Entscheidungsdatum
14.09.2021Norm
BFA-VG §9Spruch
I415 2235977-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX (vormals XXXX ), geb. XXXX , StA. BOSNIEN UND HERZEGOWINA, vertreten durch RA Mag. Alexander FUCHS, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion XXXX vom 09.09.2020, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 16.08.2021, zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde gegen Spruchpunkt III. wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass das Einreiseverbot auf die Dauer von 3 Jahren reduziert wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Republik Bosnien-Herzegowina.
Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 05.08.2019, der BF zugestellt am 07.08.2019, wurde die BF anlässlich ihrer Festnahme am über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot für den Fall ihrer Verurteilung in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde die BF zur Abgabe einer dahingehenden Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen hinsichtlich ihrer persönlichen Verhältnisse in Österreich aufgefordert.
Mit Schreiben der BF, eingelangt am 21.04.2019, nahm sie Stellung zu den von Seiten des BFA aufgelisteten Fragen.
Mit Urteil des Landesgericht XXXX , zu XXXX , rechtskräftig seit , wurde die BF wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a (1) 5. Fall Abs. 2 Z 2 SMG und 28a (1) 2. und 3. Fall SMG, sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 8 Monate unbedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
Mit Schreiben des BFA vom 07.05.2020, zugestellt am 11.05.2020, wurde die BF neuerlich über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot in Kenntnis gesetzt und ihr ergänzende Fragen gestellt, hiezu sie binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens Stellung zu nehmen hatte.
Ebenfalls mit Schreiben des BFA vom 07.05.2020, zugestellt am 11.05.2020, wurde der Ehegatte der BF aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens, Stellung zu den im Schreiben gestellten Fragen zu nehmen.
Mit E-Mail vom 20.05.2020 nahm die BF Stellung zu dem ergänzendem Parteiengehör. Am selben Tag, ebenfalls per E-Mail, nahm auch der Ehegatte der BF Stellung zu den angeführten Fragen des BFA.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.09.2020, wurde gegen die BF gemäß
§ 52 Abs 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Bosnien und Herzegowina zulässig sei (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.) und gemäß
§ 55 Abs 1 bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt IV.). Diese Entscheidung wurde insbesondere mit der strafgerichtlichen Verurteilung der BF begründet. Ihr Aufenthalt stelle eine tatsächliche, gegenwärtige und schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dar.
Gegen den Bescheid erhob die BF durch ihre Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 05.10.2020 fristgerecht Beschwerde. Zusammengefasst führte sie aus, dass sie in Österreich ein Eheleben führe und zu ihrem Ehegatten ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Es habe während der Haft eine Resozialisierung stattgefunden, sie habe sich reumütig mit dem Unrecht ihrer Taten auseinandergesetzt und bereue ihre Handlungen zutiefst. Sie habe sich in Haft vom eigenen Drogenkonsum losgerissen und distanziere sich auch in Zukunft von Drogen. Deshalb sei sie nun keine Gefahr mehr für die öffentliche Ordnung. Ferner sei ihr Herkunftsstaat von der Corona-Pandemie „stark befallen“.
Die gegenständliche Beschwerde und der zugehörige Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht samt einer kurzen Stellungnahme vom BFA vorgelegt, und langten am 12.10.2020, ein.
Am 16.08.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Innsbruck, eine öffentliche mündliche Verhandlung in Anwesenheit der BF, ihrer Rechtsvertretung, des als Zeugen geladenen Ehegatten, sowie in Abwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde statt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist Staatsangehörige der Republik Bosnien und Herzegowina, verheiratet, gesund und arbeitsfähig.
Sie ist in Bosnien und Herzegowina in der Stadt XXXX geboren und hat in Deutschland eine Friseurlehre absolviert. Zusätzlich hat sie einen Wifi-Kurs im Bereich Massage und Nageldesign abgeschlossen.
Die BF hat zwei volljährige Kinder. Ihre Söhne K.Ad., geboren im März 2001 und K.Al., geboren im Oktober 1997, sind ebenfalls Staatsangehörige der Republik Bosnien und Herzegowina.
Am XXXX schloss die BF in XXXX die Ehe mit einem österreichischen Staatsangehörigen. Die Ehe ist weiterhin aufrecht. Es besteht zwischen den Ehegatten ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis, beruhend auf einem gemeinsamen Kredit mit einer monatlichen Ratenzahlung in der Höhe von EUR 500,00.
Die BF besitzt eine Aufenthaltskarte (Familienangehörige), welche ihr zuletzt mit Gültigkeit bis 27.07.2028 verlängert wurde.
Sie hält sich seit 19.08.2013 durchgehend gemeldet im Bundesgebiet auf.
Die BF ging vom 25.09.2013 bis 15.10.2013 einer Erwerbstätigkeit als Arbeiterin bei der H. GesmbH & Co KG nach. Von 09.10.2013 bis 14.05.2014 war sie bei der P. GmbH und von 02.06.2014 bis 30.12.2014 beim L. OÖ als Arbeiterin angestellt. Zwischen 03.10.2014 und 31.12.2014 war sie als geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei C.D. tätig. Von 01.12.2015 bis 28.12.2015 arbeitete sie bei der H. KG. Über den Zeitraum von 01.02.2016 bis 24.02.2016 war sie erneut als geringfügig beschäftigte Arbeiterin bei der A. GesmbH tätig. Von 08.02.2016 bis 19.02.2016 war sie Vollzeit bei der A. GmbH angestellt. Von 14.03.2016 bis 10.01.2018 war sie bei der T. GmbH & Co KG, sowie von 05.04.2018 bis 19.11.2018 bei der I. GmbH als Arbeiterin tätig. Nachdem war sie als geringfügig beschäftigte Arbeiterin zunächst von 01.02.2019 bis 04.02.2019 bei der P. GmbH, von 06.02.2019 bis 07.07.2019 bei der Z. GmbH und von 25.01.2021 bis 28.02.2021 bei der G. tätig. In dem Zeitraum von 05.03.2021 bis 10.04.2021 war sie bei N.J. als geringfügig beschäftigte Arbeiterin tätig. Von 20.07.2021 bis 03.08.2021 war die BF bei der P. GmbH Vollzeit beschäftigt. In den Monaten, in denen die BF keiner Arbeit nachging, bezog sie Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung. Einen Tag nach der mündlichen Beschwerdeverhandlung, am 17.08.2021, nahm sie ein Beschäftigung bei der U. GmbH auf.
