Entscheidungsdatum
16.09.2021Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
I403 2128232-6/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Marokko, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Peter LECHENAUER und Dr. Margrit SWOZIL, Hubert-Sattler-Gasse 10, 5020 Salzburg, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 12.04.2021, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.09.2021 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Aufenthalt von XXXX im Bundesgebiet ist gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG geduldet.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 21.12.2013 wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 01.06.2016 abgewiesen und gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, mündlich verkündet am 11.02.2019, schriftlich ausgefertigt am 25.04.2019, GZ: I409 2128232-1/51E abgewiesen. Ein direkt beim Bundesverwaltungsgericht am 30.04.2018 eingebrachter Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 25.04.2019, GZ: I409 2128232-2/2E wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen. Die Behandlung der dagegen eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24.09.2019, E 2169/2019-7, abgelehnt.
2. Kurze Zeit nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes beantragte der Beschwerdeführer am 11.10.2019 die Zuerkennung eines Aufenthaltstitels nach § 56 Abs. 1 AsylG, welcher mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.12.2019 zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.05.2020, GZ: I407 2128232-3/3E, abgewiesen.
3. Mit Mandatsbescheid vom 13.05.2020 bzw. nach erfolgloser Einbringung einer Vorstellung mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.07.2020 wurde dem Beschwerdeführer eine Wohnsitzauflage aufgetragen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.09.2020, I408 2128232-4/3E, als unbegründet abgewiesen.
4. Im August 2020 leitete die belangte Behörde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot ein. Mit Schreiben vom 27.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer unter Beischluss des aktuellen Länderinformationsblattes zu Marokko und eines Fragenkataloges zu seinen persönlichen Verhältnissen Parteiengehör gewährt, auf welches er am 03.09.2020 und 05.09.2020 reagierte. Mit Bescheid vom 17.09.2020 erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus Gründen des § 57 AsylG, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung zulässig ist. Zudem erließ sie gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot, erkannte einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung ab und gewährte ihm keine Frist für die freiwillige Ausreise. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 04.11.2020, GZ. I408 2128232-5/3E als unbegründet abgewiesen.
5. Am 21.12.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete aus den Gründen des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG und legte eine „Bestätigung“ der Botschaft des Königreiches Marokko in Wien vom 21.10.2020 vor, wonach dem Beschwerdeführer nie ein Reisepass ausgestellt worden sei.
6. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 12.04.2021 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 21.12.2020 gemäß § 46a Abs. 4 iVm Abs. 1 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 abgewiesen. Der Beschwerdeführer sei weder seiner Verpflichtung zur Ausreise noch zur Einholung eines Reisedokumentes nachgekommen, wodurch er seine Abschiebung aktiv vereitelt habe.
7. Der Bescheid wurde der rechtsfreundlichen Vertretung am 29.04.2021 zugestellt. Dagegen wurde am 26.05.2021 Beschwerde erhoben. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2021 vorgelegt.
8. Am 14.09.2021 wurde am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung abgehalten. Von der erkennenden Richterin war in der Ladung an die belangte Behörde „dringend um die Entsendung eines informierten Vertreters zur Verhandlung ersucht“ worden, doch die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung. Der Beschwerdeführer wurde im Beisein seines Rechtsvertreters und unter Heranziehung eines Dolmetschers für die arabische Sprache einvernommen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der volljährige und ledige Beschwerdeführer ist marokkanischer Staatsangehöriger. Er leidet an keinen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, welche einer Rückkehr nach Marokko entgegenstehen und ist arbeitsfähig. Strafgerichtlich ist er unbescholten.
Seit seiner illegalen Einreise im Dezember 2013 hält sich der Beschwerdeführer im österreichischen Bundesgebiet auf. Sowohl 2019 wie auch 2020 wurden gegen ihn Rückkehrentscheidungen (zuletzt auch ein Einreiseverbot) erlassen, welchen er aber nicht Folge leistete. Er ist unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieben.
