TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/9 W168 2244161-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.09.2021
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Entscheidungsdatum

09.09.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W168 2244161-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter MMag. Dr. MACALKA als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Jemen, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.05.2021, Zl. 1270739404/201095681, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein jemenitischer Staatsangehöriger, reiste unberechtigt in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.11.2020 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der BF zunächst im Wesentlichen an, Staatsangehöriger des Jemen und sunnitischen Glaubens zu sein. Er gehöre der Volksgruppe der Jemeniten an, im Herkunftsstaat 12 Jahre die Grundschule besucht und vor seiner Ausreise als Autoelektriker gearbeitet zu haben.

Seine Eltern und sieben seiner Geschwister würden nach wie vor im Jemen leben.

Zu seinem Fluchtgrund befragt brachte er vor, dass das Gebiet, in dem er gelebt habe, zwischen Regime und Milizen umkämpft sei. Die Milizen hätten ihn rekrutieren wollen. Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte sich der BF vor der Miliz.

Am 17.03.2021 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen und erklärte zunächst, vor zwei Wochen eine Operation aufgrund eines Nierensteines gehabt zu haben. Seine Angaben bei der Erstbefragung würden der Wahrheit entsprechen. Er sei jemenitischer Staatsangehöriger und gehöre der Volksgruppe der Moslems und der Religionszugehörigkeit der Araber an. Die Frage, ob seine Familie einem bestimmten Stamm oder Clan angehöre, wurde vom BF verneint. Er habe den Jemen im Mai 2019 verlassen. Vor dem Krieg sei er auch in Saudi-Arabien tätig gewesen, seit dem Krieg sei es jedoch nicht mehr möglich gewesen.

Auf Aufforderung, einen kurzen Lebenslauf zu schildern, führte der BF an, dass er neun Jahre die Schule besucht habe und danach mit seinem Bruder als Elektriker gearbeitet habe. Anschließend sei er als selbstständiger Installateur tätig gewesen. Zuerst habe er bei seinen Eltern im Dorf gewohnt und nach Aufnahme seiner Tätigkeit sei er bei seinem Bruder in der Provinz XXXX wohnhaft gewesen. Der BF stehe mit seinen Familienangehörigen nach wie vor über das Internet im Kontakt, die Verbindung sei aber äußerst schwach. Seine Familie halte sich nach wie vor im Dorf auf und bestreite den Lebensunterhalt von der Landwirtschaft. Befragt, wer das Gebiet kontrolliere, in dem seine Angehörigen aufhältig seien, entgegnete der BF, dass es sich um einen Mann namens XXXX handle, der zu den Huthi gehöre. Die Huthi würden dieses Gebiet seit dem Ausbruch des Konfliktes kontrollieren. Die Frage, ob er in Österreich oder Europa nahe Angehörige habe, wurde vom BF verneint.

Zum Fluchtgrund befragt, führte der BF an, dass die Huthi die lokale Bevölkerung im Jemen zu Kampfhandlungen bewegen wolle, was jedoch den Tod bedeute, da Männer direkt an die Front geschickt werden würden. Da er nicht mit der Miliz kämpfen habe wollen, habe der BF mit seinem Bruder das Land verlassen. Sein Bruder halte sich derzeit in Rumänien auf. Zur Frage, wie der Zwang zum Mitkämpfen ausgesehen habe, replizierte der BF, dass sie Mitglieder aus Schulen zum Kampf rekrutiert hätten. Eines Tages hätten sie den ganzen Ort belagert und vom Scheich verlangt, entweder Geld zu zahlen oder die Kinder für Kampfhandlungen zur Verfügung zu stellen. Da Geldsummen bezahlt worden seien, hätten die Kinder nicht kämpfen müssen, weshalb er selbst auch nicht eingezogen worden sei. Auf die Frage, wie lange er mit seinem Bruder zusammengearbeitet habe, erklärte der BF, dass er ungefähr zwei Jahre mit diesem zusammengearbeitet habe. Sie hätten die Erwerbstätigkeit drei bis vier Monate vor ihrer Ausreise aufgegeben, da sie von dem Mann namens „ XXXX “ verfolgt worden seien. Nachgefragt, wie sich diese Verfolgung manifestiert habe, gab der BF zu Protokoll, dass man am Anfang Geld bezahlt habe, sie jedoch nach einiger Zeit dazu gedrängt worden seien, für sie zu kämpfen. Im Zuge von Razzien seien Jugendliche mitgenommen worden, weshalb er mit seinem Bruder das Land verlassen habe. Zur weiteren Frage, ob sie von den Huthi konkret aufgefordert worden, sich ihnen anzuschließen, brachte der BF vor, dass man zwar nicht mit ihm persönlich gesprochen habe, ihm jedoch Papiere übermittelt worden seien. Auf dem Dokument sei ihr Name gestanden und man habe den Kriegseinsatz vom BF und seinem Bruder verlangt. Auf Vorhalt, dass einer seiner Brüder nach wie vor im Heimatdorf lebe, erwiderte der BF, dass dieser aufgrund seiner Tätigkeit als Lehrer nicht kämpfen könne. Sie hätten im Zuge ihrer Ausreise drei Kontrollpunkte überquert. An der Grenze habe es keine Kontrollen gegeben. In Saudi-Arabien hätten sie erklärt, dass sie vor den Huthi Milizen fliehen würden und hätten sich bis zum 27.08 in XXXX aufgehalten. Er hätte in Saudi-Arabien einen Sponsor gebraucht, um sich weiter dort aufhalten zu können. In einem Reisebüro habe er ein Visum für die Türkei erhalten, weshalb er auf dem Luftweg in die Türkei geflogen sei. In weiterer Folge habe er sich fünf oder sechs Monate in Griechenland aufgehalten und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, der jedoch negativ entschieden worden sei. Die Frage, ob er im Jemen Probleme mit der Polizei oder Behörden gehabt habe, wurde vom BF verneint. Er sei auch nie in Kriegs-oder Kampfhandlungen verwickelt worden.

Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich auf weitere Nachfragen herausgestellt habe, dass der BF zu keiner Zeit der konkreten Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Huthi Milizen ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche nicht glaubhaft machen habe können. Nach den pauschal gehaltenen Angaben, die Huthi hätten gewollt, dass er mit ihnen kämpfen soll, habe der BF auf Nachfrage angegeben, sie wären in die Schule gekommen und hätten einmal ihren Ort belagert. Er selbst sei von einer Rekrutierung nicht betroffen gewesen. Aus der Angabe, dass es dem BF möglich gewesen sei, gemeinsam mit seinem Bruder zu leben und zu arbeiten, lasse sich erkennen, dass es dem BF möglich gewesen sei, sich frei innerhalb des von den Huthi kontrollierten Gebieten zu bewegen, weshalb die Gefahr einer tatsächlichen zwangsweisen Rekrutierung seiner Person nicht festgestellt werden habe können. Untermauert werde diese Ansicht durch den Umstand, dass der Bruder des BF nach wie vor im Heimatort leben könne und offensichtlich keiner Gefahr einer Rekrutierung ausgesetzt sei. Es sei jedenfalls nicht nachvollziehbar, weshalb ein Lehrer nicht für den Kampf ausgebildet und eingesetzt werden könne. Der Umstand, dass der BF erst auf weitere Nachfrage angeführt habe, es sei ein „Papier“ zu ihm nach Hause gekommen, auf welchen sein Name und der mit ihm ausgereisten Bruders gestanden sei, erscheine nicht glaubhaft, zumal der BF diesen Umstand erst sehr spät in seinem Verfahren erwähnt habe. Ebenso lasse die Wahl der Ausreiseroute nicht auf eine tatsächliche Verfolgung oder Bedrohung durch die Huthi schließen, da die vom BF eingeschlagene Route mehrere hundert Kilometer durch ein Gebiet führe, welches unter Kontrolle der Huthi stehe. Eine systematische zwangsweise Rekrutierung aller Jugendlicher oder junger Männer seitens der Huthi Milizen gehe aus den Länderberichten nicht hervor. In Zusammenschau seiner Angaben habe der BF eine konkrete, den BF persönlich betreffende Gefahr einer Rekrutierung durch die Huthi nicht glaubhaft machen können.

