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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1332;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/21/0729Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, in der Beschwerdesache der A in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in S, über die Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens Zl. 96/21/0219, in eventu Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur (vollständigen) Ergänzung der Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 28. Dezember 1995, Zl. Fr-3200/95, betreffend Ausweisung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Anträge werden abgewiesen.
Begründung
Mit Beschluß vom 22. Mai 1996, Zl. 96/21/0219, wurde die Beschwerde gegen den genannten Bescheid gemäß den §§ 33 Abs. 1, 34 Abs. 2 VwGG als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt, nachdem die Beschwerdeführerin zwar einen ergänzenden Schriftsatz in dreifacher Ausfertigung eingebracht, die an sie zurückgestellte, an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde jedoch nicht wieder vorgelegt hatte.
Die Beschwerdeführerin beantragt nunmehr die Wiederaufnahme des Verfahrens, in eventu die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dem Vorbringen, tatsächlich sei die gegenständliche Beschwerde in Kopie dem gemäß § 34 Abs. 2 VwGG erstatteten Schriftsatz angefügt worden und es sei demnach richtigerweise die Vorlage der Beschwerde entsprechend dem Auftrag erfolgt. Der genannte Beschluß beruhe somit auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer im VwGG vorgesehenen Frist. In weiterer Folge sei die Vorlage der Beschwerde im Original durchgeführt worden; der gegenständliche Fehler sei auf eine Verwechslung bei Durchführung der Übersendung zurückzuführen, sodaß ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis der Grund für die Übersendung der Originalbeschwerde in Kopie gewesen sei.
Beide Anträge sind nicht zielführend.
Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin war dem Mängelbehebungsschriftsatz auch nicht eine Ablichtung des ursprünglichen Beschwerdeschriftsatzes angeschlossen, denn zum einen liegt keine im Akt und zum anderen geht aus der Eingangsstampiglie in eindeutiger Weise hervor, daß keine Beilage dem Ergänzungsschriftsatz angeschlossen war. Auch der Mängelbehebungsschriftsatz selbst enthält nur den Hinweis "3-fach 1 HS" und erwähnt keine Beilage. Eine auf § 45 Abs. 1 Z. 2 VwGG gestützte Wiederaufnahme kam daher nicht in Betracht.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter (dessen Verschulden dem der Partei gleichzuhalten ist) darf nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen haben. Grundsätzlich kann dem Rechtsanwalt eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht nicht zur Last gelegt werden, wenn der Auftrag zu einem technischen Vorgang in der Kanzlei einer bis dahin fehlerfrei arbeitenden und verläßlichen Kanzleikraft erteilt worden war und seine Überwachungsmaßnahmen als hinreichend anzusehen sind (vgl. zum Ganzen den hg. Beschluß vom 22. Mai 1996, Zl. 96/21/0004).
Vorliegend fehlen jegliche Behauptungen, die unter Berücksichtigung der aufgezeigten Rechtsprechung zu der begehrten Wiedereinsetzung führen könnten. So wurde nicht vorgebracht, wem in der Kanzlei der Vertreter der Beschwerdeführerin das Mißgeschick passiert sein könnte (wobei im übrigen nicht etwa die Absendung des ursprünglichen Beschwerdeschriftsatzes bloß in Ablichtung und nicht im Original zur Debatte steht, sondern die Unterlassung beider Vorgangsweisen), ob es sich bei dieser Person um eine bis dahin verläßlich arbeitende Kanzleikraft gehandelt habe und ob die Rechtsanwälte geeignete Kontrollmaßnahmen ergriffen hätten. Überdies deutet das Fehlen eines Hinweises auf eine Beilage im Mängelbehebungsschriftsatz darauf hin, daß das Versehen nicht erst im Zuge des Abfertigungsvorganges unterlaufen ist.
Es konnte somit weder die Wiederaufnahme des Verfahrens noch die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996210728.X00Im RIS seit
03.04.2001