TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/11 W108 2209638-1

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Veröffentlicht am 11.10.2021
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Entscheidungsdatum

11.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W108 2209638-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. BRAUCHART als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Syrien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.10.2018, Zl. 1138981002-180371577/BMI-BFA_WIEN_AST_01, nach mündlicher Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang, Sachverhalt und Vorbringen:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 07.12.2016 bei der Österreichischen Botschaft in Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: auch AsylG). Die Beschwerdeführerin gab an, mit dem syrischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX (im Folgenden: I.A.)., verheiratet zu sein, welchem mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht) vom 14.09.2016, Zl. 1102842802-160727954/BMI-BFA_STM_AST, rechtskräftig seit 20.10.2016, im Rahmen des Familienverfahrens gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei.

1.2. Mit Bescheid vom 01.03.2017, Zl. Ankara-ÖB/KONS/0424/2017, verweigerte die genannte Botschaft die Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG mit der Begründung, die belangte Behörde habe nach Prüfung mitgeteilt, dass in dem dem Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels zugrunde liegenden Fall die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Die volljährige Beschwerdeführerin sei nämlich keine Familienangehörige der Bezugsperson I.A. im Sinn des 4. Hauptstückes des AsylG (§ 35 Abs. 5 AsylG), zumal die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und der Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden habe. Die Bezugsperson leite den Asylstatus ihrerseits nur aus einem Familienverfahren nach dem 4. Abschnitt des AsylG ab (§ 34 Abs. 6 Z 2 AsylG 2005). Weiters widersprächen die Angaben der Beschwerdeführerin zur Angehörigeneigenschaft in mehrfacher Hinsicht den von der Bezugsperson im Asylverfahren gemachten Angaben.

1.3. Die von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.10.2017, W205 2158005-1/3E, als unbegründet abgewiesen. Rechtlich hielt das Bundesverwaltungsgericht unter anderem fest, dass dem insofern eindeutigen Wortlaut der Z 2 des Abs. 6 des § 34 AsylG zufolge im Rahmen des Familienverfahrens die Ableitung von Asyl von einer Person, die ihrerseits bereits ihren Status als Asylberechtigter nur von einer anderen Bezugsperson abgeleitet habe, bei volljährigen Personen nicht möglich sei. Damit komme der Beschwerdeführerin aber schon aus diesem Grund - auch unter Annahme einer wirksam erfolgten Eheschließung mit der genannten Bezugsperson (nach der noch anzuwendenden Rechtslage:) im Herkunftsstaat - von vornherein die Begünstigungen des Familienverfahrens nach § 34 AsylG nicht zu. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob auch die anderen von der belangten Behörde herangezogenen Gründe, nämlich, dass die Ehe zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Bezugsperson nicht bereits im Herkunftsstaat bestanden hätte und weiters die Angaben der Beschwerdeführerin und jene der Bezugsperson zur Angehörigeneigenschaft widersprüchlich gewesen seien, nun zutreffend seien oder nicht.

2. In der Folge reiste die Beschwerdeführerin unerlaubt ins österreichische Bundesgebiet, wo sie am 18.04.2018 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG (im Folgenden: auch Antrag bzw. Asylantrag) stellte.

Bei der Erstbefragung am Tag der Antragstellung gab die Beschwerdeführerin an, sie sei am 30.11.2016 illegal per PKW in die Türkei ausgereist und über Griechenland am 18.04.2018 illegal nach Österreich eingereist. Sie sei moslemischen (sunnitischen) Glaubens und stamme aus der Stadt XXXX (in der Folge D.), ihre Eltern, drei Brüder und eine Schwester seien noch in Syrien in D. aufhältig, ihr Ehemann lebe seit etwa zwei Jahren in Österreich. Sie habe ihre Heimat wegen des dort herrschenden Krieges verlassen und weil ihr Mann hier lebe. Sie habe alle Angaben für ihren Asylantrag und weshalb sie nach Österreich gekommen sei genannt. Bei einer Rückkehr habe sie Angst umzukommen. Sie habe aber bei einer Rückkehr mit keinen Sanktionen von staatlicher Seite zu rechnen.

Am 28.08.2018 wurde die Beschwerdeführerin vor der belangten Behörde im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Arabisch niederschriftlich einvernommen. Die Beschwerdeführerin gab an, sie habe Syrien am 02. oder 03.12.2016 Richtung Türkei verlassen. In Griechenland sei sie sieben Monate gewesen. Sie habe ihren Ehemann am XXXX .2016 in D. geheiratet. Die Hochzeit sei traditionell und standesamtlich am selben Tag gewesen. Sie sei nie in persönlichem Kontakt mit Angehörigen der Daesh (des IS) oder sonstigen islamistischen Gruppierungen gestanden, habe niemals Probleme mit den Behörden oder Gerichten in ihrem Heimatland gehabt habe und sei auch nie politisch aktiv gewesen. Befragt nach ihrem Fluchtgrund führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie zu ihrem Ehemann nach Österreich kommen habe wollen. Sie selbst habe keine Probleme in Syrien. Sie habe keine weiteren Fluchtgründe. Mit ihrer Familie in Syrien habe sie etwa zweimal die Woche regelmäßigen Kontakt, es gehen ihnen gut, sie seien gesund. Die Sicherheits- und Versorgungslage in D. sei „okay“.

3. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erkannte ihr gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status der subsidiär Schutzberechtigen zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihr gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine bis 08.10.2019 befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Die belangte Behörde stellte neben allgemeinen herkunftsbezogenen Länderfeststellungen und der Identität der Beschwerdeführerin unter anderem fest, dass diese syrische Staatsangehörige, sunnitische Muslimin und Zugehörige der kurdischen Volksgruppe sei. Sie sei in D., im Distrikt XXXX geboren und bis zu ihrer Flucht ausschließlich in D. wohnhaft gewesen. Sie habe keine Kinder und lebe in Österreich nicht im selben Haushalt wie ihr vermeintlicher Ehegatte. Es habe festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin Syrien wegen des Bürgerkrieges verlassen habe. Sie habe angegeben, selbst keine Probleme in Syrien gehabt zu haben und wegen ihres Ehemannes nach Österreich gekommen zu sein. Sie sei in Syrien weder politisch noch religiös aktiv gewesen, habe keine Probleme mit den syrischen Sicherheitsbehörden gehabt und sei in Syrien nie persönlich bedroht worden. Die Beschwerdeführerin habe keine asylrelevanten Fluchtgründe vorbringen können. Ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG in Bezug auf I.A. liege nicht vor: Der Einreiseantrag der Beschwerdeführerin sei negativ entschieden worden, weil die Eigenschaft als Familienangehörige iSd § 35 AsylG nicht bestehe. Es bestünden nach wie vor Zweifel an der Echtheit der vorgelegten Dokumente (Eheschließungsurkunde und Auszug aus dem Personenstandsregister), originale Dokumente in der arabischen Amtssprache seien keine vorgelegt worden. Sie habe zum Zeitpunkt der Bescheiderstellung mehr als zwei Monate nicht in einem Haushalt mit ihrem Ehemann gelebt.

Die belangte Behörde verkenne jedoch die derzeitige schwierige allgemeine Sicherheitslage in Syrien nicht, weshalb der Beschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen gewesen sei.

4. Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob die Beschwerdeführerin innerhalb offener Frist Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher sie vorbrachte, dass die Begründung der Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz durch die belangte Behörde nicht nachvollziehbar sei. Die Beschwerdeführerin habe selbstverständlich auch eine persönliche Betroffenheit vorgebracht, als Kurdin, aufgrund der politischen Verfolgung, der sie und ihre Familie ausgesetzt gewesen seien, sowie auch wegen der Bedrohungen durch die syrische Armee, die kurdischen Milizen und die islamistischen Terroristen. Die Beschwerdeführerin habe die fluchtauslösenden Erlebnisse mit einer ausführlichen und konkreten Schilderung von Details, wie Zeit- und Ortsangaben oder Wahrnehmungen und Emotionen geschildert. Die Beschwerdeführerin habe eine politische Verfolgung seitens des syrischen Regimes zu befürchten, weil sie in Gefahr sei, dass ihr aufgrund ihrer Flucht sowie ihrer Abstammung aus einem bekannten Rebellengebiet eine regimefeindliche politische Gesinnung unterstellt werde, sowie auch aufgrund der Flucht zahlreicher Familienangehöriger, einschließlich ihres Ehegatten, der vor dem Kriegsdienst geflüchtet sei und ihrer Herkunft als Kurdin, die ihre oppositionelle Haltung unterstreiche und ihrer besonderen Vulnerabilität als Frau ohne familiären Rückhalt. Den Länderberichten sei eindeutig zu entnehmen, dass die syrischen Sicherheitsbehörden ganze Familien politisch missliebiger Personen unter Generalverdacht stellen würden. Auch befürchte die Beschwerdeführerin eine geschlechtsspezifische Verfolgung als Frau. Sie wäre durch das Erstarken der verschiedenen islamistischen Terrorgruppierungen in Syrien in Gefahr, in der Ausübung ihrer fundamentalen Menschenrechte eingeschränkt zu sein. Der Beschwerdeführerin drohe daher in ihrer Heimat Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Im Übrigen wäre der Beschwerdeführerin auch abgleitet von ihrem in Österreich asylberechtigten Ehegatten die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen gewesen.

5. Die belangte Behörde machte von der Möglichkeit der Beschwerdevorentscheidung nicht Gebrauch und legte die Beschwerde samt dem bezughabenden Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

6. Mit Beschwerdeergänzung/Urkundenvorlage vom 28.11.2018 legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut an Facebook- und Google-Einträgen in arabischer Sprache vor, welche nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zeigten, dass sie wie andere junge kurdische Frauen in den kurdischen Gebieten in Syrien in großer Gefahr wäre, weil sie für die kurdischen Einheiten kämpfen müsste. Eine Cousine der Beschwerdeführerin habe mit der YPG kämpfen müssen und sei schließlich getötet worden.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der Sache der Beschwerdeführerin eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher sich diese persönlich beteiligte.

Über Vorhalt, dass das gesamte Beschwerdevorbringen zu einer Verfolgung in Syrien durch das syrische Regime, wegen ihres Ehegatten, als Frau und als Kurdin, sowie durch die kurdische YPG gänzlich neu sei und vor der belangten Behörde nicht ansatzweise vorgebracht worden sei und daher das Vorbringen dem Neuerungsverbot unterfalle, weil nicht ersichtlich sei, dass sie dies nicht bereits im Verfahren vor der Behörde hätte ausführen können, gab die Beschwerdeführerin an, dass ihr die Dolmetscherin bei der ersten Befragung gesagt habe, dass sie nur ganz kurz antworten und keine langen Ausführungen machen solle. Sie habe ihr auch gesagt, dass sie sowieso aufgrund des Status ihres Mannes Asyl bekomme. Aus diesem Grund habe sie nichts Weiteres gesagt. Bei der zweiten Befragung habe sie vorher im Internet gelesen und auch von Bekannten gehört, dass sie genau das wiederholen solle, was sie bei der ersten Befragung angegeben habe und nichts Neues erzählen solle. Aus diesem Grund habe sie auch bei dieser Befragung nichts erzählt. Erst ihr Anwalt bzw. Rechtsvertreter habe ihr erklärt, dass sie ihre eigenen Gründe angeben müsse, andernfalls würde sie keinen Schutz erhalten und nach Syrien zurückgeschickt werden. Wenn sie nun keinen internationalen Schutz erhalte und eventuell nach Syrien zurückgeschickt würde, wäre sie in Gefahr, vom Regime wie auch von den Kurden verfolgt zu werden.

Über Vorhalt, dass eine Verfolgung und Rekrutierung der Beschwerdeführerin durch das syrische Regime oder durch kurdische Gruppierungen im Fall der Beschwerdeführerin auch unwahrscheinlich und unglaubwürdig erscheine, da die Familie und insbesondere auch die drei Brüder der Beschwerdeführerin nach wie vor verfolgungsfrei in Syrien lebten, gab die Beschwerdeführerin an, dass man Syrien nicht verlassen könne, man sei dort eingesperrt und von allen Seiten eingekesselt. Deswegen sei ihre Familie noch dort. Sie wolle diese Aufenthaltsart nicht, deswegen habe sie Beschwerde eingereicht. Sie wolle nicht Gefahr laufen, nach Syrien zurückgeschickt zu werden.

In der mündlichen Verhandlung erstattete die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme, in welcher sie vorbrachte, dass die Verfolgungsgefahr der Beschwerdeführerin bereits aus den Länderberichten ersichtlich sei, die der Behörde zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung vorgelegen seien. Ob die Beschwerdeführerin die politische Situation in Syrien entsprechend beurteilen könne, sei nicht relevant. Die Behörde wäre auch verpflichtet gewesen, den Sachverhalt eigenständig zu ermitteln. Die Erklärungen in der Beschwerde über die Gefahr der Beschwerdeführerin vor asylrelevanter Verfolgung seien daher keine Neuerung, sondern lediglich eine Präzisierung ihrer Befürchtungen. Davon abgesehen habe sich die Situation in Syrien auch noch weiter verschlechtert. Gerade in den Kurdengebieten, aufgrund des Einmarsches der türkischen Armee und der Unsicherheit aufgrund der Frage, ob die USA weiterhin Unterstützung leiste oder nicht. Die Befürchtungen der Beschwerdeführerin seien keinesfalls absurd, sondern offenkundig. Die theoretische Rückkehr nach Syrien wäre nur über den Flughafen in Damaskus möglich, wo die Beschwerdeführerin sehr wohl aufgrund ihrer persönlichen Eigenschaften, ihrer Flucht und ihrer Asylantragstellung in Österreich in Gefahr wäre, verhaftet und gefoltert zu werden.

8. Das Bundesverwaltungsgericht gewährte der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.08.2021 zum Akteninhalt seit der Verhandlung und zu den aktuellen Länderinformationen zu Syrien (der Staatendokumentation aus dem COI-CMS, des UNHCR und des Auswärtiges Amtes) das Parteiengehör und teilte mit, dass beabsichtigt sei, die Entscheidung auf der Grundlage des Akteninhaltes, insbesondere der Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, und der aktuellen Länderinformationen zu Syrien zu treffen.

9. Die Beschwerdeführerin erstattete am 01.09.2021 eine Stellungnahme in welcher sie ausführte, dass die Länderberichte in mehrfacher Hinsicht deutlich die Aktualität der Verfolgungsgefahr dahingehend aufzeigten, dass die Beschwerdeführerin aufgrund ihrer familiären und geographischen Herkunft und der ihr unterstellten politischen Gesinnung Verfolgung unterliege. Die Repressivität des syrischen Regimes gegenüber oppositionell tätigen Personen habe in der Zwischenzeit nicht nachgelassen und die Beschwerdeführerin befürchte zurecht, im Falle einer Rückkehr nach Syrien sofort verhaftet zu werden und in der Haft Folter bis zum Tod ausgesetzt zu sein. Die Beschwerdeführerin sei spezifisch und persönlich in Gefahr, Opfer der syrischen Sicherheitskräfte zu werden, weil sie durch ihre Flucht aus Syrien quasi ihre regimefeindliche Haltung unter Beweis gestellt habe, sofern ihr nicht bereits abgeleitet vom Ehegatten die Flüchtlingseigenschaft zuzusprechen sei.