Gegen den Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Feststellungen der Behörde auf einer unschlüssigen Beweiswürdigung basieren würden und § 60 AVG verletzten würden. Entgegen der ständigen Rechtsprechung des VwGH sei der Beweiswürdigung ein Abgleich mit den einschlägigen Länderberichten nicht zu entnehmen. Insgesamt erweise sich die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid als unschlüssig und nicht nachvollziehbar. Durch die mangelhafte Beweiswürdigung mit gravierenden Begründungsmängeln habe die belangte Behörde den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Aufgrund der Verfahrensfehler, die der belangten Behörde unterlaufen seien, gehe die belangte Behörde nicht von einem vollständig richtigen Sachverhalt aus bzw. spreche die belangte Behörde dem BF aufgrund einer mangelhaften Beweiswürdigung die Glaubwürdigkeit ab. Beantragt wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des BF:

Die Identität des BF steht mit der für das gegenständliche Verfahren nötigen Sicherheit aufgrund der Angaben des BF fest. Der BF ist Staatsangehöriger des Jemen und gehört der sunnitischen Glaubensgemeinschaft des Islam an.

Seinen eigenen Angaben zufolge hat der BF im Herkunftsstaat 12 Jahre lang in die Grundschule besucht und anschließend mit seinem Bruder als Autoelektriker sowie als selbstständiger Installateur gearbeitet.

Der BF lebte bis zur Ausreise aus dem Jemen vor rund zwei Jahren im Herkunftsstaat, wo er weiterhin familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner Eltern und seines Bruders sowie seiner sechs Schwestern hat. Die Verwandten des BF halten sich weiterhin im Heimatdorf auf und verdienen ihren Lebensunterhalt durch Einkünfte aus der Landwirtschaft. Der BF steht mit Familienangehörigen in sporadischen Kontakt über das Internet. Der BF ist ledig und kinderlos. Der BF verbrachte den Großteil seines Lebens in seinem Herkunftsstaat.

1.2. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz in Österreich:

Es kann nicht festgestellt werden, bzw. hat der BF nicht glaubhaft machen können, dass dieser den Jemen aufgrund einer glaubhaften diesen unmittelbar persönlich und konkret betreffenden asylrelevanten Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verlassen hat.

Der BF hat eine glaubhafte konkret gegen seine Person gerichtete asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen, heimatliche Behörden, Militär oder auch privater Dritter insgesamt nicht glaubhaft machen können.

Es ist insbesondere nicht glaubwürdig, dass der BF den Jemen verlassen hat, weil dieser unmittelbar und konkret von einer Zwangsrekrutierung durch die (Huthi-) Miliz bedroht gewesen wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die gegenständliche Entscheidung im zeitlichen Nahebereich der erstinstanzlichen Entscheidung getroffen, konnte die gegenständliche Entscheidung sich vollinhaltlich auf das ordnungsgemäß vorgenommene erstinstanzliche Ermittlungsverfahren stützend, sowie die tragenden Würdigungen des BFA zu Gänze übernehmend, abschließend vornehmen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Verfahren unterbleiben.

1.5. Zum Herkunftsstaat:

Das BVwG trifft folgende Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat unter Auszug aus dem Länderinformationsblatt:

Politische Lage

Die Republik Jemen bezeichnet sich in ihrer am 15./16. Mai 1991 in einer Volksabstimmung angenommenen Verfassung (geändert am 28. September 1994) als unabhängigen, arabischen, islamischen und republikanischen Staat. Staatsreligion ist der Islam (GIZ 10.2019). Die innere Lage des Landes wird immer noch durch die geteilten historischen Erfahrungen geprägt: einerseits britische Kolonialherrschaft und danach sozialistische Einflüsse im Süden, andererseits konservative muslimische Herrschaft und Stammesgesellschaft im Norden. 1990 vereinigten sich beide Staaten; der Nordjemen war die dominierende Kraft (DW 30.1.2018). Die gravierenden ökonomischen, sozialen und politischen Differenzen zwischen beiden Landesteilen sind jedoch nicht überwunden (GIZ 10.2019).

Die politischen Herausforderungen für Jemen bestanden bereits vor Ausbruch des andauernden bewaffneten Konflikts im Jahr 2014. 2004 begann in der nordjemenitischen Provinz Saada der Huthi-Aufstand, ab 2007 erstarkte die sezessionistische Bewegung im Süden des Landes. Beide Gruppen begehren gegen die Marginalisierung ihrer jeweiligen Region auf. Zusätzlich bereitete sich spätestens seit 2009 das internationale islamistische Terrornetzwerk Al-Qaida im Jemen immer weiter aus. 2011 kam es landesweit zu Massenprotesten, in denen die Demonstranten das Ende des Saleh-Regimes und einen demokratischen Wandel forderten. Gleichzeitig traten jedoch Kämpfe innerhalb der Machtelite zutage (BPB 18.10.2011).

(Ex-)Präsident Ali Abdullah Saleh bekämpfte während seiner Amtszeit den mutmaßlich durch den Iran unterstützten Huthi-Aufstand. 2011 trat er nach langen Verhandlungen und unter Zugeständnissen zu seinen Gunsten wie dem Erlangen von strafrechtlicher Immunität für seine Rolle bei der gewaltsamen Niederschlagung von Protesten gegen die Regierung zugunsten seines damaligen Vizepräsidenten Abd Rabbo Mansur Hadi zurück, der 2012 von den Wählern interimistisch im Amt bestätigt wurde. Ein Konsens für die Neuordnung des politischen Systems wurde zwar begonnen, dann aber vom Huthi-Aufstand und dem bewaffneten Konflikt zum Erliegen gebracht. Hadis Regierung ist zwar international anerkannt, sie kontrolliert jedoch nicht das ganze Territorium und hat kein klares Mandat (FH 4.2.2019; vgl. Der Standard 4.12.2017).

