TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/29 W194 2231588-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.09.2021
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Entscheidungsdatum

29.09.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
KOG §36
ORF-G §19
ORF-G §21
ORF-G §23
ORF-G §36 Abs1
ORF-G §37 Abs1
ORF-G §4a Abs1
ORF-G §4a Abs2
ORF-G §4a Abs6
ORF-G §4a Abs8
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W194 2231588-1/7E
W194 2231809-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Daniela Sabetzer als Vorsitzende und die Richter Dr. Christian Eisner und Dr. Stefan Keznickl als Beisitzer über die Beschwerde 1. des Österreichischen Rundfunks (ORF) und 2. des XXXX , gegen Spruchpunkt 1. des Bescheides der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom 11.02.2020, KOA11.285/20-002, betreffend Feststellung einer Verletzung des § 4a Abs. 2 ORF-G, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt 1. nunmehr lautet: Gemäß § 4a Abs. 8 iVm §§ 36 Abs. 1 und 37 Abs. 1 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 61/2018, wird festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk dadurch, dass sich der Publikumsrat entgegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 4a Abs. 2 und § 4a Abs. 6 ORF-G mit der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 nicht zumindest innerhalb eines Jahres befasste, gegen § 4a Abs. 2 ORF-G verstoßen hat.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 11.02.2020, Zl. KOA 11.285/20-002, der den beschwerdeführenden Parteien am 12.02.2020 zugestellt wurde, entschied die belangte Behörde „im Rahmen der Rechtsaufsicht wie folgt“:

„1. Gemäß § 4a Abs. 8 iVm §§ 36 Abs. 1 und 37 Abs. 1 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 61/2018, wird festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk entgegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 4a Abs. 2 ORF-G im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 den Publikumsrat nicht befasst hat, wodurch er gegen § 4a Abs. 2 ORF-G verstoßen hat.

2. Im Übrigen wird festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk betreffend die Jahre 2017 und 2018 das Verfahren der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems eingehalten hat.“

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien vom 11.03.2020, mit welcher der Bescheid in seinem Spruchpunkt 1. wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts angefochten und beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid „in seinem Spruchpunkt 1. aufheben und feststellen, dass der ORF betreffend die Jahre 2017 und 2018 das Verfahren der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems eingehalten hat“.

3. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am 04.06.2020 eingelangter Beschwerdevorlage den gegenständlichen Verwaltungsakt, verzichtete ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und erstattete unter einem eine Stellungnahme zur Beschwerde, welche den beschwerdeführenden Parteien mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.06.2020 zur Kenntnis gebracht wurde.

4. Am 03.07.2020 erstatteten die beschwerdeführenden Parteien dazu eine Stellungnahme, welche der belangten Behörde mit Schreiben vom 27.07.2020 übermittelt wurde. Eine Stellungnahme der belangten Behörde langte nicht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid – soweit hier relevant – die folgenden Feststellungen zugrunde (vgl. die Seiten 21f des angefochtenen Bescheides):

„2.6. Sitzungen des Qualitätsausschusses des Publikumsrates sowie Sitzungen bzw. Empfehlungen des Publikumsrates zum Qualitätssicherungssystem

Im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems des ORF betreffend die Jahre 2011 bis 2016 wurde das Qualitätssicherungssystem jährlich zunächst im Qualitätsausschuss des Publikumsrates vorberaten und wurde in der Folge in einer der nächsten Sitzungen des Publikumsrates behandelt.

In der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 24.01.2018 wurden der Leiter und der stellvertretende Leiter der Abteilung für Medienangelegenheiten im Bundeskanzleramt unter dem Tagesordnungspunkt „Fragestellungen zum ORF-G" unter anderem zum Qualitätssicherungssystem befragt und im Anschluss mögliche Änderungen des Verfahrens gemäß § 4a ORF-G diskutiert. In der Sitzung des Publikumsrates vom 01.03.2018 wurde von der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 24.01.2018 berichtet.

In der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 01.10.2018 berichtete XXXX über das Qualitätssicherungssystem des ORF betreffend das Jahr 2017. In der Sitzung des Publikumsrates vom 29.11.2018 wurde von der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 01.10.2018 berichtet.

In der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 17.09.2019 berichtete XXXX über das Qualitätssicherungssystem des ORF betreffend das Jahr 2018, über welches in der Folge diskutiert wurde.

In keiner Sitzung des Publikumsrates (auch nicht in jener vom 28.11.2019) war das Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2018 auf der Tagesordnung oder wurde in den Sitzungen behandelt.“

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind im Verfahren unbestritten. Sie wurden von der belangten Behörde dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt und in der Beschwerde nicht bestritten. Im Besonderen bestreitet die Beschwerde nicht, dass das Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2018 in keiner Plenarsitzung des Publikumsrates (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides im Februar 2020) behandelt wurde bzw. auf der Tagesordnung war.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Die §§ 4a, 19, 21, 23 und 30 ORF-G lauten, soweit vorliegend relevant:

„Qualitätssicherungssystem

§ 4a. (1) Der Generaldirektor hat ein Qualitätssicherungssystem zu erstellen, das unter besonderer Berücksichtigung der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter, der Freiheit der journalistischen Berufsausübung sowie der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Direktoren und Landesdirektoren Kriterien und Verfahren zur Sicherstellung der Erfüllung des gemäß § 4 erteilten öffentlich-rechtlichen Kernauftrages definiert.