Seit 18.02.2019 geht der Beschwerdeführer keiner legalen Beschäftigung mehr nach. Gemeldet ist er bei seinem früheren Arbeitgeber, bei welchem er von 11.04.2016 bis 14.04.2018 beschäftigt war. Der im Mai 2020 ergangenen Wohnsitzauflage, wonach der Beschwerdeführer in BS XXXX , XXXX Unterkunft zu nehmen hat, kam der Beschwerdeführer nicht nach.
Der Beschwerdeführer ist nicht rückkehrwillig. Er bemühte sich bislang nicht selbst um einen Reisepass. Dem Beschwerdeführer wurde die Verpflichtung, sich um ein gültiges Reisedokumenten zu bemühen, nicht mittels rechtskräftigem Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG aufgetragen und wurde er dazu auch nicht im Rahmen einer Niederschrift von der belangten Behörde dazu aufgefordert. Allerdings ist den Bescheiden der belangten Behörde vom 22.07.2020 und vom 17.09.2020 zu entnehmen, dass die belangte Behörde eine Kontaktaufnahme mit der marokkanischen Botschaft für zumutbar hält und offensichtlich auch erwartet.
Die belangte Behörde leitete spätestens 2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates ein.
Seine Mutter und ein Bruder leben nach wie vor in Marokko und es besteht ein aufrechter Kontakt. Darüber hinaus ist seine im Jahr 2011 geborene Tochter in Marokko aufhältig.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem unzweifelhaften Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten.
Die illegale Einreise, das Vorliegen rechtskräftiger Rückkehrentscheidungen sowie die Wohnsitzauflage sind über die im Verfahrensgang angeführten behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen zweifelsfrei dokumentiert. Dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung und auch der Wohnsitzauflage nicht nachkam, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister und auch der Aussage in der mündlichen Verhandlung, wonach er der Wohnsitzauflage keine Folge geleistet habe, weil er nichts Gutes über die Unterkunft gehört habe.
Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers in Österreich und Marokko sind seinen Angaben in den vorangegangenen Verfahren und den entsprechenden gerichtlichen Entscheidungen, die im Verfahrensgang zitiert wurden, entnommen. Gesundheitliche Beeinträchtigungen sind nicht vorgebracht worden und die strafgerichtliche Unbescholtenheit ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer – entgegen seiner Behauptung in der mündlichen Verhandlung am 14.09.2021 – nicht rückkehrwillig ist, ergibt sich aus dem Umstand, dass seine Behauptung, freiwillig nach Marokko zurückkehren zu wollen, damit in Widerspruch steht, dass er sich bislang noch nie um eine Rückkehrberatung und eine finanzielle Unterstützung für eine freiwillige Rückkehr bemüht hat, wie er selbst in der Verhandlung angab. Wenn er tatsächlich nach Marokko zurückkehren wollte, wäre auch davon auszugehen, dass er sich im letzten Jahr ein weiteres Mal zur marokkanischen Botschaft begeben oder seine Rückkehrbereitschaft der belangten Behörde kommuniziert hätte. Tatsächlich gab er auch noch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 11.02.2019 an, nicht rückkehrwillig zu sein und behauptete er erstmals im Zuge der mündlichen Verhandlung zur Duldung, nach Marokko zurückkehren zu wollen, dies nur mangels Reisepass nicht zu können.
Doch auch sein Vorbringen, dass er sich bei der marokkanischen Botschaft um einen Reisepass bemüht habe, ihm dieser aber verweigert worden sei, ist nicht glaubhaft. Dies beginnt bereits damit, dass er widersprüchliche Angaben dazu machte, was mit seinen Identitätsdokumenten passiert sei. In den verschiedenen Verfahren gab er teilweise an, seinen Reisepass verbrannt zu haben, dann aber wieder, ihn weggeworfen zu haben. Bereits dies lässt daran zweifeln, dass er sich tatsächlich bemüht, gegenüber den Behörden seine Identität zu klären.
