TE Bvwg Erkenntnis 2021/8/25 W158 2239183-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.08.2021
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Entscheidungsdatum

25.08.2021

Norm

B-VG Art130 Abs3
B-VG Art133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
FM-GwG §37
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §50 Abs1
WAG 2018 §2 Abs1 Z2
WAG 2018 §3 Abs1
WAG 2018 §3 Abs2 Z3
WAG 2018 §92 Abs11

Spruch


W158 2239183-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorsitzende Richterin Dr. Yoko KUROKI-HASENÖHRL und die Richter Dr. Martin MORITZ und Mag. Volker NOWAK als Beisitzer über die Beschwerde der G XXXX F XXXX GmbH, XXXX , 1030 Wien, vertreten durch Dr. Friedrich Helml, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien gegen den Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde vom 23.10.2020, GZ. XXXX zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Bescheid der Finanzmarktaufsichtsbehörde (in Folge: FMA) vom 23.10.2020, sprach diese aus, dass eine Kundmachung, wonach die G XXXX F XXXX GmbH (in Folge: BF für Beschwerdeführerin) nicht berechtigt sei, konzessionspflichtige Wertpapierleistungen in Österreich zu erbringen, rechtmäßig gewesen sei.

Dazu führte die FMA mit näherer Begründung aus, dass sich aus dem Internetauftritt der BF ergebe, dass sie durch Annahme und Übermittlung von Aufträgen eine Wertpapierdienstleistung gewerblich erbringe. Die BF verfüge jedoch nicht über die dafür notwendige Konzession. Eine Information der Öffentlichkeit sei erforderlich, um diese vor einem finanziellen Schaden zu bewahren. Die Veröffentlichung sei auch verhältnismäßig.

I.2. Dagegen richtet sich die Beschwerde der BF wegen Verfahrensmängel, unrichtiger Feststellungen und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid dahingehend abzuändern, dass festgestellt werde, dass die Veröffentlichung nicht rechtmäßig gewesen sei und der FMA aufzutragen, die Kundmachung zu widerrufen, in eventu den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die FMA zurückzuverweisen.

Begründend wird im Wesentlichen vorgebracht, die von der BF erbrachten Dienstleistungen stellten keine konzessionspflichtigen Wertpapierdienstleistungen dar. Im Übrigen sei der Internetauftritt nicht der BF zurechenbar. Die von der FMA genannten Hinweise auf die BF auf den Homepages beruhten einerseits auf einem Versehen und seien andererseits entfernt beziehungsweise richtiggestellt worden. Darüber hinaus seien die Entscheidungsträger befangen, was sich vor allem aus von der FMA erstatteten Sachverhaltsdarstellungen an Staatsanwaltschaften aber auch an der Begründung des Bescheids, die beide tendenziös seien, zeige. Darüber hinaus habe die FMA zu Unrecht teilweise die Akteneinsicht verweigert. Die BF habe diese Aktenteile nur im Akt der Staatsanwaltschaft ungeschwärzt einsehen können.

I.3. Die FMA legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt am 01.02.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vor und erstattete eine Stellungnahme zu den Beschwerdegründen.

I.4. Am 18.05.2021 erstattete die BF einen ergänzenden Schriftsatz, in dem auf eine Sachverhaltsdarstellung der FMA an die Staatsanwaltschaft hingewiesen wird. Darin gestehe die FMA selbst ein, dass die Homepage nicht der BF zuzurechnen sei.

I.5. Nachdem der BF die Stellungnahme zur Beschwerde und der FMA der ergänzende Schriftsatz zur Kenntnis und allfälligen Stellungnahme übermittelt wurde, nahm die BF am 25.06.2021 Stellung dazu. Darin bestreitet die BF wiederum Anlass zur Veröffentlichung gegeben zu haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einschau in den vorgelegten Verwaltungs- und Gerichtsakt.

II.1. Feststellungen:

Die G XXXX F XXXX GmbH, FN XXXX (= BF) mit Sitz in XXXX , 1030 Wien ist Teil der „G XXXX F XXXX Group“ (im Folgenden: XXXX ). Gesellschafter der BF sind die G XXXX F XXXX Group AG (im Folgenden: XXXX AG) mit einem Anteil von 94% und Ing. C XXXX S XXXX mit einem Anteil von 6%, der auch Geschäftsführer der BF ist. Er vertritt die XXXX seit 05.11.2015 selbstständig.

Die Unternehmensstruktur der XXXX stellt sich wie folgt dar:

Das Tochterunternehmen G XXXX F XXXX C XXXX AG (im Folgenden: XXXX AG) begibt den G XXXX F XXXX C XXXX AG Subordinated Step-Up Bond 2020, ISIN XXXX (im Folgenden: Bond). Das zugehörige Prospekt wurde von der FMA Liechtenstein gebilligt. Beim Bond handelt es sich um ein komplexes Finanzinstrument, nämlich eine nachrangige festverzinsliche Anleihe, die ein hohes Risiko birgt.

Auf der Homepage www. XXXX .at (im Folgenden: Homepage) wurde unter der Rubrik „Investoren“ die Möglichkeit „Online Zeichnung“ angeboten. Bei Klick auf „Online Zeichnung“ wurde man auf die Homepage XXXX /registration (im Folgenden: Zeichnungshomepage) weitergeleitet. Im Hinweistext der Zeichnungshomepage wurde auf den Prospekt des Bonds unter dem Link www. XXXX .at/ XXXX -2020 verwiesen. Dort war der Prospekt des Bonds als PDF abrufbar.

Auf der Startseite der Homepage wurde die XXXX AG im Footer mit ihrer Adresse im Fürstentum Liechtenstein genannt. Als Kontakttelefonnummer wurde direkt darunter die Nummer +43 XXXX genannt. Als Kontaktmailadresse wurde office[at] XXXX angeben. Direkt darunter im Copyrightfooter wurde die XXXX AG genannt. Im Impressum der Homepage wurde ebenfalls die XXXX AG samt ihrer Adresse im Fürstentum Liechtenstein angegeben. Es war keine Kontakttelefonnummer und keine Kontaktmailadresse im Impressum zur XXXX AG genannt. Als geschäftsführender Verwaltungsrat wurde der Geschäftsführer der BF angegeben. Des Weiteren waren im Impressum die Kontaktdaten aller Unternehmen der XXXX abrufbar. Registriert war die Homepage auf die BF.