Im Bundesgebiet hält sich nur ihr Ehegatte auf. Bis zur Festnahme der beiden Söhne der BF und der BF selbst, lebten alle gemeinsam im selben Haushalt. Zwischen der BF, ihrem Ehegatten und ihren Kindern besteht ein Familienleben.
Die BF verfügt über soziale Bezugspunkte in Österreich.
Die BF wurde am 29.07.2019 im Bundesgebiet festgenommen und mit Urteil des Landesgericht XXXX vom 05.03.2020, zu XXXX , wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a (1) 5. Fall Abs. 2 Z 2 SMG und 28a (1) 28a (1) 2. und 3. Fall SMG, sowie des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren, davon 8 Monate unbedingt, unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren, verurteilt.
Mit besagtem Urteil wurde die BF für schuldig befunden, sie habe in XXXX und andernorts, teils als Mitglied einer – aus zumindest drei Personen, der BF und ihren zwei Söhnen bestehenden – kriminellen Vereinigung, vorschriftswidrig Suchtgift
A./ in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden, beim Drittangeklagten Al.K. das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge aus dem Ausland aus und in Österreich eingeführt, nämlich
II./ Sie im Zeitraum von zumindest Juli 2015 bis Ende Juni 2019 insgesamt unbekannte Mengen an Suchtgift, zumindest aber rund 3,2 Kilogramm Cannabiskraut (Reinheitsgrad: 13,71% THCA und 1,05% ?9-THC [ON 23]), indem Sie im genannten Zeitraum zumindest achtmal jährlich von dem bei Ihrer Mutter in Bosnien angebauten und geernteten Cannabiskraut jeweils zumindest 100 Gramm nach Österreich brachten (AS 3/ON 52; Amel B., AS 8/ON 2 in ON 32 und AS 173/ON 52; Übersicht der Fahrten nach Bosnien via Kroatien, AS 5-31 in ON 95: zumindest acht Fahrten pro Jahr [11 Fahrten nach Bosnien via Kroatien von 19.1.2018 bis 4.5.2019, also in 1 Jahr und 3,5 Monaten], sohin zumindest 32 Fahrten à - in dubio pro reo - zumindest 100g);
B./ in einer die Grenzmenge mehrfach übersteigenden, beim Drittangeklagten Ad.K. das 25-Fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, nämlich
I./ sie im Zeitraum von Juli 2015 bis Ende Juni 2019 insgesamt unbekannte Mengen an Suchtgiften, zumindest aber rund 3 Kilogramm Cannabiskraut (Reinheitsgrad: 13,71% THCA und 1,05% ?9-THC [ON 23]), indem Sie das von Bosnien nach Österreich geschmuggelte Cannabiskraut (3, 2 kg [s. oben Faktum A./II./]) abzüglich des Eigenkonsums bzw. der Sicherstellung (Eigenkonsum rd. 50g von Ihnen und Eigenkonsum Ad.K. rd. 117g und Sicherstellung 32,6g) überwiegend gewinnbringend und (ab Juli 2015 [Al.K.] bzw. Februar 2018 [Ad.K.]) im bewussten und gewollten, arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Erstangeklagten Ad.K. sowie dem Drittangeklagten Al.K. teils bekannten, überwiegend aber unbekannten Abnehmern überließen, und zwar unter anderem
1./ im Zeitraum von Ende August 2018 bis 02.10.2018 in mehreren Teilverkäufen insgesamt 15 Gramm Cannabiskraut zum Grammpreis von € 10,-- dem abgesondert verfolgten Werner S.;
2./ im Juni 2019 eine unbekannte Menge Cannabiskraut dem abgesondert verfolgten V.P.;
3./ unbekannten Abnehmern unbekannte Mengen Cannabiskraut, im bewussten und gewollten, arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Drittangeklagten Al.K. und ab Februar 2018 auch im bewussten und gewollten, arbeitsteiligen Zusammenwirken mit dem Erstangeklagten Ad.K.;
D./ erworben und bis zur Sicherstellung oder ausschließlich zum persönlichen Gebrauch bis zum Eigenkonsum besessen, und zwar
II./ Sie von etwa Juli 2018 bis 29.07.2019 eine unbekannte (geringe, vor allem aus dem Schmuggel [Faktum A./ II./] stammende) Menge Cannabiskraut, indem Sie dieses durchschnittlich einmal pro Woche konsumierten, sowie eine unbekannte Menge Speed, indem Sie dieses durchschnittlich einmal pro Monat konsumierten;
Die BF und ihre zwei Söhne, wurden mit demselben Urteil unter anderem für schuldig befunden, als Mitglied einer – aus zumindest denselben und der BF bestehenden – kriminellen Vereinigung, vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge mehrfach überteigenden Menge aus dem Ausland aus- und in Österreich eingeführt zu haben, wobei die BF das Cannabiskraut in ihrer Heimat bei ihrer Mutter selbst angebaut hat.
Als mildernd wurde bei der BF ihr Teilgeständnis, ihre bisherige Unbescholtenheit sowie die teils objektive Sicherstellung, als erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen und der lange Tatzeitraum gewertet.
Es wird festgestellt, dass die BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.
Die BF verbüßte von XXXX bis XXXX ihre Freiheitsstrafe in Österreich. Ihr Ehegatte besuchte sie regelmäßig während ihrer Haftstrafe.
Ihre Söhne wurden mit demselben Urteil jeweils zu unbedingten Freiheitsstrafen in der Dauer von drei Jahren bzw. zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Beide haben ihre Freiheitsstrafe in Österreich verbüßt und wurde ihr jüngerer Sohn am XXXX sowie ihr älterer Sohn am XXXX aus der Strafhaft entlassen. Während deren Haft bestand weiterhin regelmäßig Kontakt durch Besuche der BF. Auch wurden ihre Söhne von ihrem Ehegatten, deren Stiefvater, regelmäßig besucht.