(2) Das Qualitätssicherungssystem bedarf der Genehmigung des Stiftungsrates. Zur Beurteilung der Gesamtleistungen des Qualitätssicherungssystems auf Basis des vorgelegten Jahresberichts, insbesondere ob den Qualitätskriterien in den wesentlichen Belangen entsprochen wurde, ist ein vom Generaldirektor mit Zustimmung des Stiftungsrates beauftragter Sachverständiger heranzuziehen. Der Sachverständige hat eine außerhalb des Unternehmens stehende Person zu sein, muss über die entsprechende berufliche Qualifikation und Erfahrung verfügen und ist in Ausübung der Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden. Für die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem (§ 30 Abs. 1 Z 7) ist ein ständiger Ausschuss des Publikumsrates zu bilden (Qualitätsausschuss). Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.

(3) Zur Sicherstellung der Ausgewogenheit des Inhaltsangebots (§ 4 Abs. 1 bis 3) und der darauf bezogenen Entscheidungsfindung für die langfristigen Programmpläne sowie die Jahressendeschemen ist neben der Entwicklung qualitativer Kriterien auch in quantitativer Hinsicht die Festschreibung der einzelnen Programmkategorien zuzurechnenden Anteile am bezughabenden Fernseh- und Hörfunkangebot Bestandteil des Qualitätssicherungssystems. Dazu ist vom Österreichischen Rundfunk eine Programmstrukturanalyse für das Fernseh- und Radioprogramm durchzuführen, wobei bei der Kategorisierung der Sendungen und der Einordnung in Kategorien vom für die Erstellung des Berichts nach § 7 eingesetzten Programmcodierungssystem auszugehen ist. Bei der Festlegung dieser Anteile ist vom ORF-Sendeschema für Fernsehen und Radio auszugehen. Für diese Anteile können unter Berücksichtigung externer, die Programm- und Angebotsplanung und -gestaltung betreffender Faktoren wie insbesondere der Entwicklung der Zuschaueranteile und der Konkurrenzsituation, der Vorhersehbarkeit besonderer Themenschwerpunkte oder auch der Prognosen über die weitere wirtschaftliche Entwicklung Schwankungsbreiten von bis zu +/- 5 Prozentpunkten für jeweils einen im Durchschnitt von vier Jahren zu erreichenden Programmanteil festgelegt werden. Jedenfalls ist bei dieser Festlegung auch auf die Publikumsinteressen und -bedürfnisse Bedacht zu nehmen.

(4) Das Qualitätssicherungssystem für Fernsehen, Radio und Online hat in qualitativer Hinsicht auch begründete Ausführungen zu den im öffentlich-rechtlichen Kernauftrag formulierten Zielen der Unverwechselbarkeit des Inhalts und des Auftritts (§ 4 Abs. 3), der in der Regel anspruchsvollen Sendungsgestaltung in den Hauptabendprogrammen (§ 4 Abs. 3) und der hohen Qualität in den Bereichen Information, Kultur und Wissenschaft (§ 4 Abs. 4) zu umfassen.

(5) Im Rahmen des Qualitätssicherungssystems ist durch ein kontinuierliches repräsentatives und qualitatives Publikumsmonitoring auch unter Beiziehung externer Fachexperten aus den jeweiligen Bereichen auch die Zufriedenheit des Publikums mit dem Programm- und Inhaltsangebot zu überprüfen. Zur Erstellung und regelmäßigen Überarbeitung der Kriterien für die Sicherstellung der Ausgewogenheit und der Berücksichtigung der Vielfalt der Interessen der Hörer und Seher (§ 4 Abs. 2) ist ergänzend auf die Ergebnisse regelmäßig durchgeführter, repräsentativer Teilnehmerbefragungen durch vom Österreichischen Rundfunk oder seinen Tochtergesellschaften unabhängige, anerkannte Marktforschungsinstitute oder auf repräsentative Studien und Erhebungen fachlich qualifizierter Institutionen Bedacht zu nehmen.

(6) Die vom Österreichischen Rundfunk entwickelten Kriterien und Verfahren sind von ihm zumindest jährlich auf ihre Eignung zu überprüfen (§ 4 Abs. 3) und gegebenenfalls anzupassen.

(7) Das nach den Grundsätzen dieser Bestimmung eingeführte Qualitätssicherungssystem sowie die dazu erstellten Studien und Teilnehmerbefragungen und die diesbezüglichen Beschlüsse des Stiftungsrates und des Publikumsrates sind auf der Website des Österreichischen Rundfunks leicht, unmittelbar und ständig zugänglich zu machen, soweit dies rechtlich möglich ist und damit nicht berechtigte Unternehmensinteressen des Österreichischen Rundfunks beeinträchtigt werden.

