Entscheidungsdatum
26.08.2021Norm
AsylG 2005 §3Spruch
I411 2241010-4/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Robert POLLANZ über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch Asyl in Not – Unterstützungskomitee für politisch verfolgte Ausländer, Währingerstraße 59/2, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom 19.04.2021, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 08.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er erstbefragt und niederschriftlich einvernommen wurde.
2. Mit Bescheid vom 13.03.2020, Zl. XXXX , wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden als Bundesamt oder belangte Behörde bezeichnet) den gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers vollinhaltlich ab.
Dieser Bescheid wurde nach einem Zustellversuch am 23.03.2020 an der Abgabestelle der Volkshilfe XXXX , der ehemaligen Rechtsvertretung des Beschwerdeführers, zurückgelassen und erwuchs mangels fristgerechter Beschwerdeerhebung in Rechtskraft.
3. Mit Schriftsatz vom 02.12.2020 brachte der vertretene Beschwerdeführer beim Bundesamt eine mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist verbundene Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.03.2020 ein und beantragte, dem Antrag die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Seinen Wiedereinsetzungsantrag begründete er damit, dass das Land XXXX als Kinder und Jugendhilfeträger mit seiner Obsorge betraut worden sei, es aber dennoch unterlassen habe, gegen den am 13.03.2020 erlassenen Bescheid Beschwerde zu erheben, mit der Begründung, er habe nicht erreicht werden können. Das Magistrat XXXX wäre aber verpflichtet gewesen, in seinem Interesse zu handeln und ein Rechtsmittel einzulegen. Durch diese massive Verletzung der Obsorgepflichten durch den gesetzlichen Vertreter, welche für ihn ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis darstellen, sei er verhindert gewesen, die Beschwerdefrist einzuhalten. Ihn treffe auch kein Verschulden bei der Versäumung der Rechtsmittelfrist, weil er als Minderjähriger davon ausgehen habe dürfen, dass der Jugendwohlfahrtsträger für ihn die Beschwerde eingebracht habe. Gerade aufgrund des Nichtvorliegens der vollen Handlungsfähigkeit und der Notwendigkeit der Wahrung seiner besonders schützenswerten Interessen sei ihm das Verschulden des gesetzlichen Vertreters nicht zurechenbar. Der Wiedereinsetzungsantrag sei rechtzeitig eingebracht worden, da die Frist zur Einbringung des Antrags gemäß § 71 Abs 2 AVG mit dem Tag der Vollmachtserteilung am 19.11.2020 beginne.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 19.04.2021 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gemäß § 33 Abs 3 VwGVG zurück und erkannte dem Antrag die aufschiebende Wirkung nicht zu (Spruchpunkt I. und II).
Begründend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung nicht rechtzeitig eingebracht worden sei. Der Beschwerdeführer sei spätestens am 10.09.2020 telefonisch von seinem Obsorgeberechtigten über den Bescheid vom 13.03.2020 informiert worden und habe diesen auch am 21.09.2020 persönlich abgeholt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung sei somit am 02.12.2020 nach Ablauf der zweiwöchigen Frist verspätet eingebracht worden.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die erhobene Beschwerde vom 05.05.2021.
6. Mit Schriftsatz vom 18.05.2021 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Der oben angeführte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 08.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 09.12.2019 betraute das Bezirksgericht XXXX das Land XXXX als Kinder und Jugendhilfeträger mit der Obsorge und gesetzlichen Vertretung des Beschwerdeführers.
Mit der Vereinbarung vom 23.12.2019 erteilte das Land XXXX als Kinder- und Jugendhilfeträger, vertreten durch das Magistrat XXXX , der Volkshilfe XXXX die Vollmacht, den Beschwerdeführer unter anderem im Asylverfahren sowie in sonstigen Gerichts- und Verwaltungsverfahren zu vertreten, wobei die Vertretung im Asylverfahren auch eine Zustellvollmacht umfasste.