1. Feststellungen:

1.1 Hinsichtlich der Lage in Syrien:
XXXX
XXXX


XXXX XXXX
XXXX
XXXX XXXX
XXXX
XXXX
XXXX

1.2. In Bezug auf den Verfahrensgang (das Verwaltungsgeschehen) wird von den Ausführungen oben unter Punkt I. ausgegangen.

1.3. Zur Beschwerdeführerin und zu ihrer Situation in Syrien wird festgestellt:

1.3.1. Die Beschwerdeführerin ist eine Staatsangehörige Syriens, Zugehörige der Volksgruppe der Kurden und sunnitisch-muslimischen Glaubens. Sie ist im Entscheidungszeitpunkt 24 Jahre alt. Die Identität der Beschwerdeführerin steht fest. Die Beschwerdeführerin lebte in Syrien in D., wo sie geboren wurde.

1.3.2. Die Beschwerdeführerin gab an, den syrischen Staatsangehörigen I.A. am XXXX .2016 in Syrien geheiratet zu haben und dass die Ehe in D. behördlich registriert wurde. I.A. beantragte am XXXX .2015 persönlich bei der Österreichischen Botschaft in Istanbul die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG in Bezug auf seinen in Österreich asylberechtigten Vater, wobei er angab, er sei ledig und am XXXX .2015 von Syrien in die Türkei gereist. Am XXXX .2016 stellte er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, er sei ledig und habe keine eigenen Fluchtgründe. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14.09.2016 wurde ihm, abgeleitet von seinem Vater, der Status des Asylberechtigten im Familienverfahren gemäß § 3 iVm § 34 Abs. 2 AsylG zuerkannt.

1.3.3. Der Beschwerdeführerin wurde am XXXX .2016 im „ XXXX “ (Passamt in XXXX ) ein bis XXXX .2022 gültiger Reisepass ausgestellt. Die Beschwerdeführerin hat Syrien zu einer nicht feststellbaren Zeit auf nicht feststellbarem Weg verlassen und ist in die Türkei gereist. Dort stellte sie am XXXX .2016 bei der Österreichischen Botschaft einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 Abs. 1 AsylG. Nachdem der Beschwerdeführerin ein Einreisetitel gemäß § 35 AsylG verweigert wurde, reiste sie illegal über Griechenland am 18.04.2018 nach Österreich ein und stellte am selben Tag den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.3.4. Im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin in D. üben - wohl auch auf Dauer – kurdische Akteure (die kurdische Partei PYD, ihr bewaffneter Flügel YPG und ihr Militärbündnis SDF) die Macht aus. Die syrische Regierung/Armee ist in den Gebieten der PYD/YPG/SDF präsent.

1.3.5. In diesem Gebiet leben noch (männliche) Familienangehörige der Beschwerdeführerin (ihre Eltern, ihre Schwester [geb. XXXX ] sowie ihre drei Brüder [geb. XXXX ], weiters eine Großmutter, sowie Onkel und Tanten). Die Beschwerdeführerin wäre dort nicht schutzlos und ohne (familiäre) Unterstützung. Die Eltern der Beschwerdeführerin sind in der Landwirtschaft tätig. Die Beschwerdeführerin hat zu ihren Angehörigen in Syrien regelmäßig, etwa zweimal wöchentlich Kontakt. Der Familie der Beschwerdeführerin geht es gut, ihre Familienangehörigen in Syrien sind gesund und keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt.

1.3.6. Die Beschwerdeführerin ist in Syrien nicht vorbestraft und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Sie ist bzw. war (ihre Familienangehörigen sind bzw. waren) nicht politisch aktiv. Sie wird (wurde) von den syrischen Behörden und den kurdischen Machthabern nicht gesucht, wurde in Syrien nicht festgenommen oder verhaftet und hatte in Syrien keine Probleme. Sie wurde in Syrien vor ihrer Ausreise nicht bedroht/verfolgt.

1.3.7. Die Beschwerdeführerin hat im behördlichen Verfahren eine (ihr drohende) Verfolgung in Syrien nicht behauptet. Die beginnend mit der Beschwerde behauptete Verfolgung kann nicht als Sachverhalt festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Situation in Syrien beruhen auf den dort angeführten Quellen, so auf der Länderinformation der Staatendokumentation zu Syrien (aus dem COI-CMS, Version 4, mit letzter Änderung vom 01.10.2021), die, wenngleich in einer früheren Fassung, bereits von der belangten Behörde zur Sachverhaltsfeststellung herangezogen wurde, sowie auf Berichten des UNHCR („Erwägungen zum internationalen Schutzbedarf von Personen, die aus der Arabischen Republik Syrien fliehen [Aktualisierung V]“ vom November 2017, die laut dem InterimsIeitfaden zum internationalen Schutzbedarf von Asylsuchenden aus Syrien: Aufrechterhaltung der UNHCR-Position aus dem Jahr 2017, vom Februar 2020, weiterhin gültig sind; Information des UNHCR „illegale Ausreise aus Syrien und verwandte Themen“ vom Februar 2017 [deutsche Version April 2017]; „International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Syrian Arab Republic – Update VI“ vom März 2021), auf der Herkunftsländerinformation des UK Home Office („Country Policy and Information Note Syria: the Syrian Civil War“, Version 4.0 vom August 2020) und auf dem Bericht des Auswärtiges Amtes über die Lage in der Arabischen Republik Syrien; Fortschreibung des Berichts über die Lage in der Arabischen Republik Syrien vom November 2019 (Stand: Mai 2020).

Es handelt sich um Berichte anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der entscheidungswesentlichen Situation in Syrien ergeben. Angesichts der Seriosität der Erkenntnisquellen und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben und an ihrer Aktualität zu zweifeln. Zudem wurde den Verfahrensparteien zu den aktuellen Länderberichten das Parteiengehör gewährt und traten die Parteien des Verfahrens diesen nicht entgegen. Soweit die aktuelleren Berichte zur Sachverhaltsfeststellung herangezogen wurden, ist nicht ersichtlich, dass dies nachteilig für die Beschwerdeführerin ist. Überdies besteht auch ein Einklang mit den Feststellungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

2.2. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

2.3. Für die Feststellungen zur Beschwerdeführerin und zu ihrer Situation in Syrien waren folgende Erwägungen maßgeblich:

Zu 1.3.1.: Die Identität der Beschwerdeführerin ergibt sich aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin und aus den vorgelegten Dokumenten (syrischer Personalausweis, ausgestellt am XXXX , Nummer XXXX ; syrischer Reisepass Nummer XXXX , ausgestellt im „ XXXX “ am XXXX .2016, gültig bis XXXX .2022). Es besteht kein Grund, an der vorgebrachten Identität der Beschwerdeführerin zu zweifeln. Gleiches gilt für die (kurdische) Volksgruppenzugehörigkeit und ihre (sunnitisch-muslimische) Religion.