Gegen ihren Sohn AI.K. wurde mit Erkenntnis vom 02.12.2020, zu GZ XXXX , der Bescheid des BFA, zu Zl. XXXX , bestätigt, aber das Einreiseverbot von zehn Jahren auf die Dauer von sieben Jahre herabgesetzt.
Auch gegen ihren Sohn Ad.K. wurde mit Erkenntnis vom 02.12.2020, zu XXXX , der Bescheid des BFA, zu Zl. XXXX , bestätigt, jedoch das Einreiseverbot von 9 Jahren auf die Dauer von fünf Jahre herabgesetzt.
Die jeweils erhobenen Revisionen der Söhne der BF wurden durch den VwGH, zu Ra 2020/21/0537-8 und Ra 2021/21/0013-7, abschlägig behandelt.
Die BF ist der deutschen sowie der bosnischen Sprache mächtig und halten sich nach wie vor ihre Eltern sowie seit dem aufrechten Einreiseverbot auch ihre Söhne in Bosnien und Herzegowina auf. Die BF hat in ihrer Heimat eine Eigentumswohnung.
1.2. Zur Lage in Bosnien und Herzegowina:
Bosnien und Herzegowina gilt als sicherer Herkunftsstaat und konnten keine Anhaltspunkte festgestellt werden, welche eine Rückkehr bzw. Abschiebung der BF nach Bosnien und Herzegowina im Wege stünden.
2. Beweiswürdigung:
Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung folgende Erwägungen getroffen:
2.1. Zum Sachverhalt:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der Stellungnahme der BF an diese, in den bekämpften Bescheid, in den Beschwerdeschriftsatz, sowie ihren Aussagen und jenen ihres Ehegattens vor dem Bundesverwaltungsgericht.
2.2. Zur Person der Beschwerdeführerin:
Die Feststellungen hinsichtlich der Staatsangehörigkeit der BF gründen sich auf dem unstrittigen Verwaltungsakt. Die Identität steht aufgrund des in Kopie im Akt beigelegten Reisepasses fest.
Aus der Stellungnahme der BF, sowie aus ihren Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2021, geht hervor, dass sie an keinen erheblichen Erkrankungen leidet. Es war daher die Feststellung zu treffen, dass die BF gesund ist. Zumal sich auch aus dem unstrittigen Akteninhalt keine gegenteiligen Hinweise ergeben haben, konnte vom Gesundheitszustand der BF und aufgrund ihres erwerbsfähigen Alters auch auf die Arbeitsfähigkeit der BF, insbesondere auch aufgrund ihrer ausgeübten Beschäftigungsverhältnisse, geschlossen werden.
Hinsichtlich der Feststellungen zu ihrem Geburtsort, ihrer Söhne, der ausgeübten Lehrausbildung, sowie der Absolvierung eines Kurses in Österreich gilt es, auf die schriftliche Stellungnahme der BF, sowie ihren glaubhaften Angaben im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2021 zu verweisen.
Die Feststellungen zur Verehelichung der BF mit ihrem österreichischen Ehegatten und dem Umstand, dass die Ehe weiterhin aufrecht ist, ergeben sich aus dem Akteninhalt, der Kopie der Heiratsurkunde, sowie den glaubhaften und widerspruchsfreien Angaben in der Stellungnahme der BF und ihres Ehemannes vom 20.05.2020, sowie dessen Aussagen im Zuge der mündlichen Verhandlung vom 16.08.2021. Aus der Zeugenaussage des Ehegatten im Zuge der Verhandlung erging, dass zwischen den Ehegatten ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis besteht.
Aus dem eingeholten Auszug aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister ist zweifelsfrei ersichtlich, dass der BF mit den angegebenen Daten eine Aufenthaltskarte als Familienangehörige ausgestellt und verlängert wurde.
Die Feststellung zu ihrem durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet seit 19.08.2013 ergibt sich aus dem unstrittigen Verwaltungsakt, sowie aus einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister (ZMR).
Aus dem Inhalt des auf den Namen der BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges sind die Erwerbstätigkeiten der BF sowie ihre Bezüge von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung ersichtlich.
Dass im Bundesgebiet ihr Ehegatte aufhältig ist und die BF über soziale Kontakte verfügt, ergibt sich aus dem unstrittigen Verwaltungsakt und den glaubhaften Angaben in der Stellungnahme der BF und ihren Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellungen zu Festnahme und strafgerichtlicher Verurteilung der BF sowie zu den Verurteilungen ihrer Söhne in Österreich samt den näheren Ausführungen zu den Straftaten und die Feststellung, dass die BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat, folgen dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie auf einer Ausfertigung des oben zitierten Strafurteiles. Die Feststellungen bezüglich der ergangen Erkenntnisse und den jeweils zurückgewiesenen Revisionen ihrer Söhne ergeben sich aus den amtswegig eingeholten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes, Außenstelle XXXX , sowie den Revisionen vor dem VwGH.
Dass die BF von ihrem Ehegatten während ihrer Strafhaft regelmäßig besucht wurde und, dass ihre Söhne zu den oben genannten Tagen aus der Haft entlassen wurden sowie der Umstand, dass diese sowohl von der BF als auch von ihrem Ehegatten besucht wurden, ergibt sich aus den jeweils amtswegig eingeholten Haftauskünften und den Besucherlisten der jeweiligen Justizanstalten.
Die familiären Beziehungen der BF in ihrer Heimat ergeben sich ebenfalls aus der Stellungnahme der BF, welche aus dem Akteninhalt ersichtlich ist. Die Feststellung, dass sie eine Eigentumswohnung in ihrer Heimat besitzt, ergibt sich aus ihren glaubhaften Angaben im Zuge der mündlichen Beschwerdeverhandlung.
Ferner geht aus dem Akteninhalt hervor, dass die BF der bosnischen und deutschen Sprache mächtig ist. Sie konnte ihre guten Deutschkenntnisse im Rahmen der mündlichen Verhandlung belegen, welche ohne Dolmetscher durchgeführt werden konnte. Darüber hinaus werden die Deutschkenntnisse der BF durch die Umstände, dass sie in Deutschland eine Lehre absolviert hat und in Österreich einen Kurs besucht hat und die meiste Zeit erwerbstätig war, gestützt.
Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht – substantiiert –entgegengetreten wurde.
2.3. Zur Lage in Bosnien und Herzegowina:
Die Nichtfeststellbarkeit von Rückkehr- bzw. Abschiebehindernissen beruht auf dem Nichtvorbringen eines diesbezüglichen substantiierten Sachverhaltes seitens der BF.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids:
Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Z 10 leg cit als Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.
Die BF ist aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit von Bosnien und Herzegowina sohin Drittstaatsangehörige iSd. § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.
Die BF hält sich seit 2013, somit seit über acht Jahren, im Bundesgebiet auf. Ebenfalls 2013 schloss sie die Ehe mit ihrem Gatten, welcher die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt. Aufgrund ihrer Ehe wurde ihr eine Aufenthaltskarte für Familienangehörige ausgestellt. Bereits ab Juli 2015, sohin zwei Jahre nach ihrer Einreise ins österreichische Bundesgebiet,
Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die rechtmäßig aufhältige BF setzt gemäß § 52 Abs. 4 FPG voraus, dass nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre (Z 1). Konkret kommt dafür gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 Z 1 NAG in Betracht, dass der (weitere) Aufenthalt der BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.
Bei der Prüfung, ob die Annahme einer solche Gefährdung gerechtfertigt ist, muss eine ihr Gesamtverhalten berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde gestützt auf das der strafgerichtlichen Verurteilung zu Grunde liegende Fehlverhalten unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftaten eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Außerdem ist unter dem Gesichtspunkt des Art 8 EMRK die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung am Maßstab des § 9 BFA-VG zu prüfen (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062).
Die belangte Behörde stützt ihre Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 4 FPG vollkommen zu Recht auf den Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 1 NAG, wonach der Aufenthalt der BF den öffentlichen Interessen widerstreitet. Da sie wegen Suchtgifthandels strafgerichtlich verurteilt und eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 8 Monate unbedingt, gegen sie verhängt wurde, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass von ihr eine so schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, dass eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist. Die BF wurde erstmalig verurteilt und führte zuvor einen ordentlichen Lebenswandel. Trotz dieser Umstände wurde über sie eine Freiheitsstrafe von 2 Jahren, davon 8 Monate unbedingt, verhängt. Dies stellt eine erheblich hohe Strafbemessung, unter Berücksichtigung der erstmaligen Verurteilung der BF, dar. Zu erwähnen ist zudem der extrem lange Deliktzeitraum und die erhebliche Menge an Suchtgiften sowie das Zusammentreffen von Verbrechen mit Vergehen. Diese massive Delinquenz der BF stellt jedenfalls ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar, zumal der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen hat, dass einerseits ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität besteht (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162) und andererseits aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität die ein Grundinteresse der Gesellschaft, im Besonderen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (insbesondere die Gesundheit Dritter), berührt werden (vgl. VwGH 22.05.2007, 2006/21/0115; 27.03.2007, 2007/21/0081; 24.02.2011, 2009/21/0387; ua.).
Grundsätzlich ist bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Nach dessen Abs. 1 ist nämlich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtige Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014 genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG 2014 ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0301; VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0362; VwGH 26.02.2020, Ra 2019/18/0456; VwGH 05.11.2019, Ro 2019/01/0008).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Bindung eines Fremden an einen österreichischen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK große Bedeutung zu, was auch in der Bestimmung des § 9 Abs. 3 letzter Satz BFA-VG Ausdruck findet. In einem solchen Fall müssen nähere Feststellungen zu den Lebensverhältnissen des Fremden und seines Ehepartners, insbesondere zu den Wohnverhältnissen, der Art ihrer Beschäftigungen und den erzielten Einkommen, aber etwa auch zur Frage der Deutschkenntnisse sowie zu den Bindungen zum Heimatstaat und zur Möglichkeit und Zumutbarkeit der Führung eines Familienlebens außerhalb Österreichs getroffen werden (VwGH 18.03.2021, Ra 2020/14/0184; VwGH 02.05.2018, Ra 2018/18/0159).
Außerdem ist bei der Beurteilung, ob ein Eingriff nach Art. 8 MRK zulässig ist, zu beachten, ob eine Fortsetzung des Familienlebens außerhalb Österreichs möglich ist und ob eine Trennung der Familie den Eingriff in das Familienleben als unzulässig werten lassen könnte. In einem solchen Fall ist der damit verbundene Eingriff in das Familienleben zwar nicht jedenfalls unzulässig, es muss dann aber dem öffentlichen Interesse an der Vornahme dieser Maßnahme ein sehr großes Gewicht beizumessen sein, wie etwa bei Straffälligkeit des Fremden (vgl. VwGH 07.05.2014, 2012/22/0084). Zur Beurteilung dieses öffentlichen Interesses bedarf es einer einzelfallbezogenen Einschätzung der vom Fremden ausgehenden Gefährdung, wozu es näherer Feststellungen über die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild bedarf (VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0162).
Die Rückkehrentscheidung greift erheblich in das Privat- und Familienleben der BF ein. Zugunsten der BF ist zu werten, dass sie in Österreich ihr Eheleben zu einem österreichischen Staatsangehörigen führt und seit acht Jahren im Bundesgebiet aufhältig ist, im Bundesgebiet sozialisiert wurde, einen Kurs absolvierte, Deutsch spricht und seit einiger Zeit berufstätig ist. Demgegenüber leben in Bosnien und Herzegowina ihre Eltern und insbesondere seit der jeweiligen Haftentlassung auch die Söhne der BF. Es wird davon auszugehen sein, dass sie in der von ihr finanzierten Wohnung leben kann und sie mit ihren Söhnen in ihrer Heimat Fuß fassen wird, insbesondere da sie sich gegenseitig finanziell unterstützen können bzw. auch ihr Ehegatte eine finanzielle Stütze aus Österreich darstellen kann.