Der Beschwerdeführer war seit 13.03.2020 unbekannten Aufenthalts und von seinem Obsorgeberechtigten als abgängig gemeldet.
Das Bundesamt wies mit Bescheid vom 13.03.2020, Zl. XXXX , den am 08.07.2019 gestellten Asylantrag des Beschwerdeführers vollinhaltlich ab und die Entscheidung wurde nach einem Zustellversuch am 23.03.2020 an der Abgabestelle der Volkshilfe XXXX zurückgelassen.
Der Bescheid vom 13.03.2020 enthielt eine Belehrung über das Recht, binnen 4 Wochen gegen diesen Bescheid schriftlich eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Innerhalb der Rechtsmittelfrist wurde keine Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.03.2020 erhoben.
Mit Schreiben vom 26.05.2020 retournierte die Volkshilfe XXXX den Bescheid vom 13.03.2020 und teilte dem Bundesamt mit, dass der Beschwerdeführer - ihrer Recherche nach - seit 14.04.2020 nicht mehr durch die Volkshilfe vertreten werde.
Daraufhin verfügte das Bundesamt die Zustellung des Bescheides an das Magistrat der Stadt XXXX , Abteilung Soziales, Jugend und Familie, und sendete am 26. Juni 2020 per Fax den Bescheid vom 13.03.2020 sowie eine auszufüllende Übernahmsbestätigung.
Mit E-Mail vom 6. Juli 2020 informierte das Magistrat XXXX das Bundesamt, dass sie den negativen Bescheid retournieren. Sie seien derzeit noch mit der Obsorge betreut, der Beschwerdeführer sei jedoch untergetaucht und eine persönliche Übergabe des Bescheids an ihn sei wegen des unbekannten Aufenthalts nicht möglich. Das Magistrat XXXX füllte die Übernahmsbestätigung aus und bestätigte am 14.07.2020, den Bescheid vom 13.03.2020 erhalten zu haben.
Anfang September 2020 nahm der Beschwerdeführer Kontakt zu seinem Obsorgeberechtigten auf und das Magistrat XXXX informierte ihn am 10.09.2020 telefonisch über die negativ ergangene Entscheidung über seinen Asylantrag. Das Magistrat XXXX vereinbarte mit ihm für den 15.09.2020 einen Termin, um weitere Schritte besprechen zu können. Der Beschwerdeführer nahm diesen Termin nicht wahr.
Am 21.09.2020 ist ihm der Bescheid übergeben worden und mit Schriftsatz vom 02.12.2020 stellte er den gegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Sachverhalt:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, Wiedereinsetzungsantrag, bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz.
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit, Einreise und seinem gestellten Asylantrag gründen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers im Rahmen der Erstbefragung am 09.07.2019 (AS 1 ff).
Die Übertragung der Obsorge an den Kinder- und Jugendhilfeträger kann aus dem Beschluss des Bezirksgerichts XXXX vom 09.12.2019 entnommen werden (AS 209 ff).
Die Vereinbarung vom 23.12.2019 dokumentiert die vom Land XXXX erteilte Vollmacht an die Volkshilfe XXXX (AS 285 ff).
Auf die Angaben der zuständigen Sozialarbeiterin des Magistrats XXXX in der Email vom 12.10.2020 fußen die Feststellungen zum unbekannten Aufenthalt des Beschwerdeführers und zur Meldung der Abgängigkeit (AS 645).
Die Feststellungen zum Bescheid vom 13.03.2020, Zl. XXXX , basieren auf der diesbezüglichen im Akt einliegende Erledigung des Bundesamts (AS 351 ff).
Die Feststellungen zum Zustellvorgang des Bescheids vom 13.03.2020 und zur Korrespondenz zwischen dem Bundesamt und der Volkshilfe XXXX und dem Magistrat XXXX gehen auf die im Akt befindlichen Schriftstücke und Zustellbestätigungen zurück (AS 551, 555, 557, 559, 569).