Es gibt im Jemen keine funktionierende Zentralregierung, und staatliche Institutionen, die noch funktionieren, werden durch nicht-gewählte Beamte oder bewaffnete Gruppierungen kontrolliert (FH 4.2.2019). Das gewählte (und somit legitime) Parlament besteht laut derzeitiger Verfassung aus einer Kammer mit 301 Abgeordneten, die für sechs Jahre gewählt werden (GIZ 10.2019). Am 13. April 2019 wurde Sultan al-Barakani zum Parlamentspräsidenten gewählt, nachdem das Parlament erstmals seit Ausbruch des Konflikts 2015 wieder zusammengetreten war. Zahlreiche Abgeordnete halten sich derzeit im Ausland auf (AA 12.8.2019). Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind viele Jahre überfällig, und keiner Seite gelang es während des Krieges, genug Territorium zu kontrollieren, um etwaige Wahlen abzuhalten. Parlamentswahlen wurden zuletzt am 27. April 2003 abgehalten, und hätten eigentlich 2009 wieder durchgeführt werden sollen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2012 gab es nur einen Kandidaten. Im Kontext des Bürgerkriegs wird die politische Opposition unterdrückt. Normale politische Aktivität wird durch die Präsenz mehrerer bewaffneter Gruppen im Jemen verhindert, darunter Huthi- Rebellen, sunnitische Extremisten, südjemenitische Separatisten, ausländische Truppen der von Saudi-Arabien angeführten Koalition, Truppen der Hadi-Regierung und lokale Milizen (FH 4.2.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (12.8.2019): Jemen: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jemennode/

jemen/202270, Zugriff 14.11.2019

- Al Jazeera (27.10.2019): Draft Saudi-brokered deal aims to end south Yemen power struggle,

https://www.aljazeera.com/news/2019/10/draft-saudi-brokered-deal-aims-south-yemen-power-struggle-

191026164026978.html, Zugriff 15.11.2019

- BPB – Bundeszentrale für Politische Bildung (18.10.2011): Pro-demokratische Proteste im Jemen,

https://www.bpb.de/internationales/afrika/arabischer-fruehling/52404/jemen?p=all, Zugriff 15.11.2019

- CH - Chatham House (9.2019): Between Order and ChaosA New Approach to Stalled State Transformations in Iraq and

Yemen, https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/2019-09-05-StateTransformationsIraqYemen.pdf, Zugriff 15.11.2019

- DW – Deutsche Welle (30.1.2018): Separatisten erobern Regierungssitz des Jemen, https://www.dw.com/de/separatistenerobern-

regierungssitz-des-jemen/a-42363242, Zugriff 15.11.2019

- DW – Deutsche Welle (6.11.2019): Einigung im Südjemen: Auftakt zur Befriedung des ganzen Landes?,

https://www.dw.com/de/einigung-im-s%C3%Bcdjemen-auftakt-zur-befriedung-des-ganzen-landes/a-51142448, Zugriff

15.11.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019

https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html, Zugriff 11.11.2019

- GIZ – Länderinformationsportal (10.2019): Jemen, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jemen/geschichte-staat/,

Zugriff 15.11.2019

- The Guardian (5.11.2019): Yemen government signs power-sharing deal with separatists,

https://www.theguardian.com/world/2019/nov/05/yemen-government-signs-power-sharing-deal-with-separatists, Zugriff

15.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrychapters/

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- ICG – International Crisis Group (5.11.2019): The Beginning of the End of Yemen’s Civil War?,

https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/beginning-end-yemens-civil-war,

Zugriff 15.11.2019

- Der Standard (23.8.2016): Krieg im Jemen wird zur Sackgasse für die Saudis, https://derstandard.at/2000043199757/Kriegin-

Jemen-wird-zur-Sackgasse-fuer-die-Saudis?ref=rec, Zugriff 28.09.2017

- Der Standard (4.12.2017): Jemens Expräsident tot: Seitenwechsel wurden Saleh zum Verhängnis,

https://www.derstandard.at/story/2000069031715/jemen-ein-seitenwechsel-zu-viel-wurde-expraesident-saleh-zumverhaengnis,

Zugriff 15.11.2019

- Der Standard (25.10.2019): Einigung zwischen Regierung des Jemen und Unabhängigkeitskämpfern,

https://www.derstandard.at/story/2000110324214/einigung-zwischen-regierung-des-jemen-und-unabhaengigkeitskaempfern,

Zugriff 15.11.2019

- Der Standard (28.1.2018): Separatisten erobern Sitz der jemenitischen Regierung in Aden,

https://www.derstandard.at/story/2000073167701/separatisten-erobern-sitz-der-jemenitischen-regierung-in-aden, Zugriff

15.11.2019

- Der Standard (12.11.2019): Warum im Jemen und am Golf nun ein Friedenslüftchen weht,

https://www.derstandard.at/story/2000110940654/warum-im-jemen-und-am-golf-friedenslueftchen, Zugriff 15.11.2019

- USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Yemen,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html, Zugriff 11.11.2019

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land ausgesprochen volatil. Die Sicherheit kann durch staatliche Behörden nicht gewährleistet werden. Der bewaffnete Konflikt zwischen Huthi- Rebellen aus dem Nordwesten des Landes und der Regierung und ihren Unterstützern, darunter die von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition, dauert weiter an (AA 28.8.2019). Daneben ist auch der südjemenitische, von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützte Southern Transitional Council (STC) ein zentraler bewaffneter Akteur. Sowohl STC als auch die Kräfte, die hinter der Regierung stehen, kämpfen gegen die Huthi. Sie bekämpfen sich jedoch auch untereinander, was die Spannungen zwischen Abu Dhabi und Riyadh verdeutlicht (ICG 16.10.2019). Im Chaos des Krieges zwischen Hadi-Regierung und Huthi erstarkten außerdem Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel, der „Islamische Staat“ und andere bewaffnete Gruppierungen (Al Jazeera 2.8.2019; vgl. The Guardian 1.10.2019).

Die fortdauernden Kampfhandlungen stellen für die Zivilbevölkerung weiterhin eine erhebliche Gefährdung dar. Die staatlichen Institutionen sind landesweit nur noch sehr eingeschränkt funktionsfähig. Bereits im September 2014 hatten Huthi-Milizen die Kontrolle über weite Landesteile, darunter auch die Hauptstadt Sanaa, übernommen und auch Teile der Sicherheitskräfte unter ihre Kontrolle gebracht. Die staatlichen Sicherheitsorgane sind nur bedingt funktionsfähig und können im Einzelfall keinen ausreichenden Schutz garantieren. Die Spannungen zwischen Nord- und Südjemen und die zunehmende Fragmentierung des Landes tragen zur Instabilität des Landes bei (AA 28.8.2019). ACLED berichtet von mehr als 12,000 zivilen Todesfällen im Konflikt seit 2015. Insgesamt wurden seit 2015 mehr als 100,000 (militärische und zivile) Opfer gezählt. Bis Ende Oktober wurden 2019 circa 1,100 getötete Zivilisten verzeichnet. Die Gewalt konzentrierte sich 2019 auf die Gouverne-ments Taiz, Hodeidah und Al Jawf (ACLED 31.10.2019). Die Luftschläge der saudisch-geführten Koalition und die Angriffe der Huthis unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Militärpersonen. Bei einem saudischen Luftangriff im August 2018 wurde beispielsweise ein Schulbus in Saada getroffen und 40 Kinder getötet (FH 4.2.2019).

Ab Juni 2018 war die Hafenstadt Hodeidah von starken Kämpfen betroffen. Im Dezember 2018 vermittelte die UN ein Abkommen („Stockholm-Abkommen“), das die Demilitarisierung Hodeidahs vorsah. Die Umsetzung gestaltete sich jedoch schwierig. So brachen dort z.B. gleich nach Unterzeichnung des Abkommens, so wie auch im Mai 2019 erneut Kämpfe aus. Gleichzeitig intensivierten die Huthi ihre Angriffe auf saudisches Territorium, und auch die saudischen Luftangriffe verstärkten sich in den letzten Monaten [Mai bis Juli 2019] (ICG 18.7.2019; vgl. The Guardian 15.5.2019; vgl. FH 4.2.2019). Anfang August 2019 kam es in der Hafenstadt Aden zu schweren Gefechten zwischen südjemenitischen Separatisten und gegenüber der Hadi-Regierung loyalen Truppen. Weite Teile des Landes sind von täglichen Bombardierungen, Raketenangriffen und Kampfhandlungen am Boden betroffen (AA 28.8.2019). Im August nahmen die Separatisten Aden ein (BBC 11.8.2019). Im September erklärten die Huthis einen unilateralen Waffenstillstand; die saudischen Luftangriffe haben seitdem zumindest abgenommen (Al Jazeera 24.9.2019; vgl. ICG 10.2019). Im Oktober 2019 kam es Berichten zufolge in den Gouvernements Abyan und Shebwa zu sporadischen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und Separatisten des STC. Saudische Kräfte übernahmen schrittweise die Kontrolle über Aden, und die Kräfte der VAE zogen sich zurück (ICG 10.2019; vgl. ACLED 5.11.2019).