In der Beschwerde brachte die BF vor, dass sie bei einer Abschiebung nach Bosnien und Herzegowina aufgrund der Corona-Pandemie in eine aussichtslose Lage gebracht würde, da ihr Herkunftsland von der Pandemie „stark befallen“ sei. Bereits der Verwaltungsgerichtshof sprach sich diesbezüglich in den zurückweisenden Beschlüssen betreffend die außerordentlichen Revisionen ihrer Söhne aus: Diese Ausführungen können auf die BF umgemünzt werden. Sie gehört keiner Risikogruppe an und besteht in ihrem Heimatland keine höhere Wahrscheinlichkeit als in Österreich an SARS-CoV-2 zu erkranken. Laut dem Gerichtshof besteht für alle bosnischen Staatsangehörige ein Zugang zu den erforderlichen medizinischen Leistungen (VwGH 22.02.2021, Ra 2020/21/0537-8 und VwGH 22.02.2021, Ra 2021/21/0013-7).
Im vorliegenden Fall sind die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung der BF höher zu gewichten:
Strafrechtliche Verurteilungen stellen Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können (vgl. VwGH 26.02.2021, Ra 2021/14/0005; VwGH 06.10.2020, Ra 2019/19/0332; VwGH 16.07.2020, Ra 2020/21/0113).
Das strafgesetzwidrige Fehlverhalten der BF wegen Suchtgiftdelikten, insbesondere den Suchtgifthandel, bringt ihre mangelnde Rechtstreue und ihre Gleichgültigkeit gegenüber den in Österreich rechtlich geschützten Werte mehr als deutlich zum Ausdruck. In Anbetracht des besonders hohen negativen Stellenwertes der Suchtgiftkriminalität, insbesondere auf Grund des ihr innewohnenden erheblichen Gefährdungspotentials für die Gesundheit der Bevölkerung und der von ihr ausgehenden, erfahrungsgemäß besonders großen Wiederholungsgefahr (vgl. VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155, 01.03.2018, Ra 2018/19/0014), besteht ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität und dem Schutz der Gesundheit anderer und stellt ihre strafrechtlichen Verurteilung wegen der Übertretungen der Bestimmungen des SMG eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung dar (vgl. VwGH 27.06.2006, AW 2006/18/0141).
Die BF wird den Wegfall der durch ihre strafgerichtliche Verurteilung indizierte Gefährlichkeit erst durch einen längeren Zeitraum des Wohlverhaltens in Freiheit unter Beweis stellen müssen. Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat, was auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie gilt (vgl. VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0112). Aktuell kann der BF daher keine positive Zukunftsprognose attestiert werden, zumal ihre erhebliche Straftat noch nicht lange zurückliegt, in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auch keine tätige Reue erkennbar war.
Sie kann den Kontakt zu ihrem Ehegatten nach der Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina auch bei Besuchen in ihrem Heimatstaat (oder in anderen Staaten, für die das Einreiseverbot nicht gilt) und über Kommunikationsmittel wie Internet und Telefon pflegen. So gibt ihr Ehegatte im Zuge seiner Zeugenvernehmung in der mündlichen Verhandlung an, es wäre nicht einfach müsse seine Frau in ihre Heimat ziehen, aber „das würden wir auch noch hinbekommen“ (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 14). Auch die BF gab lediglich an, es könne sein, dass sich ihr Wegzug negativ auf ihr Eheleben auswirken könne (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 11).
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich nach dem Strafvollzug wohlverhalten hat. Für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit in der Vergangenheit manifestiert hat. Die Verurteilung der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall und Abs 2 Z 2, sowie § 28a Abs 1 4. Fall und Abs 4 Z 3 SMG stellt ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr besteht (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2021/17/0006).
Die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, ist vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit). Die Trennung von ihrem in Österreich lebenden Ehegatten und anderen Bezugspersonen sowie allfällige Schwierigkeiten bei der Existenzgründung in Bosnien und Herzegowina sind angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, der Verhinderung strafbarer Handlungen (insbesondere qualifizierter Suchtgiftdelinquenz) und am Schutz der Gesundheit und der Rechte und Freiheiten anderer in Kauf zu nehmen. Die vom BFA erlassene Rückkehrentscheidung ist daher als rechtskonform zu bestätigen.
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids:
Für die gemäß § 52 Abs 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (siehe VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art 2 oder Art 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs 3).
Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist die Abschiebung der BF nach Bosnien und Herzegowina zulässig, zumal es sich um einen sicheren Herkunftsstaat nach § 1 Z 1 HStV handelt. Es liegen unter Berücksichtigung der stabilen Situation dort und der Lebensumstände der gesunden und arbeitsfähigen BF keine konkreten Gründe vor, die eine Abschiebung unzulässig machen würden. Daher ist auch Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht korrekturbedürftig.
Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids:
Der Beschwerde gegen das erlassene Einreiseverbot war stattzugeben und dieses auf die Dauer von drei Jahre herabzusetzen. Dies aufgrund folgender Erwägungen:
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose - gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot oder Rückkehrverbot - ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).
Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes ist die Dauer der vom Fremden ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).
Wie sich aus § 53 FPG ergibt, ist bei der Verhängung eines Einreiseverbots das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dabei gilt es zu prüfen, inwieweit dieses die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.
Gemäß § 53 Abs 3 FPG ist die Rückkehrentscheidung mit einem maximal zehnjährigen Einreiseverbot zu verbinden, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt der BF eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.
Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat unter anderem nach § 53 Abs. 3 Z 1 FPG zu gelten, wenn ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.