(8) Die Regulierungsbehörde hat aufgrund einer Beschwerde gemäß § 36 Abs. 1 Z 1 die Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zu überprüfen und festzustellen, ob und durch welchen Sachverhalt gegen die vorstehenden gesetzlichen Bestimmungen verstoßen wurde und kann dazu im Falle des Verstoßes Aufträge zur Einhaltung des Verfahrens erteilen. Eine Überprüfung durch die Regulierungsbehörde hat jedenfalls alle zwei Jahre stattzufinden.“

„Organe des Österreichischen Rundfunks

§ 19. (1) Die Organe des Österreichischen Rundfunks sind:

1. der Stiftungsrat,

2. der Generaldirektor,

3. der Publikumsrat;

[…]“

„Aufgaben des Stiftungsrates

§ 21. (1) Dem Stiftungsrat obliegt, abgesehen von den sonstigen ihm durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben,

[…]

6a. die Genehmigung des Qualitätssicherungssystems (§ 23 Abs. 1 Z 1a);

[…]“

„Aufgaben des Generaldirektors

§ 23. (1) Der Generaldirektor besorgt die Führung der Geschäfte des Österreichischen Rundfunks und vertritt ihn gerichtlich und außergerichtlich.

(2) Dem Generaldirektor obliegt insbesondere

[…]

1a. die Erstellung eines Qualitätssicherungssystems, welches Kriterien und Verfahren zur Erfüllung des gemäß § 4 erteilten öffentlich-rechtlichen Kernauftrags zu definieren hat;

[…]“

„Aufgaben des Publikumsrats

§ 30. (1) Dem Publikumsrat obliegt

1. die Erstattung von Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung und von Vorschlägen für den technischen Ausbau;

2. die Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates;

3. die Anrufung der Regulierungsbehörde;

4. die Genehmigung von Beschlüssen des Stiftungsrates, mit denen die Höhe des Programmentgelts (Radioentgelt, Fernsehentgelt) festgelegt wird;

5. die Erstattung von Vorschlägen zur Erfüllung des gesetzlichen Auftrages in den in diesem Gesetz vorgesehenen Fällen, und Stellungnahme zur Anrechnung von Programmanteilen für Volksgruppen. Dazu können vom Publikumsrat Vertreter der Volksgruppenbeiräte angehört werden;

6. die Erstattung von Empfehlungen an den Stiftungsrat hinsichtlich der Jahressendeschemen und Jahresangebotsschemen;

7. die Erstattung von begründeten Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem.

8. die Erstattung von Empfehlungen zum Angebot von Sendungen für gehörlose und gehörbehinderte Menschen.

(2) Der Publikumsrat ist zur Erfüllung der im Abs. 1 genannten Aufgaben befugt, den Generaldirektor, die Direktoren und die Landesdirektoren über alle von ihnen zu besorgenden Aufgaben des Österreichischen Rundfunks zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Die Befragten haben die an sie gerichteten Anfragen längstens innerhalb von zwei Monaten schriftlich oder auf Verlangen auch mündlich zu beantworten. Eine Antwort darf nur soweit verweigert werden, als überwiegende Interessen des Österreichischen Rundfunks oder das öffentliche Interesse es erfordern.

(3) Hat der Publikumsrat Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung erstattet, so hat der Generaldirektor innerhalb einer angemessenen, drei Monate nicht überschreitenden Frist dem Publikumsrat zu berichten, ob und in welcher Form der Empfehlung entsprochen worden ist oder aus welchen Gründen der Empfehlung nicht gefolgt wird.

(4) An den Sitzungen des Publikumsrates hat der Generaldirektor oder ein von ihm bestellter Vertreter mit beratender Stimme teilzunehmen. Der Publikumsrat ist befugt, auf Grund eines an den Generaldirektor gerichteten Ersuchens die Anwesenheit eines Direktors oder eines Landesdirektors zu verlangen. Die Mitglieder des Stiftungsrates sind berechtigt, an den Sitzungen des Publikumsrates mit beratender Stimme teilzunehmen.

(5) Der Publikumsrat kann – zusätzlich zu der vom Österreichischen Rundfunk selbst durchgeführten Meinungsbefragung – verlangen, dass der Österreichische Rundfunk einmal im Jahr eine repräsentative Teilnehmerbefragung zu vom Publikumsrat festzulegenden Themenbereichen durchführen lässt. Die Ergebnisse aller Meinungsbefragungen des Österreichischen Rundfunks sind dem Publikumsrat zur Kenntnis zu bringen.“

3.2. Mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, dass der ORF „entgegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 4a Abs. 2 ORF-G im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 den Publikumsrat nicht befasst hat, wodurch er gegen § 4a Abs. 2 ORF-G verstoßen hat“ und führte dazu begründend aus (vgl. die Seiten 41ff des angefochtenen Bescheides):

„4.4.4. Sitzungen und Empfehlungen des Publikumsrates

Gemäß § 4a Abs. 2 letzter Satz ORF-G hat der Publikumsrat seine Empfehlungen zu begründen. § 30 Abs. 1Z 7 ORF-G regelt, dass dem Publikumsrat die Erstattung von begründeten Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem obliegt.

Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelungen obliegt die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem somit dem Publikumsrat, der diese – gemäß dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut (§§ 4a Abs. 2 und 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G) – zu begründen hat. Auch die Erläuterungen zu § 4a Abs. 2 ORF-G führen dazu aus, dass die Empfehlungen des Publikumsrates mit einer „entsprechend fundierte(n) Begründung“ zu versehen sind.

