
1.2.8. Grundversorgung:
Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen (EASO 12.2017). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet (EASO 12.2017). Die wirtschaftliche Situation verbesserte sich für die meisten Gambier auch nach dem Regierungswechsel nicht, die Preise für Grundnahrungsmittel sind gestiegen (KAS 24.1.2020).
Zwar betrug das Wirtschaftswachstum 2019 offiziell 6%, doch bleibt die Lebenswirklichkeit der Bevölkerungsmehrheit äußerst schwierig. Die Inflation stieg auf knapp 7% und allein 80% des Haushalts 2020 dürften in die Schuldentilgung fließen. Für dringend notwendige Investitionen in das marode Bildungs- und Gesundheitssystem bleibt wenig Spielraum. Auch die Energieversorgung bleibt problematisch und der 2018 verabschiedete Entwicklungsplan konnte die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bisher nicht verbessern (KAS 24.1.2020).
Die Arbeitslosigkeit ist nach europäischer Berechnung hoch, doch gibt es keine verlässlichen Zahlen. Der Großteil der Bevölkerung ist entweder im Agrarsektor tätig (wo sie nicht von offiziellen Statistiken erfasst wird) oder im informellen Wirtschaftssektor. Der formelle Wirtschaftssektor ist nur schwach ausgeprägt und beschränkt sich meist auf den öffentlichen Sektor und im Land tätige ausländische Unternehmen (ÖB 12.2019).
Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren (EASO 12.2017; vgl. ÖB 12.2019). Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen (KAS 16.5.2018; vgl. ÖB 12.2019). Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91% der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch (KAS 16.5.2018; vgl. ÖB 12.2019).
Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. USD) gesunken sind (EASO 12.2017) und sich nur zögerlich erholten (KAS 16.5.2018). Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst (EASO 12.2017).
Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat (KAS 16.5.2018). Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit (EASO 12.2017). Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4% des BIP jährlich geschätzt (KAS 16.5.2018).
Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) machten die Hilfen ausländischer Geber 2013 11% des BIP aus (EASO 12.2017). Ausländische Geber versprachen der Barrow-Regierung finanzielle Unterstützung unter der Bedingung, dass die Entwicklung der Demokratie gefördert und die Menschenrechte geachtet werden (EASO 12.2017).
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie wurden nicht lebenswichtige Handels- und andere Aktivitäten, die mit der lokalen Wirtschaft verbunden sind, aber dazu neigen, große Menschenmengen anzuziehen, bis auf weiteres untersagt, was den Lebensunterhalt zahlreicher Personen gefährdet (APA 2.4.2020). Die Regierung stellte 14,7 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um Haushalte mit Grundnahrungsmitteln (u.A. Reis, Öl, Zucker) zu versorgen (Gentilini et al 12.6.2020: 185).
Quellen:
- APA - Agence de Presse Africaine (2.4.2020): Gambia: Livelihoods affected by anti-COVID-19 restrictions, https://apanews.net/en/news/anger-follows-gambia-covid-19-lockdown, Zugriff 27.4.2020
- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 23.6.2020
- Gentilini, Ugo; Mohamed Almenfi, Pamela Dale, Ana Veronica Lopez, Ingrid Veronica Mujica, Rodrigo Quintana, Usama Zafar (12.6.2020): Social Protection and Jobs Responses to COVID-19: A Real-Time Review of Country Measures - “Living paper” version 11 (June 12, 2020), http://documents.worldbank.org/curated/en/590531592231143435/pdf/Social-Protection-and-Jobs-Responses-to-COVID-19-A-Real-Time-Review-of-Country-Measures-June-12-2020.pdf, Zugriff 22.6.2020
- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (16.5.2018): Ein Jahr Demokratie in Gambia, http://www.kas.de/wf/doc/kas_52476-544-1-30.pdf?180516145500, Zugriff 23.6.2020
- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (24.1.2020): „Too small to fail“? - Gambias Demokratisierungsprozess – zwischen Fortschritt und Frustration, https://www.kas.de/de/laenderberichte/detail/-/content/too-small-to-fail, Zugriff 22.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
1.2.9. Medizinische Versorgung:
Trotz einiger Fortschritte bei der medizinischen Versorgung ist in Gambia keine flächendeckende medizinische Grundversorgung verfügbar (ÖB 12.2019; vgl. AA 5.8.2019), wogegen die ärztliche Versorgung im Großraum Banjul ausreichend ist (BMEIA 4.6.2020; vgl. ÖB 12.2019). Die medizinische Versorgung im Lande bleibt eingeschränkt und ist technisch, apparativ und/oder hygienisch problematisch. Auch im privaten Sektor ist nur eine begrenzte Diagnostik und Behandlung möglich (AA 5.6.2020; vgl. AA 5.8.2019). Deutlich besser ist die Lage in Privatkliniken, wobei auch diese keinen europäischen Standard bieten (AA 5.8.2019). Die Versorgung ist besonders bei Notfällen, z. B. nach Autounfällen, aber auch im Falle eines Herzinfarktes oder eines Schlaganfalles sehr eingeschränkt (AA 5.6.2020). Die Mehrheit der Gesundheitseinrichtungen befindet sich im Stadtgebiet, was bedeutet, dass der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen in ländlichen Gebieten komplexer ist. Im Allgemeinen leiden alle Einrichtungen unter einem Mangel an gut ausgebildetem Personal und Defiziten in Bezug auf Infrastruktur, medizinische Ausrüstung und Versorgung mit bestimmten Medikamenten (EASO 12.2017; vgl. HP+/USAID 11.2019).