Zu 1.3.2.: Diese Feststellungen ergeben sich aus eigenen Angaben der Beschwerdeführerin und aus den zur Eheschließung vorgelegten Urkunden in Übersetzung (beglaubigte Kopie vom 19.05.2016 der Heiratsurkunde Nummer XXXX , ausgestellt am XXXX .2016, aus der die Eheschließung am XXXX .2016 hervorgeht; Auszug aus dem Personenstandsregister des syrischen Innenministeriums, ausgestellt am XXXX von der Stadt XXXX , Kreisstadt D., Registerort D., in dem die Beschwerdeführerin und I.A. als Ehepaar aufscheinen; Dokument des syrischen Innenministeriums „Eheschließung Abschluss“, ausgestellt am XXXX .2017, aus dem die Registrierung der Ehe in D. hervorgeht). Die Feststellungen zu I.A. ergeben sich aus dessen Asylverfahrensakt, der vom Bundesverwaltungsgericht beigeschafft wurde.

Zu 1.3.3.: Dass der Beschwerdeführerin am XXXX 2016 im „ XXXX “ ein Reisepass mit der oben angeführten Nummer ausgestellt wurde, ergibt sich aus diesem Reisepass, der von ihr vorgelegt wurde. Die Beschwerdeführerin gab dazu bei der Erstbefragung an, dieser Pass sei ihr im Passamt in XXXX ausgestellt worden. Wann und wie die Beschwerdeführerin Syrien verlassen hat, kann nicht festgestellt werden, da die Beschwerdeführerin dazu widersprüchliche, vage und nicht nachvollziehbare Angaben gemacht hat. Während die Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung angab, sie habe Syrien am 30.11.2016 illegal (ohne Reisedokument) mit dem PKW verlassen und sei so in die Türkei gelangt, hat sie bei der Einvernahme vor der belangten Behörde abweichend dazu angegeben, sie sei am 02. oder 03.12.2016 von Syrien in die Türkei gereist. Dass die Ausreise aus Syrien laut den Angaben der Beschwerdeführerin auf illegalem Wege (ohne Reisedokument) erfolgt sein soll, erscheint für das Bundesverwaltungsgericht nicht glaubwürdig, zumal ihr zuvor nachweislich in XXXX ein syrischer Reisepass ausgestellt wurde, sodass die Notwendigkeit einer illegalen Ausreise nicht ersichtlich ist. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrer Ausreise erscheint konstruiert. Es ist für das Bundesverwaltungsgericht der Eindruck entstanden, dass die Beschwerdeführerin, zur Verschleierung der wahren Ausreisedaten, unrichtige Angaben zu ihrer Ausreise aus Syrien gemacht hat. Fest steht, dass die Beschwerdeführerin von Syrien in die Türkei gereist ist. Denn dort stellte sie nach der Aktenlage am 07.12.2016 bei der Österreichischen Botschaft einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels. Dass sie, nachdem ihr dieser Einreisetitel verweigert wurde, illegal über Griechenland am 18.04.2018 nach Österreich einreiste und am selben Tag den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, hat die Beschwerdeführerin selbst angegeben.

Zu 1.3.4.: Die Feststellungen zu den Machtverhältnissen im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin, D., wonach die Kontrolle dort in den Händen kurdischer Akteure (der kurdischen Partei PYD, ihres bewaffneten Flügels YPG [Volksverteidigungseinheiten] und ihres Militärbündnisses SDF) ist und die syrische Regierung/Armee dort präsent ist, ergeben sich aus den Länderberichten (insbesondere auch aus SyriaLiveMap, abrufbar unter https://syria.liveuamap.com/). Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich die Machtverhältnisse in der Herkunftsregion der Beschwerdeführerin in Zukunft ändern.

Zu 1.3.5: Dass im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin in Syrien noch ihre Eltern, ihre Schwester sowie ihre drei Brüder, weiters eine Großmutter, sowie Onkel und Tanten leben, dass die Beschwerdeführerin zu diesen regelmäßig Kontakt hat, es der Familie gut geht und diese keinen Verfolgungshandlungen ausgesetzt ist, hat die Beschwerdeführerin selbst ausgesagt. Die Geburtsjahre ihrer Geschwister ergeben sich aus der Angabe der Beschwerdeführerin bei der Erstbefragung und bei der Einvernahme vor der belangten Behörde. Die Beschwerdeführerin kann sohin in Syrien Unterstützung durch (männliche) Familienangehörige erhalten.

Zu 1.3.6.: Diese Feststellungen ergeben sich aus den eigenen Angaben der Beschwerdeführerin. Eine politische Betätigung (ihrer Familienangehörigen) in Syrien oder einen Gesetzeskonflikt/eine Verurteilung in Syrien hat die Beschwerdeführerin bei der Befragung durch die belangte Behörde verneint. Probleme oder gar eine Verfolgung/Bedrohung vor ihrer Ausreise aus Syrien hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet.

Zu 1.3.7.:

1. Dass sie im behördlichen Verfahren eine (ihr drohende) Verfolgung in Syrien nicht behauptet hat, sondern erstmals in der Beschwerde, ergibt sich aus den Verwaltungsakten der Behörde und wurde von der Beschwerdeführerin auch in der Beschwerdeverhandlung eingeräumt.

2. Zu der von der Beschwerdeführerin beginnend mit der Beschwerde behaupteten Verfolgung ist Folgendes auszuführen:

2.1. In der Beschwerde bzw. in der Ergänzung hierzu führte die Beschwerdeführerin aus, sie habe in Syrien eine politische Verfolgung durch das syrische Regime (insbesondere als Angehörige ihres geflüchteten Ehemannes, der den Kriegsdienst verweigert habe, wegen ihrer eigenen Flucht aus Syrien, ihrer Herkunft aus einem bekannten Rebellengebiet und ihrer kurdischen Abstammung) zu befürchten und sie habe Bedrohungen durch die syrische Armee, die kurdischen Milizen (durch Zwangsrekrutierung) und die islamistischen Terroristen zu erwarten, weiters sei sie als Frau ohne familiären Rückhalt der geschlechtsspezifischen Verfolgung ausgesetzt, da sie durch das Erstarken der verschiedenen islamistischen Terrorgruppierungen in Syrien in Gefahr sei, in der Ausübung ihrer fundamentalen Menschenrechte eingeschränkt zu sein. Einen derartigen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin allerdings, wie sie in der Beschwerdeverhandlung selbst zugegeben hat und zufolge der in den vorgelegten Verwaltungsakten einliegenden Niederschriften, die der Beschwerdeführerin rückübersetzt wurden und deren Richtigkeit/Vollständigkeit von ihr bestätigt wurde, im behördlichen Verfahren nicht ansatzweise erwähnt, geschweige denn (wie in der Beschwerde behauptet) „mit einer ausführlichen und konkreten Schilderung von Details, wie Zeit- und Ortsangaben oder Wahrnehmungen und Emotionen geschildert“. Die Beschwerdeführerin hat vielmehr (drohende) Probleme in Syrien im behördlichen Verfahren explizit verneint und die Antragstellung bloß mit dem Krieg in Syrien und mit dem Wunsch nach der Familiengemeinschaft mit ihrem Ehemann begründet.