Am 5. November 2019 wurde das „Riyad-Abkommen“ unterzeichnet, nachdem die Unterzeichnung wegen Eskalation der Kämpfe in Abyan am 31. Oktober verschoben worden war. Das Abkommen zwischen den Separatisten im Südjemen und der Hadi-Regierung soll eine Machtteilung bringen. Die Kämpfe im Gouvernement Abyan gehen weiter. Luftangriffe der saudisch-geführten Militärkoalition in den Gouvernements Hajjah und Sadah, sowie in geringerem Maße in Sanaa, halten an (ACLED 5.11.2019).

Die politische Instabilität im Jemen führt dazu, dass der Fluss an Waffen und Munition in die Region nicht kontrolliert werden kann (USDOS 1.11.2019). Im ganzen Land leiden Zivilisten an einem Mangel an grundlegenden Dienstleistungen, an der sich verschlimmernden Wirtschaftskrise, sowie am Nicht-Funktionieren der Verwaltung, des Gesundheits-, Bildungs- und Justizsystems (HRW 17.1.2019). In Jemen herrscht laut UN die größte humanitäre Krise weltweit. Sie hat sich seit Beginn des Konflikts im März 2015 immer weiter zugespitzt. Von den 30 Millionen Einwohnern Jemens sind 24 Millionen auf humanitäre Hilfe

angewiesen. 20 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung. Viele sind ohne Zugang zu sauberem Wasser und sanitären Einrichtungen. Die Zahl der Binnenvertriebenen liegt bei über 3 Millionen Menschen (AA 12.8.2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (28.8.2019): Jemen: Reisewarnung, https://www.auswaertigesamt.

de/de/aussenpolitik/laender/jemen-node/jemensicherheit/202260, Zugriff 15.11.2019

- AA – Auswärtiges Amt (12.8.2019): Jemen: Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/jemennode/

jemen/202270, Zugriff 20.11.2019

- ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (31.10.2019): PRESS RELEASE: Over 100,000 Reported Killed in

Yemen War, https://www.acleddata.com/2019/10/31/press-release-over-100000-reported-killed-in-yemen-war/, Zugriff

13.11.2019

- ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (5.11.2019): Regional Overview: Middle East, 27 October – 2

November 2019, https://www.acleddata.com/2019/11/05/regional-overview-middleeast-27-october-2-november-2019/, Zugriff

20.11.2019

- Al Jazeera (2.8.2019): Al-Qaeda launches deadly attack on army base in southern Yemen,

https://www.aljazeera.com/news/2019/08/al-qaeda-launches-deadly-attack-army-base-southern-yemen-

190802081549242.html, Zugriff 15.11.2019

- Al Jazeera (24.9.2019): Seven children among 16 dead in Yemen air strikes, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/7-

children-16-dead-yemen-air-strikes-190924122950086.html, Zugriff 20.11.2019

- BBC News (11.8.2019): Yemen conflict: Southern separatists seize control of Aden, https://www.bbc.com/news/world-middleeast-

49308199, Zugriff 20.11.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019

https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html, Zugriff 11.11.2019

- The Guardian (15.5.2019): Yemen: ceasefire broken as fresh fighting breaks out in Hodeidah,

https://www.theguardian.com/world/2019/may/15/yemen-ceasefire-broken-as-fresh-fighting-breaks-out-in-hodeidah,

Zugriff 20.11.2019

- 16/40 –BE-0311-142

- The Guardian (1.10.2019): Yemen: Aden's changing alliances erupt into four-year conflict's newest front,

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Zugriff 20.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrychapters/

yemen, Zugriff 11.11.2019

- ICG – International Crisis Group (18.7.2019): Saving the Stockholm Agreement and Averting a Regional Conflagration in

Yemen, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/203-saving-stockholmagreement-

and-averting-regional-conflagration-yemen, Zugriff 20.11.2019

- ICG – International Crisis Group (16.10.2019): Yemen’s Multiplying Conflicts,

https://www.ecoi.net/en/document/2018614.html, Zugriff 20.11.2019

- ICG – International Crisis Group (10.2019): CrisisWatch, Tracking Conflict Worldwide, Yemen,

https://www.crisisgroup.org/crisiswatch/november-alerts-october-trends-2019#yemen, Zugriff 20.11.2019

- ICG – International Crisis Group (5.11.2019): The Beginning of the End of Yemen’s Civil War?,

https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/yemen/beginning-end-yemens-civil-war,

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- USDOS – US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 4 - Terrorist Safe Havens -

Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2019263.html, Zugriff 20.11.2019

Huthi (Harakat Ansar Allah)

Die Huthi - offiziell bekannt als Harakat Ansar Allah (wörtl. „Bewegung der Helfer Gottes“) - sind eine vom Iran unterstützte, schiitisch-muslimische militärische und politische Bewegung. Ihre Mitglieder, die sich der Minderheit der Zaiditen des schiitischen Islam zugehörig fühlen, setzen sich für die regionale Autonomie der Zaiditen im Nordjemen ein [siehe auch Abschnitt 12.1. Religiöse Gruppe: Zaiditen]. Die Gruppe hat seit 2004 eine Reihe blutiger Aufstände gegen die jemenitische Regierung ausgeführt, die zu einem Sturz des Regimes Anfang 2015 geführt haben. Die Huthi-Bewegung begann als Versuch, die Autonomie der Stämme im Nordjemen aufrechtzuerhalten und gegen den westlichen Einfluss im Nahen Osten zu protestieren. Heute streben die Huthi eine größere Rolle in der jemenitischen Regierung an und setzen sich weiterhin für die Interessen der zaiditischen Minderheit ein. Die Huthi sind für ihre heftige anti-amerikanische und antisemitische Rhetorik bekannt (CEP 2019). Sie sind außerdem durch die von ihnen so wahrgenommene wirtschaftliche Diskriminierung während der Saleh-Herrschaft motiviert (DW 1.10.2019). Die Ziele der Huthi umfassen auch Entschädigungen für die Schäden während der Saada-Kriege [Anm.: Kriege zwischen Huthi

und Regierung im Gouvernement Saada zwischen 2004 und 2010], die Interessensvertretung [der Zaiditen] innerhalb der Zentralregierung, und die Garantie, dass die Gruppe vor zukünftiger politischer und wirtschaftlicher Marginalisierung geschützt wird. Nicht alle Zaiditen im Jemen identifizieren sich mit der Huthi-Bewegung (CT 2019). Die Huthi-Bewegung besteht heute aus verschiedenen militärischen Kräften, darunter auch circa 60 Prozent ehemalige Angehörige der jemenitischen Armee unter Ex-Präsident Saleh. Schätzungen zufolge sollen die Huthi militärisch 180.000 bis 200.000 Mann stark sein und über verschiedene Waffensysteme verfügen (DW 1.10.2019). In den nördlichen Gebieten, die traditionell unter zaiditischer Kontrolle standen, gibt es Berichte über fortgesetzte Bemühungen der Huthi, ihre religiösen Bräuche auch Nicht-Zaiditen aufzuzwingen, unter anderem durch ein Musikverbot und die Forderung, dass Frauen eine Voll-Verschleierung

tragen müssen (USDOS 21.6.2019). Bewaffnete Huthi-Kräfte nahmen häufig Geiseln und begingen andere ernsthafte Missbräuche an Personen, die sich in ihrem Gewahrsam befinden (HRW 25.9.2018).