Prinzipiell haben sämtliche Bevölkerungsgruppen Zugang zu allen staatlichen Spitälern, Kliniken oder Krankenstationen. Jeder Patient hat eine Konsultationsgebühr von mindestens USD 0,5 bzw. USD 5 für größere Eingriffe zu entrichten. Schwangere Frauen und Kinder unter fünf Jahren sind von der Gebühr befreit. Patienten mit Krankheiten mit Relevanz für die öffentliche Gesundheit, wie z.B. Tuberkulose oder HIV/Aids sind ebenfalls von allen Gebühren befreit, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit. Behandlung und Medikamente sind, soweit vorhanden, generell kostenlos (ÖB 12.2019; vgl. AA 5.8.2019). Eine allgemeine Krankenversicherung existiert nicht. Die Versorgung in staatlichen Krankenhäusern ist jedoch aufgrund mangelnder Ärzte, Apparaturen und Medikamente unzureichend. Es existiert eine staatliche psychiatrische Einrichtung, in der es allerdings oft an Medikamenten und gelegentlich an Lebensmitteln fehlt. Die Einrichtung wird von kubanischen Ärzten betreut, die nicht immer anwesend sind. Die Versorgung mit Medikamenten ist über Apotheken möglich (AA 5.8.2019).
Im Jahr 2015 gab es in Gambia 213 Mediziner (1.1 Arzt für 10.000 Einwohner). Die traditionelle Medizin ist für einen Großteil der Bevölkerung Gambias oft der erste Ansprechpartner, da die Heiler über das ganze Land verstreut und vor allem in ländlichen Regionen besser zugänglich sind. Auch die Behörden Gambias streben eine stärkere Partnerschaft mit traditionellen Heilern an, um die Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern. Darüber hinaus erlauben traditionelle Mediziner oft Sachleistungen, die für arme Haushalte leistbarer sind (AA 5.8.2019; vgl. EASO 12.2017, HP+/USAID 11.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (5.6.2020): Gambia: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624, Zugriff 16.6.2020
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (4.6.2020): Reise & Aufenthalt - Gambia - Gesundheit & Impfungen, http://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 23.6.2020
- EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus, https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 23.6.2020
- HP+/USAID - Health Policy Plus / United States Agency for International Development (11.2019): Assesment of the Health System in the Gambia - Overview, Medical Products, Health Financing, and Governance Components, http://www.healthpolicyplus.com/ns/pubs/17372-17674_GambiaHealthSystemAssessment.pdf, Zugriff 22.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
1.2.10. Rückkehr:
Staatliche Einrichtungen zur Aufnahme von Rückkehrerinnen und Rückkehrern existieren nicht (AA 5.8.2019). Abgeschobene Personen werden von der Einwanderungsbehörde in Empfang genommen, kurz vernommen bzw. deren Daten aufgenommen (ÖB 12.2019). Rückkehrer werden in der Regel wieder von ihrer (Groß-) Familie aufgenommen. Zwischen der International Organisation of Migration (IOM) und der EU wurde eine Vereinbarung zum Schutz und zur Wiedereinbürgerung von Migranten getroffen (EU-IOM Initiative on Migrant Protection and Reintegration), welche Unterstützung für freiwillig oder zwangsweise zurückgekehrte Gambier vorsieht (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Der erhebliche Rückstau bei den Reintegrationsmaßnahmen wegen unerwartet hohen Rückkehrerzahlen v.a. aus Libyen und Anlaufschwierigkeiten des 2017 eingerichteten IOM-Büros konnte seit Mitte 2018 in etwa halbiert werden. Zum Stand März 2019 erhielten knapp 2.500 von insgesamt ca. 4.100 Rückkehrern Reintegrationsunterstützung. Des Weiteren gibt es zahlreiche NGOs, die in Gambia tätig sind, hauptsächlich im Grundbildungsbereich (AA 5.8.2019).