Wie bereits unter Punkt 4.3. ausgeführt, obliegt der KommAustria die Überprüfung der Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems und kommt ihr keine Befugnis zur inhaltlichen Beurteilung des Qualitätssicherungssystems zu. Das BVwG hat in seiner Entscheidung vom 03.06.2015, W120 2008689-1/6E, diesbezüglich unter anderem festgestellt: „Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes kommt der KommAustria daher nur etwa zu, die Einhaltung des in § 4a Abs. 1 und Abs. 2 festgelegten Verfahrens zu überprüfen (beispielsweise die Genehmigung durch den Stiftungsrat), nicht aber eine inhaltliche Beurteilung des Qualitätssicherungssystems ...“ Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung hat die KommAustria somit im Rahmen der Überprüfung der Einhaltung des Verfahrens der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems unter anderem die Einhaltung des Verfahrens gemäß § 4a Abs. 2 ORF-G (Befassung des Stiftungsrates, Bestellung eines Gutachters, Befassung des Qualitätssicherungsausschusses des Publikumsrates sowie des Publikumsrates) zu überprüfen.

Wie bereits ausgeführt, sieht § 4a Abs. 2 vierter Satz ORF-G vor, dass für die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem ein ständiger Ausschuss des Publikumsrates zu bilden ist (Qualitätsausschuss). Gemäß § 4a Abs. 2 letzter Satz ORF-G hat der Publikumsrat seine Empfehlungen zu begründen.

Die Gesetzesmaterialen (RV 611 BlgNR 24. GP) führen dazu auszugsweise aus:

„Schließlich wird ergänzend vorgesehen, dass neben der Einbindung des Publikumsrates als Gesamtorgan auch organisatorisch dafür verpflichtend Sorge zu tragen ist, dass sich ein eigener kompetenter Ausschuss des Publikumsrates spezifisch mit allen Fragen des Qualitätssicherungssystems befasst und diese Fragen vorberät, um den Publikumsrat besser in die Lage zu versetzen, die Angelegenheit im Plenum ausführlich beraten und seine Empfehlungen mit entsprechend fundierter Begründung versehen zu können. Auch damit soll eine umfassende und auf ausreichendem Input basierende Meinungsbildung im Stiftungsrat gewährleistet sein.“

Aus dem Gesetzeswortlaut und den Erläuternden Bemerkungen ergibt sich somit, dass das Qualitätssicherungssystem sowohl im Qualitätsausschuss des Publikumsrates behandelt werden muss, als auch darauffolgend im Plenum des Publikumsrates. Schon aus der gesetzlichen Vorgabe des § 4a Abs. 2 letzter Satz ORF-G („Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.“) erschließt sich, dass der Publikumsrat mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen ist. Dem Qualitätsausschuss des Publikumsrates obliegt die Vorberatung der sich im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem ergebenden Fragen, die sodann im Publikumsrat zu behandeln sind und der daran anschließend allenfalls begründete Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem erstatten kann.

Dem Gesetz samt den Erläuternden Bemerkungen ist somit weder zu entnehmen, dass ein Wahlrecht bestünde, den Qualitätsausschuss des Publikumsrates oder das Plenum des Publikumsrates mit der Überprüfung des Qualitätssicherungssystems zu befassen, noch, dass es ausreichend wäre, lediglich den Qualitätsausschuss des Publikumsrates mit der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zu befassen.

Auch aus der Formulierung des § 4a Abs. 7 ORF-G („die diesbezüglichen Beschlüsse ... des Publikumsrates“) sowie den Erläuterungen („sämtlicher dazu ergangener begründeter Entscheidungen der Organe des ORF...“) ergibt sich, dass das Qualitätssicherungssystem im Plenum des Publikumsrates zu behandeln ist.

Die von der KommAustria den Bestimmungen des § 4a Abs. 2 vierter und letzter Satz ORF-G zugrunde gelegte Sichtweise des Verhältnisses des – in diesem Fall – Qualitätsausschusses des Publikumsrates zum Plenum des Publikumsrates im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem findet sich in Bezug auf das Verhältnis Ausschuss zu Plenum auch in § 20 Abs. 7 ORF-G, wonach der Stiftungsrat aus seiner Mitte zur Vorbereitung der Beschlussfassung für bestimmte Angelegenheiten und zur Überwachung der Geschäftsführung Ausschüsse bilden kann. Gemäß den Erläuterungen zu dieser Bestimmung (RV 634 BlgNR 21. GP) kommt den Ausschüssen keine Beschlusskompetenz zu. Dem ORF-G kann somit im Zusammenhang mit den Regelungen betreffend die Gremien des ORF entnommen werden, dass Ausschüsse nur der Vorbereitung bzw. Vorberatung der Plenarsitzungen dienen sollen.

4.4.4.1. Sitzungen des Publikumsrates im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2017

In der Sitzung des Publikumsrates vom 29.11.2018 wurde über das Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2017 beraten und keine Empfehlung zum Qualitätssicherungssystem beschlossen.

Vor dem Hintergrund des vorgelegten Protokolls der Sitzung des Publikumsrates ist davon auszugehen, dass der Publikumsrat seiner Verpflichtung zur Beratung über die Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems im Jahr 2018 nachgekommen ist.

4.4.4.2. Sitzungen des Publikumsrates im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2018

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass in keiner Sitzung des Publikumsrates (auch nicht in jener vom 28.11.2019) das Qualitätssicherungssystem des ORF betreffend das Jahr 2018 auf der Tagesordnung war bzw. in den Sitzungen behandelt wurde.