Vollkommen unplausibel ist sein Vorbringen, dass er 2019 und 2020 bei der marokkanischen Botschaft vorstellig gewesen sei, diese ihm aber die Ausstellung eines Reisepasses mit dem Hinweis verweigert habe, dass dies nur bei Vorlage eines gültigen Reisepasses oder eines österreichischen Aufenthaltstitels möglich sei. Dass die marokkanische Behörde derartige Voraussetzungen für die Ausstellung eines Reisepasses vorgibt, ist nicht glaubhaft. Der Bedarf für einen Reisepass existiert ja nicht, solange ein Bürger/eine Bürgerin im Besitz eines noch gültigen Reisepasses ist und ist es auch nicht nachvollziehbar, dass Reisepässe nur an marokkanische Staatsbürger mit Aufenthaltstiteln für Österreich ausgestellt werden sollten.
Auf die Frage, ob er versucht habe, sich über seine Verwandten in Marokko ein Dokument, etwa eine Geburtsurkunde, zu besorgen, erklärte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 14.09.2021, dass man persönlich anwesend sein müsse, um eine Geburtsurkunde zu beantragen – auch dies erscheint nicht plausibel. Nach seiner originalen Geburtsurkunde gefragt, antwortete der Beschwerdeführer zunächst, dass er keine habe, um dann zu behaupten, sein 2014 nach Algerien gezogener Vater habe alle Dokumente der Familie, darunter auch die Geburtsurkunde, mitgenommen und sei nicht mehr erreichbar.
Soweit der Beschwerdeführer durch Vorlage eines Schreibens der marokkanischen Botschaft, datiert mit Oktober 2020, zu beweisen versucht, dass er sich um einen Reisepass bemüht habe, ist dies nicht zielführend, ergibt sich aus dem Schreiben doch nur der Umstand, dass die Botschaft ihm nie einen Reisepass ausgestellt hat (was durchaus glaubhaft erscheint), nicht aber, dass er jemals einen Reisepass beantragt hätte.
Zusammengefasst kommt das Bundesverwaltungsgericht daher zum Schluss, dass der Beschwerdeführer keine Bemühungen gesetzt hat, um einen Reisepass zu erlangen, dass er insbesondere einen solchen zu keinem Zeitpunkt bei der marokkanischen Botschaft in Wien beantragt hat.
Dass dem Beschwerdeführer weder mittels Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG noch in einer Einvernahme durch das BFA aufgetragen wurde, einen Reisepass zu erlangen, ergibt sich aus den im Verfahrensgang angeführten behördlichen und gerichtlichen Entscheidungen. Die „implizite“ Aufforderung dazu, ergibt sich aus den im Verfahrensgang genannten Bescheiden der belangten Behörde (zur Wohnsitzauflage) vom 22.07.2020 („Im bisherigen Verfahren verhielten Sie sich unkooperativ, indem Sie der Ihnen auferlegten Ausreiseverpflichtung, durchsetzbar seit 26.02.2019, nicht nachkommen. Sie besitzen kein gültiges Reisedokument. Sie können Österreich aus eigenem Entschluss nicht legal verlassen. Obwohl eine gesetzliche Verpflichtung hierzu bestand, verweigerten Sie bis dato die Ausreise aus Österreich. Obwohl in Wien eine Botschaft des Königreichs Marokko existiert, ist dem Bundesamt bis dato nicht bekannt, dass Sie sich um entsprechende Dokumente bezüglich einer Rückkehr bemüht hätten. Eine Kontaktaufnahme mit der marokkanischen Botschaft in Wien wäre Ihnen jedenfalls zuzumuten gewesen.“) und (zur Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot) vom 17.09.2020 („Sie legten Ihrer Eingabe vom 03.09.2020 ein Mail der marokkanischen Botschaft vom 03.09.2020 vor. Dem Mail ist zu entnehmen, dass Sie zur Beantragung eines marokkanischen Reisepasses während der Öffnungszeiten der Botschaft ohne Termin vorstellig sein können. Der erkennenden Behörde ist nicht bekannt, ob Sie bis dato bei der für Sie zuständigen Vertretungsbehörde einen Reisepass beantragten. Jedenfalls ist es Ihnen zuzumuten persönlich bei der marokkanischen Botschaft vorstellig zu werden und Schritte zu setzen um Ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen. Festgestellt wird, dass Sie über Familienangehörige in Marokko verfügen und es Ihnen zuzumuten ist, dass Sie auch mit deren Hilfe bzw. Unterstützung an Identitätsdokumente bzw. Reisedokumente im Herkunftsland gelangen. Dadurch dass Sie keinerlei Schritte setzen um an ein heimatstaatliches Reisedokument zu gelangen verletzen Sie Ihre Mitwirkungspflicht.“).