Aus dem Wiedereinsetzungsantrag vom 02.12.2020 und aus der E-Mail des Magistrats XXXX vom 12.10.2020 geht dezidiert hervor, dass der Beschwerdeführer am 10.09.2020 Kenntnis über den Bescheid vom 13.03.2020 erlangt hat und dieser ihm am 21.09.2020 ausgefolgt wurde (AS 591, 645). Zusätzlich ist der E-Mail des Magistrats XXXX vom 12.10.2020 zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer den mit ihm vereinbarten Termin nicht wahrgenommen hat (AS 645).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Zur Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand:
3.1.1 Rechtslage und Rechtsprechung:
Bei Versäumen der Beschwerdefrist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist allein § 33 VwGVG die maßgebliche Bestimmung und nicht die §§ 71, 72 AVG, weil es sich um ein Verfahren über eine im VwGVG geregelte Beschwerde handelt (VwGH 28.09.2016, Ra 2016/16/0013). Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass grundsätzlich die in der Rechtsprechung zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze auf § 33 VwGVG übertragbar sind (siehe etwa VwGH 13.09.2017, Ra 2017/12/0086).
Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zu Last liegt, hindert die Bewilligung zur Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist im Fall des § 33 Abs. 1 VwGVG bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen (§ 33 Abs. 3 VwGVG).
Voraussetzung für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes. Ein solcher ist gegeben, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an; nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt nicht in besonders nachlässiger Weise außer Acht gelassen haben (VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0583). An berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen (VwGH 31.05.2017, Ra 2017/22/0064).
3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers vom 02.12.2020 gemäß § 33 Abs 3 VwGVG zurückgewiesen.
Bei zurückweisenden behördlichen Entscheidungen erfolgt durch das Bundesverwaltungsgericht nur eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049, VwGH 31.5.2017, Ra 2016/22/0107).
Das Bundesamt begründete die zurückweisende Entscheidung damit, dass der Beschwerdeführer den Wiedereinsetzungsantrag verspätet nach Ablauf der zweiwöchigen Frist eingebracht habe.
Der belangten Behörde ist auch zuzustimmen. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Frist von 14 Tagen nach Wegfall des Hindernisses iSd § 33 Abs 1 VwGVG zu stellen (§ 33 Abs 3 VwGVG). Als Hindernis ist dabei jenes Ereignis zu verstehen, das die Fristeinhaltung verhindert hat (VwGH 12.02.2020, Ra 2020/11/0005).
Von einer Kenntnis der Verspätung eines Rechtsmittels und damit dem Beginn der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits zu dem Zeitpunkt auszugehen, zu dem die Partei bzw. deren Vertreter die Verspätung bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennen konnte und musste (vgl. etwa VwGH 24.9.2015, Ra 2015/07/0113, VwGH 21.02.2019, Ra 2019/08/0030 mwN).
Spätestens am 10.09.2020 erlangte der Beschwerdeführer Kenntnis über den Bescheid vom 13.03.2020, mit welchem sein Asylantrag abgewiesen wurde und zu diesem Zeitpunkt wusste sein gesetzlicher Vertreter bzw. musste sich bewusst sein, dass gegen die negative Entscheidung über den vom Beschwerdeführer gestellten Asylantrag nicht fristgerecht Beschwerde erhoben war. Der 10.09.2020 ist somit jener Tag, an dem jegliches Hindernis für den Beschwerdeführer und seine gesetzliche Vertretung weggefallen ist, da seitdem die Erhebung einer Beschwerde möglich gewesen wäre. Das Magistrat XXXX hatte Kontakt zum Beschwerdeführer und mit ihm für den 15.09.2020 einen Termin zur Besprechung weiterer Schritte vereinbart hat, den er nicht wahrgenommen hat. Auch wenn bei dem rechtsunkundigen, jungen Beschwerdeführer kein allzu strenger Maßstab anzusetzen ist, so kann nicht übersehen werden, dass dem Beschwerdeführer klar sein musste, dass es bei diesem Termin um sein Asylverfahren und somit um den Verbleib im österreichischen Bundesgebiet ging. Der Beschwerdeführer hätte bei diesem Besprechungstermin die Möglichkeit gehabt, sich über die Konsequenzen der negativen Entscheidung über seinen Asylantrag zu erkundigen und zu informieren, ob und mit welchen Mitteln man gegen den negativen Bescheid vorgehen kann. Dass der Beschwerdeführer, wie in der Beschwerde behauptet wird, erst mit der Erteilung der Vollmacht am 19.11.2020 für Asyl in Not zur Beschwerdeerhebung in der Lage gewesen sei, wurde nicht hinreichend bescheinigt und glaubhaft gemacht.