Quellen:

- CEP – Counter Extremism Projekt (2019): Houthis, https://www.counterextremism.com/threat/houthis, 21.11.2019

- CT – Critical Threats (2019): al Houthi Movement, https://www.criticalthreats.org/organizations/al-houthi-movement,

Zugriff 21.11.2019

- DW – Deutsche Welle (1.10.2019): Yemen's Houthi rebels: Who are they and what do they want?,

https://www.dw.com/en/yemens-houthi-rebels-who-are-they-and-what-do-they-want/a-50667558, Zugriff 20.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (25.9.2018): Yemen: Houthi Hostage-Taking, https://www.ecoi.net/en/document/1444267.html,

Zugriff 20.11.2019

- USDOS – US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: Yemen,

https://www.ecoi.net/en/document/2011009.html, Zugriff 20.11.2019

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) und der Islamische Staat im Jemen

(IS-Y)

Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (eng. abk.: AQAP) ist ein Zusammenschluss von Al- Qaida-Kämpfern in Saudi-Arabien und der früheren Al-Qaida im Jemen (CISAC 7.2015). AQAP ist im gesamten Jemen vor allem in den südlichen und zentralen Regionen des Landes tätig. In vielen dieser Provinzen regiert AQAP über kleinere Gebiete mit Sharia- Gerichten und einer schwer bewaffneten Miliz. AQAP versucht die jemenitische Bevölkerung anzusprechen, indem sie die Grundbedürfnisse der Bevölkerung befriedigt, sich in die lokale Bevölkerung integriert, auch durch die Anpassung an lokale Regierungsstrukturen. Als formaler Bestandteil der Al-Qaida stehen die Ideologie und Praktiken der AQAP im Einklang mit den weiter gefassten Zielen der Al-Qaida, nämlich auf eine globale islamistische Herrschaft hinzuarbeiten (CEP 4.1.2017; vgl. CH 9.2019). AQAP nutzte die Wirren von 2015, um weite Teile der Provinzen Abyan, Shabwa und Hadramaut einzunehmen und zu kontrollieren. Gemeinsam mit verbündeten Stämmen eroberte sie Anfang April 2015 Mukalla — mit 300.000 Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Landes und Hauptstadt der südöstlichen Provinz Hadramaut — und erbeutete große Waffenarsenale und viel Geld. Außerdem übernahm AQAP dort zusammen mit ihren Alliierten die Verwaltung. Truppen der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und deren lokale Verbündete eroberten die Stadt im April 2016 zurück (SWP 7.2017; vgl. CH 9.2019). Bis 2016 kontrollierte AQAP größere Gebiete im Jemen, in den beiden darauffolgenden Jahren erlitt AQAP Gebietsverluste (HRW 17.1.2019; vgl. Jamestown 5.4.2019).

Sowohl AQAP als auch der sog. Islamische Staat Yemen (IS-Y) profitieren weiterhin vom Konflikt mit den Huthi, indem sie von anderen Einheiten der Anti-Huthi-Koalition nicht als Feind betrachtet werden und das Sicherheitsvakuum in großen Teilen des Landes ausnutzen (USDOS 1.11.2019). Sowohl AQAP als auch IS-Y bekannten sich im Jahr 2018 zu Selbstmordanschlägen und anderen Angriffen (HRW 17.1.2019). 2018 wurden

Operationen zur Terrorismusbekämpfung, vor allem durch von den VAE unterstützten Kräften, gegen AQAP durchgeführt, und zwar in den Gouvernements Abyan, Shabwa und Hadramaut. Der IS-Y ist bezüglich Mitgliederanzahl und Einfluss deutlich kleiner als AQAP. IS-Y ist jedoch weiterhin aktiv und führt Angriffe gegen AQAP, jemenitische Sicherheitskräfte und Huthi durch (USDOS 1.11.2019). Eine der aktivsten Gruppen des IS-Y soll es mit Stand September 2018 in Al-Bayda geben, genauso wie eine der aktivsten Gruppen von AQA (Jamestown 5.4.2019). Im Juli 2018 kam es zu heftigeren Zusammenstößen zwischen AQAP und IS-Y, was die Rivalität zwischen Al-Qaida und IS allgemein zeigt (Jamestown 21.9.2018). Es wird berichtet, dass AQAP und IS-Y im Sommer 2019 das Machtvakuum im Süden des Landes ausnutzten und Angriffe gegen Truppen der Hadi-Regierung sowie des Southern Transitional Council (STC) in Aden, Abyan und Al-Bayda durchführten (ACAPS

8.2019).

Quellen:

- ACAPS – Yemen Analysis Hub (8.2019): Crisis InSight, Yemen Crisis Impact Overview, June – August 2019,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/20190925_yemen_crisis_impact_overview_june_august_2019.pdf,

Zugriff 14.11.2019

- CEP – Counter Extremism Projekt (4.1.2017): Al-Qaeda in the Arabian Peninsula (AQAP),

https://www.counterextremism.com/threat/al-qaeda-arabian-peninsula-aqap, Zugriff 21.11.2019

- CH - Chatham House (9.2019): Between Order and Chaos, A New Approach to Stalled State Transformations in Iraq and

Yemen, https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/2019-09-05-StateTransformationsIraqYemen.pdf, Zugriff 15.11.2019

- CISAC – Center for International Security and Cooperation (7.2015): Al Qaeda in Yemen,

https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/al-qaeda-yemen#text_block_17347, Zugriff 20.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrychapters/

yemen, Zugriff 11.11.2019

- Jamestown Foundation (21.9.2018): Clashes Between Islamic State and AQAP Emblematic of Broader Competition;

Terrorism Monitor Volume: 16 Issue: 18, https://www.ecoi.net/en/document/1447309.html, Zugriff 20.11.2019

- Jamestown Foundation (5.4.2019): Continued Fighting Between Islamic State and AQAP Complicates Security in al-Bayda -

Jamestown, https://www.ecoi.net/en/document/2006052.html, Zugriff 20.11.2019

- SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik. Steinberg, Guido (7.2017): Saudi-Arabiens Krieg im Jemen, https://www.swpberlin.

org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A51_sbg.pdf, Zugriff 21.11.2019

- USDOS – US Department of State (1.11.2019): Country Report on Terrorism 2018 - Chapter 4 - Terrorist Safe Havens -

Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/2019263.html, Zugriff 20.11.2019

Bewegung des Südens (Al Hirak), Southern Transitional Council (STC)

Die Bewegung des Südens, auch bekannt als „al Hirak“ oder „al Harakat al Janubiyya“,

begann ihre Aktivitäten 2007 auf dem Gebiet der ehemaligen Demokratischen Volksrepublik

Jemen. Sie war nie eine einheitliche Gruppierung. Es handelte sich mehr um eine lose Vereinigung von Kräften, deren Forderungskatalog von mehr Mitspracherecht für die Bevölkerung des Südens bis hin zur abermaligen Abspaltung und Unabhängigkeit vom Norden reicht. Die Bewegung begann mit Reparationsforderungen nach der Zerstörung des südlichen Jemen während des Bürgerkriegs 1994. Die Mitgliedergruppen unterscheiden sich in ihrem Charakter von politisch bis militant. Die Bewegung hat seit den Umbrüchen des Arabischen Frühlings 2011 starken Zulauf (GIZ 10.2019; vgl. CT 2017). Die Unterstützung des Southern Movement speist sich u.a. aus der Enttäuschung über die politische und wirtschaftliche Marginalisierung des südlichen Jemens nach der Einigung der beiden Landesteile 1990.