Rückkehrer bzw. wiedereingebürgerte Personen unterliegen keiner besonderen Behandlung. Fälle von Misshandlung oder Festnahmen sind nicht bekannt. Bei Rückkehr muss nicht mit staatlichen Maßnahmen aufgrund der Asylantragstellung gerechnet werden (AA 5.8.2019; vgl. ÖB 12.2019). Der „Social Welfare Service“ unterhält eine Einrichtung zur Unterbringung von Minderjährigen, dürfte sich aber eher an Kinder jüngeren Alters richten. Ob eine Unterbringung von abgeschobenen Minderjährigen dort möglich ist, muss im Einzelfall geklärt werden (AA 5.8.2019).
Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie unterliegen alle Einreisenden - entweder per Flugzeug oder auf dem Landweg - unabhängig von ihrer Nationalität, die in oder durch ein "Hotspot"-Land reisen, einer 14-tägigen verpflichtenden Quarantäne in staatlich verwalteten Einrichtungen, wo sie auf Kosten der Regierung Unterkunft, Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung erhalten (USEMB 11.6.2020).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.8.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Gambia (Stand: Juli 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014284/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Gambia_%28Stand_Juli_2019%29%2C_05.08.2019.pdf, Zugriff 23.6.2020
- ÖB - Österreichische Botschaft Dakar (12.2019): Asylländerbericht Gambia, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032127/Asyll%C3%A4nderbericht+Gambia+2019+-+Erstentwurf.docx, Zugriff 22.6.2020
- USEMB - U.S. Embassy in The Gambia (11.6.2020): COVID-19 Information, https://gm.usembassy.gov/u-s-citizen-services/covid-19-information/, Zugriff 15.6.2020
1.2.11. Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus:
COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 02.08.2021, 00:00 Uhr, 655.477 bestätigte Fälle von je mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 10.537 bestätigte Todesfälle; in Gambia wurden mit 02.08.2021, 10:13 Uhr gesamt 7.962 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 213 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden.
Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.
Quellen:
• https://covid19-dashboard.ages.at/ [02.08.2021]
• https://covid19.who.int/region/afro/country/gm [02.08.2021]
• https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus.html [02.08.2021]
Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG 2005 in seinen Heimatstaat Gambia unzulässig wäre. Eine nach Gambia zurückkehrende Person, bei welcher keine berücksichtigungswürdigen Gründe vorliegen, wird durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine unmenschliche Lage versetzt. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia eine Verletzung von Art. 2 oder 3 der EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.
Es wird weiters festgestellt, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, auch wenn ihm kein privater Familienverband soziale Sicherheit bietet, seinen Lebensunterhalt aus eigener Kraft bestreiten kann. Staatliche Repressionen im Falle der Rückkehr nach Gambia allein wegen der Beantragung von Asyl können ebenso nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Sachverhalt:
Der umseits unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unzweifelhaften Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2015, GZ: W159 1432575-1/15E, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, in das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Gambia, in die vom Beschwerdeführer vorgelegten weiteren Unterlagen sowie in das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht am 11.05.2021. Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Strafregister der Republik Österreich, dem Betreuungsinformationssystem der Grundversorgung (GVS) und dem AJ-WEB wurden ergänzend eingeholt.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seiner Person, insbesondere seiner Staatsangehörigkeit, seiner Glaubens- und Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Volljährigkeit, seiner gesundheitlichen Situation, seiner Arbeitsfähigkeit, seiner Schulbildung und Arbeitserfahrung, seinen Lebensumständen in Gambia, seiner Kinderlosigkeit, seinen Sorgepflichten sowie seiner familiären Situation in Gambia gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht am 11.05.2021 (OZ 15).
