TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/14 W213 2247324-1

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Veröffentlicht am 14.12.2021
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Entscheidungsdatum

14.12.2021

Norm

BDG 1979 §51
BDG 1979 §69
B-KUVG §258
B-VG Art133 Abs4
GehG §12k
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W213 2247324-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Albert SLAMANIG als Einzelrichter über die Beschwerde von GrInsp. XXXX , vertreten durch RAe Gruber Partnerschaft KG, 1010 Wien, Wipplingerstrasse 20, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Burgenland vom 07.07.2021, GZ. PAD/21/00931479/001/AA, betreffend Verfall des Erholungsurlaubs (§ 69 BDG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 69 BDG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

I.1. Der am XXXX geborenen Beschwerdeführer steht seit 01.05.1991 als Gruppeninspektor (E2b) in einem öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht Dienst bei der Landespolizeidirektion Burgenland.

I.2. der Beschwerdeführer legte am 17.03.2020 der belangten Behörde im Dienstweg eine Bestätigung des Gemeindearztes von XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, datiert mit 16.03.2020 vor, welche ihn gemäß 9. COVID-19-Gesetz, BGBl. I 31/2020 als Risikopatient einstuft. Zufolge Erlass des BMI von 26.03.2020, Zl: 2020-0201.527, wurde er nach Begutachtung seines Falles durch den damaligen Chefarzt der LPD Burgenland mit 31.03.2020 vom Dienst freigestellt.

Dies deshalb, da er seine Arbeitsleistung weder in der Wohnung in Form von Homeoffice erbringen kann noch Bedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung in seiner Arbeitsstätte durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden können, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen. Der Beamtenbehörde wurde vom SPK XXXX am 12.05.2020 ein COVID-19-Risikoattest, ebenfalls ausgestellt von XXXX betreffend die Person des Beschwerdeführers, datiert mit 08.05.2020, vorgelegt.

Aufgrund mehrmaliger Verlängerungen der Verordnung der Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend, jetzt das Bundesministerium für Arbeit, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz besteht die Zugehörigkeit des Beschwerdeführers zur COVID-19-Risikogruppe bis 30.062021.

I.3. Der Urlaubsanspruchs des Beschwerdeführers beträgt gemäß § 65 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 64 BDG 1979 seit 01.01.2016 240 Stunden, das heißt, er erwarb mit 01.01.2019 Anspruch auf Erholungsurlaub im obigen Ausmaß. Von diesem Erholungsurlaub hat er 1,8 Stunden konsumiert. Der restliche Erholungsurlaub aus dem Jahre 2019 wäre gemäß § 69 Abs. 1 BDG 1979 bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres 2020 zu verbrauchen gewesen.

Der Beschwerdeführer wurde von seinem PI-Kommandanten, Ktrlnsp XXXX , gemäß § 45 Abs. 1a BDG 1979, am 01.09.2020 telefonisch und am 29.09.2020 mittels von der Dienstbehörde vorgesehenem Formblatt auf den drohenden Verfall seines Erholungsurlaubes aus dem Jahre 2019 rechtzeitig, unmissverständlich und nachweislich informiert und darauf hingewiesen dass er den Erholungsurlaub in Anspruch nehmen könne. Der Beschwerdeführer unterließ es, den Anspruch auf Erholungsurlaub im Ausmaß von 238,2 Stunden aus dem Jahre 2019 zu konsumieren, was am 04.01.2021 einen Antrag des SPK XXXX , XXXX , an die Personalabteilung auf Verfall des gegenständlichen Erholungsurlaubes zur Folge hatte. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge am 04.03.2021 durch den Kommandanten der PI XXXX vom Verfall des Erholungsurlaubs in Kenntnis gesetzt.

I.4. Mit Schreiben vom 07.04.2021 brachte er im Wesentlichen vor, dass die Ansicht der belangten Behörde, wonach seine nicht verbrauchten Urlaubskontingente für das Jahr 2019 verfallen seien, nicht der geltenden Rechts- bzw. Dienstrechtlage entspreche. Zudem enthalte der Aktenvermerk vom 04.03.2021 auch keinerlei Begründung aus der hervorgehen würde, aufgrund welcher Sach- bzw. Rechtslage sein Urlaubskontingent für das Jahr 2019 verfallen sein sollten. Er ersuche daher die belangte Behörde festzustellen, dass sein Urlaubsanspruch für das Jahr 2019 in der Höhe von 238,2 Stunden nicht verfallen sei, sondern in unverminderter Höhe fortgeschrieben werde bzw. bestehen bleibe. Im Hinblick auf die erforderliche Rechtssicherheit ersuche er um Erlassung eines begründeten Feststellungsbescheides, und zwar auch dann, falls seiner Rechtsauffassung, dass sein Urlaubskontingent für das Jahr 2019 nicht verfallen sein, nicht gefolgt würde.

I.5. Die belangte Behörde eröffnete dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 01.06.2021, dass sein Anspruch auf Erholungsurlaub aus dem Jahre 2019 im Ausmaß von 238,2 Stunden trotz seiner gemäß § 735 des Allgemeinen Sozialversiche4ungsgesetzes 1955, BGBI, Nr. 189/1955, und § 258 Abs. 3 BKUVG 1967 als Angehöriger einer Risikogruppe in Anspruch genommenen Freistellung, als verfallen gelte. Der Beschwerdeführer hiezu keine Stellungnahme ab.

I.6. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge den nunmehr bekämpften Bescheid dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hatte:

„Auf Ihren Antrag vom 07. 04. 2021 wird gemäß § 69 Abs. 1 in Verbindung mit S 45 Abs. la des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBI. Nr. 333, i.d.g.F. festgestellt, dass Ihr Anspruch Erholungsurlaub aus dem Jahre 2019 im Ausmaß von 238,2 Stunden trotz Ihrer gemäß § 735 Abs. 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes 1955, BGBI. Nr. 189/1955, und § 258 Abs. 3 Beamten-Krank und Unfallversicherungsgesetz 1967 (B-KUVG 1967)/ BGBI. Nr. 200/1967, als Angehöriger einer COVID-19-Risikogruppe in Anspruch genommenen Freistellung, als verfallen gilt.“

In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensgangs und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen im Wesentlichen aus, dass die durch die Änderung der §§ 735 ASVG 1955, BGBI. I Nr. 28/2021 und 258 B-KUVG 1967, BGBI. I Nr. 28/2021, Novelle BGBI. I Nr. 54/2020, normierte bzw. ermöglichte Freistellungsmöglichkeit von Angehörigen einer COVID-19-Risikogruppe ein Recht sui generis darstelle. Zweck dieser Normen ist es, dass man besonders schützenswerte Menschen von der Erbringung der Arbeitsleistung am Arbeitsplatz freistellen könne, um diese nicht durch Ansteckung aufgrund ihres Krankheitsbildes noch weiter zu gefährden. Das bedeute, dass — auch freigestellte — Angehörige einer COVID-19-Risikogruppe weiterhin allen Rechten und Pflichten des Dienst- und Besoldungsrechts unterlägen. Diese Personen seien lediglich aus Schutzgründen zu ihren Gunsten von der Erbringung ihrer Arbeits- bzw. Dienstleistung an ihrem Arbeitsplatz befreit. Es sei aufgrund von COVID-19 in keinem der Maßnahmengesetze eine lex spezialis zum Urlaubsverfallsrecht nomiert, was bedeute, dass die Bestimmungen des Paragrafen 69 BDG iVm § 45 Abs. 1a BDG hinsichtlich Urlaubsverfall auch im Falle einer Dienstfreistellung gemäß § 735 ASVG und § 258 B-KUVG geltendes Recht darstellten und im gegenständlichen Fall anzuwenden seien. Es handle sich um eine bewusst gewählte Legistik seitens des Gesetzgebers, nämliche um eine solche ohne Privilegierung von Angehörigen der COVID-19-Risikogruppe im Urlaubsverfallsrecht.

I.7. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass der Beschwerdeführer am 01.07.2021 wegen eines Reha-Aufenthalts nicht im Dienst und ortsabwesend gewesen sei. Daher habe er das Schreiben der belangten Behörde vom 01.06.2021 nicht erhalten. Dem Beschwerdeführer sei daher im erstinstanzlichen Verfahren kein Parteiengehör gewährt worden.

In materiellrechtlicher Hinsicht sei der Bescheid rechtswidrig, da der Beschwerdeführer zwar aufgefordert wurde seinen Urlaub zu konsumieren, in gleich gelagerten Fällen die Beamten aber nachweislich nicht aufgefordert worden seien, den Urlaubsanspruch während der Dienstfreistellung zu konsumieren. Ferner sei in diesen gleich gelagerten Fällen der Urlaubsanspruch der betreffenden Beamten nicht als verfallen erklärt worden.

Die von der Behörde in ihrer Begründung aufgestellte Behauptung einer bewusst gewählten Legistik des Gesetzgebers sei in keiner Weise begründet. Der bloße Hinweis darauf, dass in keinem der Maßnahmengesetze eine Regelung für die Frage des Urlaubsverfalls enthalten sei, stelle jedenfalls keine ausreichende Begründung dar.

Gerade der Umstand, dass die im Zuge der Coronakrise geschaffenen Regelungen allesamt darauf abzielten, dass Nachteile für die betroffene Bevölkerung insbesondere auch im Bereich der Berufsausübung hintangehalten würden, sei nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers jede dieser Sonderregelungen unter diesem Aspekt zu betrachten und auszulegen.

Wenn etwa trotz des Entfalls von Nebengebührenzulagen ein Urlaub konsumiert werden müsse, gleichzeitig der Urlaub aber nicht in der gewohnten persönlichen Freiheit und somit unter starken Einschränkungen zu erfolgen habe, die den vom Gesetzeber geplanten und erwünschten Erholungseffekt verhinderten, so entspreche dies nicht dem Wesen eines Erholungsurlaubes im Sinne der gesetzlichen Regelungen.

Tatsächlich sei eine Analogie zu den gesetzlich normierten Ausnahmefällen herzustellen, da die Situation mit diesen Fällen thematisch gleich gelagert sein. Insbesondere wäre also § 69 BDG 1979 in Analogie anzuwenden gewesen, der Ausnahmen zum Urlaubsverfall normiere, nämlich dass der Verfall erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres eintritt, wenn der Verbrauch bis zum 31. Dezember des Folgejahres aus einem der in § 51 Abs. 2, erster Satz BDG 1979 (Krankheit, Unfall, Gebrechen) oder aufgrund eines Beschäftigungsverbots nach dem MSchG nicht möglich sei. Die von der Behörde vertretene entgegengesetzte Rechtsansicht sei aus den genannten Gründen nicht haltbar.

Die Einstufung als Risikopatient zeige bereits, dass es gesundheitliche Umstände gebe, die es einem Arbeitnehmer unmöglich machten, den üblichen Dienst ohne Eingehen eines erheblichen und tatsächlich nicht abschätzbaren gesundheitlichen Risikos zu versehen.

Als Begründung für den Ausspruch des Verfalles eine Meinung eines Verwaltungsbeamten heranzuziehen, sei nicht ausreichend. Dennoch sei darauf zu verweisen, dass auch in dieser Stellungnahme gerade auf die Tatsache „besonders schützenswerter Menschen" abgestellt werde. Es geht aber eben nicht nur um den Schutz vor Ansteckung am Arbeitsplatz, sondern insgesamt darum, diesen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich durch Selbstisolation vor einer Ansteckung zu schützen. Diese Isolation wäre durch einen Urlaub, sowie dieser zur Erreichung eines entsprechenden Erholungswertes ausgeführt werden sollte, aber durchbrochen, der üblicherweise im Urlaub durchaus eher mehr Kontakte mit Fremden mit Menschen entstehen, als dies selbst im Falle einer Ausübung der beruflichen Tätigkeit der Fall wäre.

Die belangte Behörde habe daher die ihr obliegende Begründungspflicht verletzt. Ferner wäre sie verpflichtet gewesen, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen ausreichend zu ermitteln und festzustellen. Dies habe sie unterlassen und damit gegen die Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit verstoßen. Bei vollständiger Ermittlung hätte die Behörde zu dem Ergebnis kommen müssen, dass die Voraussetzungen für die Feststellung des Verfalls des Urlaubsanspruchs nicht vorliegen. Darüber hinaus habe die Behörde den in der Verfassung festgelegten Gleichheitsgrundsatz in eklatanter Weise verletzt.

Es werde daher beantragt,

?        der Beschwerde Folge zu geben,

?        den angefochtenen Bescheid aufzuheben und

?        das Verfahren mit der Wirkung einzustellen, dass der Urlaubsanspruch der 2019 nicht verfallen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene Beschwerdeführer steht seit 01.05.1991 als Gruppeninspektor (E2b) in einem öffentlich – rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und versieht Dienst bei der Landespolizeidirektion Burgenland.

Der Beschwerdeführer legte am 17.03.2020 der belangten Behörde im Dienstweg eine Bestätigung des Gemeindearztes von XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, datiert mit 16.03.2020 vor, welche ihn gemäß 9. COVID-19-Gesetz, BGBl. I 31/2020 als Risikopatient einstuft. Zufolge Erlass des BMI von 26.03.2020, Zl: 2020-0201.527, wurde er nach Begutachtung seines Falles durch den damaligen Chefarzt der LPD Burgenland mit 31.03.2020 bis 30.06.2021 gemäß § 12k GehG vom Dienst freigestellt.

Der Urlaubsanspruchs des Beschwerdeführers beträgt gemäß § 65 Abs. 1 BDG 1979 iVm § 64 BDG 1979 seit 01.01.2016 240 Stunden, das heißt, er erwarb mit 01.01.2019 Anspruch auf Erholungsurlaub im obigen Ausmaß. Von diesem Erholungsurlaub hat er 1,8 Stunden konsumiert. Der restliche Erholungsurlaub aus dem Jahre 2019 wäre gemäß § 69 Abs. 1 BDG 1979 bis zum Ende des folgenden Kalenderjahres 2020 zu verbrauchen gewesen.

Der Beschwerdeführer wurde von seinem PI Kommandanten, Ktrlnsp XXXX , gemäß § 45 Abs. 1a BDG 1979, am 01.09.2020 telefonisch und am 29.09.2020 mittels von der Dienstbehörde vorgesehenem Formblatt auf den drohenden Verfall seines Erholungsurlaubes aus dem Jahre 2019 rechtzeitig, unmissverständlich und nachweislich informiert und darauf hingewiesen dass er den Erholungsurlaub in Anspruch nehmen könne. Der Beschwerdeführer unterließ es, den Anspruch auf Erholungsurlaub im Ausmaß von 238,2 Stunden aus dem Jahre 2019 zu konsumieren.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt konnte auf Basis der Aktenlage festgestellt werden, wobei hervorzuheben ist, dass die entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente nämlich

?        die Dienstfreistellung des Beschwerdeführers für den Zeitraum 31.03.2020 bis 30.06.2021 gemäß § 12k GehG in Verbindung mit § 735 Abs. 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes 1955, BGBI. Nr. 189/1955, und § 258 Abs. 3 Beamten-Krank und Unfallversicherungsgesetz 1967 (B-KUVG 1967)/ BGBI. Nr. 200/1967, als Angehöriger einer COVID-19-Risikogruppe;

?        der unverbrauchte Urlaubsanspruch des Beschwerdeführers für das Jahr 2019 im Ausmaß von 238,2 Stunden;

?        die am 01.09.2020 telefonisch und am 29.09.2020 mittels von der Dienstbehörde vorgesehenem Formblatt gemäß § 45 Abs. 1a BDG 1979 erfolgte Verständigung des Beschwerdeführers durch seinen PI Kommandanten, Ktrlnsp XXXX , gemäß § 45 Abs. 1a BDG 1979, vom drohenden Verfall seines Erholungsurlaubes aus dem Jahre 2019 und den Hinweis, dass er den Erholungsurlaub in Anspruch nehmen könne;

?        die Nichtkonsumation des Erholungsurlaubs im Ausmaß von 238,2 Stunden aus dem Jahre 2019 durch den Beschwerdeführer

nicht bestritten werden.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte daher gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389 entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a Abs. 1 BDG 1979 idf 2013/210 hat das Bundesverwaltungsgericht unter anderem in Angelegenheiten der §§ 38 und 40 BDG durch einen Senat zu entscheiden. Gegenständlich liegt somit mangels derartiger gesetzlicher Bestimmungen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§§ 51 und 69 BDG sowie § 258 B-KUVG und § 12k GehG haben (auszugsweise) nachstehenden Wortlaut:

„Abwesenheit vom Dienst

§ 51. (1) Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

(2) Ist der Beamte durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung seines Dienstes verhindert, so hat er seinem Vorgesetzten eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn er dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder der Vorgesetzte oder der Leiter der Dienststelle es verlangt. Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst nicht als gerechtfertigt.

Verfall des Erholungsurlaubes

§ 69. (1) Der Anspruch auf Erholungsurlaub verfällt, wenn die Beamtin oder der Beamte den Erholungsurlaub nicht bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres verbraucht hat. Ist der Verbrauch bis zu diesem Zeitpunkt aus dienstlichen Gründen, einem der Gründe des § 51 Abs. 2 erster Satz oder aufgrund eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG nicht möglich, so tritt der Verfall erst mit Ablauf des folgenden Kalenderjahres ein.

(2) Wurde eine Karenz nach dem MSchG oder VKG in Anspruch genommen, so wird der Verfallstermin um den Zeitraum der Karenz hinausgeschoben.

(3) Der Verfall tritt nicht ein, wenn es die oder der Vorgesetzte unterlassen hat, entsprechend dem § 45 Abs. 1a rechtzeitig, unmissverständlich und nachweislich auf die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubes durch die jeweilige Beamtin oder den jeweiligen Beamten hinzuwirken.

COVID-19-Risiko-Attest

§ 258 …

3) Legt eine betroffene Person ihrem Dienstgeber dieses COVID-19-Risiko-Attest vor, so hat sie Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung und Fortzahlung des Entgelts, außer

1. die betroffene Person kann ihre Arbeitsleistung in der Wohnung erbringen (Homeoffice) oder

2. die Bedingungen für die Erbringung ihrer Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte können durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen ist; dabei sind auch Maßnahmen für den Arbeitsweg mit einzubeziehen.

Die Freistellung kann bis längstens 31. Mai 2020 dauern. Dauert die COVID-19 Krisensituation über den 31. Mai 2020 hinaus an, so hat die Bundesministerin für Arbeit, Familie und Jugend im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung den Zeitraum, in dem eine Freistellung möglich ist, zu verlängern, längstens jedoch bis zum 30. Juni 2021(Anm. 2). Eine Kündigung, die wegen der Inanspruchnahme der Dienstfreistellung ausgesprochen wird, kann bei Gericht angefochten werden. (Anm. 1).

Dienstfreistellung wegen Zugehörigkeit zur COVID-19-Risikogruppe

§ 12k. (1) Auf die Beamtin oder den Beamten ist § 258 Abs. 1 bis 3 des Beamten-Kranken-und Unfallversicherungsgesetzes – B-KUVG, BGBl. Nr. 200/1967, sinngemäß anzuwenden.

(2) Soweit ein Dritter, dem die Beamtin oder der Beamte zur Dienstleistung zugewiesen ist, gegenüber dem Dienstgeber zum Ersatz oder zur Übernahme des Personalaufwands verpflichtet ist, ruht diese Verpflichtung für die Dauer einer Dienstfreistellung nach Abs. 1.

(3) Die Verpflichtung zur Bemessung, Berechnung und Zahlbarstellung der Bezüge und von sonstigen Geldleistungen bleibt von Abs. 2 unberührt.

(4) Abweichend von § 1 ist Abs. 1 auch auf andere Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Ausbildungsverhältnis zum Bund anzuwenden.

(5) Ab dem 1. Juli 2021 kann der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz durch Verordnung Zeiträume bis längstens 31. Dezember 2021 festlegen, in denen eine Freistellung nach § 258 Abs. 3 B-KUVG möglich ist, wenn dies aufgrund der epidemiologischen Gesamtsituation erforderlich ist.

(6) COVID-19-Risikoatteste, die vor dem 1. Juli 2021 ausgestellt wurden, verlieren mit Ablauf des 30. Juni 2021 ihre Gültigkeit. Wird eine Verordnung nach Abs. 5 erlassen, so besteht in den darin festgelegten Zeiträumen Anspruch auf Freistellung von der Dienstleistung und Fortzahlung des Bezuges, sofern die betroffene Beamtin oder der betroffene Beamte ihrem oder seinem Dienstgeber ein nach dem 30. Juni 2021 ausgestelltes COVID-19-Attest vorlegt und die Maßnahmen nach § 258 Abs. 3 Z 1 und 2 B-KUVG nicht möglich sind.“

Im vorliegenden Fall ist unstrittig davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 31.03.2020 bis 30.06.2021 gemäß § 258 Abs. 3 B-KUVG von dienstfreigestellt war, da er ein COVID-19-Risiko-Attest vorgelegt hat und er seine Arbeitsleistung nicht in der Wohnung erbringen (Homeoffice) konnte und die Bedingungen für die Erbringung seiner Arbeitsleistung in der Arbeitsstätte nicht durch geeignete Maßnahmen so gestaltet werden konnten, dass eine Ansteckung mit COVID-19 mit größtmöglicher Sicherheit ausgeschlossen war. Ebenso unstrittig ist der Umstand, dass der Beschwerdeführer seinen Urlaubsanspruch für das Jahr 2019 im Ausmaß von 238,2 Stunden trotz entsprechender Verständigung bzw. Aufforderung durch seinen Vorgesetzten gemäß § 45 Abs. 1a BDG nicht bis zum Ablauf des 31.12.2020 konsumiert hat.

§ 69 BDG schließt einen Verfall des Anspruchs auf Erholungsurlaub nur dann aus, wenn der Verbrauch bis zum 31. Dezember des dem Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus

?        dienstlichen Gründen,

?        einem der Gründe des § 51 Abs. 2 erster Satz BDG oder

?        aufgrund eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG nicht möglich war oder

?        wenn es der Vorgesetzte unterlassen hat, entsprechend dem § 45 Abs. 1a rechtzeitig, unmissverständlich und nachweislich auf die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubes durch die jeweilige Beamtin oder den jeweiligen Beamten hinzuwirken.

Im vorliegenden Fall kann die Unmöglichkeit des Verbrauchs des Erholungsurlaubs aufgrund dienstlicher Gründe angesichts der Dienstfreistellung des Beschwerdeführers ausgeschlossen werden. Ebenso ausgeschlossen ist die Unmöglichkeit infolge eines Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG. Eine durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen verursachte Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst kann ebenso ausgeschlossen werden, da dieser lediglich gemäß § 258 Abs. 3 B-KUVG von dienstfreigestellt war. Seitens des Vorgesetzten des Beschwerdeführers wurde - von diesem unbestritten - nachweislich daraufhin gewirkt, dass dieser den Urlaubsanspruch für das Jahr 2019 in Anspruch nimmt.

Wie die belangte Behörde zu Recht hervorhebt, gelten für einen solcherart vom Dienst freigestellten Beamten weiterhin alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ergeben. Die betroffenen Beamten sind lediglich zum Schutz vor einer allfälligen Ansteckung mit COVID 19 von der Erbringung ihrer Arbeits-bzw. Dienstleistung an ihrem Arbeitsplatz befreit. Eine Unmöglichkeit, bestehende Ansprüche auf Erholungsurlaub zu konsumieren ergibt sich daraus nicht.

Soweit der Beschwerdeführer einwendet, dass im Erholungsurlaub üblicherweise vermehrt Kontakte zu anderen Personen aufträten und dadurch seine Isolation unterbrochen werde, ist festzuhalten, dass die Art und Weise wie ein Erholungsurlaub konsumiert wird keine Unmöglichkeit des Verbrauchs im Sinne des § 69 BDG begründen kann. Auch wenn der Beschwerdeführer einer besonders durch Ansteckung mit COVID 19 gefährdeten Personengruppe angehört, hindert dies nicht den Erholungsurlaub zu konsumieren. Da dies einerseits zu Hause möglich ist, andererseits es aber auch eine Reihe von Möglichkeiten gibt den Urlaub so zu gestalten, dass man mit möglichst wenig Menschen in Kontakt kommt.

Soweit der Beschwerdeführer vermeint, dass eine Dienstfreistellung gemäß § 12k GehG i.V.m. § 258 Abs. 3 B-KUVG analog den im § 69 BDG genannten Tatbeständen eine Unmöglichkeit der Inanspruchnahme von Erholungsurlaub begründen und damit einem Verfall des Urlaubsanspruchs entgegenstehen solle, ist dem Nachstehendes entgegenzuhalten:

Wie oben dargestellt, ist im vorliegenden Fall kein Tatbestand des § 69 BDG, der einem Verfall des Anspruches auf Erholungsurlaub entgegensteht, gegeben. Der Beschwerdeführer ist lediglich von der Verpflichtung, an seinem Arbeitsplatz seine Dienstleistung zu erbringen befreit. Damit ist aber keine Unmöglichkeit verbunden Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 27.10.1999, GZ. 99/12/0177, festgestellt, dass ein suspendierter Beamter angesichts der ihn treffenden Verpflichtung, sich zum Dienstantritt bereitzuhalten, den Erholungsurlaub während der Zeit der Suspendierung (trotz des Fehlens einer Verpflichtung zur Dienstleistung) verbrauchen kann und ausgesprochen, dass diese Zeit keinen Aufschub des Urlaubsverfalls bewirkt.

Wenn auch eine Dienstfreistellung gemäß § 12k GehG i.V.m. § 258 Abs. 3 B-KUVG keine Suspendierung nach § 112 BDG darstellt, ist doch festzuhalten, dass es durchaus Ähnlichkeiten gibt:

In beiden Fällen ist es dem Beamten verwehrt seine dienstliche Tätigkeit an seinen Arbeitsplatz auszuüben. Der Unterschied besteht nur darin, dass es sich im Fall der Suspendierung um ein disziplinarrechtliches Sicherungsmittel handelt, während durch die Dienstfreistellung nach § 12k GehG i.V.m. § 258 Abs. 3 B-KUVG Beamte, die COVID-19-Risiko-Attest vorgelegt haben, vor einer allfälligen Ansteckung mit COVID-19 geschützt werden sollen. Sowohl im Fall einer Suspendierung als auch im Fall einer Dienstfreistellung gemäß § 12k GehG i.V.m. § 258 Abs. 3 B-KUVG haben die betroffenen Beamten nach Wegfall dieser Maßnahme ihren Dienst wieder anzutreten. Sie sind also verpflichtet sich zum sofortigen Wiederantritt des Dienstes (etwa nach Aufhebung der Suspendierung oder Wegfall der Dienstfreistellung bereitzuhalten).

Die Beschwerde war daher gemäß § 69 Abs. 1 und 3 BDG i.V.m. § 28 Abs. 1 und 2 als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zur Frage, ob eine Dienstfreistellung gemäß § 12k GehG i.V.m. § 258 Abs. 3 B-KUVG die Inanspruchnahme von Erholungsurlaub unmöglich macht, fehlt es noch an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs.

Schlagworte

Dienstfreistellung Erholungsurlaub - Nichtverbrauch öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis Pandemie Revision zulässig Risikogruppe Verfall des Erholungurlaubs

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W213.2247324.1.00

Im RIS seit

21.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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