Das Southern Movement ist in vielerlei Hinsicht ein Vorläufer des 2017 gegründeten Southern Transitional Coucil (STC) (Jamestown 10.9.2019). Zu Beginn des Konflikt waren es aber eher lose organisierte südjemenitische Milizen, die die Huthi-Rebellen und die Truppen der Hadi-Regierung aus ihren Gebieten im Süden vertrieben. Dabei wurden sie militärisch von den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) unterstützt (CH 3.2018). Ab 2015 schlossen sich die bewaffneten Truppen des Southern Movement der Anti-Huthi-Koalition

der Hadi-Regierung an. Im April 2017 kam es zu zunehmenden Spannungen in Aden, da Hadi den Bürgermeister der Stadt aus seinem Amt entließ. Nach Massenprotesten als Reaktion auf die Entlassung wurde der Southern Transitional Council (STC) mit Unterstützung durch die VAE gegründet. Der STC tritt für die Unabhängigkeit des

Südjemens ein (Al Jazeera 20.9.2019). Im Jänner 2018 brachen Kämpfe zwischen Regierungskräften und von den VAE unterstützten südjemenitischen Kräften in Aden aus (HRW 17.1.2019). Im August 2019 eroberten südjemeni-tische separatistische Kräfte nach tagelangen Kämpfen erneut den Regierungssitz von Präsident Hadi in Aden. Die Kämpfe offenbarten Risse innerhalb der von Saudi-Arabien geführten Militär-koalition gegen die Huthi (Der Standard 25.10.2019). Am 5.11.2019 einigten sich südjemenitische Separatisten und die Hadi-Regierung im Rahmen des „Riyadh-Abkommens“ auf eine Machtteilung (Der Standard 12.11.2019) [siehe Abschnitt

2. Politische Lage].

Der Süden des Jemens ist, entgegen häufiger Annahmen, kein homogener Raum. Nicht alle Südjemeniten unterstützen den STC, und nicht alle unterstützen das Southern Movement. Einige Personen, die seit Kriegsbeginn immer prominenter wurden, waren in der Bewegung vor dem Krieg keine wichtigen Figuren (CH 3.2018; vgl. Jamestown 10.9.2019). Außerhalb von Aden gibt es kleinere separatistische Bewegungen in den südlichen Provinzen, die die Forderung des STC nach der Wiederherstellung der Republik Südjemen mittels Gewalt ablehnen (Al Jazeera 20.9.2019).

Quellen:

- Al Jazeera (20.9.2019): Who are south Yemen's separatists?, https://www.aljazeera.com/news/2019/09/south-yemenseparatists-

190919074008631.html, Zugriff 20.11.2019

- CH – Chatham House (3.2018): Yemen’s Southern Powder Keg,

https://www.chathamhouse.org/sites/default/files/publications/research/2018-03-27-yemen-southern-powder-keg-salisburyfinal.

pdf, Zugriff 20.11.2019

- CT – Critical Threats (2017): Southern Movement, https://www.criticalthreats.org/organizations/southern-movement, Zugriff

21.11.2019

- GIZ – Länderinformationsportal (10.2019): Jemen, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/jemen/geschichte-staat/,

Zugriff 15.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrychapters/

yemen, Zugriff 11.11.2019

- Jamestown Foundation (10.9.2019): Some Old, Some New: Grievances, Players, and Backers in the Conflict in Southern

Yemen; Terrorism Monitor Volume: 17 Issue: 17, https://www.ecoi.net/en/document/2017648.html, Zugriff 20.11.2019

- Der Standard (25.10.2019): Einigung zwischen Regierung des Jemen und Unabhängigkeitskämpfern,

https://www.derstandard.at/story/2000110324214/einigung-zwischen-regierung-des-jemen-und-unabhaengigkeitskaempfern,

Zugriff 15.11.2019

- Der Standard (12.11.2019): Warum im Jemen und am Golf nun ein Friedenslüftchen weht,

https://www.derstandard.at/story/2000110940654/warum-im-jemen-und-am-golf-friedenslueftchen, Zugriff 15.11.2019

Rechtsschutz / Justizwesen

Im Jemen gibt es keine funktionierende Zentralregierung, und alle staatlichen Institutionen, die noch intakt sind, werden von nicht gewählten Beamten oder bewaffneten Gruppen kontrolliert. Das Justizwesen ist nominell unabhängig, jedoch anfällig für Beeinflussung durch politische Fraktionen. Die Behörden haben eine schlechte Bilanz, was die Durchsetzung von juristischen Urteilen angeht, besonders wenn es sich um Verurteilungen von Stammesführern oder bekannten politischen Personen handelt. Durch das Fehlen eines effektiven Gerichtswesens greift die Bevölkerung häufig auf stammesrechtliche Formen von Justiz oder Gewohnheitsrecht zurück, besonders seit der Einfluss der Regierung schwächer wird (FH 4.2.2019). Unter Kontrolle der Huthi ist die Justiz schwach und durch Korruption, politische Einmischung, gelegentliche Bestechung und mangelnde juristische Ausbildungen beeinträchtigt. Die mangelnde Kapazität der Regierung und die teilweise mangelnde Durchsetzungsbereitschaft der Gerichte, insbesondere außerhalb der Städte, haben die Glaubwürdigkeit der Justiz weiter untergraben. Kriminelle bedrohen und schikanieren Angehörige der Justiz, um den Ausgang von Verfahren zu beeinflussen (USDOS 13.3.2019). Willkürliche Verhaftungen sind üblich. In den letzten Jahren wurden hunderte solcher Fälle dokumentiert. In vielen Fällen kommt es zu gewaltsamem Verschwindenlassen. Gefangene werden oft in inoffiziellen Haftanstalten untergebracht. Es gibt unzählige Berichte über politische Gefangene (FH 4.2.2019; vgl. USDOS 13.3.2019).