Vor dem Hintergrund der unter Punkt 4.4.4 dargelegten Auffassung, dass sich aus dem Wortlaut der § 4a Abs. 2 vierter und letzter Satz ORF-G sowie den Gesetzesmaterialen zu § 4a Abs. 2 ORF-G ergibt, dass das Qualitätssicherungssystem sowohl im Qualitätsausschuss des Publikumsrates behandelt werden muss, als auch darauf folgend im Plenum des Publikumsrates, ist von einer Verletzung des Verfahrens der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 auszugehen.

Diese Sichtweise wird auch dadurch gestützt, dass im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems des ORF betreffend die Jahre 2011 bis 2017 das Qualitätssicherungssystem jährlich zunächst im Qualitätsausschuss des Publikumsrates vorberaten und in der Folge in einer der folgenden Sitzungen des Publikumsrates behandelt wurde. Der ORF ging somit bisher offenbar selbst davon aus, dass sich sowohl der Qualitätsausschuss des Publikumsrates als auch der Publikumsrat mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen haben. Diese von der KommAustria im Bescheid vom 30.04.2014, KOA 11.285/14-002, ausdrücklich festgestellte Vorgehensweise der Befassung des Ausschusses und des Plenums wurde in der Folge auch weder vom BVwG (vgl. BVwG 03.06.2015, W120 2008689-1/6E) noch vom VwGH (vgl. VwGH 13.10.2015, Ro 2015/03/0034) als unzulässig aufgegriffen.

Im Zusammenhang mit der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 wurde das Plenum des Publikumsrates nicht befasst, weshalb dem Publikumsrat auch keine Möglichkeit zukam, allenfalls eine – begründete – Empfehlung zu erlassen. Dies wiegt umso schwerer, als sich der Qualitätsausschuss[…] des Publikumsrates gemäß den Erläuternden Bemerkungen „spezifisch mit allen Fragen des Qualitätssicherungssystems befasst und diese Fragen vorberät, um den Publikumsrat besser in die Lage zu versetzen, die Angelegenheit im Plenum ausführlich beraten und seine Empfehlungen mit entsprechend fundierter Begründung versehen zu können“ und in der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 17.09.2019 ausführlich über das Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2018 diskutiert und eine Evaluierung in Aussicht genommen wurde.

Auch in der Sitzung des Programmausschusses des Stiftungsrates vom 18.09.2019 wurde von einem Vertreter des Qualitätsausschusses des Publikumsrates berichtet, dass das Qualitätssicherungssystem im Qualitätsausschuss des Publikumsrates am 17.09.2019 diskutiert und eine Weiterentwicklung für notwendig erachtet worden sei, weshalb in der nächsten Sitzung des Publikumsrates eine Empfehlung ausgesprochen werden soll („K berichtet, dass man am Vortag im Qualitätsausschuss des Publikumsrats relativ ausführlich diskutiert habe. Man halte eine Weiterentwicklung für notwendig. ... Der Publikumsrat werde voraussichtlich in seiner nächsten Plenarsitzung dazu eine kleine Empfehlung beschließen, die dann sicherlich im darauffolgenden Programmausschuss des Stiftungsrats diskutiert werden könne.“)

Tatsächlich fand am 28.11.2019 – somit nach der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 17.09.2019 – eine Sitzung des Publikumsrates statt, in der das Qualitätssicherungssystem betreffend das Jahr 2018 nicht auf der Tagesordnung stand und auch nicht Thema in der Sitzung war.

Vor dem Hintergrund, dass somit im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 keine Einbindung des Publikumsrates vorgenommen wurde, hat der ORF gegen § 4a Abs. 2 ORF-G verstoßen (vgl. Spruchpunkt 1.).“

3.3. Die vorliegende Beschwerde wendet sich gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides und macht dazu geltend:

„3.1 Zur Feststellung der Publikumsrat sei nicht befasst worden

Es ist unseres Erachtens falsch, dass aus § 4a Abs 2 ORF-G tatsächlich ableitbar ist, dass das Plenum des Publikumsrates zwingend und in der von der KommAustria vertreten Art und Weise mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen ist.

Das ORF-G selbst ordnet an, dass ein eigener Ausschuss des Publikumsrats für die Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem zu bilden ist, regelt aber nicht ob, wann und von wem der Publikumsrat damit zu befassen ist und auch nicht, dass dieser Empfehlungen erstatten muss. An anderer Stelle regelt das ORF-G aber sehr wohl das Zusammenwirken der Organe des ORF:

?        In § 21 Abs 2 Z 5 ORF-G die Bestellung und Abberufung der Direktoren und Landesdirektoren auf Vorschlag des Generaldirektors

?        In § 4 Abs 5a ORF-G für die Festlegung der Anteile in Volksgruppensprachen in den Jahressende- und -angebotsschemata durch den Stiftungsrat notwendige Anhörung des Publikumsrats

An anderer Stelle regelt das ORF-G die Fristen bis zu denen bzw ab denen bestimmte Handlungen zu setzen sind:

?        In § 21 Abs 2 Z 2 ORF-G, wonach die vom Generaldirektor zu erstellenden Sende- und Angebotsschemata in Übereinstimmung mit den Kriterien des Qualitätssicherungssystems dem Stiftungsrat bis zum 15. November für das folgende Kalenderjahr vorzulegen sind

?        ln § 21 Abs 2 Z 6 ORF-G wonach vom Generaldirektor der jährliche Finanz- und Stellenplan dem Stiftungsrat bis zum 15. November vorzulegen ist

?        In § 30 Abs 2 ORF-G wonach der Generaldirektor, die Direktoren und Landesdirektoren dem Publikumsrat innerhalb einer Frist von maximal zwei Monaten dem Publikumsrat schriftlich oder auf Verlangen auch mündlich an sie gerichtete Fragen zu beantworten haben

?        In § 30 Abs 2 ORF-G wonach der Generaldirektor bei Empfehlungen hinsichtlich der Programmgestaltung innerhalb einer angemessenen, drei Monate nicht überschreitenden Frist dem Publikumsrat zu berichten hat, ob und in welcher Form der Empfehlung entsprochen worden ist oder aus welchen Gründen dem nicht gefolgt wird.