Die Beschwerdeführerin hatte im behördlichen Verfahren bei der Erstbefragung und insbesondere bei der Einvernahme vor der belangten Behörde ausreichend Gelegenheit, ihre Flucht- und Verfolgungsgründe umfassend darzulegen. Die Beschwerdeführerin wurde insbesondere von der belangten Behörde hierzu den Anforderungen des § 18 AsylG entsprechend befragt. Dennoch hat die Beschwerdeführerin sämtliche Verfolgungsbehauptungen nicht bereits im behördlichen Verfahren, sondern erst beginnend mit der Beschwerde vorgebracht. Anders als die (Vertretung der) Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung meinte, war die belangte Behörde nicht gehalten, angesichts des im behördlichen Verfahren erstatteten Vorbringens, das keine Verfolgungsbehauptung beinhaltete, weitergehende Sachverhaltsermittlungen anzustellen bzw. den von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde behaupteten Sachverhalt „eigenständig“ zu ermitteln. Denn Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, sind nicht amtswegig zu erheben (vgl. VwGH 21.09.2000, 2000/20/0226; 07.06.2001, 99/20/0434, jeweils mwN). Daran vermag auch der Hinweis auf Länderberichte, aus denen sich nach Ansicht der (Vertretung der) Beschwerdeführerin deren Gefährdung ergebe, nichts zu ändern, zumal jede Asylentscheidung eine anhand des Vorbringens des Asylwerbers und der Verhältnisse im Herkunftsstaat zu treffende Einzelfallbeurteilung darstellt, ohne die, wie auch im vorliegenden Fall, eine konkrete asylrelevante Gefährdung nicht ohne weiteres angenommen werden kann. Es wäre der Beschwerdeführerin oblegen, auf eine konkrete Gefährdung aus asylrelevanten Gründen (etwa als Angehörige, Frau, Kurdin, oppositionell eingestufte Person oder durch Zwangsrekrutierung) selbst hinzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht kann daher nicht finden, dass das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft (iSd § 20 Abs. 1 Z 2 BFA-VG) gewesen wäre.

Auch das Bundesverwaltungsgericht war aufgrund des bloß unsubstantiierten Bestreitens des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes und aufgrund der Erstattung eines Beschwerdevorbringens, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt, zu weiteren Ermittlungen (insbesondere auch zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung) nicht verpflichtet (vgl. dazu VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, 0018 und VwGH 09.03.2020, Ra 2019/01/0499, mwN). Es besteht nämlich keine Pflicht für die belangte Behörde oder das Bundesverwaltungsgericht, ohne entsprechendes Vorbringen des Asylwerbers oder ohne sich aus den Angaben konkret ergebende Anhaltspunkte jegliche nur denkbaren Lebenssachverhalte ergründen zu müssen (vgl. dazu, dass die Beurteilung eines gar nicht erstatteten Vorbringens mitunter sogar auch zu einer vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmenden Rechtsverletzung führen kann, VwGH 09.09.2010, 2007/20/0558 bis 0560).

Da kein Asylwerber wohl eine sich ihm bietende Gelegenheit, ein zentral entscheidungsrelevantes Vorbringen zu erstatten, ungenützt vorrübergehen lassen würde (VwGH 07.06.2000, 2000/01/0250), kann das Aussageverhalten der Beschwerdeführerin, eine Verfolgung erst in der Beschwerde zu behaupten, nur dahin interpretiert werden, dass sie rechtsmissbräuchlich unrichtige Angaben in der Beschwerde und in der Beschwerdeergänzung gemacht hat, um das Verfahren zu verlängern und ihre Chancen im Verfahren zu erhöhen, zumal sie mit ihrer Angabe in der Beschwerdeverhandlung, sie habe gehört, sie solle in der Einvernahme vor der belangten Behörde nichts Neues erzählen, auch keine plausible, überzeugende Erklärung für eine begründete (nicht rechtsmissbräuchliche) verspätete Vorbringenserstattung geben konnte. Aus den Angaben der Beschwerdeführerin ist zu folgern, dass ihr das nunmehr vorgebrachte Neue und dessen Relevanz für das Verfahren schon im Zeitpunkt der Einvernahme der belangten Behörde bekannt waren bzw. sein mussten. Unter Berücksichtigung des von der Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks beurteilt das Bundesverwaltungsgericht die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Neuerungen dahin, dass diese als missbräuchliche Verlängerung des Asylverfahrens im Sinne der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu werten sind (zum Neuerungsverbot im Asylverfahren vgl. etwa VfSlg. 17.340/2004; VwGH 29.07.2015, Ra 2015/18/0036; VwGH 27.09.2005, 2005/01/0313; VwGH 17.04.2007, 2006/19/0675).

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die erst beginnend mit der Beschwerde behaupteten Sachverhalte zur Darlegung einer Verfolgung der Beschwerdeführerin gegen das Neuerungsverbot des § 20 Abs. 1 BFA-VG verstoßen. Weder hat sich der Sachverhalt im Nachhinein geändert noch war das Verfahren vor der belangten Behörde mangelhaft noch waren der Beschwerdeführerin die neu vorgebrachten Tatsachen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde nicht zugänglich noch kann gesagt werden, dass sie nicht in der Lage gewesen wäre, sie vorzubringen. Auch die für die Annahme eines Neuerungsverbotes erforderliche Voraussetzung der missbräuchlichen Verlängerung des Asylverfahrens liegt nach den obigen Ausführungen vor.

Das neu erstattete Vorbringen zu einer Verfolgung der Beschwerdeführerin ist daher unbeachtlich und der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde zu legen.

2.2. Überdies sind die Neuerungen auch unglaubwürdig und auch aus diesem Grund der rechtlichen Beurteilung nicht zugrunde zu legen: Der Sachverhalt zum Vorliegen einer Verfolgung der Beschwerdeführerin wurde nicht nur erstmals in der Beschwerde vorgebracht, womit das Beschwerdevorbringen gänzlich von dem im behördlichen Verfahren erstatteten Vorbringen, dem sich keine solche Verfolgung entnehmen lässt, abweicht, die Beschwerdeführerin war auch in ihren Schilderungen in der Beschwerdeverhandlung hierzu unglaubwürdig und nicht authentisch, ihre Angaben wirkten für die Asylerlangung einstudiert. Es kann daher schon aufgrund des unglaubwürdigen Aussageverhaltens der Beschwerdeführerin nicht festgestellt werden, dass die Verfolgungsbehauptungen wahr sind und die Beschwerdeführerin tatsächlich asylrelevanter Bedrohung in ihrem Herkunftsgebiet ausgesetzt ist. Die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch kurdische Milizen hat die Beschwerdeführerin überdies nicht einmal in der fristwahrenden Beschwerdeschrift konkret geltend gemacht, sondern erst in der Beschwerdeergänzung nach Ablauf der Beschwerdefrist, wo behauptet wurde, die Beschwerdeführerin wäre wie ihre Cousine in großer Gefahr, für die kurdischen Einheiten kämpfen zu müssen. Damit kann das Vorbringen der Beschwerdeführerin im behördlichen Verfahren, dem sich eine solch große Gefahr nicht ansatzweise entnehmen lässt, nicht in Einklang gebracht werden. Die Beschwerdeführerin zeigte aber auch bei Darlegung der behaupteten Verfolgung durch die syrische Regierung ein in einem hohen Maße unstimmiges Aussageverhalten. Sie vermochte eine tatsächlich bestehende Verfolgungsgefahr in der Beschwerdeverhandlung nicht überzeugend darzutun, vielmehr wurde der Eindruck der Tatsachenwidrigkeit dieses Vorbringens, der sich schon aus der Abweichung zu den Angaben im behördlichen Verfahren ergibt, in der Beschwerdeverhandlung noch verstärkt. Bei Bedachtnahme auf alle Umstände dieses Falles und unter Einbeziehung des von der Beschwerdeführerin gewonnenen persönlichen Eindruckes in der Beschwerdeverhandlung kann das mit der Beschwerde beginnende Vorbringen zu einer der Beschwerdeführerin in Syrien drohenden Verfolgung nur als unglaubwürdig eingestuft und lediglich dahingehend gewertet werden, dass sie versucht hat, ihr Vorbringen zu erweitern, um doch noch den Asylstatus zu erlangen, nachdem sie die Aussichtslosigkeit des von ihr bisher zur Begründung ihres Antrages vorgebrachten Sachverhaltes aufgrund des angefochtenen Bescheides erkannt hat.

2.3. Überdies ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihrer Verfolgung in Syrien bei einer Einzelfallbeurteilung anhand der Verhältnisse im Herkunftsstaat keine konkrete, ausreichend wahrscheinliche asylrelevante Gefährdung der Beschwerdeführerin:

2.3.1. Ausgehend von den festgestellten Machtverhältnissen im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin, wonach dort die Kurden (und die syrische Regierung) die Macht ausüben, ist nicht davon auszugehen, dass nichtstaatliche bzw. nichtmachthabende Akteure des bewaffneten Konfliktes in Syrien (insbesondere radikal-islamistische bzw. extremistische Gruppen wie der IS oder die mit der Türkei verbündeten Rebellen in Nordsyrien) auf die Beschwerdeführerin in ihrem Herkunftsgebiet greifen und sie, etwa wegen ihrer kurdischen Volksgruppenzugehörigkeit oder aufgrund ihrer Eigenschaft als Frau, verfolgen können. Es ergibt sich diesbezüglich keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung. Die Beschwerdeführerin vermochte weder in der Beschwerde noch in der Beschwerdeverhandlung Umstände aufzuzeigen, die diese Beurteilung als unrichtig erscheinen ließen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine gezielte Verfolgung von ethnischen Minderheiten, etwa Kurden, oder von Frauen durch radikal-islamistische bzw. extremistische bzw. dschihadistische Akteure im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin nicht möglich (nicht den realen Gegebenheiten entsprechend). Auch die Angehörigen der Beschwerdeführerin leben noch in diesem Gebiet und sind nicht von einer Verfolgung betroffen. Die Beschwerdeführerin hat keine Umstände dargetan, weshalb sie im Gegensatz zu ihren in Syrien lebenden Angehörigen, bei denen es sich ebenfalls um Kurden handelt, oder ihrer in Syrien verbliebenen Schwester der Verfolgung ausgesetzt wäre. Der in Bezug auf nichtstaatliche bzw. nichtmachthabende Akteure von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Verfolgungsangst liegt daher keine reale (maßgeblich wahrscheinliche) Bedrohung zu Grunde, weshalb sie nicht zur Asylgewährung führen kann.

Mangels Vorliegens einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit einer Bedrohung der Beschwerdeführerin durch nichtstaatliche bzw. nichtmachthabende Akteure in ihrem Herkunftsgebiet erübrigen sich Feststellungen zur Frage, ob der Herkunftsstaat Syrien gewillt und in der Lage wäre, der Beschwerdeführerin davor ausreichenden Schutz zu gewähren.

2.3.2. Eine maßgeblich wahrscheinliche Betroffenheit der Beschwerdeführerin von geschlechterspezifischer Gewalt, der Frauen in Syrien ausgesetzt sein können, ergibt sich auch deshalb nicht, da zum einen feststeht, dass im Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin noch (männliche) Angehörige der Beschwerdeführerin, die diese unterstützen könnten, leben. Es wurden keine Umstände dargetan, weshalb die in Syrien verbliebenen Angehörigen der Beschwerdeführerin nicht willens und in der Lage sein sollten, dieser in Syrien Schutz und Hilfe zu bieten. Die Beschwerdeführerin kann daher in Syrien nicht als eine alleinstehende Frau ohne Angehörige, und somit nicht als schutzlos und besonders vulnerabel, angesehen werden. Da sie nach ihren Angaben geheiratet hat, droht ihr auch nicht die Gefahr der Zwangsverheiratung (die sie auch gar nicht behauptet hat). Die Beschwerdeführerin hat auch nicht dargetan, weshalb sie im Gegensatz zu ihrer in Syrien verbliebenen Schwester der geschlechtsspezifischen Verfolgung in Syrien ausgesetzt wäre.

Zu anderen wird das Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin, wie dargelegt, nicht von radikal-islamistischen bzw. extremistischen Gruppierungen, die Frauen extremen Einschränkungen unterwerfen, sondern von kurdischen Akteuren (und der syrischen Regierung) kontrolliert. Dass auch in diesen Gebieten die Situation für Frauen (etwa durch extreme Einschränkungen) prekär wäre, hat auch die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Aus den Länderberichten ergibt sich vielmehr, dass die Situation von kurdischen Frauen in den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens, dem Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin, in Bezug auf Unabhängigkeit, Bewegungsfreiheit und die Vormundschaftsgesetze der selbsternannten Autonomieregierung besser als in sonstigen Gebieten Syriens ist. Im November 2014 beschloss die Autonomieregierung ein Dekret, das die „Gleichheit zwischen Männern und Frauen in allen Sphären des öffentlichen und privaten Lebens“ vorsieht. Demnach haben Frauen in den Augen des Gesetzes den gleichen Status wie Männer, auch zum Beispiel bezüglich Scheidung und Erbrecht. Polygamie, Ehrenmorde, Zwangsehen, Ehen von Minderjährigen und andere Formen von Gewalt gegen Frauen wurden verboten. Frauenkomitees, Frauenhäuser und Frauenzentren wurden eingerichtet, um Frauen zu schützen und zu vertreten, in den Themen Politik, Wirtschaft, Kultur und Recht weiterzubilden, und ihnen die Möglichkeit zu geben über familiäre und soziale Probleme zu sprechen und Lösungen zu finden. Aus diesen Verhältnissen für Frauen in den von den Kurden kontrollierten Gebieten Syriens lässt sich keine allgemeine Verfolgung von (alleinstehenden) Frauen in diesen Gebieten entnehmen (vgl. auch VwGH vom 11.11.2020, Ra 2020/18/0147). Denn betrachtet man die festgestellten Lebensbedingungen für (alleinstehende) Frauen in diesen Gebieten in ihrer Gesamtheit, so kann kein Zweifel bestehen, dass hier keiner der Fälle (wie etwa für Frauen in Afghanistan vor dem Sturz des Taliban-Regimes 2001) vorliegt, in denen eine Summe von Vorschriften gegen Frauen in Verbindung mit der Art ihrer Durchsetzung von insgesamt so extremer Natur ist, dass die Diskriminierung das Ausmaß einer Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention erreicht (vgl. VwGH 16.04.2002, 99/20/0483).

Es liegt daher keine ausreichende Wahrscheinlichkeit für eine Gefährdung der Beschwerdeführerin, die aufgrund ihrer Eigenschaft als Frau besteht, vor.

2.3.3. Zur behaupteten Verfolgung durch die machthabenden Kurden (durch Zwangsrekrutierung) ist auszuführen.

Aufgrund der Berichtslage zur allgemeinen Gefahr, von den PYD/YPG/SDF (durch zwangsweise Rekrutierung) in kurdischen Gebieten verfolgt zu werden, kann nicht vom Bestehen der für die Zuerkennung des Asylstatus erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit im Fall der Beschwerdeführerin ausgegangen werden. Denn es gibt in den Gebieten unter der Kontrolle der Kurden keinen verpflichtenden Militärdienst für Frauen und betrifft die Pflicht zur Selbstverteidigung und für jede Familie, ein Familienmitglied als „Freiwilligen“ zu stellen, männliche Personen im Alter von 18 bis 30 Jahren. Zwar gibt es auch Berichte über Zwangsrekrutierungen von Frauen und Mädchen durch die PYD/YPG/SDF. Daraus ergibt sich aber für die Beschwerdeführerin keine reale Rekrutierungsgefahr. Ihr ist entgegenzuhalten, dass sie Probleme ihrer nach wie vor im Herkunftsort lebenden Familie mit den kurdischen Machthabern bzw. den YPG und Fälle von zwangsweiser Rekrutierung ihrer Brüder und ihrer Schwester durch die YPG (die etwa auch Minderjährige betrifft) nicht dargetan hat. Es ist aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin auch nicht ersichtlich, dass sie und/oder ihre Angehörigen PYD(YPG)-kritisch politisch aktiv sind bzw. waren, sodass nicht anzunehmen ist, dass die Beschwerdeführerin und ihre Angehörigen mit einer Rekrutierung abgestraft werden könnten. Es bestehen insgesamt keine konkreten Hinweise auf eine besondere Gefährdung der Beschwerdeführerin und ihrer Familie, von den kurdischen Machthabern zwangsweise rekrutiert oder von diesen als oppositionell angesehen und bestraft zu werden.

Daran vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Schicksal ihrer Cousine, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin hat kämpfen müssen und anschließend getötet wurde, nichts zu ändern. Nach der GFK kommt es auf eine gegen den Asylwerber selbst (und nicht gegen Verwandte) gerichtete oder bevorstehende Verfolgung aus den Gründen der GFK an. Im Rahmen einer Beurteilung der Gesamtsituation eines Asylwerbers ist die einem Familienangehörigen drohende Verfolgung insofern nicht außer Betracht zu lassen, als diese grundsätzlich geeignet wäre, eine dem Asylwerber selbst drohende individuelle Verfolgung zu untermauern. Dahingehende Behauptungen müssen vom Asylwerber jedoch aufgestellt und glaubhaft gemacht werden (vgl. VwGH 30.09.1997, 96/01/0467). Der Beschwerdeführerin ist die Glaubhaftmachung einer solcherart ihr selbst drohenden individuellen Verfolgung nicht gelungen. Die Beschwerdeführerin vermochte auch über diesbezüglichen Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung, insbesondere angesichts des Umstandes, dass ihre Eltern und Geschwister nicht rekrutiert wurden/werden, nicht schlüssig aufzuzeigen, dass ihr das gleiche Schicksal wie ihrer Cousine droht. Es wurden keine Maßnahmen (gegen die Cousine der Beschwerdeführerin) vorgebracht bzw. anhand der Lage in Syrien ersichtlich, aus denen abgeleitet werden könnte, dass diese (in Wahrheit) auf die Verfolgung (auch) der Beschwerdeführerin aus asylrechtlich relevanten Gründen abzielen (vgl. dazu auch VwGH 14.10.1998, 98/01/0271). Der Umstand, dass es in Syrien zu Zwangsrekrutierungen von Frauen durch die kurdischen Machthaber kommen kann und die Cousine der Beschwerdeführerin davon betroffen war, stellt für die Beschwerdeführerin daher keine individuell gegen sie gerichtete Maßnahme dar und ist daher kein Asylgrund im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK. Eine die Beschwerdeführerin diesbezüglich selbst treffende Verfolgungsgefahr wurde insgesamt nicht objektiv nachvollziehbar dargetan. Die Beschwerdeführerin vermochte auch in der Beschwerdeverhandlung diesbezüglich keine überzeugenden Argumente vorzubringen. Die Beschwerdeführerin ist nach ihrem persönlichen/familiären Profil hinsichtlich der Rekrutierungsgefahr bzw. der Verfolgungsgefahr durch die kurdischen Machthaber als nicht gefährdet einzustufen.

Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführerin die zwangsweise Rekrutierung und Verfolgung durch die kurdischen Machthaber in ihrem Herkunftsgebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht.

2.3.4. Eine Verfolgung der Beschwerdeführerin durch die syrische Regierung ist ebenfalls nicht zu bejahen:

Zwar trifft es zu, dass den Länderberichten zufolge die syrischen Behörden oftmals die Familienangehörigen von als oppositionell eingestuften Personen ebenfalls als oppositionell ansehen und verfolgen oder Angehörige von gesuchten Personen, inklusive Wehrdienstentziehern, bei ihrer Rückkehr verhaften und misshandeln, etwa um die gesuchten Personen unter Druck zu setzen, ihre Aktivitäten einzustellen oder sich den syrischen Behörden zu stellen. Insbesondere am Flughafen von Damaskus werden zurückkehrende Syrer auch hinsichtlich ihrer Ausreise und hinsichtlich allfälliger Fahndungen (etwa wegen Verbrechen, regimekritischen Aktivitäten oder Ansichten, Einberufungsbefehlen) überprüft. Personen, die unter ein unten dargestelltes Risikoprofil fallen, können mit Isolationshaft und Folter rechnen, ebenso werden Rückkehrende inhaftiert, weil ein Familienmitglied, etwa wegen Nichtbeachtens eines Einberufungsbefehls, gesucht wird. Die genannten Risikogruppen sind: Personen mit einer (unterstellten) oppositionellen Gesinnung; Personen, die aus einem Gebiet stammen, das von der Opposition beherrscht wird oder wurde, vor allem wehrfähige Männer; Wehrdienstflüchtige; Deserteure und Exiloppositionelle, insbesondere Teilnehmer an regimekritischen Demonstrationen.

Daraus ergibt sich aber für die Beschwerdeführerin nicht die reale Gefahr, von der syrischen Regierung verfolgt zu werden. Es ist nämlich nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin den genannten Risikogruppen unterfällt. Vielmehr legen die individuellen Umstände der Beschwerdeführerin nahe, dass sie nicht von Verfolgung durch die syrische Regierung betroffen ist.

Die Beschwerdeführerin behauptet in der Beschwerde, ihr Ehemann sei vor dem Kriegsdienst geflüchtet, weshalb sie wegen ihres Ehemannes in Anspruch genommen werden würde, weiters würde ihr wegen ihres Ehemannes in Verbindung mit ihrer eigenen Flucht, ihrer kurdischen Abstammung und Herkunft aus einem oppositionellen Gebiet eine regimefeindliche Gesinnung unterstellt werden.

In Bezug auf die behauptete Gefährdung der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Ehemannes ist auszuführen, dass die Beschwerdebehauptung, der Ehemann der Beschwerdeführerin I.A. sei vor dem Kriegsdienst geflüchtet, im Widerspruch zur eigenen Angabe des I.A. in seinem Asylverfahren steht, wonach er keine eigenen Asylgründe habe. Überdies ergibt sich aus den Länderberichten nicht, dass Personen, deren Familienangehörige dem Militärdienst ferngeblieben sind, zwingend selbst Verfolgung zu befürchten haben. Die Beschwerdeführerin vermochte aber zu den Gründen, weshalb die syrische Regierung sie wegen ihres Ehemannes verfolgen sollte, keine überzeugenden Angaben zu machen. So konnte sie insbesondere nicht nachvollziehbar darlegen, warum trotz der behaupteten, ihr drohenden (stellvertretenden) Verfolgung wegen ihres Ehemannes, die Registrierung ihrer Ehe bei der syrischen Behörde und die Ausstellung eines Reisepasses, ohne vom syrischen Regime wegen ihres Ehemannes in Anspruch genommen zu werden, möglich war bzw. weshalb sie nach der Registrierung ihrer Ehe in Syrien von Seiten der syrischen Regierung unbehelligt blieb und ihr nachfolgend sogar noch ein Reisepass im syrischen Passamt in XXXX ausgestellt wurde. Dass es bei der Registrierung der Ehe oder bei der Reisepassausstellung zu Problemen für sie wegen ihres Ehemannes gekommen wäre, hat sie nicht behauptet. Daraus lässt sich ableiten, dass die syrische Regierung nicht die Absicht hat, die Ehefrau des I.A. (stellvertretend für diesen) zu verfolgen. Bei Betrachtung der konkreten Sachlage liegt hier ein Fall vor, bei dem aus dem Umstand, dass die Beschwerdeführerin in Syrien seitens der syrischen Regierung unbehelligt geblieben ist, zu schließen ist, dass die Beschwerdeführerin bei einer Rückkehr mit (dem gleichen) Desinteresse der syrischen Regierung rechnen kann und die syrische Regierung Familienangehörige ihres Ehemannes nicht wegen dessen Verhaltens (stellvertretend oder als Druckmittel) in Anspruch nimmt oder diese als oppositionell einstuft. Darüber hinaus ist (war) sie politisch nicht aktiv.