Die BF wurde mit oben zitiertem rechtskräftigen Urteil eines Landesgerichts wegen der Verbrechen des Suchtgifthandels sowie des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von 2 Jahren, davon 8 Monate unbedingt, verurteilt, womit der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG dem Grunde nach erfüllt ist. Dabei fällt besonders die Art und Menge des tatgegenständlichen Suchtgiftes, die Teilhaberschaft der BF in einer kriminellen Vereinigung sowie das von der BF konkret gesetzte Verhalten, nämlich das Inverkehrbringen größerer Mengen von Suchtgiften, ins Auge. Zudem hat sich die BF nicht nur als Mitglied einer kriminellen Vereinigung am Verkauf und der Innehabung von Suchtgiften beteiligt, sondern hat ihr Verhalten auch eine grenzüberschreitende Dimension insofern entfaltet, dass die BF zunächst das Suchtgift selbst angebaut und in weiterer Folge dieses nach Österreich gebrachte Suchtgift im Bundesgebiet zum überwiegenden Teil verkauft, weitergegeben oder angeboten hatte. Hervorzuheben ist der immens lange Deliktzeitraum von Juli 2015 bis Ende Juni 2019. In diesem Zeitraum wurden zirka 3,2 Kilogramm Cannabiskraut, zumindest acht Mal jährlich, geerntet und in das Bundesgebiet geschmuggelt. Hinzu kommt, dass sie mit Februar 2018 Suchtgifthandel im großen Stil durchgeführt hat, indem sie sich mit ihren Familienmittgliedern, konkret ihren beiden Söhnen, zu der besagten kriminellen Vereinigung zusammenschloss und im Familienverband organisiert kriminell tätig wurde.
Die BF hat unter Missachtung der Gesetze und über das Hoheitsgebiet zumindest zweier Staaten hinweg an der Verbringung einer beachtlichen Menge von Suchtmitteln in das österreichische Staatsgebiet zum überwiegenden Zwecke der Weitergabe an andere Personen, als Teil einer kriminellen Vereinigung mitgewirkt. Außerdem hat sie selbst die besagten Suchtgifte in größeren Mengen im österreichischen Bundesgebiet unter völliger Missachtung der Folgen für Suchtgiftabhängige und für die Beschaffungskriminalität in Österreich in Umlauf gebracht, besessen und dabei einzig ihren – finanziellen – Vorteil gesucht.
Bei einer Gesamtbetrachtung aller aufgezeigten Umstände, des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes und in Ansehung der auf Grund des persönlichen Fehlverhaltens getroffenen Gefährdungsprognose kann eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung als gegeben angenommen werden.
Das von der BF über einen längeren Zeitraum hinweg gezeigte rechtsverletzende Verhalten legt nahe, dass diese im Grunde kein Interesse an der Beachtung gültiger Rechtsnormen und sohin auch nicht an einer Integration in die österreichische Gesellschaft hegt. Vielmehr stellt sie ihr eigenes Interesse, gewinnorientiert Suchtgifthandel zu betreiben, über die geltenden Gesetze in Österreich. Den öffentlichen Interessen zuwider agierte die BF ausschließlich zu eigenen Gunsten unter Missachtung gültiger Rechtsnormen und Interessen anderer. Es ist festzuhalten, dass sie ihr strafrechtwidriges Verhalten über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten hat, was schwer wiegt und eine gewisse charakterliche Neigung zu einem kriminellen Verhalten erkennen lässt.
Straftaten wie die in Art 83 Abs 1 AEUV angeführten (Terrorismus, Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität, organisierte Kriminalität) können als besonders schwere Beeinträchtigung eines grundlegenden gesellschaftlichen Interesses angesehen werden, die geeignet ist, die Ruhe und die physische Sicherheit der Bevölkerung unmittelbar zu bedrohen.
Grenzüberschreitender Suchtgiftschmuggel stellt somit ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr besteht und bei dem auch ein längeres Wohlverhalten in Freiheit noch nicht für die Annahme eines Wegfalls der daraus ableitbaren Gefährdung ausreicht (vgl. den Beschluss VwGH 22.02.2021, Ra 2020/21/0537 von ihrem Sohn; VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0207; VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060).
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es sich bei der strafgerichtlichen Verurteilung der BF um ihr erstes und einziges Fehlverhalten handelt. Jedoch kann auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden. Im Hinblick darauf ist die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde, gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 22.01.2021, Ra 2020/21/0457 mit Verweis auf VwGH 29.06.2017, Ra 2016/21/0338 und VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0021).
Ebenfalls wird nicht verkannt, dass die BF in Österreich seit 2013 ein Eheleben führt. Ihr straffälliges Verhalten hat, laut Angaben des Ehegatten in seiner Zeugenaussage, die Ehegatten „noch mehr zusammengeschweißt“ (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 13). Jedoch ist die durch eine aufenthaltsbeendende Maßnahme bewirkte Trennung von Familienangehörigen im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität in bestimmten Konstellationen in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2019/18/0270 mit Verweis auf VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0174; VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).
In dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, in welchem die außerordentliche Revision ihres jüngeren Sohnes zurückgewiesen wurde, wurde bereits ausgesprochen, dass trotz Verlust der Bindung zu Österreich und Schwierigkeiten bei der Existenzgründung in seiner Heimat, dies in Kauf zu nehmen sei (VwGH 22.02.2021, Ra 2020/21/0537-8).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2021/17/0006 mit Verweis auf VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060; VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118).
Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Entscheidung nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen kann, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Einreiseverbots ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0193; vgl. auch VwGH vom 22. Jänner 2013, 2012/18/0185 und vom 22. Mai 2013, 2013/18/0041). Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2021/17/0006 mit Verweis auf VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060; VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0118). Wenn sich die Gefährdung über einen - beginnend mit der Haftentlassung - Zeitraum von mehr als 8 Jahren nicht erfüllt, kann die diesem Aufenthaltsverbot zugrundeliegende Zukunftsprognose grundsätzlich nicht mehr aufrechterhalten werden (vgl. VwGH vom 09.09.2013, 2013/22/0117). Die BF wurde im März 2020 vor einem österreichischen Gericht rechtskräftig verurteilt. Somit ist seitdem lediglich etwas über ein Jahr vergangen.
Es nicht (nur) auf die strafgerichtlichen Verurteilungen als solche an (vgl. VwGH vom 20. November 2008, 2008/21/0603). Es ist vielmehr eine - aktuelle - Gesamtbetrachtung der Persönlichkeit des Fremden vorzunehmen und die Frage zu beantworten, ob sich daraus (weiterhin) eine maßgebliche Gefährdung ableiten lässt (VwGH vom 25.04.2013, Zl. 2012/18/0072).