Die BF gab als Kontaktdaten die Telefonnummer +43 XXXX und als Kontaktmailadresse office[at] XXXX an. Diese Mailadresse wurde neben der BF auch von der XXXX AG, der XXXX AG und der G XXXX F XXXX Broker AG angegeben.

Auf der für den deutschen Markt ausgerichteten Seite www. XXXX .at/de wurde im Footer der Startseite als Kontaktdaten wie folgt ausgeführt:

„G XXXX F XXXX Headquarter

XXXX

XXXX

Tel.: +43 XXXX

office[at] XXXX “

Auch von dieser Unterseite wurde unter der Rubrik „Investoren“ und „Online Zeichnung“ auf die Zeichnungshomepage weitergeleitet.

Neben der Homepage betreibt die XXXX einen YouTube-Kanal. Die Selbstbeschreibung dort lautete:

XXXX

XXXX

Mehr Infos: http://www. XXXX .at/

Details

Ort:    Österreich“

Auf der Seite www. XXXX .at/kontakt wurde Wien als „ XXXX Headquarter Wien“ bezeichnet.

Im Prospekt des Bonds wurde die Geschäftstätigkeit der BF wie folgt beschrieben:

„The scope of the services to be provided by G XXXX F XXXX GmbH may encompass(i) investment advice and credit brokerage save for any banking services pursuant to the Austrian Banking Act (Bankwesengesetz) or pursuant to the Austrian Securities Supervision Act 2018 (Wertpapieraufsichtsgesetz 2018), (ii) insurance agency services, (iii) brokerage, (iv) data processing, (v) accounting services save for services that are subject to the Austrian Act on Professions in the Field of Public Accounting 2017, (vi) the acquisition of all kinds of properties, (vii) business consulting, (viii) advertising, (ix) acquisition of shareholdings in other companies, (x) acquisition or the lease of other domestic and foreign companies of any legal form, as well as services with regard to the management or representation of companies, (xi) organization of workshops, (xii) trading in all kinds of goods, (xiii) providing of rental and real estate trustee services (real estate agent, real estate manager, property developer), limited to real estate agents, save for services regarding the brokerage of loans.“

Die Emittentin des Bonds beschrieb sich in der deutschen Zusammenfassung des Prospekts als reine Zweckgesellschaft wie folgt (ohne die Hervorhebung im Original):

„Die Emittentin ist eine Zweckgesellschaft, die gegründet worden ist, um die Finanzierung der G XXXX F XXXX Gruppengesellschaften (zu den G XXXX F XXXX Gruppengesellschaften gehören: [ XXXX AG], [ XXXX AG], G XXXX F XXXX Broker AG, [BF], XXXX , im folgenden [sic!] die „G XXXX F XXXX Gruppengesellschaften“) zu übernehmen. Zu diesem Zweck kann die Emittentin Schuldverschreibungen emittieren und die Erlöse aus den platzierten Schuldverschreibungen den G XXXX F XXXX Gruppengesellschaften zuzählen.“

Auf der Homepage wurde behauptet, mehr als 2000 Vertriebspartner mit 18 Standorten in fünf Ländern zu haben. Auf der Homepage wurde durch verschiedene Programme, etwa durch eine hohe XXXX förderung und einem „ XXXX “, um Vertriebspartner geworben.

Keine der Gesellschaften der XXXX verfügte über eine Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen in Österreich.

Nach der verfahrensgegenständlichen Kundmachung der FMA änderte die XXXX ihren Internetauftritt zumindest seit dem 29.09.2020 dahingehend, dass auf der Homepage der Link zur Zeichnungshomepage entfernt wurde. Die Zeichnungshomepage kann nunmehr über die Homepage www. XXXX .com unter der Rubrik „Online-Zeichnung“ aufgerufen werden.

Darüber hinaus wurde im Footer die österreichische Telefonnummer durch die liechtensteinische Nummer getauscht. Beibehalten wurde die Kontakmailadresse. Gleiches gilt für den Footer der deutschen Unterseite. Die Selbstbeschreibung auf dem YouTube Kanal lautet nunmehr wie folgt:

XXXX XXXX

Mehr Infos: http://www. XXXX .at/

Details

Ort:    Liechtenstein“

Die auf den deutschen Markt ausgerichtete Seite ist mittlerweile über www. XXXX .de erreichbar. Die Seite www. XXXX .at/de existiert nicht mehr.

II.2. Beweiswürdigung:

Der bereits von der FMA festgestellte Sachverhalt wurde in der Beschwerde nicht substantiiert bestritten, vielmehr sind die dortigen Ausführungen, soweit sie sich überhaupt auf das gegenständliche Verfahren und nicht auf Parallelverfahren beziehen, im Wesentlichen Rechtsausführungen dazu, wem die Homepage zuzurechnen sei beziehungsweise ob es sich dabei um konzessionspflichtige Wertpapierdienstleistungen gehandelt habe. Das gilt besonders für die geltend gemachten Aktenwidrigkeiten. Zutreffend ist allerdings, wie sich aus den im Akt ersichtlichen Screenshots ergibt (Beilage ./A ON 3 Seite 4f),2 das Vorbringen in der Beschwerde und in der Stellungnahme vom 24.06.2021, dass die Online Zeichnung nicht eingebettet war, sondern über eine eigene Seite erfolgte, sodass die entsprechenden Feststellungen der FMA zu berichtigen waren.

Der bereits von der FMA festgestellte Sachverhalt beruht im Wesentlichen auf im Akt enthaltenen Screenshots (Beilage ./A ON 3). Es besteht kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln, sodass der Sachverhalt mit der oben bereits begründeten Richtigstellung auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden kann. Die Feststellungen zur Änderung des Internetauftritts beruhen auf den Ausführungen der der Beschwerde beigelegten Stellungnahme vom 29.09.2020 (Beilage ./18). Soweit Änderungen im Internetauftritt nach dem 29.09.2020 festgestellt wurden, konnten diese auch durch Einsicht des erkennenden Senats in die entsprechenden Internetseiten verifiziert werden.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anwendbaren Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 6 BVwGG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs. 2a FMABG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Es ist daher ein Senat zur Entscheidung berufen.