Es gibt auch keine anderen Gründe anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin als oppositionell zum syrischen Regime eingestuft wird. Wenn die Beschwerdeführerin meint, die syrische Regierung würde eine oppositionelle Gesinnung u.a. aus ihrer Flucht herleiten, ist daran zu erinnern, dass der Beschwerdeführerin von der syrischen Regierung am XXXX .2016 ein Reisepass ausgestellt wurde. Schon vor dem Hintergrund der Ausstellung eines Reisedokumentes für die Beschwerdeführerin liegt es nicht nahe, dass die syrische Regierung den Umstand, dass die Beschwerdeführerin Syrien in der Folge tatsächlich verlassen hat, als illoyalen Akt auffassen könnte. Selbst wenn die Beschwerdeführerin ohne Verwendung ihres gültigen Reisepasses aus Syrien unrechtmäßig ausgereist wäre, bestehen keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin bloß deshalb im Rahmen der Einreiseformalitäten am Flughafen von Damaskus oder in D. festgenommen wird und eine mit Folter verbundenen Anhaltung zu erleiden hat. Zwar kommt es vor, dass Personen ohne Grund bei der Einreise verhaftet werden, aber ein reales Risiko ist diesbezüglich nicht zu erkennen. Vor diesem Hintergrund kann die Möglichkeit, dass die Beschwerdeführerin bei der Einreise, festgenommen, angehalten und gefoltert/getötet wird, nicht gänzlich ausgeschlossen werden, es kann allerdings bei Bedachtnahme auf alle Umstände dieses Falles nicht davon ausgegangen werden, dass dies wahrscheinlich eintreten wird.

Aus den Länderberichten ergibt sich auch nicht, dass jedem Rückkehrer, der unrechtmäßig ausgereist ist und im Ausland einen Asylantrag gestellt hat, eine oppositionelle Gesinnung unterstellt wird oder dass Personen, deren Familienangehörigen im Ausland Asyl gewährt wurde, allgemein asylrelevante Verfolgung zu befürchten haben (vgl. auch VwGH 11.11.2020, Ra 2020/18/0147). Überdies kann im Fall der Beschwerdeführerin nicht davon ausgegangen werden, dass die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz durch die Beschwerdeführerin oder die erfolgte Zuerkennung des Asylstatus an ihren Ehemann dem syrischen Staat bekanntgeworden ist, zumal es den österreichischen Behörden verboten ist, Daten über Asylwerber an Behörden aus deren Herkunftsstaat zu übermitteln. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass dem syrischen Staat die Antragstellung/Asylzuerkennung entgegen dem Verbot oder durch sonstige Umstände tatsächlich bekanntgeworden ist.

Es ist ferner nicht ersichtlich, weshalb die syrische Regierung kurdische Rückkehrer bzw. Personen, die - wie die Beschwerdeführerin - aus einem von den Kurden kontrollierten Gebiet stammen, generell als oppositionell ansehen sollte. Nach den Länderberichten können Kurden nicht per se als Gegner des Assad-Regimes und das kurdische Herkunftsgebiet der Beschwerdeführerin nicht als solches unter der Kontrolle von – gegen die syrische Regierung kämpfenden - oppositionellen bewaffneten Gruppierungen angesehen werden. Dies ergibt sich auch daraus, dass die kurdischen Sicherheitskräfte die syrische Zentralregierung um Unterstützung in der Verteidigung der kurdisch kontrollierten Gebiete gebeten haben und die syrische Regierung daraufhin in mehrere Grenzstädte eingerückt ist. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, sie stamme aus einem bekannten Rebellengebiet und sei deshalb gefährdet, von der syrischen Regierung als in Opposition zu dieser eingestuft zu werden, kann daher nicht beigetreten werden.

Die Beschwerdeführerin hat auch in der Beschwerdeverhandlung keine konkreten Umstände dargelegt, aufgrund derer angenommen werden müsste, dass die syrische Regierung sie (wegen oder in Zusammenschau mit der Ausreise, der Asylantragstellung, ihrem Ehemann oder ihrer kurdischen Abstammung bzw. ihrer Herkunft aus einem Kurdengebiet) wahrscheinlich als oppositionell einstufen und/oder wegen Familienangehöriger verfolgen würde. Sie hat insbesondere keine Probleme mit der syrischen Regierung (Behörde) vor ihrer Ausreise behauptet.

Nach den Ausführungen finden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin gefährdet ist, in Syrien asylrelevant in das Blickfeld der syrischen Regierung zu geraten und von dieser wegen einer ihr zugeschriebenen oppositionellen Gesinnung und/oder im Wege der Sippenhaft verfolgt zu werden. Hinsichtlich der Einreise (am Flughafen von Damaskus) sprechen keine überzeugenden Umstände dafür, dass die Beschwerdeführerin Opfer von Festnahme und Folter wird, wenn es auch nicht ganz ausgeschlossen werden kann; dies ist jedoch nicht asylrelevant.

2.3.5. Im Ergebnis kann es nicht als wahrscheinlich angesehen werden, dass die Beschwerdeführerin in Syrien in ihrem Herkunftsgebiet D. einer Verfolgung durch syrische Regierung/Armee, die kurdischen Machthaber/die kurdischen Milizen, die türkische Armee oder islamistische Gruppierungen wegen einer ihr unterstellten politischen Gesinnung, wegen ihres Ehemannes, ihrer kurdischen Volksgruppe und/oder aufgrund ihrer Eigenschaft als Frau ausgesetzt sein wird. Eine nicht an ein hinreichendes Risiko heranreichende bloße Möglichkeit einer Verfolgung kann aber nicht zur Zuerkennung des Asylstatus führen, da es an der Voraussetzung des Vorliegens einer ausreichenden Verfolgungswahrscheinlichkeit mangelt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-VG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles sowie andere näher genannte (im vorliegenden Fall nicht relevante) Gesetze und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer eheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.2. Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG fristwahrend erhoben und es liegen auch die sonstigen Prozessvoraussetzungen vor.

3.3. Sie ist in der Sache jedoch nicht berechtigt:

3.3.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die „begründete Furcht vor Verfolgung“. Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. z. B. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Eine „Verfolgungsgefahr“ im Sinne der GFK ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Von der maßgeblichen Gefahr einer Verfolgung ist nicht auszugehen, wenn der Verfolger keinen Zugriff auf die betroffene Person hat (vgl. VwGH 06.09.2018, Ra 2017/18/0055).

§ 18 AsylG lautet:

„Ermittlungsverfahren

§ 18. (1) Das Bundesamt und das Bundesverwaltungsgericht haben in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

(2) Das Bundesamt hat, sofern es sich bei einem Asylwerber um einen unbegleiteten mündigen Minderjährigen handelt, eine Suche nach dessen Familienangehörigen im Herkunftsstaat, in einem Drittstaat oder Mitgliedstaat

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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