Soweit der Beschwerdeführer darin anführte, dass er über keinerlei Angehörige in Gambia verfügt (S. 8 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15), war aufgrund des persönlichen Eindrucks des erkennenden Richters in der Beschwerdeverhandlung die entsprechende Negativfeststellung zu treffen. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers bereits aufgrund seines Aussageverhaltens in Bezug auf seine Ausreise aus Gambia (S. 6 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15) letztlich nur eingeschränkt anzunehmen war.
Mangels Vorlage eines identitätsbezeugenden Originaldokuments konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht zweifelsfrei festgestellt werden.
Die Feststellungen zu seiner Ausreise aus Gambia und seinem Aufenthalt in Österreich lassen sich dem vorliegenden Verwaltungsakt sowie insbesondere seinen Angaben in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 11.05.2021 (OZ 15) und dem ZMR-Auszug entnehmen.
Aus dem im Verwaltungsakt einliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2015, Zl. W159 1432575-1/15E, ergeben sich die Feststellungen hinsichtlich seiner Asylantragsstellung samt der zweitinstanzlichen Abweisung.
Aus dem vorliegenden Behördenakt sowie der im Akt einliegenden Stellungnahme von Frau XXXX datiert mit 03.02.2017 (AS 417), gründet die Feststellung hinsichtlich der traditionellen Eheschließung des Beschwerdeführers. Auf Nachfrage des erkennenden Richters in der Beschwerdeverhandlung, ob diese Beziehung im Juni 2018 - laut Akteninhalt - geendet habe, bejahte der Beschwerdeführer, sodass die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren (S. 4 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15).
Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2021, noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergaben sich relevante Hinweise auf eine tatsächlich bestehende Lebensgemeinschaft oder familiäre oder maßgebliche private Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich. Auch führte der Beschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung selbst an, dass er in keiner Lebensgemeinschaft lebe (S. 4 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15). Soweit der Beschwerdeführer in weiterer Folge zu Protokoll gab (S. 5 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15), dass er mit einer Frau namens „ XXXX “ verlobt sei, kann diesem Vorbringen nicht gefolgt werden. Insbesondere war es dem Beschwerdeführer weder möglich, den Nachnamen oder das Geburtsdatum dieser Frau zu nennen, noch konnte er ihre Wohnadresse anführen. Aus den genannten Gründen war daher die entsprechende Negativfeststellung zu treffen.
Das Bestehen eines Bekanntenkreises in Österreich ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung am 11.05.2021 (S. 9 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15) sowie den zahlreichen Unterstützungsschreiben (AS 417ff), welche bereits im Jahr 2017 vorgelegt wurden und teilweise undatiert sind. Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass es sich bei den damals angeführten Personen größtenteils um Familienmitglieder oder Bekannte seiner früheren Lebensgefährtinnen XXXX und XXXX handelt. Mit Frau XXXX pflegt er jedoch beispielsweise seit über drei Jahren keinen Kontakt mehr (OZ 11 sowie S. 4 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15). Somit kamen keine Hinweise für das Bestehen von tiefergehenden privaten Bindungen hervor.
Der Beschwerdeführer brachte weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde oder in der mündlichen Verhandlung konkrete Angaben vor, die die Annahme einer umfassenden, seiner fast neunjährigen Aufenthaltsdauer entsprechenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden.
Aufgrund der Vorlage eines Prüfungsergebnisses der Integrationsprüfung A1 des ÖIF datiert mit 05.04.2019 (Beilage D zur OZ 15) ist die Teilnahme des Beschwerdeführers an einer Integrationsprüfung belegt. Da er ansonsten lediglich eine Zahlungsbestätigung eines Deutschkurses datiert mit 18.04.2017 (OZ 3), eine Teilnahmebestätigung an einem Deutschkurs datiert mit 27.03.2017 (OZ 2) und eine Bestätigung für Fahrkosten von XXXX datiert mit 16.05.2017 (Beilage B zur OZ 15) vorlegen konnte und auch bei seiner Einvernahme vor dem erkennenden Gericht auf den anwesenden Dolmetscher angewiesen war, waren in Zusammenschau mit dem persönlichen Eindruck des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2021 die entsprechenden Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers zu treffen.