Nach § 17 VwGVG sind, soweit nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Der BF wurde der Bescheid am 02.11.2020 zugestellt. Die am 30.11.2020 eingebrachte Beschwerde ist daher rechtzeitig (§ 7 Abs. 4 VwGVG) und auch sonst zulässig.

II.3.2. Zu Spruchpunkt A)

II.3.2.1. Anzuwendende Rechtslage:

§ 2 Abs. 1 Z 2 WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 idF BGBl. I Nr. 37/2018 lautet:

„Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes finden keine Anwendung auf:

[…] 2. Personen, die Wertpapierdienstleistungen ausschließlich für ihr Mutterunternehmen, ihre Tochterunternehmen oder andere Tochterunternehmen ihres Mutterunternehmens erbringen […]“

§ 3 Abs. 1 und 2 WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 regelt:

„(1) Eine Wertpapierfirma ist eine juristische Person, die ihren Sitz und ihre Hauptverwaltung in Österreich hat und auf Grund dieses Bundesgesetzes berechtigt ist, Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten zu erbringen. Natürliche und juristische Personen, deren Berechtigung zur Erbringung von Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sich auf § 4, das BWG oder das BörseG 2018 gründet, sind keine Wertpapierfirmen.

(2) Die gewerbliche Erbringung folgender Wertpapierdienstleistungen bedarf einer Konzession der FMA:

[…]

3. Annahme und Übermittlung von Aufträgen, sofern diese Tätigkeiten ein oder mehrere Finanzinstrumente zum Gegenstand haben […]“

§ 92 Abs. 11 WAG 2018, BGBl. I Nr. 107/2017 idF BGBl. I Nr. 37/2018 lautet:

„Die FMA kann durch Kundmachung im Internet oder in einer Zeitung mit Verbreitung im gesamten Bundesgebiet die Öffentlichkeit informieren, dass eine namentlich genannte natürliche oder juristische Person zur Vornahme bestimmter Wertpapierdienstleistungsgeschäfte (§ 3 Abs. 2 Z 1 bis 4) nicht berechtigt ist, sofern diese Person dazu Anlass gegeben hat und eine Information der Öffentlichkeit erforderlich und im Hinblick auf mögliche Nachteile des Betroffenen verhältnismäßig ist. Diese Veröffentlichungsmaßnahmen können auch kumulativ getroffen werden. Die Person muss in der Veröffentlichung eindeutig identifizierbar sein; zu diesem Zweck können, soweit der FMA bekannt, auch Geschäftsanschrift oder Wohnanschrift, Firmenbuchnummer, Internetadresse, Telefonnummer und Telefaxnummer angegeben werden. Der von der Veröffentlichung Betroffene kann eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung in einem bescheidmäßig zu erledigenden Verfahren bei der FMA beantragen. Die FMA hat diesfalls die Einleitung eines solchen Verfahrens in gleicher Weise bekannt zu machen. Wird im Rahmen einer Überprüfung die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung festgestellt, so hat die FMA die Veröffentlichung richtig zu stellen oder auf Antrag des Betroffenen entweder zu widerrufen oder aus dem Internetauftritt zu entfernen.“

II.3.2.2. Grundsätzliches:

Zunächst ist die Frage zu klären, ob es sich bei dem hier vorliegenden Verfahren um eine „Verwaltungsstrafsache“ im Sinne des Art. 130 Abs. 3, 4 B-VG handelt. Läge keine „Verwaltungsstrafsache“ vor, läge Rechtswidrigkeit nicht vor, wenn die FMA das ihr zukommende Ermessen in Bezug auf die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit der Veröffentlichung im Sinne des Gesetzes geübt hätte. Läge dagegen eine „Verwaltungsstrafsache“ vor, würden die danach bestehenden Einschränkungen für die verwaltungsgerichtliche Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen nicht gelten. Vielmehr ist das Verwaltungsgericht hier nicht bei der Ermessenskontrolle beschränkt, sondern hat auch das im Gesetz vorgesehene Ermessen zu üben (VwGH 06.03.2020, Ro 2019/02/0007). Darüber hinaus hat die Einordnung als „Verwaltungsstrafsache“ auch Auswirkungen auf die Verhandlungspflicht (§ 24 VwGVG versus § 44 VwGVG).

Der Verwaltungsgerichtshof geht dabei in seiner Rechtsprechung von einem weiten Verständnis der „Verwaltungsstrafsache“ aus. Danach schließt der genannte Begriff auch rein verfahrensrechtliche Entscheidungen mit ein, die in einem Verwaltungsstrafverfahren ergehen, und erstreckt sich auf alle Verfahren vor den Verwaltungsbehörden wegen Verwaltungsübertretungen einschließlich der Verfahren über Wiederaufnahme und Wiedereinsetzungsanträge. Auch eine Beschlagnahme nach § 39 VStG ist eine „Verwaltungsstrafsache“. Die Einordnung als „Verwaltungsstrafsache“ hängt auch nicht davon ab, dass die betreffende Entscheidung gegenüber dem einer Verwaltungsübertretung Beschuldigten ergeht; sie erfasst vielmehr auch zum Beispiel die gegen einen Dritten – einen Zeugen, der die Aussage im Verwaltungsstrafverfahren ungerechtfertigt verweigert hatte – gerichtete Ordnungsstrafe. Das zu Grunde liegende Verwaltungsstrafverfahren muss auch nicht notwendigerweise noch anhängig sein, um eine damit in Zusammenhang stehende Angelegenheit, die selbst nicht die Ahndung einer Verwaltungsübertretung betrifft, als „Verwaltungsstrafsache“ zu qualifizieren. Dieser Judikatur folgend wurde auch die Veröffentlichung einer (zumindest im Grundsatz vergleichbaren) Bekanntmachung nach § 37 FM-GwG als „Verwaltungsstrafsache“ qualifiziert (VwGH 12.02.2020, Ra 2019/02/0179).

Trotz dieses weiten Verständnisses ist das gegenständliche Verfahren nicht als „Verwaltungsstrafsache“ zu qualifizieren. Auch wenn § 94 WAG 2018 das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen nach § 3 Abs. 2 WAG 2018 ohne dafür erforderliche Berechtigung, was auch der Kundmachung nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 zugrunde liegt, unter Strafe stellt, liegt dem Kundmachungsverfahren nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 doch ein völlig anderes Ziel zugrunde und ist insbesondere nicht von einem Strafverfahren abhängig.

Entscheidend für die Einordnung als „Verwaltungsstrafsache“ war in der Judikatur nämlich stets der Bezug zu einem Strafverfahren. Fehlt demgegenüber ein Zusammenhang mit einem Verwaltungsstrafverfahren, was etwa bei einer ausschließlich verwaltungspolizeilichen Zwecken (Sicherungsmaßnahme ohne Strafcharakter) dienenden Beschlagnahme nach dem Saatgutgesetz beziehungsweise dem Pflanzenschutzmittelgesetz bejaht wurde, ergehen die Verwaltungsakte nicht in einem „Verwaltungsstrafverfahren“ (siehe die ausführliche Darstellung der Rechtsprechung in VwGH 30.06.2016, Ra 2016/11/0024 Rz 21). Auch in Bezug auf die Veröffentlichung nach § 37 FM-GwG war der enge Konnex zwischen der Information über die Pflichtverletzung und dem zu Grunde liegenden Strafverfahren hinsichtlich der Pflichtverletzung ausschlaggebend für die Einordnung als „Verwaltungsstrafsache“ (VwGH 12.02.2020, Ra 2019/02/0179).

Ein derart enger inhaltlicher Zusammenhang besteht nach dem WAG 2018 dagegen nicht. Vielmehr ist es für eine Kundmachung nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 seinem klaren Wortlaut nach nicht einmal notwendig, dass überhaupt ein Verwaltungsstrafverfahren geführt wird oder werden soll (siehe auch Wolfbauer in Brandl/Saria, WAG 2018² § 92, Rz 230). Veröffentlichungen nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 erfolgen daher außerhalb eines konkreten Verfahrens und damit unabhängig von diesem (N. Raschauer, ÖZW 2008, 95). Derartige Veröffentlichungen in Zusammenhang mit Strafverfahren regelt vielmehr § 100 WAG 2018, was hier jedoch nicht verfahrensgegenständlich ist, sodass die Frage, ob eine derartige Kundmachung eine „Verwaltungsstrafsache“ wäre, nicht abschließend beantwortet werden muss. Für den gegenständlichen Fall bleibt jedoch festzuhalten, dass eine Kundmachung nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 im Gegensatz zu § 100 WAG 2018 nicht in Zusammenhang mit einem Strafverfahren steht und daher gegenständlich keine „Verwaltungsstrafsache“ vorliegt. Die Kundmachung hat daher auch nicht den Zweck, die Öffentlichkeit über ein Verwaltungsstrafverfahren beziehungsweise dessen (allenfalls auch noch nicht rechtskräftigen) Ausgang zu informieren, sondern hat ähnlich wie § 4 Abs. 7 BWG unter Berücksichtigung des Anlegerschutzes und der Schadensabwehr den Zweck, die Öffentlichkeit vor dem Abschluss von Finanzgeschäften mit Personen, die Wertpapierdienstleistungen ohne Konzession und somit rechtswidrig betreiben, zu warnen (so auch Wolfbauer in Brandl/Saria, WAG 2018² § 92, Rz 231; zu § 4 Abs. 7 BWG siehe außerdem VwGH 28.03.2014, 2014/02/0012 unter Verweis auf VfGH 12.03.2009, G 164/08 und die Materialien).

Das hat, wie bereits oben ausgeführt zur Konsequenz, dass nach Art. 130 Abs. 3 B-VG Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, soweit die Behörde das ihr zukommende Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Eine solche Prüfung setzt voraus, dass alle für diese Entscheidung wesentlichen tatsächlichen Umstände unter Einhaltung der maßgebenden Verfahrensvorschriften ermittelt und berücksichtigt wurden. Es unterliegt der vollen Kontrolle des Verwaltungsgerichts, ob alle für die Ermessensübung maßgeblichen Umstände in die Abwägung einbezogen wurden, sowie ferner, ob die Behörde Umstände in die Erwägungen einbezogen hat, die bei richtiger rechtlicher Beurteilung dabei nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Ist die Ermessensübung in diesem Sinn mängelfrei, ist die Beschwerde ohne dass das Verwaltungsgericht befugt wäre, in eine eigene Ermessenentscheidung einzutreten abzuweisen. Erst wenn sich die behördliche Ermessensübung im Ergebnis als nicht im Sinne des Gesetzes erfolgt erweist, was insbesondere auch der Fall ist, wenn die für die Übung des Ermessens maßgeblichen Umstände nicht frei von Verfahrensmängeln oder unvollständig festgestellt wurden, wäre das Verwaltungsgericht befugt, bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst (§ 28 Abs. 2 VwGVG), gegebenenfalls nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eigenes Ermessen zu üben (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/11/0106).

II.3.2.3. Anlass für die Kundmachung:

Zunächst ist festzuhalten, dass für die Beurteilung, ob die BF Anlass für die Kundmachung gegeben hat, die Sach- und Rechtslage im Veröffentlichungszeitpunkt maßgeblich ist. Nachträgliche Änderungen des Internetauftritts ändern daher nichts an der (Un-)Rechtmäßigkeit der Veröffentlichung (BVwG 12.08.2019, W210 2205163-1, 21.03.2017, W107 2133701-1; 21.03.2016, W107 2013496-2; 20.02.2015, W158 2011263-1).

Die FMA geht im Wesentlichen davon aus, die Homepage sei der BF zuzurechnen. Sie betreibe dadurch eine Abschlussvermittlung, da sie zwei potentielle Geschäftspartner zusammenführe, die dann unmittelbar miteinander ein konkretes Geschäft abschließen würden, beziehungsweise entstünde jedenfalls der Eindruck, die BF würde das tun.

Die BF bekämpft diese Annahmen der FMA aus zwei Gründen. Einerseits handle es sich entgegen der Meinung der FMA nicht um eine Abschluss-, sondern eine Nachweisvermittlung, da die Zeichnung auf einer extern zugekauften Internetseite stattfinde. Anderseits sei die Homepage nicht der BF zurechenbar. Die Zeichnung des Bonds, wofür die BF nicht geworben habe, sei nicht auf der Homepage erfolgt. Die BF habe daher jedenfalls keine konzessionspflichtige Tätigkeit ausgeübt.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass bereits bloße erste Indizien für ein gesetzwidriges Handeln für eine Kundmachung nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 ausreichen. Es bedarf aber noch keines konkreten Tatverdachts oder einer wiederholt ausgeübten rechtswidrigen Tätigkeit. Maßgeblich ist ausschließlich, ob eine Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden und Gläubiger des Rechtsträgers besteht oder droht. Auch bloß irreführende Angaben auf einer Unternehmenswebsite können für die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals ausreichen (Ennöckl in Gruber/N. Raschauer, WAG § 92 Abs 6, 11–12 Rz 4; Wolfbauer in Brandl/Saria, WAG 2018² § 92 Rz 233). Dem steht auch die in der Stellungnahme vom 24.06.2021 zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (Hinweis auf VfGH 12.03.2009, G 164/08) nicht entgegen. Vielmehr steht diese Regelung und auch die dazu ergangene Rechtsprechung im Einklang mit den Vorgaben, die der Verfassungsgerichtshof in dieser Entscheidung gemacht hat (Ennöckl in Gruber/N. Raschauer, WAG § 92 Abs 6, 11–12 Rz 5; Wolfbauer in Brandl/Saria, WAG 2018² § 92 Rz 226, 235). Im Übrigen steht die Tätigkeit der BF – wie die BF es formuliert – „rechtssicher“ fest. Strittig ist im Wesentlichen nur die Rechtsfrage, ob ihr die Homepage zuzurechnen ist oder nicht und begründet davon ausgegangen werden kann, dass die BF damit eine Wertpapierdienstleistung ohne entsprechende Konzeption erbringt.

Es ist daher nicht abschließend zu klären, ob die BF tatsächlich eine Nachweisvermittlung oder aber eine Abschlussvermittlung (zu den Begrifflichkeiten siehe Zahradnik in Gruber/N. Raschauer, WAG Wertpapieraufsichtsgesetz, § 3 WAG Rz 8) betrieben hat. Diese Frage wäre vielmehr erst in einem allfälligen Strafverfahren zu klären. Im vorliegenden Fall ist – auch nach den von der BF zitierten Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs – vielmehr nur zu klären, ob begründet davon ausgegangen werden kann, dass die von der BF ausgeübte Tätigkeit konzessionspflichtig ist; mit anderen Worten also, ob aufgrund des Auftritts der BF Indizien für ein gesetzwidriges Handeln vorlagen. Solche Indizien liegen aber im gegenständlichen Fall jedenfalls bis zur Kundmachung der FMA und Änderung des Internetauftritts der BF vor:

Auf der Zeichnungshomepage wurde nämlich auf den Prospekt des Bonds unter dem Link www. XXXX .at/ XXXX -2020 verwiesen, was von der BF in ihrer Stellungnahme vom 24.06.2021 übergangen wird. Ein durchschnittlicher Verbraucher wird daher aufgrund dieses Rückverweises von der Zeichnungshomepage auf die Homepage davon ausgehen, dass der Betreiber der Homepage auch die Aufträge annimmt, auch wenn die Zeichnungshomepage selbst eine andere Domain beziehungsweise URL aufweist. Auch dass es sich dabei um eine, wie in der Beschwerde und in der Stellungnahme betont wird, extern zugekaufte Webseite handelt, steht diesem Eindruck nicht entgegen. Gerade aufgrund der Möglichkeit, unter der Rubrik „Investoren“ auf der Homepage zur Online-Zeichnung des Bonds weitergeleitet zu werden, wo dann wiederum auf eine Unterseite der Homepage verwiesen wird, entsteht jedenfalls der Eindruck, der Betreiber der Homepage nehme die Aufträge auch an und übermittle diese. Jedenfalls lagen daher Indizien für diese Annahme vor.

Es ist daher weiter zu prüfen, ob die Homepage der BF zugerechnet werden konnte. Dabei ist zunächst einmal die Top-Level-Domain „at“ zu beachten. Aufgrund des ersten Eindrucks wird ein durchschnittlicher Verbraucher daher davon ausgehen, dass es sich um ein Unternehmen mit Sitz in Österreich handelt. Andernfalls wäre wohl von einer anderen Länderkennzeichnung auszugehen. Dieser Befund wird auch dadurch unterstützt, dass die deutsche Unterseite ebenfalls unter der Top-Level-Domain „.at“ erreichbar war und diese lediglich als Erweiterung „/de“ aufwies. Mit ihrem Vorbringen in der Stellungnahme vom 24.06.2021 unter Punkt 2.3.6., es existiere nicht nur die Homepage, sondern auch www. XXXX .de, www. XXXX .it und andere, setzt sich die BF in Widerspruch zum Akteninhalt, zumal Beilage ./A ON 3 Seite 15 entnommen werden kann, dass im relevanten Zeitraum die deutsche Seite eben nur die Erweiterung „/de“ aufwies. Erst danach wurde der Internetauftritt entsprechend umgestellt.

Dieser erste Eindruck, der jedenfalls auf ein in Österreich und nicht in Liechtenstein beheimatetes Unternehmen hinweist, scheint allerdings durch die Angabe der XXXX AG mit ihrer Adresse im Fürstentum Liechtenstein im Footer wie auch im Copyrigtfooter wiederum widerlegt zu werden. Allerdings wird in den weiteren Ausführungen im Footer eine Kontakttelefonnummer mit Wiener Vorwahl und eine Kontaktmailadresse mit der Endung „.at“ erwähnt. Ein durchschnittlicher Verbraucher wird sich daher aufgrund dieser unterschiedlichen Angaben nicht im Klaren über den Betreiber der Homepage sein.

Er wird daher weitere Nachforschungen anstellen. Dazu wird ein verständiger Verbraucher auf das Impressum zurückgreifen (siehe auch die Veröffentlichungspflichten des § 5 ECG, die zumeist im Impressum zu finden sind und worauf die BF nicht nur in der Beschwerde, sondern auch in der Stellungnahme vom 24.06.2021 hinweist). Wie festgestellt ist dort zwar zunächst die XXXX AG mit ihrer Adresse im Fürstentum Liechtenstein genannt, allerdings weist dieser Eintrag weder eine Kontakttelefonnummer noch eine Kontaktmailadresse auf. Auch diese Informationen sind daher entgegen der Ansicht der BF für eine Zurechnung der Homepage noch nicht ausreichend, waren diese Informationen doch auch bereits zuvor bekannt. In diesem Zusammenhang ist auf die Ausführungen der BF in ihrem ergänzenden Schriftsatz vom 18.05.2021 und ihrer Stellungnahme vom 24.06.2021, dass die FMA, wie sich aus einer Sachverhaltsdarstellung an die FMA ergebe, selbst zugestehe, dass die Homepage der BF nicht zuzurechnen sei, zu erwidern, dass sich das aus der Sachverhaltsdarstellung keineswegs ergibt. Vielmehr führt die FMA dort nur aus, dass laut dem Impressum der Homepage die XXXX AG dafür verantwortlich sei. Nichts anderes hat die FMA im Bescheid festgestellt. Auch dem Erkenntnis liegt eine solche Feststellung zugrunde. Das ändert aber nichts daran, dass auch trotz dieser Nennung die Homepage im gegenständlichen Verfahren der BF zuzurechnen ist, wie sogleich noch näher dargelegt wird. Diese Umstände waren allerdings für die Sachverhaltsdarstellung nach Meinung der FMA offenbar von keiner Relevanz, weswegen dort darauf nicht näher eingegangen wurde.

Neben diesen bereits bekannten Informationen sind im Impressum auch die Kontaktdaten der weiteren Unternehmen der XXXX abrufbar. Dort werden für die BF dieselben Kontaktdaten hinsichtlich der Telefonnummer und der Mailadresse angegeben, die auch im Footer der Homepage ersichtlich sind. Die Mailadresse wurde aber nicht nur bei der BF, sondern auch bei allen anderen Unternehmen der XXXX als Kontaktadresse angegeben.

Aufgrund dieser sich teils überschneidenden und undeutlichen Angaben, aufgrund derer eine Zurechnung zu einem Unternehmen (weder zur BF noch zu einem anderen Unternehmen der XXXX ) nicht zweifelsfrei möglich ist, kann zumindest davon ausgegangen werden, dass die BF die Homepage mitbenützt. Bestätigt wird dieser Eindruck durch die Registrierung der Homepage auf die BF und die Verweise auf die BF auf der deutschen Unterseite und auf YouTube, zumal dort als Ort „Österreich“ angegeben ist. Gerade diese Ortsangabe übergeht die Beschwerde, wenn sie behauptet, aus dem YouTube Auftritt könne nicht auf die BF geschlossen werden, sodass dieses Vorbringen nicht zum Erfolg führen kann und insbesondere dieser Einschätzung nicht entgegensteht. Die BF führt dann weiter aus, der Rechtsformzusatz „GmbH“, weswegen die FMA den YouTube-Auftritt der BF zurechne, sei nach einer Umstrukturierung der XXXX irrtümlich nicht entfernt worden. Es ist jedoch unerheblich, ob es sich dabei tatsächlich nur um ein Versehen handelt. Einzig entscheidungserheblich ist, dass im Fließtext GmbH genannt ist und auf Österreich als Ort verwiesen wird. Daraus kann aber nur auf die BF geschlossen werden, die als einziges Unternehmen der XXXX eine GmbH in Österreich ist. Die Homepage ist daher letztlich der BF zuzurechnen.

Letztlich sprechen auch die im Prospekt beziehungsweise in der deutschen Zusammenfassung getätigten Äußerungen, wonach die Emittentin eine reine Zweckgesellschaft sei, während die BF auch operativ tätig ist, dafür die Homepage der BF (zumindest mit-)zuzurechnen. Wie oben bereits dargelegt war aufgrund des Aufbaus der Internetpräsenz und der Zeichnungsmöglichkeit auch davon auszugehen, dass die BF die dort eingelangten Aufträge annimmt und übermittelt. Die BF hat daher Anlass zur Kundmachung gegeben.

Daran können auch die Ausführungen in der Beschwerde nichts ändern, die diese Beurteilung – größtenteils gleichlautend unter verschiedener Benennung – bekämpft. Dass die mehrmalige Nennung der XXXX AG – unter anderem auch im Impressum – der Zurechnung der Homepage zur BF nicht entgegensteht, wurde bereits oben ausgeführt. Auch die BF bringt dazu nichts vor, was zu einer anderen Beurteilung führen müsste. Im Gegenteil führt gerade diese Vermischung der Kontaktdaten im Footer, die auch im Impressum nicht vollständig aufgeklärt werden kann, sowie die teils gemeinsame Verwendung der Kontaktdaten (insbesondere der Mailadresse) zu einer Verunsicherung der Verbraucher, die sich daher auf die Angaben auf der Homepage nicht verlassen können. Sie sind daher zu weiteren Recherchen gezwungen, die aufgrund der Top-Level-Domain, des Eintrags auf „nic.at“ und des Auftritts in YouTube für eine Zurechnung der Homepage zur BF sprechen.

Soweit in der Beschwerde behauptet wird, die FMA hätte weitere Beweise zu den Rechten an der Homepage, dem Hauptgeschäftsfeld der BF, und zu dem Umstand, dass es sich bei der Nennung der BF auf der deutschen Unterseite nur um ein Versehen gehandelt habe, und die Zeichnungshomepage nicht in die Homepage eingebettet gewesen sei, aufnehmen müssen, wird auch damit, selbst wenn man diese Ausführungen als Beweisanträge an das Bundesverwaltungsgericht interpretiert, keine Rechtswidrigkeit des Bescheids aufgezeigt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist Beweisanträgen zwar grundsätzlich zu entsprechen, wenn die Aufnahme des darin begehrten Beweises im Interesse der Wahrheitsfindung notwendig erscheint. Dementsprechend dürfen Beweisanträge nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel an sich ungeeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern und damit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts beizutragen (VwGH 03.02.2021, Ra 2021/22/0016).

Auf alle von der BF vorgebrachten Punkte kommt es aber bei der rechtlichen Beurteilung nicht an. So ist es irrelevant, ob die Rechte an der Homepage tatsächlich 2018 übertragen worden seien beziehungsweise ob die Online-Zeichnungsmöglichkeit in die Homepage „eingebettet“ gewesen sei, da der Eindruck, die (Zeichnungs-)Homepage sei der BF zuzurechnen, ausreicht. Warum das Hauptgeschäftsfeld der BF für die Entscheidung von irgendeiner Relevanz sein sollte, legt die BF in ihrer Beschwerde nicht dar und ist auch aus dem Akt nicht erklärlich. Ebenso unerheblich ist, ob beziehungsweise dass es sich bei der Nennung der BF im Footer der deutschen Unterseite um ein Versehen oder einen technischen Fehler handelt, wie die BF mehrmals betont. Einzig entscheidungserheblich ist, dass zumindest bis zum 29.09.2020 im Footer eindeutig auf die BF verwiesen wurde. Dass aber aus diesem Verweis nicht zu schließen wäre, dass die BF für die Homepage verantwortlich ist, behauptet nicht einmal die BF. Insgesamt führen die Ausführungen der BF daher zu keinem anderen Ergebnis.

Auch die Konzernausnahme des § 2 Abs. 1 Z 2 WAG 2018 ist nicht anzuwenden, da die BF die Wertpapierleistungen nicht ausschließlich gegenüber ihrer Mutter- oder ihrer Schwesterngesellschaften erbrachte (Hartmann/Heidinger in Gruber/N. Raschauer, WAG § 2, Rz 4). Aufgrund des Auftretens der BF entstand auch der Eindruck, sie betreibe diese Wertpapierdienstleistungen gewerblich, sodass eine Konzession dafür notwendig gewesen wäre. Die BF hat daher jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung Anlass für die Kundmachung gegeben.

Soweit in der Beschwerde unter Punkt 3.1. – weitwendig und teils unter Ausführungen zu einem Parallelverfahren – eine Verletzung des Parteiengehörs gerügt wird, indem die FMA den angefochtenen Bescheid erlassen habe, ohne der BF die Möglichkeit zu geben, sich vor der Kundmachung zu rechtfertigen, ist ihr zu erwidern, dass die Veröffentlichung selbst mangels individueller Anordnung jedenfalls keinen Bescheidcharakter, sondern vielmehr die Eigenschaft als „schlicht-hoheitliches Handeln“ aufweist, weshalb Parteirechte im Vorfeld nicht einzuräumen sind (Wolfbauer in Brandl/Saria, WAG 2018² § 92, Rz 227), womit auch das Vorbringen in der Stellungnahme vom 24.06.2021 unter 2.8. ins Leere geht. Die Ausführungen dazu, ob Gefahr in Verzug vorgelegen sei, sind zudem unerheblich, da das etwa im Gegensatz zu § 92 Abs. 3 WAG 2018 keine Tatbestandsvoraussetzung ist. Wenn die BF in diesem Zusammenhang auch noch weiter vorbringt, ihr sei auch vor Erlass des hier angefochtenen Bescheids dazu kein Parteiengehör gewährt worden und sie habe auch nicht in alle Aktenteile Einsicht erhalten, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine allfällige Verletzung des Parteiengehörs durch die Behörde dann als saniert anzusehen ist, wenn die Partei Gelegenheit gehabt hat, zu den Ergebnissen der Ermittlungsverfahren im Rechtsmittel gegen den behördlichen Bescheid Stellung zu nehmen (VwGH 16.12.2020, Ro 2020/07/0005). Genau das ist hier aber der Fall, insbesondere bringt die BF vor, dass ihr selbst die von der FMA geschwärzten Aktenteile aufgrund der Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft bekannt seien. Sie hat sich dazu auch in der Beschwerde umfassend geäußert.

Die BF bringt dann weiter vor, die FMA beziehungsweise deren Organwalter wären befangen, wie sich am näher geschilderten Verhalten der FMA seit 2018 sowie einer „extrem tendenziösen“ Darstellung einer Whistleblower-Eingabe und des Internetauftritts der XXXX eindeutig erkennen lasse. Abgesehen davon, dass die Vorwürfe aufgrund des Akteninhalts nicht nachvollzogen werden können und sich insbesondere aus einer der BF nicht entsprechenden Rechtsansicht beziehungsweise aus der Durchführung einer Beweiswürdigung keine Befangenheit ableiten lässt (VwGH 27.06.2017, Ra2016/12/0001; siehe außerdem auch VwGH 30.03.2016, Ra2015/09/0139, wonach selbst eine einseitige und denunzierende Begründung keine Befangenheit aufzeigt, weil es sich dabei um einen inhaltlichen Einwand handelt, der ohnehin auch als Begründungsmangel geltend gemacht werden kann), wird selbst eine Mitwirkung eines befangenen Organwalters im verwaltungsbehördlichen Verfahren durch ein vor dem Verwaltungsgericht geführtes Verfahren saniert (VwGH 21.11.2017, Ra2016/05/0092). Ein weiteres inhaltliches Eingehen auf diesen Teil der Beschwerde erübrigt sich daher. Im Übrigen handelt es sich dabei lediglich um bloße unsubstantiierte Vermutungen der BF. Darüber hinaus ist es völlig unerheblich, aus welchen Gründen sich die FMA zu einer Kundmachung nach § 92 Abs. 11 WAG 2018 veranlasst gesehen hat, solange sie das zu Recht tut. Auch deshalb können diese Ausführungen auf sich beruhen.

Auf sich beruhen können auch die Ausführungen der BF in der Stellungnahme von 24.06.2021 zur Tätigkeit der BF und ob diese der FMA bekannt seien, da sie für das Verfahren irrelevant sind. Ebenso für das gegenständliche Verfahren irrelevant sind die Ausführungen der BF in ihrer Stellungnahme vom 24.06.2021 unter „1.2. Zu den Anzeigen der FMA an die StA Wien bzw die WkStA“. Einerseits ist es jedenfalls im gegenständlichen Verfahren nicht maßgeblich, aus welchen Gründen die FMA Anzeigen an die Strafverfolgungsbehörden erstattet hat, andererseits beziehen sich diese Ausführungen teils auf andere Unternehmen, wobei die BF einen Zusammenhang zum gegenständlichen Verfahren nicht einmal herzustellen versucht und ein solcher auch nicht ersichtlich ist. Diese Ausführungen bedürfen daher keiner Erwiderung.