In der Ladung an die belangte Behörde für die Verhandlung am 14.09.2021 wurde von Seiten des Bundesverwaltungsgerichtes explizit die Teilnahme eines informierten Vertreters gefordert, um die Frage der Einleitung eines Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikats mit diesem erörtern zu können; die belangte Behörde kam dieser Aufforderung allerdings nicht nach. Dass die belangte Behörde 2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats einleitete, ergibt sich aber bereits aus dem Verfahrensgang des angefochtenen Bescheides: „Die Rückkehrentscheidung ist seit somit seit Februar 2019 in zweiter Instanz rechtskräftig. Sie kamen der Rückkehrentscheidung weder in der Ihnen eingeräumten Frist freiwillig nach, noch setzten Sie Schritte, um aktiv ein Reisedokument zu erhalten. Es musste seitens des Bundesamtes die Kommunikation mit der Botschaft aufgenommen werden, um ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Gegen Sie wurde deshalb eine Wohnsitzauflage erlassen, welche Sie wiederum bekämpften. Sie erwuchs in zweiter Instanz in Rechtskraft. Sie kamen ihr nicht nach. Stattdessen stellten Sie im Dezember 2019 einen unbegründeten Antrag auf Ausstellung eines humanitären Aufenthaltstitels, welcher ebenfalls negativ beschieden wurde, rechtzeitig Beschwerde erhoben wurde und letztendlich im Mai 2020 rechtskräftig in zweiter Instanz abgelehnt wurde.“
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zu den Rechtsgrundlagen:
§ 46a FPG lautet:
§ 46a. (1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange
1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;
2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;
3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder
4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;
es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.
(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.
(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn
1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;
2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;
3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder
4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.
Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.
(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.
§ 46 Abs. 2a FPG lautet:
(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.
3.2. Zur Anwendung auf den gegenständlichen Beschwerdefall:
Im gegenständlichen Verfahren wurde der Antrag auf § 46a Abs. 1 Z 3 FPG gestützt. Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, „vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen“ unmöglich erscheint. Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen gemäß § 46a Abs. 3 FPG jedenfalls vor, wenn er 1. seine Identität verschleiert, 2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder 3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt. Mit den letzten beiden Tatbeständen wird insbesondere an die Verpflichtung des Fremden nach § 46 Abs. 2a FPG angeknüpft, am Verfahren zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments mitzuwirken (VwGH 17.05.2021, Ra 2020/21/0203).
Soweit die belangte Behörde die Abweisung des Antrages damit begründete, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht nachgekommen sei, findet diese Ansicht im Gesetz keine Deckung. § 46a Abs. 1 Z 3 FPG knüpft daran an, dass die Abschiebung - aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen - unmöglich ist. Eine Abschiebung kommt aber gemäß § 46 Abs. 1 FPG nur dann in Betracht, wenn eine freiwillige Ausreise nicht zeitgerecht erfolgt ist (Z 2), auf Grund bestimmter Tatsachen nicht zu erwarten ist (Z 3) oder aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit bzw. wegen Zuwiderhandlung gegen ein Aufenthalts- oder Einreiseverbot nicht in Betracht kommt (Z 1 und 4). Damit ist die Unterlassung einer dem Fremden zunächst offen gestandenen freiwilligen Ausreise Bedingung dafür, dass eine Abschiebung als Zwangsmaßnahme überhaupt zulässig - und notwendig - ist und sich in weiterer Folge die Frage einer Duldung wegen der faktischen Unmöglichkeit der Abschiebung stellen kann. In diesem Sinn ist die - aus welchem Grund auch immer erfolgte - Verletzung der Ausreiseverpflichtung eine indirekte Voraussetzung der Duldung und kein Umstand, der ihr für sich genommen entgegenstehen könnte. Insoweit hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt (vgl. VwGH 17.5.2021, Ra 2020/21/0203, Rn. 21). Auch der Vorwurf im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer seine Abschiebung durch das Stellen unbegründeter Anträge zu verhindern versuche, steht einer Duldung nicht entgegen.