Die zweiwöchige Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrages begann entgegen dem Vorbringen im Widereinsetzungsantrag somit nicht am 19.11.2020, sondern bereits am 10.09.2020 zu laufen und endete sohin am 24.09.2020. Der Beschwerdeführer hätte bereits im Zeitraum von 10.09. bis 24.09.2020 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - unter Glaubhaftmachung von Wiedereinsetzungsgründen - stellen müssen.
Der Wiedereinsetzungsantrag – in rechtswirksamer Form – wurde jedoch erst am 02.12.2020, sohin verspätet gestellt. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist daher vom Bundesamt zu Recht zurückgewiesen worden.
Im gegenständlichen Fall war zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der zurückweisenden Entscheidung des Bundesamts entscheidend, zu welchem Zeitpunkt das die Erhebung eines fristgerechten Rechtsmittels hindernde Ereignis weggefallen ist und die Frist des § 33 Abs 3 VwGVG versäumt wurde. Soweit im Wiedereinsetzungsantrag und in der Beschwerde vorgebracht wird, der gesetzliche Vertreter des Beschwerdeführers sei verpflichtet gewesen, ein Rechtsmittel einzulegen und das Verschulden des gesetzlichen Vertreters sei dem Beschwerdeführer nicht zurechenbar, ist zu entgegnen, dass nach der zu § 71 Abs. 1 AVG ergangenen und - insoweit auf § 33 Abs. 1 VwGVG 2014 übertragbaren - Rechtsprechung das Verschulden des rechtlichen Vertreters dem Verschulden des vertretenen Wiedereinsetzungswerbers gleichzusetzen ist. Das Verschulden, welches die rechtliche Vertretung trifft, ist so zu behandeln, als wäre es der Partei selbst unterlaufen, gleichgültig ob der Wiedereinsetzungswerber von einem Rechtsanwalt oder sonst einer Vertrauensperson vertreten wird (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/19/0113).
3.2. Zur Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 33 Abs 4 VwGVG kann die Behörde oder das Verwaltungsgericht dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Im Wiedereinsetzungsantrag und in der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Nigeria eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK bedeuten würde und eine Verletzung von Art 3 und 8 EMRK nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden könne.
Konkrete Gründe, die im Falles des Beschwerdeführers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung der Art 2, 3 oder 8 EMRK im Falle des sofortigen Vollzugs des Bescheides vom 13.03.2020 annehmen lassen würden, wurden jedoch nicht aufgezeigt. Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt, insbesondere der Zeitpunkt, in dem das Hindernis für die Erhebung der Beschwerde weggefallen war, aufgrund der Aktenlage geklärt war.
Diese Entscheidung konnte auch nach § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen war.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Versäumung der Beschwerdefrist, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylverfahren aufschiebende Wirkung - Entfall Beschwerdefrist Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Jugendwohlfahrtsträger minderer Grad eines Versehens Minderjährigkeit Rechtskraft der Entscheidung Rechtskraftwirkung Rechtsmittelfrist Rechtzeitigkeit unabwendbares Ereignis unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis Verschulden verspätete Beschwerde verspäteter Antrag Wiedereinsetzungsantrag zumutbare Sorgfalt Zurückweisung ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I411.2241010.4.00Im RIS seit
21.01.2022Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022