Die Feststellungen zu seiner sonstigen Integration in Österreich gründen auf seinen glaubwürdigen Angaben in der mündlichen Verhandlung am 11.05.2021 (OZ 15), auf den Feststellungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 08.05.2015, Zl. W159 1432575-1/15E, sowie auf folgenden, vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen: Nachweis über freiwillige Tätigkeiten des XXXX seit März 2015 datiert mit 23.04.2015 (AS 407), Freiwilligenpass ausgestellt vom XXXX am 19.03.2015 und vom Magistrat der Stadt XXXX am 25.03.2015 (AS 409), Einsatzvereinbarung eines Kindergartens in XXXX beginnend mit 18.03.2015 sowie Vereinbarung mit dem XXXX vom 02.03.2015 (AS 413 und 415), Teilnahmebestätigungen pro mente XXXX datiert mit 18.11.2020, 26.11.2020 und 23.12.2020 (Beilagen A, E und F zur OZ 15), Antrag auf Saisonbewilligung datiert mit 17.08.2020 (Beilage C zur OZ 15). Andere Bestätigungen hinsichtlich Aus- oder Weiterbildungen oder der Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten bzw. einer Mitgliedschaft in einem Verein legte der Beschwerdeführer nicht vor, sodass die entsprechenden Feststellungen zu treffen waren.
Hinweise auf berücksichtigungswürdige Integrationsmerkmale kamen im Verfahren somit nicht hervor und war daher die entsprechende Feststellung zu treffen.
Die Feststellungen zur fehlenden Erwerbstätigkeit, zur mangelnden Selbsterhaltungsfähigkeit und zum Leistungserhalt der staatlichen Grundversorgung gründen auf einem aktuellen Auszug aus dem Betreuungsinformationssystem sowie der Einsichtnahme in die Datenbank der Sozialversicherungsträger.
Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit gründet auf der aktuellen Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
2.3. Zum Herkunftsstaat:
Die unter Punkt 1.2. getroffenen Feststellungen zur Lage in Gambia basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation sowie allgemein zugänglichen und abrufbaren Quellen. Zu den im Länderinformationsblatt verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.
Die Länderberichte wurden dem Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 11.05.2021 am 08.03.2021 sowie seiner damals ausgewiesenen Rechtsvertretung mittels ERV am 05.03.2021 übermittelt. In dieser Ladung wurde der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass er in der mündlichen Verhandlung die Gelegenheit erhalten werde, zu den beigefügten Länderberichten Stellung zu nehmen (OZ 10).
Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 11.05.2021 wurde mit ihm der wesentliche Inhalt der Länderberichte erörtert und ihm anschließend die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt. Der Beschwerdeführer ersuchte sodann in der mündlichen Verhandlung die Gewährung einer Frist von 14 Tagen zur Abgabe einer Stellungnahme (S. 7 des Verhandlungsprotokolls in OZ 15). Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Vorfeld der Verhandlung bereits über zwei Monate Zeit gehabt hätte, eine Stellungnahme vorzubereiten, weshalb sein nunmehr an den Tag gelegtes Verhalten eine Verletzung seiner Mitwirkungspflicht darstellt. Trotz anschließender Gewährung einer zweiwöchigen Frist durch den erkennenden Richter langte bis dato keine Stellungnahme des Beschwerdeführers beim erkennenden Gericht ein.
Der Beschwerdeführer ist den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, somit nicht substantiiert entgegengetreten und wurden im gesamten Verfahren (trotz Bedachtnahme einer Stellungnahme des Beschwerdeführers auf den AS 435ff) keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der bereits rechtskräftigen Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz eine Beschäftigung mit seinem Fluchtvorbringen nicht vorgesehen ist.
Die Feststellung betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 46 FPG iVm § 50 FPG nach Gambia beruht somit darauf, dass der Beschwerdeführer weder vor der belangten Behörde noch in seinem Beschwerdeschriftsatz oder der Beschwerdeverhandlung konkrete Angaben getätigt hat, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unzulässigkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. Es wurden keine Umstände vorgebracht, die nahelegen würden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Gambia gefährdet wäre. Dahingehend ist insbesondere auf die getroffenen Länderfeststellungen unter Punkt 1.2. hinzuweisen, aus welchen sich die Lage in Gambia sehr gut beurteilen lässt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels „aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ (Spruchpunkt I. erster Satz des angefochtenen Bescheides):
Im Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstite