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10/07 Verfassungs- und VerwaltungsgerichtsbarkeitNorm
B-VG Art140 Abs1 Z1 litdLeitsatz
Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens und Aufhebung eines Beschlusses des VfGH; Ablehnung der Behandlung eines Parteiantrags gegen Bestimmungen des StrafvollzugsG betreffend eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahmen von Untergebrachten im fortgesetzten AnlassverfahrenRechtssatz
Mit E v 15.12.2021, G229/2021, sprach der VfGH aus, dass §34 VfGG idF BGBl I 33/2013 mit Ablauf des 31.12.2022 als verfassungswidrig aufgehoben wird. Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden. Auf den vorliegenden Fall ist somit auf Grund des §35 Abs1 VfGG die ZPO sinngemäß anzuwenden. B v 26.11.2020, G354/2020, gründete auf dem Beschluss des OLG Wien vom 02.11.2020, mit dem das Rechtsmittel des Antragstellers im Anlassverfahren, nämlich seine Beschwerde vom 13.10.2020, zurückgewiesen worden war. Mit Urteil des OGH v 25.03.2021 wurde dieser Beschluss aufgehoben. Es liegt sohin ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des §35 Abs1 VfGG iVm §530 Abs1 Z5 ZPO vor. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiederaufnahme des mit B v 26.11.2020, G354/2020, abgeschlossenen Verfahrens über den Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B-VG liegen vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag zu bewilligen war. B v 26.11.2020, G354/2020, ist daher aufzuheben.
Das Vorbringen des Antrages lässt vor dem Hintergrund des Begehrens und der Rsp des VfGH die behaupteten Verfassungswidrigkeiten (der §§152 Abs2, 152a, 163, 167 Abs1 und 17 Abs1 Z3 StVG) als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat: Art6 Abs1 EMRK ist auf ein Verfahren, in dem über die bedingte Entlassung eines Strafgefangenen entschieden wird, nicht anwendbar, weil darin nicht über die Stichhaltigkeit einer Anklage abgesprochen wird. Gleiches gilt sinngemäß für im Maßnahmenvollzug Untergebrachte. Angesichts der Unterschiede im Tatsächlichen zwischen Strafgefangenen (§§152 ff StVG) und Untergebrachten (§167 StVG) verstößt die unterschiedliche Regelung nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Auch eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Schutz der persönlichen Freiheit gemäß dem BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit und Art5 EMRK durch die angefochtenen Bestimmungen kann der VfGH nicht erkennen. Eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Maßnahme bedeutet grundsätzlich keinen Verstoß gegen Art5 Abs1 EMRK.
Entscheidungstexte
Schlagworte
VfGH / Anlassverfahren, VfGH / Ablehnung, Strafvollzug, VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / Parteiantrag, VfGH / AnlassfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:G83.2021Zuletzt aktualisiert am
21.01.2022