Vor dem Gesetz sind Angeklagte unschuldig bis ihre Schuld bewiesen ist. Gerichtsverhandlungen sind im Allgemeinen öffentlich, aber Gerichte können aus Gründen der „öffentlichen Sicherheit oder Moral“ geschlossene Verhandlungen abhalten. Richter nehmen aktiv an der Befragung der Zeugen und des Angeklagten teil und urteilen über Kriminalfälle. Angeklagte haben das Recht bei ihrer Gerichtsverhandlung anwesend zu sein und sich mit einem Anwalt zu beraten. Der Angeklagte kann Zeugen, die gegen ihn aussagen, befragen und konfrontieren und zu seiner eigenen Verteidigung Zeugen oder Beweise vorbringen. Die Regierung muss laut Gesetz in schweren Kriminalfällen einen Anwalt für mittellose Angeklagte zur Verfügung stellen, wobei dies in der Vergangenheit nicht immer geschehen ist. Grundsätzlich haben Angeklagte und deren Anwälte Zugang zu relevanten Beweisen und Anwälten wird ermöglicht, Klienten und Zeugen zu befragen sowie Beweise zu prüfen. Angeklagte haben das Recht auf Berufung. Angeklagte können weder zu einer Zeugenaussage noch zu einem Schuldgeständnis gezwungen werden. Es gibt außerdem ein spezielles Staatssicherheitsgericht, welches unter anderen Bedingungen arbeitet und Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit durchführt. Dieses Gericht garantiert den Angeklagten nicht dieselben Rechte wie die ordentlichen Gerichte. Anwälte bekommen oft nicht ausreichend Zugang zu den Anklagepunkten, Beweismitteln oder Gerichtsakten. Das Fehlen von Geburtsregistern erschwert die Altersfeststellung, woraufhin die Gerichte Jugendliche wie Erwachsene verurteilen, auch zum Tode. Neben dem bestehenden Gerichtssystem gibt es ein Stammesrechtssystem für Fälle, die nicht unter das Strafrecht fallen [Anm. d.h. z.B. Familienrecht, etc.]. Stammesrichter, meist angesehene Scheichs, entscheiden jedoch auch oft in Kriminalfällen auf stammesrechtlicher Basis. Zu diesen Fällen kommt es gewöhnlich in Folge öffentlicher Beschuldigungen, nicht in Folge von formell eingereichten Anklagepunkten. Stammes-Mediation betont oft den sozialen Zusammenhalt mehr als Bestrafung. Die Öffentlichkeit respektiert die Ergebnisse von Stammesprozessen oft mehr als das formelle Gerichtssystem, das von vielen als korrupt und nicht unabhängig angesehen wird (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- 21/40 –BE-0311-142

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019

https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html, Zugriff 11.11.2019

- USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Yemen,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html, Zugriff 11.11.2019

Sicherheitsbehörden

Die jemenitischen Sicherheitsbehörden sind in Folge des politischen und militärischen Konflikts stark fragmentiert (EASO 15.10.2019). Die jemenitischen Streitkräfte bestehen mit Stand März 2018 grundsätzlich aus Landstreitkräften, Seestreitkräften und Küstenwache, Luftstreitkräften, Grenzwache, Strategischer Reserve, sowie militärischen Nachrichtendiensten (u.a. Department of Military Intelligence, Department of Reconnaissance) (CIA 5.11.2019). Die Huthi übernahmen 2014 die Kontrolle über das Verteidigungs- und Innenministerium in Sanaa. Laut eines Berichts haben bis zu 70 Prozent der Armee-, Polizei und paramilitärischen Kräfte zu Beginn des Krieges die Huthi-Saleh- Allianz unterstützt. Die staatliche Armee (Yemen National Army, YNA) wurde ab 2015 von der Hadi-Regierung neu formiert, indem Saleh-treues Personal ersetzt wurde, und bis zu 200.000 neue Soldaten rekrutiert wurden, darunter Stammeskämpfer (EASO 15.10.2019). Die primären staatlichen Nachrichtendienste, die Organisation für Politische Sicherheit (Political Security Organisation - PSO) und das Büro für Nationale Sicherheit (National Security Bureau - NSB) unterstehen zuerst dem Innenminister und dann dem Präsidenten. Die Zusammenarbeit dieser beiden Organisationen bleibt unklar, und es gibt keine klaren Definitionen vieler Prioritäten des NSB. Die PSO ist laut Gesetz dafür zuständig, politische Verbrechen und Sabotageakte aufzudecken und zu verhindern. PSO und NSB gerieten Ende 2014 unter die Kontrolle der Rebellen der Huthi-Saleh-Allianz. Die Hadi-Regierung behielt jedoch ihre eigenen Posten in PSO und NSB in den von der Regierung kontrollierten Gebieten bei (USDOS 13.3.2019; vgl. GS 21.1.2015). Wie andere staatliche Institutionen auch, teilten sich Sicherheits- und Nachrichtendienste wie die PSO in parallele Strukturen auf; ein Teil wird von den Huthi kontrolliert, der andere Teil von der Hadi-Regierung. Die Dienste operieren jeweils in einem von ihrer Seite im Bürgerkrieg kontrollierten Gebiet (FH 4.2.2019). Auch die Abteilung für kriminaldienstliche Ermittlungen (Criminal Investigation Division) untersteht dem Innenministerium und führt die meisten Untersuchungen und Festnahmen in Kriminalfällen durch. Der Innenminister kontrolliert außerdem die paramilitärischen Spezialsicherheitskräfte (Special Security Forces SSF) – oft zur Kontrolle von Menschenansammlungen eingesetzt -, sowie die Anti-Terror-Einheit.

Dem Verteidigungsminister unterstehen außerdem Einheiten zum Einsatz gegen interne Unruhen und in internen bewaffneten Konflikten (USDOS 13.3.2019). Straflosigkeit von Sicherheitsbeamten bleibt ein Problem, zum einen, weil die Hadi- Regierung nur begrenzt Macht ausübt und zum anderen, weil es keine wirksamen Mechanismen zur Untersuchung und Verfolgung von Missbrauch und Korruption gibt. Die SSF, die Sondereinsatzkräfte des Jemen, die Präsidentengarde (ehemals republikanische Garde), die NSB und andere Sicherheitsorgane sind vordergründig zivilen Behörden des Innenministeriums, des Verteidigungsministeriums und des Präsidentenbüros unterstellt. Die zivile Kontrolle über diese Einrichtungen verschlechterte sich 2018 jedoch weiter, da regionale Bemühungen zur nationalen Versöhnung ins Stocken gerieten. Durch die Verschärfung des Problems der Straflosigkeit verstärkten Interessensgruppen, darunter auch die Familie des ehemaligen Präsidenten Saleh und andere Stammes- und Parteigruppen, ihren Einfluss auf die Nachrichtendienste, oft auf inoffiziellem Wege und nicht durch die formale Befehlsstruktur (USDOS 13.3.2019).

Die Southern Resistance Forces wurden ab 2016 mit Unterstützung der VAE aufgebaut. Sie werden manchmal auch als unter Kontrolle der international anerkannten jemenitischen Regierung angesehen, obwohl sie angeblich von den Vereinigten Arabischen Emiraten ferngesteuert werden (EASO 15.10.2019; vgl. MEI 31.7.2019; vgl. WP 28.8.2019).