Vor dem Hintergrund dieser Judikaturlinien wurden bereits verschiedenste Fallkonstellationen im Rahmen von Einzelfallbeurteilungen jeweils unter Zugrundelegung der sich ergebenden maßgeblichen Gefährdung und in weiterer Folge der Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG, welche u.a. zu einer "reduzierten Gefährlichkeit“ des Mitbeteiligten führen kann, beurteilt.
Es wurde beispielsweise ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot gegen einen seit mehr als 15 Jahren in Österreich lebenden türkischen Staatsbürger, der unter anderem wegen seines Suchtmitteldeliktes zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden war, für zulässig erachtet (VwGH 27. 6. 2006, 2006/18/0138). Die BF ist seit 2013, somit seit etwa acht Jahren, im Bundesgebiet aufhältig. Sie wurde wegen einer Verletzung des Suchtmittelgesetzes verurteilt und wurde gegen sie eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt.
In Bezug auf Drogenhandel wiegt die Verwirklichung eines qualifizierten Verbrechenstatbestandes besonders schwer (vgl. VwGH 10.06.1999, 99/01/0288). Auch der EGMR bewertet den illegalen Handel mit Suchtmitteln äußerst scharf und billigt den staatlichen Behörden „große Härte im Umgang mit Personen zu, welche an der Verbreitung dieser ‚scourge‘ (Geißel) beteiligt sind (vgl. EGMR 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974, Z 54; EGMR 11.07.2002, Amrollahi gegen Dänemark, Nr. 56811/00, Z 37; EGMR 03.11.2011, Arvelo Aponte gegen die Niederlande, Nr. 28770/05, Z 57).
Es entspricht auch der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Verbrechen gegen das SMG in der Regel weder ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet noch eine vollkommene soziale Integration im Inland einem Aufenthaltsverbot entgegenstehen (vgl. zuletzt VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/21/0022; VwGH vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/21/0339 sowie EGMR vom 10.07.20013, Benhebba gegen Frankreich, Bsw. 53441/99).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 27. April 2001, Zl. 99/18/0454, mwN) handelt es sich bei der Suchtgiftkriminalität um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität. Im Übrigen stellt Suchtgiftdelinquenz ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr besteht (vgl. VwGH 15.02.2021, Ra 2020/21/0483 mit Verweis auf VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0060).
Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände, nämlich Verstöße gegen fremden-, unions- und strafrechtliche Bestimmungen, kann eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen als gegeben angenommen werden. Positiv wirkt sich aus, dass die BF sich Drogentests zu unterziehen hat. Diese finden unangemeldet statt und sind diese bis jetzt mit einem negativen Ergebnis ergangen. Sonstige Anhaltspunkte, welche für eine positive Wandlung der BF in absehbarer Zeit sprächen und damit eine Änderung ihres Verhaltens in Aussicht stellen können, lassen sich anhand des erhobenen Sachverhaltes nicht feststellen.
So können zum einen die familiären Bezugspunkte der BF nicht als stabilisierende Konstante in ihrem Leben angesehen werden. Vielmehr waren ihre Söhne Bestandteil der kriminellen Machenschaften und wirkte sich deren Verhalten laut ihren eigenen Angaben negativ auf ihr strafrechtliches Verhalten aus. Nur ihr Ehegatte scheint kein Teil, der von Seiten der BF ausgehenden kriminellen Energie, zu sein. Dieser gab im Zuge seine Zeugenvernehmung nur an, fallweise gerochen zu haben, dass „etwas geraucht wurde“, doch habe er nichts von den Handlungen seiner Frau und seinen Stiefsöhnen mitbekommen (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 13). Zum anderen konnten selbst ihr Ehegatte, diverse Erwerbstätigkeiten und ein damit erzieltes monatliches Einkommen, die BF nicht davon abhalten, sich mit ihren Familienmitgliedern zusammenzuschließen und im größeren Stil mit Suchtmitteln zu handeln.
Die seit der begangenen Tat der BF vergangene Zeitraum erweist sich zudem als zu kurz, um allein daraus auf ein Wohlverhalten der BF in Zukunft schließen zu können. Die BF gab im Beschwerdeschriftsatz an, es habe eine Resozialisierung stattgefunden, sie habe das Unrecht ihrer Taten eingesehen, sie bereue ihre Handlungen und sei sie in Haft von ihrer Drogensucht losgekommen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung gab sie an, dass sie keine „Problemfrau und auch kein Junkie“ sei. Im Freundschaftskreis rauche man ab und zu (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 6). Als sie von den Taten sprach, redete sie stets von „diesen Leuten“ und nie von sich selbst und ihren Söhnen (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 6). Auch auf Nachfrage des erkennenden Richters, ob sie das Unschuldslamm spiele und ob sie sich vorstellen könne, welche Folgen ihre Handlungen für die Opfer hätten, gab sie lediglich an, es sei so gewesen. Sie habe keine Drogen gebracht und verkauft. Sie gab nur zu, Drogen konsumiert zu haben (Verhandlungsprotokoll vom 16.08.2021, S 8). Auf abermaligen Vorhalt blieb sie bei ihren Aussagen, die strafbaren Handlungen nicht gesetzt zu haben. Zudem war sie auch vor dem Strafgericht nur teilgeständig und in der Stellungnahme vor dem BFA gab sie an, eine anständige Frau zu sein. Dies sind Indizien, welche gegen eine tätige Reue sprechen sowie für ein fehlendes Schuldbewusstsein. Eine tatsächlich eingesetzte Umkehr zur Befolgung gesetzlicher Normen bei der BF, kann nicht festgestellt werden und kommt das Bundesverwaltungsgericht folgerecht zur Ansicht, dass es sich bei den Ausführungen der BF vorwiegend um Schutzbehauptungen handelt, um sich in einem besseren Licht dazustellen und etwaige Vorteile im Verfahren zu erlangen.
Zusammenfassend brachte die BF nichts Substantiiertes hervor, woraus das Gericht erkennen könnte, weshalb in ihrem Fall davon ausgegangen werden soll, dass sie sich nunmehr wohl verhalten sollte, dass sie ihre Neigungen zur Begehung von Suchtgiftdelikten überwunden hat. Ihr Verhalten, insbesondere der lange Deliktzeitraum, sowie die Überschreitung von Staatsgrenzen demonstrieren, dass die BF ernsthaft Probleme im Umgang mit der österreichischen Rechtsordnung hat.