Keine vergleichbare Regelung findet sich in den §§ 4a und 30 Abs 1 Z 7 ORF-G für die Erstattung von Empfehlungen. Ganz im Gegenteil: § 4a Abs 2 ORF-G sagt sehr wenig über das genaue Procedere iZm dem Publikumsrat aus. Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung des Generaldirektors, dem Publikumsrat das Qualitätssicherungssystem zur Beschlussfassung vorzulegen. Eine solche Verpflichtung findet sich in § 4a Abs 2 ORF-G bei seiner Genehmigung durch den Stiftungsrat. Hätte der Gesetzgeber eine Verpflichtung des ORF, vertreten durch den Generaldirektor, vorsehen wollen, den Publikumsrat jedenfalls und in einer bestimmten Art und Weise zu befassen, hätte er eine solche Regelung vorgesehen.

Ein Blick auf die oben genannten Beispiele zeigt, dass der Gesetzgeber das Zusammenwirken der Organe des ORF in anderem Zusammenhang detailliert geregelt hat. Das ist für das Qualitätssicherungssystem bewusst unterblieben. Die Rechtspflicht für den Generaldirektor, deren Verletzung die KommAustria im bekämpften Bescheid zugrunde legt, besteht in dieser Form gerade nicht.

Auch die Feststellung des Rechtsverletzungsbescheides, dass der Publikumsrat nicht befasst worden sei, obwohl der eigens dafür eingerichtete Qualitätsausschuss des Publikumsrates das Qualitätssicherungssystem für 2018 durchaus behandelt hat, ist ein rechtswidriges Auslegungsergebnis. Alle Mitglieder des Publikumsrats haben sämtliche schriftliche Sitzungsunterlagen (für 2018 beispielsweise das Gutachten des Qualitätssachverständigen, den Bericht „ORF-Qualitätsmonitoring 2018", die Stellungnahme des Generaldirektors zum Qualitätsmonitoring 2018 usw.) über das elektronische, passwortgeschützte Webportal des Publikumsrats erhalten (§ 5 Abs 4 GO Publikumsrat). Es ist daher keineswegs so, dass der Publikumsrat mit dem Qualitätssicherungssystem 2018 nicht befasst worden wäre. Auch wäre es jederzeit und für jedes Mitglied möglich gewesen, den Vorschlag einer Empfehlung im Publikumsrat vorzulegen und abstimmen zu lassen.

Wenn die Behörde den oben dargestellten Sachverhalt - basierend auf entsprechenden Erhebungen, die unterblieben sind – ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hätte, wäre sie zu einem anderen Ergebnis, nämlich, dass keine Rechtsverletzung vorliegt, gekommen.

3.2 Zum Zeitpunkt der Befassung des Publikumsrats

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Publikumsrat mit der dem ORF zukommenden Überprüfung und (gegebenenfalls) Anpassung der vom ORF entwickelten Kriterien und Verfahren des Qualitätssicherungssystems zu befassen wäre (was hier bestritten wird, weil dies zu den operativen Aufgaben des Generaldirektors gehört), ist die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Ansicht, dass dies in der Plenarsitzung am 28.11.2019 jedenfalls hätte erfolgen müssen, gesetzlich nicht gedeckt,

Zwar wäre es vertretbar, eine Plenarsitzung des Publikumsrats mit dem Verhandlungsgegenstand „Qualitätssicherungssystem“ nach der Sitzung des Qualitätsausschusses, in der der dazu beauftragte Sachverständige seinen Bericht über die Beurteilung der Gesamtleistungen des Qualitätssicherungssystems darlegt, anzuberaumen. Allerdings sieht das ORF-G keinen Zeitplan für die Befassung des Plenums des Publikumsrates mit den Themen des Qualitätssicherungssystems vor.

Nach den Feststellungen der KommAustria ist es zulässig, wenn im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems „das Qualitätssicherungssystem jährlich zunächst im Qualitätsausschuss des Publikumsrats vorberaten und [...] in einer der nächsten Sitzungen des Publikumsrats behandelt“ wurde (S. 21 des angefochtenen Bescheids, eigene Hervorhebung). Es erscheint nicht einsichtig, die Behandlung des Themas zum Beispiel in der übernächsten Sitzung des Publikumsrats für unzulässig zu erklären, wenn die Behandlung „in einer der nächsten Sitzungen" zulässig ist.