Die belangte Behörde stützte die Abweisung zudem darauf, dass der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen wäre, sich „aktiv“ um einen Reisepass zu bemühen. So habe der Beschwerdeführer nicht die Ausstellung eines Reisepasses beantragt, sondern sich nur eine Bestätigung der Botschaft geben lassen, dass ihm noch nie ein Reisepass ausgestellt worden sei.
Grundsätzlich erachtet es der Verwaltungsgerichtshof für gerechtfertigt, die Voraussetzungen für eine Duldung gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG für nicht gegeben anzusehen, wenn der Fremde der sich aus § 46 Abs. 2 FPG ergebenden Verpflichtung, das Bestehen eines Ausreise- und/oder Abschiebehindernisses in Form des Fehlens von gültigen Reisedokumenten aus Eigenem zu beseitigen, nicht nachgekommen ist (vgl. in diesem Sinn zuletzt VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0073, Rn. 18). Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Fremden die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG aufgetragen worden war. Das kann aber auch gelten, wenn dem Fremden die Erfüllung dieser gesetzlichen Verpflichtung nicht mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG aufgetragen wurde, sondern er etwa im Rahmen einer Niederschrift von der belangten Behörde aufgefordert wurde, selbständig bei der Botschaft „wegen Erlangung eines Heimreisezertifikates“ vorzusprechen (VwGH 30.4.2021, Ra 2020/21/0543, Rn. 15 iVm Rn. 19).
Dem Beschwerdeführer wurde zwar nie mittels Bescheid und auch nicht im Rahmen einer Einvernahme aufgetragen, einen Reisepass oder ein Heimreisezertifikat zu beantragen, allerdings wurde in zwei Bescheiden des Jahres 2020 ausgeführt, dass er seine Mitwirkungspflicht verletze, wenn er dies nicht mache und wurde es zugleich für zumutbar erklärt, sich an die marokkanische Botschaft zu wenden.
Die Frage, ob dies als „Auftrag“, das Bestehen eines Ausreise- und/oder Abschiebehindernisses in Form des Fehlens von gültigen Reisedokumenten aus Eigenem zu beseitigen, zu verstehen ist, kann im gegenständlichen Fall aber letztlich wegen fehlender Entscheidungsrelevanz unbeantwortet bleiben, hat die belangte Behörde doch nach der Rechtskraft der Rückkehrentscheidung im Februar 2019 ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates eingeleitet und waren die genannten Bescheide, aus denen sich die Verpflichtung, einen Reisepass zu erlangen, ergeben könnte, erst im Juli und im September 2020 ergangen. Daher wurde zunächst ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats eingeleitet und erst dann vom Beschwerdeführer gefordert (mittels den beiden erwähnten Bescheiden), sich ein Reisedokument zu besorgen.