Quellen:

- CIA Factbook (5.11.2019): Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook/

geos/ym.html#People, Zugriff 11.11.2019

- EASO – European Asylum Support Office (15.10.2019): COI Query, Background on the Yemeni armed forces,

https://www.ecoi.net/en/file/local/2018892/2019_10_17_EASO_COI_Query_Yemen_Conscription_Q23.pdf, Zugriff

12.11.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Yemen, 4. Februar 2019

https://www.ecoi.net/de/dokument/2016065.html, Zugriff 11.11.2019

- GS – Global Security (21.1.2015): Yemen Intelligence Agencies, https://www.globalsecurity.org/intell/world/yemen/index.html,

Zugriff 12.11.2019

- MEI – Middle East Institute (31.7.2019): Security in South Yemen, https://www.mei.edu/publications/security-south-yemen,

Zugriff 12.11.2019

- USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Yemen,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html, Zugriff 11.11.2019

- WP – The Washington Post (28.8.2019): The UAE is weakening its partnership with the Saudis in Yemen. Here’s why that

matters, https://www.washingtonpost.com/politics/2019/08/28/what-saudi-arabia-uaes-changing-partnership-means-futureyemens-

war/, Zugriff 12.11.2019

Wehrdienst und Rekrutierungen

2001 wurde im Jemen die zweijährige Wehrpflicht abgeschafft. Das Mindestalter für einen freiwilligen zweijährigen Wehrdienst beträgt 18 Jahre (CIA 5.11.2019). Viele junge Männer treten aus ökonomischen Gründen und aus Mangel an Alternativen am Arbeitsmarkt in den Militärdienst ein (IRB 8.12.2017). Obwohl Gesetz und Regierungspolitik die Praxis ausdrücklich verbieten, nahmen Kinder unter 18 Jahren direkt an bewaffneten Konflikten für Regierungs-, Huthi-, mit der Regierung verbündete Kräfte, Stammeskräfte und andere bewaffnete Gruppierungen teil, vor allem als Wächter und Kuriere (USDOS 13.3.2019; vgl. Global Security 2.9.2017). Im Jahr 2017 überprüften die Vereinten Nationen 842 Fälle von Rekrutierung und Einsatz von Jungen ab 11 Jahren, von denen fast zwei Drittel Huthi- Truppen zuzuschreiben waren (HRW 17.1.2019; vgl. USDOS 13.3.2019). 2014 unterzeichnete die jemenitische Regierung einen Aktionsplan der Vereinten Nationen zur Beendigung des Einsatzes von Kindersoldaten. Mangels einer effektiven Regierung wurde der Aktionsplan jedoch noch nicht umgesetzt (HRW 12.1.2017). Fast ein Drittel der Kämpfer im Land waren nach einigen Schätzungen jünger als 18 Jahre. Das Fehlen eines einheitlichen Systems für die Registrierung von Geburten erschwert den Nachweis des Alters, was zuweilen zur Rekrutierung von Minderjährigen beiträgt (USDOS 13.3.2019). Laut Berichten internationaler NGOs benutzten Stämme, einschließlich einiger bewaffneter und von der Regierung finanzierter Stämme, die neben der regulären Armee kämpften, minderjährige Rekruten in Kampfzonen. Huthi-Rebellen setzten regelmäßig Kinder ein, um Kontrollpunkte zu besetzen, als menschliche Schutzschilder oder Selbstmordattentäter. Berichten zufolge wurden verheiratete Burschen zwischen 12 und 15 Jahren während bewaffneter Konflikte in den nördlichen Stammesgebieten als Kämpfer eingesetzt. Gemäß

der Stammestradition werden verheiratete Burschen als Erwachsene betrachtet, die dem Stamm Loyalität schulden. Infolgedessen war laut NGOs die Hälfte der Stammeskämpfer Jugendliche unter 18 Jahren. Anderen Quellen zufolge brachten die Stämme die Burschen selten in Gefahr, und setzten sie eher als Wache und nicht als Kämpfer ein (USDOS 13.3.2019).

Die Huthi rekrutieren neue Kämpfer mit verschiedenen Methoden, unter anderem durch die Einführung von Rekrutierungsquoten für Stammesführer und lokale Vertreter, die Verbreitung von Propaganda und religiöser Indoktrination, die Freilassung von Gefangenen und die Rekrutierung an Kontrollpunkten. Dabei wenden sie jeweils einen unterschiedlichen Grad von Zwang an (EASO 8.4.2019). Im Laufe des Jahres verstärkten die Huthi und andere bewaffnete Gruppen, einschließ-lich Stammes- und islamistischer Milizen sowie Al-Qaeda auf der Arabischen Halbinsel, die Rekrutierung von Kindern als Teilnehmer am Konflikt. Berichten zufolge betreiben Huthi-Vertreter lokale Zentren, in denen Jungen und Männer für den Kampf rekrutiert werden. Laut einer Quelle führten die Huthi Rekrutierungsquoten für lokale Vertreter ein. Laut OHCHR rekrutieren Huthi auch gewaltsam Kinder in Schulen, Krankenhäusern oder indem sie von Haus zu Haus gehen. Es wird auch mit Appellen an den Patriotismus und durch finanzielle Anreize rekrutiert (USDOS 13.2.2019).

Quellen:

- CIA Factbook (5.11.2019): Middle East, Yemen, Military and Security, https://www.cia.gov/library/publications/the-worldfactbook/

geos/ym.html#People, Zugriff 11.11.2019

- EASO – European Asylum Support Office (8.4.2019): Query Response, Forced recruitment of men by the Houthis,

https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/2019_04_08_Q10_2019_Yemen_Houthi_Recruitment.pdf, Zugriff

11.11.2019

- Global Security (2.9.2017): Yemen Military, https://www.globalsecurity.org/military/world/yemen/military-intro.htm, Zugriff

11.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Yemen, https://www.hrw.org/world-report/2019/countrychapters/

yemen, Zugriff 11.11.2019

- HRW – Human Rights Watch (12.1.2017): World Report 2017 – Yemen, https://www.ecoi.net/en/document/1088201.html,

Zugriff 21.11.2019

- IRB – Immigration and Refugee Board of Canada (8.12.2017): Yemen: Military service; reported cases of forced recruitment

and conscription by government authorities and armed groups, including by Al-Qaeda, in regions other than those under Houthi

control, https://www.ecoi.net/en/document/1447406.html, Zugriff 11.11.2019

- USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018 - Yemen,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2004222.html, Zugriff 11.11.2019

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Bevölkerung im Jemen leidet weiterhin unter den Auswirkungen des bewaffneten Konflikts, an Gewalt sowie schweren Menschenrechtsverletzungen und Missbräuchen. Die wichtigsten Menschenrechtsprobleme sind u.a. rechtswidrige und willkürliche Tötungen, darunter politische Morde; Verschwindenlassen; Folter; willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; politische Gefangene; willkürliche Verletzungen der Rechte der Bürger auf Privatsphäre; erhebliche Eingriffe in die Meinungs-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs- und Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der Religionsfreiheit; die Tatsache, dass die Bürger ihre Regierung nicht durch freie und faire Wahlen wählen können; Korruption und der Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 13.3.2019; vgl. USDOS 21.6.2019). Die Hadi-Regierung unternimmt den Versuch, Menschenrechtsverletzungen durch Beamte zu verfolgen und bestrafen, wobei sie nicht alle Institutionen des Landes kontrolliert. Straffreiheit blieb jedoch ein weit verbreitetes Problem. Nicht-staatliche Akteure, darunter Huthis, Stammesmilizen, südjemenitische separatistische Gruppierungen, Al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP) und der IS begehen erhebliche Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019). Huthi-Truppen nahmen Geiseln. Bewaffnete Kräfte in Aden verprügelten, vergewaltigten und folterten Migranten (HRW 17.1.2019).

Der Krieg führte landesweit zu weit verbreiteter Gewalt gegen die Zivilbevölkerung. Laut OHCHR wurden seit Konfliktbeginn bis November 2018 mehr als 6,800 Zivilisten getötet und mehr als 10,700 verletzt, die meisten davon durch Luftangriffe der von Saudi Arabien angeführten Koalition. Die wahren Opferzahlen dürften weit höher liegen. Tausende wurden durch die Kämpfe vertrieben, und Millionen Menschen sind von Engpässen in Nahrungsmittelversorgung und medizinischer Versorgung betroffen (HRW 17.1.2019). ACLED berichtet von mehr als 12,000 zivilen Todesfällen seit 2015. Insgesamt wurden seit 2015 mehr als 100,000 (militärische und zi

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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