Dass die Behandlung des Themas nicht notwendigerweise in der nächsten Sitzung, sondern in einer der nächsten Sitzungen zulässig ist, ergibt sich auch aus der im Bescheid (allerdings zur Untermauerung des Gegenteils) mehrfach zitierten Äußerung des Publikumsrats, Mag. Kratschmar, „Der Publikumsrat werde voraussichtlich in seiner nächsten Plenarsitzung dazu eine kleine Empfehlung beschließen, die dann sicherlich im darauffolgenden Programmausschuss des Stiftungsrats diskutiert werden könne" (SS. 29, 44, eigene Hervorhebung). Voraussichtlich drückt aus, dass das Thema in der nächsten oder in einer der folgenden Sitzungen besprochen wird.

Tatsächlich war der Verhandlungsgegenstand „Qualitätssicherungssystem" seitens des Publikumsrats schon Ende 2019 für Anfang 2020 geplant. Dies zu erheben wäre durch einen Anruf im ORF Gremienbüro möglich gewesen. Er findet sich auch auf der ausgesandten Tagesordnung für die Plenarsitzung des Publikumsrats am 12.3.2020. Ob die Behandlung des Themas Ende 2019 oder Anfang 2020 stattfindet, kann aus rechtlicher Sicht keinen Unterschied machen, wenn es dazu weder einen gesetzlichen Zeitplan, noch eine Empfehlung aus dem Qualitätsausschuss, die im Plenum zu beschließen wäre, gibt, Aus dem Sein, nämlich aus der Praxis des Publikumsrats in den vergangenen Jahren, zB das Qualitätssicherungssystem 2015 wurde im Jahr 2016 im Plenum behandelt, das Qualitätssicherungssystem 2014 im Jahr 2015 usw., kann nicht auf ein rechtliches Sollen geschlossen werden, Der angefochtene Bescheid entbehrt insofern der Rechtsgrundlage und ist somit rechtswidrig.

3.3 Zur Unabhängigkeit der Organe des ORF

Das Gesetz sieht, wie vorstehend dargestellt, ein konkretes Procedere für die Behandlung der Qualitätssicherung durch den Publikumsrat nicht vor, wohl aber könnte es die Geschäftsordnung vorsehen, denn diese kann die gesetzlichen Bestimmungen auslegen und ergänzen (VfSlg. 7717/1975). Es ist somit der Geschäftsordnung übertragen zu entscheiden, wann sich der Publikumsrat mit einem Verhandlungsgegenstand befasst. Eine Frist, zB für die Behandlung des Berichts des Qualitätssachverständigen, wäre zB eine Ergänzung der gesetzlichen Bestimmungen. Eine solche hat der Publikumsrats jedoch nicht beschlossen.

Dagegen enthält die Geschäftsordnung detaillierte Bestimmungen zur Einberufung der Sitzungen durch den Vorsitzenden (Frequenz, Ort und Zeit, § 3 Abs 1-3 GO), wie und von wem die Tagesordnung aufgestellt wird (§ 4 Abs 1 und 2 GO), wie Einladungen einschließlich der Übermittlung der Sitzungsunterlagen vorzunehmen sind (§ 5 GO) usw.

Der KommAustria obliegt die Überprüfung der Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems. Ihr kommt keine Befugnis zur Festsetzung der Tagesordnung des Publikumsrats zu. insofern verkennt der angefochtene Bescheid den Umfang der im ORF-G und der Geschäftsordnung vorgesehenen Zusammenwirkungspflichten der Organe Generaldirektor und Publikumsrat.

Ein anderes Verständnis würde der verfassungs- und einfachgesetzlichen Gewährleistung der Unabhängigkeit der Organe des ORF widersprechen (Art I Abs 2 BV-G Rundfunk, § 19 Abs 2 ORF-G).

im Ergebnis bleibt daher festzuhalten, weder setzt die KommAustria die Tagesordnung des Publikumsrats fest, noch gibt es eine gesetzliche Vorgabe, in welcher Plenarsitzung der Publikumsrat über das Qualitätssicherungssystem zu beraten hat, noch besteht eine gesetzliche Verpflichtung, dass der Generaldirektor des ORF das Plenum des Publikumsrates zwingend mit der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zu befassen hat.“

3.4. Die Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie ist aus den folgenden Gründen aber nicht berechtigt:

3.4.1. Die im Beschwerdefall gegenständliche Überprüfung der Einhaltung des Verfahrens der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems des ORF durch die belangte Behörde stützt sich auf die Regelung des § 4 Abs. 8 ORF-G und hat jedenfalls alle zwei Jahre stattzufinden.

Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgesprochen hat, kommt der belangten Behörde in diesem Rahmen „nur etwa zu, die Einhaltung des in § 4a Abs. 1 und Abs. 2 festgelegten Verfahrens zu überprüfen (beispielsweise die Genehmigung durch den Stiftungsrat), nicht aber eine inhaltliche Beurteilung des Qualitätssicherungssystems“ vorzunehmen (BVwG 16.06.2015, W120 2008689-1).

3.4.2. Gemäß § 4a Abs. 1 ORF-G hat der Generaldirektor ein Qualitätssicherungssystem zu erstellen, das unter besonderer Berücksichtigung der Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter, der Freiheit der journalistischen Berufsausübung sowie der Selbständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Direktoren und Landesdirektoren Kriterien und Verfahren zur Sicherstellung der Erfüllung des gemäß § 4 erteilten öffentlich-rechtlichen Kernauftrages definiert.