Nach § 46 Abs. 2a FPG ist das BFA jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde das für die Abschiebung notwendige Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument einzuholen und hat der Fremde daran im erforderlichen Umfang mitzuwirken hat. Zum Verhältnis dieser Verpflichtung des Fremden zu jener nach Abs. 2 der genannten Bestimmung wurde im Initiativantrag zum FrÄG 2017, 2285/A BlgNR 25. GP 56 zu § 46 Abs. 2a FPG Folgendes klargestellt:
„Die weitere Anpassung des ersten Satzes dahingehend, dass das Bundesamt nicht verpflichtet, sondern ermächtigt ist, die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde zu beschaffen, erfolgt vor dem Hintergrund des vorgeschlagenen neuen Abs. 2, auf dessen Erläuterungen verwiesen wird. Nach geltender Rechtslage ist es ausschließlich die Aufgabe des Bundesamtes, um die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes bei der ausländischen Behörde anzusuchen und die hierfür notwendigen Daten zu übermitteln; eine daneben bestehende Verpflichtung des Fremden, außerhalb einer Amtshandlung des Bundesamtes aus Eigenem bei der ausländischen Behörde ein (Ersatz-)Reisedokument zu beschaffen, ist vom geltenden Abs. 2 nicht gedeckt (VwGH 23.03.2017, Ro 2017/21/0005, Rz. 13). Demgegenüber sieht die vorgeschlagene Neufassung des Abs. 2 nunmehr vor, dass der Fremde - vorbehaltlich der Ermächtigung des Bundesamtes nach Abs. 2a - verpflichtet ist, sich eine für die (freiwillige) Ausreise erforderliche Bewilligung, insbesondere ein taugliches Reisedokument, selbst zu beschaffen und sämtliche dafür erforderliche Handlungen aus Eigenem zu setzen. Um insoweit keine einander widersprechenden Pflichten des Fremden - einerseits zur Mitwirkung an einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Beschaffung der für die Abschiebung erforderlichen Bewilligung und andererseits zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes außerhalb einer solchen Amtshandlung - zu normieren, wird die bisherige (ausschließliche) Pflicht des Bundesamtes als Ermächtigung ausgestaltet.
Die Ermächtigung des Bundesamtes gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2a besteht grundsätzlich neben der eigenständigen Verpflichtung des Fremden gemäß Abs. 2. Dabei darf das Bundesamt jederzeit an die zuständige ausländische Behörde zum Zweck der Beschaffung einer Bewilligung für die Abschiebung herantreten; insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der Fremde zunächst selbst gemäß Abs. 2 tätig wird, um sich ein Reisedokument zu beschaffen, und die Bemühungen des Fremden ergebnislos verlaufen sein müssen. Vielmehr steht es jederzeit im Ermessen des Bundesamtes, dem Fremden entweder die eigenständige Beschaffung eines Reisedokumentes aufzutragen oder aber (sofort) gegenüber der ausländischen Behörde gemäß Abs. 2a tätig zu werden. Dies wird durch das Wort ‚jederzeit‘ in Satz 1 des vorgeschlagenen Abs. 2a klargestellt.“
Daran knüpfen folgende Erläuterungen zum Abs. 2 an, die sich auf die dort enthaltene Parenthese „vorbehaltlich des Abs. 2a“ beziehen:
„Wie auch in den Erläuterungen zu Abs. 2a festgehalten, besteht zwischen der Pflicht des Fremden zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes und seiner Pflicht zur Mitwirkung an der Vorbereitung der Abschiebung durch das Bundesamt (Abs. 2a) insofern ein Rangverhältnis, als die zuerst genannte Pflicht nur dann zu erfüllen ist - und dem Fremden nur dann mit Bescheid gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2b auferlegt werden kann -, wenn das Bundesamt von seiner Ermächtigung gemäß dem vorgeschlagenen Abs. 2a nicht Gebrauch gemacht hat. Dies soll mit der Wortfolge ‚vorbehaltlich des Abs. 2a‘ zum Ausdruck gebracht werden.“
Die Gesetzesmaterialien lassen keinen Zweifel, dass für den Fremden keine parallelen (laut dem letzten Satz des ersten Absatzes der zitierten Materialien: „einander widersprechenden“) Mitwirkungspflichten nach § 46 Abs. 2 FPG und nach § 46 Abs. 2a FPG bestehen sollen, mag dann auch von einem „grundsätzlichen“ Nebeneinander dieser Pflichten die Rede sein. Macht daher das BFA - wie im vorliegenden Fall schon im Jahr 2019 - von der Ermächtigung zur Führung eines amtswegigen Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nach § 46 Abs. 2a FPG Gebrauch und liegt keine diesbezügliche Verletzung der Mitwirkungspflicht (etwa durch Nichtbefolgung einer Ladung vor eine Vertretungsbehörde; eine solche wurde im gegenständlichen Verfahren aber nicht behauptet) vor, so bestand für den Beschwerdeführer keine zusätzliche Verpflichtung, im Sinne des § 46 Abs. 2 FPG aus Eigenem bei der marokkanischen Botschaft die Ausstellung eines Reisedokumentes zu beantragen und dafür einen Nachweis zu erbringen. Dem Beschwerdeführer durfte daher - insoweit sind die Gesetzesmaterialien ebenfalls eindeutig - auch kein diesbezüglicher Auftrag erteilt werden. In dieser Konstellation konnte daher die angenommene Nichterfüllung der sich aus § 46 Abs. 2 FPG ergebenden Verpflichtungen, die das BFA dem Beschwerdeführer zum Vorwurf machte, nicht zur Versagung einer Karte für Geduldete führen.