II.3.2.4. Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit:

Die Kundmachung war bis zur Änderung des Internetauftritts auch erforderlich und verhältnismäßig beziehungsweise hat die FMA jedenfalls nicht das ihr zukommende Ermessen überschritten, was aber vorliegen müsste, damit das Bundesverwaltungsgericht eigenes Ermessen üben könnte. Insbesondere handelt es sich beim Bond um ein hochkomplexes Finanzinstrument, die ein hohes Risiko birgt. Es ist daher nicht ohne Grund eine Konzession für das Anbieten dieser Wertpapierdienstleistungen vorgesehen. Andernfalls besteht nämlich ein großes Schädigungspotential für die Kunden. Die BF wirbt auch selbst mit der großen Anzahl ihrer Vertriebspartner und ihren Standorten in mehreren verschiedenen Ländern. Auf der ihr zuzurechnenden Webseite wird etwa durch das „ XXXX “ oder die XXXX förderung auch um weitere Vertriebspartner geworben, was das Schädigungspotential erhöht. Dazu trägt nicht zuletzt auch die intransparente Homepage bei, aus der – wie oben bereits näher dargelegt – nicht aus dem ersten Blick völlig eindeutig hervorgeht, wer diese betreibt und wer für den Bond zuständig ist beziehungsweise wer die Aufträge entgegennimmt und übermittelt. Durch den Marktauftritt wird jedoch suggeriert, eine österreichische Gesellschaft stünde (zumindest auch) hinter dieser Emission und es gebe verantwortliche Ansprechpartner in Österreich, obwohl es sich um ein nachrangiges, komplexes Finanzinstrument mit hohem Risiko handelt, das von einer ausländischen Zweckgesellschaft emittiert wird.

Die Veröffentlichung war aufgrund des hohen finanziellen Risikos, das bis zu einem Totalverlust führen kann, auch verhältnismäßig, auch wenn aufgrund der Kundmachung anzunehmen war, dass diese zu einem nicht unwesentlichen Schaden in der Geschäftstätigkeit der BF führen kann, was nach den Beschwerdebehauptungen auch eingetreten ist. Aufgrund der großen Zahl an Vertriebspartnern und des Werbens um weitere neue Partner sowie des drohenden Schadens für die Kunden, überwiegt jedoch das Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung. Wenn nämlich – wie hier – infolge der fehlenden Konzession die Schutzinteressen nach § 92 Abs. 1 WAG 2018 („Gefahr für die finanziellen Belange der Kunden“) gefährdet sind, überwiegt das öffentliche Interesse an der Warnung potenzieller Kunden das Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen. Die Kundmachung ist in solchen Fällen als verhältnismäßig zu qualifizieren (Ennöckl in Gruber/N. Raschauer, WAG § 92 Abs 6, 11–12 Rz 4). Eine wie von der BF in der Stellungnahme unter 2.6. und 2.7. behauptete rechtsmissbräuchliche Nutzung des behördlichen Machtapparats zur Schädigung eines privatwirtschaftlichen Dritten und einer Überschreitung der ihr vom Gesetzgeber verliehenen Kompetenzen liegt daher jedenfalls nicht vor.

II.3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Von einer Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil lediglich Rechtsfragen zu klären waren, und die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die von der BF in der Beschwerde vorgelegten Beweise wurden durch das erkennende Gericht gewürdigt, soweit sie für die Entscheidung wesentlich waren und nicht ohnehin andere Verfahren betrafen. Für die vorrangig zu klärenden Frage, wem die Homepage zuzurechnen ist, wurde die Einvernahme des Geschäftsführers der BF beantragt. Es handelt sich hierbei jedoch um eine rechtliche Beurteilung, die dem Zeugenbeweis nicht zugänglich ist. Es bestand daher, da auch weder Art. 6 EMRK noch Art. 47 GRC dem Entfall der Verhandlung entgegen stehen, trotz Antrags keine Verhandlungspflicht (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/11/0199; 19.09.2017, Ra 2017/01/0276).

II.3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen es sich um eine „Verwaltungsstrafsache“ handelt, ist entsprechend der in dieser Entscheidung zitierten Rechtsprechung geklärt. Die Bestimmung des § 92 Abs. 11 WAG 2018 ist klar und eindeutig und es handelt sich bei den Fragen, wem die Homepage zuzurechnen ist und ob die BF Anlass zu einer Kundmachung gegeben hat, um Fragen des Einzelfalls. Der Verwaltungsgerichtshof ist im Revisionsmodell aber nicht dazu berufen, die Einzelfallgerechtigkeit in jedem Fall zu sichern. Diese Aufgabe obliegt den Verwaltungsgerichten. Dem Verwaltungsgerichtshof kommt im Revisionsmodell vielmehr eine Leitfunktion zu. Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist es, im Rahmen der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (erstmals) die Grundsätze beziehungsweise Leitlinien für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts festzulegen, welche von diesem zu beachten sind. Die Anwendung dieser Grundsätze im Einzelfall kommt hingegen grundsätzlich dem Verwaltungsgericht zu, dem dabei in der Regel ein gewisser Anwendungsspielraum überlassen ist. Ein Aufgreifen des vom Verwaltungsgericht entschiedenen Einzelfalls durch den Verwaltungsgerichtshof ist nur dann unausweichlich, wenn das Verwaltungsgericht die vom Verwaltungsgerichtshof aufgestellten Leitlinien beziehungsweise Grundsätze nicht beachtet hat und somit seinen Anwendungsspielraum überschritten oder eine krasse beziehungsweise unvertretbare Fehlbeurteilung des Einzelfalles vorgenommen hat (VwGH 17.05.2021, Ra 2021/01/0150).

Schlagworte

Anlegerschutz Befangenheit Berechtigungsumfang Dienstleister Erforderlichkeit Ermessen Finanzmarktaufsicht Geschäftstätigkeit Informationsinteresse Informationspflicht Informationsrecht Internet Irreführung Konzession Kundmachung Parteiengehör Rechtmäßigkeit Rechtsaufsicht Übermittlung Veranlagung Verhältnismäßigkeit Veröffentlichung Veröffentlichungspflicht Verwaltungsstrafverfahren Wertpapierfirma Zurechenbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W158.2239183.1.00

Im RIS seit

21.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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