So hat letztlich der VwGH bereits wiederholt auf die maßgebliche von mit Suchtmitteldelikten (vgl. VwGH 18.10.2012, 2011/23/0318; 23.02.2016, 2015/01/0249) einhergehende Gefährlichkeit für öffentliche Interessen, und die Suchtmitteldelikten immanente Wiederholungsgefahr (10.12.2008, 2008/22/0876; 23.02.2016, Ra 2015/01/0249) hingewiesen. Das Höchstgericht hielt dazu mehrfach fest, dass die Bekämpfung der mit dem bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln verbundenen Kriminalität unter den Ausdruck "schwerwiegende Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit" iSd Unionsbürgerrichtlinie (vgl. EuGH 23.11.2010, C- 145/09, Panagiotis Tsakouridis) falle und dieser Gefährdungsmaßstab jenem des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FrPolG 2005 entspreche. (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0127)
Es kann daher der belangten Behörde nichts vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer schwerwiegenden Gefahr für öffentliche Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich machte, zumal diese Maßnahme angesichts des vorliegenden Verstoß gegen österreichische Rechtsnormen und des zum Ausdruck gekommenen persönlichen Fehlverhaltens zur Verwirklichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele unbedingt geboten erscheint.
Ein Einreiseverbot gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG kann bis zu 10 Jahre erlassen werden. Bei der Bemessung der Höhe des Einreiseverbots fällt zu Ungunsten der BF ins Gewicht, dass in Hinblick auf das gesetzte Verhalten, die Art der Straftaten, das organisierte Vorgehen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung, die Suchtgiftmengen, die Mitwirkung an der wiederholten Missachtung von Staatsgrenzen, den Unrechtsgehalt ihrer Straftaten, die ausgesprochene Strafhöhe trotz erstmaliger Verurteilung, sowie die fehlende Reue der BF, erscheinen lässt, dass selbst unter Berücksichtigung ihrer erstmaligen Verurteilung, sowie ihres Ehelebens in Österreich ein Einreiseverbot als notwendig anzusehen ist. Die strafgerichtliche Verurteilung der BF indiziert bereits für sich genommen ein Einreiseverbot.
Den Taten der BF ist ein extrem hoher sozialer Störwert immanent, da sie überwiegend begangen wurden, um die Suchtgifte möglichen Abnehmern gewinnbringend zu überlassen. Ihre Behauptungen im Beschwerdeschriftsatz, die Taten lediglich um den eigenen Drogenkonsum zu finanzieren begangen zu haben, wird den beschriebenen Tathandlungen nicht gerecht. Der Verwaltungsgerichtshof äußert sich diesbezüglich bereits in den zurückgewiesenen Revisionen ihrer Söhne und bringt vor, dass diese Behauptungen keine Deckung in der Aktenlage finden und sich aus dem Strafurteil ergibt, dass die Suchtgiftverkäufe überwiegend gewinnbringend getätigt wurden. Insbesondere wirkt hierbei die wiederholte Missachtung der Staatsgrenzen und das organisierte Vorgehen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung im bewussten und gewollten, arbeitsteiligen Zusammenwirken innerhalb ihrer eigenen Familie als besonderer Störwert. Die BF befand sich seit 2013 im Bundesgebiet und wurde bereits zwei Jahre später und über den Großteil ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet straffällig. Hervorzuheben ist, dass die BF bei ihrer Mutter in Bosnien und Herzegowina Cannabiskraut selbst angebaut und in einem die Grenzmenge mehrfach übersteigenden Umfang ausgeführt und in das österreichische Bundesgebiet eingeführt hat. Die BF wusste, dass das Überlassen und Verschaffen von Suchtgiften verboten ist, nahm dies jedoch billigend in Kauf. Sie war über mehrere Jahre hinweg konstant delinquent. Es kann kein Interesse an einem ordentlichen Lebenswandel festgestellt werden.
Das sich aus dem oben dargelegten Fehlverhalten, der Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftat ergebende Persönlichkeitsbild und die Uneinsichtigkeit der BF lässt derzeit insgesamt keine für diese positive Prognose zu. Durch ihre Taten hat die BF in das Grundinteresse der Gesellschaft an Ordnung, Ruhe, und Sicherheit eingegriffen. Auch liegen den Taten Sachverhalte zu Grunde, wie sie sich im Leben der BF jederzeit widerholen könnten und stellen speziell Suchtgiftdelikte dem Grund nach eine hohe Wiederholungsgefahr dar.
Das im angefochtenen Bescheid angeordnete Einreiseverbot gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 3 Z 1 FPG stellt sich somit dem Grunde nach als gerechtfertigt dar.
Die gesetzlich vorgesehene Höchstdauer von 10 Jahren und das vom BFA verhängte Einreiseverbot für die Dauer von sieben Jahren erweist sich aber nach den Umständen des vorliegenden Falles als zu hoch gegriffen. Der Beschwerde war somit diesbezüglich stattzugeben und das Einreiseverbot auf drei Jahre zu reduzieren.
Eine weitere Herabsetzung ist aber mangels sonstiger zugunsten der BF ins Gewicht fallender Aspekte nicht möglich, zumal auch im Lichte des Art. 8 EMRK nichts hervorkam, wonach die Dauer eines die BF betreffenden Einreiseverbots niedriger ausfallen müsste. Dass im vorliegenden Fall hingegen ein über die Dauer von drei Jahren hinausgehender Zeitraum für das Einreiseverbot erforderlich bzw. im besonderen öffentlichen Interesse gelegen wäre, ist nicht ersichtlich und wurde auch durch die belangte Behörde – die an der mündlichen Verhandlung nicht teilnahm – im Verfahren nicht aufgezeigt.
Das Einreiseverbot im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids war somit auf drei Jahre herabzusetzen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu dem Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids:
Im angefochtenen Bescheid wurde zudem gemäß §§ 55 Abs 1 bis 3 FPG die Frist für eine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt. Dass besondere Umstände, die die BF bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurden nicht vorgebracht.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2021:I415.2235977.1.00Im RIS seit
21.01.2022Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022