Soweit die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid argumentiert, „durch das FrÄG 2017 wurde nunmehr die vorrangige Pflicht des Bundesamtes zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes eingeschränkt und wurde diese Pflicht im überwiegenden Ausmaß auf den Fremden übertragen.“, wird die dargelegte Rechtslage verkannt, wonach die Pflicht des Fremden zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes nur dann zu erfüllen ist, wenn das Bundesamt kein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikats eingeleitet und sich nicht an die zuständige ausländische Behörde zum Zweck der Beschaffung einer Bewilligung für die Abschiebung gewandt hat.
In einer mit der Beschwerdevorlage übermittelten Stellungnahme der belangten Behörde vom 28.05.2021 wird darauf verwiesen, dass seitens der marokkanischen Botschaft „in Zeiten der Corona-Pandemie keine zwangsweisen Rückführungen zugelassen“ werden, sondern der Fremde freiwillig ausreisen müsse. Abgesehen davon, dass eine freiwillige Rückreise nicht erzwungen werden kann, sondern hierfür das Instrument der Abschiebung geschaffen wurde, zeigt diese Stellungnahme der belangten Behörde geradezu auf, dass die Abschiebung nach Marokko „in Zeiten der Corona-Pandemie“ aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen (sondern im konkreten Fall von der marokkanischen Botschaft zu vertretenden) Gründen unmöglich erscheint. Zudem hat es die Behörde unterlassen, den Beschwerdeführer aufzufordern, an konkreten Schritten zur Erlangung eines Heimreisezertifikats mitzuwirken, etwa indem sie ihn zur Identifizierung vor die marokkanische Botschaft geladen hätte. Es wäre der belangten Behörde auch freigestanden, das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates zu beenden und stattdessen dem Beschwerdeführer mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b FPG aufzutragen, sich um ein Reisedokument zu bemühen (welches dann, sobald die marokkanische Botschaft ihre Weigerung, an zwangsweisen Rückführungen mitzuwirken beendet, zu Zwecken der Abschiebung hätte herangezogen werden können).
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt in diesem Zusammenhang nicht, dass der Beschwerdeführer seiner Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachkam, dass er seine Wohnsitzauflage missachtete und dass er offensichtlich keinerlei Bemühen an den Tag legte, Reisedokumente zu erlangen. Dies vermag die gesetzliche Anordnung, dass während eines Verfahrens zur Erlangung eines Heimreisezertifikats keine Pflicht des Fremden zur eigenständigen Beschaffung eines Reisedokumentes besteht, allerdings nicht zu beseitigen und enthebt die belangte Behörde auch nicht davon, rechtskonform vorzugehen und sich zu entscheiden, ob sie ein amtswegiges Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates führt oder den Beschwerdeführer beauftragt, konkrete Schritte zur Erlangung eines Reisedokumentes zu setzen.
Nachdem die belangte Behörde ein – bislang erfolgloses - Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates führt und in ihrer Stellungnahme darauf verwies, dass die marokkanische Botschaft „in Zeiten der Corona-Pandemie keine zwangsweisen Rückführungen“ zulässt, ist die Abschiebung des Beschwerdeführers zum aktuellen Zeitpunkt aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenen Gründen unmöglich.
Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben und festzustellen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet geduldet ist. Dem Beschwerdeführer wird von der belangten Behörde gemäß § 46a Abs. 5 FPG eine Karte für Geduldete auszustellen sein.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abschiebung aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Duldung Karte für Geduldete Mitwirkungspflicht mündliche Verhandlung Reisedokument Vereitelung VerschuldenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:I403.2128232.6.00Im RIS seit
21.01.2022Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022