Gemäß § 4a Abs. 2 ORF-G bedarf das Qualitätssicherungssystem der Genehmigung des Stiftungsrates. Zur Beurteilung der Gesamtleistungen des Qualitätssicherungssystems auf Basis des vorgelegten Jahresberichts, insbesondere ob den Qualitätskriterien in den wesentlichen Belangen entsprochen wurde, ist ein vom Generaldirektor mit Zustimmung des Stiftungsrates beauftragter Sachverständiger heranzuziehen. Der Sachverständige hat eine außerhalb des Unternehmens stehende Person zu sein, muss über die entsprechende berufliche Qualifikation und Erfahrung verfügen und ist in Ausübung der Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden. Für die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem (§ 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G) ist ein ständiger Ausschuss des Publikumsrates zu bilden (Qualitätsausschuss). Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.

Gemäß § 4a Abs. 6 ORF-G sind die vom Österreichischen Rundfunk entwickelten Kriterien und Verfahren von ihm zumindest jährlich auf ihre Eignung zu überprüfen (§ 4 Abs. 3 ORF-G) und gegebenenfalls anzupassen.

Gemäß § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G obliegt dem Publikumsrat die Erstattung von begründeten Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem.

3.4.3. Speziell zum Publikumsrat legt das ORF-G demnach im Hinblick auf das Qualitätssicherungssystem des ORF zusammengefasst Folgendes fest: 1. Dem Publikumsrat obliegt die Erstattung begründeter Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem. 2. Für die Erstattung von Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem ist ein ständiger Ausschuss des Publikumsrates zu bilden (Qualitätsausschuss). 3. Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass der ORF die von ihm entwickelten Kriterien und Verfahren zumindest einmal jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen hat.

3.4.4. Im Beschwerdefall steht fest, dass das Qualitätssicherungssystem des Jahres 2018 in der Sitzung des Qualitätsausschusses des Publikumsrates vom 17.09.2019 behandelt wurde. Hingegen wurde dieses in keiner Sitzung des Plenums des Publikumsrates im Jahr 2019 bzw. bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides im Februar 2020 behandelt (vgl. II.1.).

Zwischen den Parteien ist nunmehr strittig, ob eine verpflichtende Befassung mit dem Qualitätssicherungssystem des Jahres 2018 (auch) im Plenum des Publikumsrates im Jahr 2019 bzw. bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgen hätte müssen. Während die belangte Behörde dies bejaht und in Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides eine entsprechende Rechtsverletzung festgestellt hat, wenden sich die beschwerdeführenden Parteien gegen diese Rechtsansicht der belangten Behörde.

3.4.5. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid demnach davon aus, dass die gegenständlich festgestellte Verletzung darin bestehe, dass zwar der Qualitätsausschuss, nicht aber das Plenum des Publikumsrates mit dem Qualitätssicherungssystem 2018 befasst worden sei. Dem folgend stellte sie eine Verletzung des § 4a Abs. 2 ORF-G fest, da der ORF im Rahmen der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 den Publikumsrat nicht befasst habe.

Dies begründet die belangte Behörde insbesondere damit, dass sie im Rahmen der Überprüfung der Einhaltung des Verfahrens der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems ua. die Einhaltung des Verfahrens gemäß § 4a Abs. 2 ORF-G (Befassung des Stiftungsrates, Bestellung eines Gutachters, Befassung des Qualitätssicherungsausschusses des Publikumsrates sowie des Publikumsrates) zu überprüfen habe. Weiters schließt sie aus dem Gesetzeswortlaut und den Erläuternden Bemerkungen, dass das Qualitätssicherungssystem sowohl im Qualitätsausschuss des Publikumsrates behandelt werden müsse, als auch darauffolgend im Plenum des Publikumsrates. Schon aus der gesetzlichen Vorgabe des § 4a Abs. 2 letzter Satz ORF-G („Der Publikumsrat hat seine Empfehlungen zu begründen.“) erschließe sich, dass der Publikumsrat mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen sei.

3.4.6. Die beschwerdeführenden Parteien machen dagegen geltend, dass aus § 4a Abs. 2
ORF-G nicht abgeleitet werden könne, dass das Plenum des Publikumsrates zwingend und in der von der belangten Behörde vertreten Art und Weise mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen sei. Es gebe keine ausdrückliche Regelung, die dies verlange. Der belangten Behörde komme insoweit keine Befugnis zB zur Festsetzung der Tagesordnung des Publikumsrats zu. Zudem bringen die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Stellungnahme vom 03.07.2020 vor, dass die belangte Behörde nicht definiere, innerhalb welchen Zeitfensters eine Befassung des Plenums ihrer Ansicht nach erforderlich gewesen wäre. Der Gesetzgeber verstehe „die Mitwirkungsmöglichkeit (keine Verpflichtung!) des Publikumsrats“ im Rahmen des § 4a Abs. 2 iVm § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G zum Qualitätssicherungssystem allgemein und nicht auf ein Zeitfenster wie zB ein Kalenderjahr eingeschränkt. Es treffe auch gar nicht zu, dass der Publikumsrat nicht befasst worden sei, zumal der Qualitätsausschuss das Qualitätssicherungssystem für 2018 behandelt habe und alle Mitglieder des Publikumsrates sämtliche schriftlichen Sitzungsunterlagen elektronisch erhalten hätten. Weiters wird geltend gemacht, dass die Behandlung des Qualitätssicherungssystems für 2018 im Plenum des Publikumsrates schließlich am 04.06.2020 erfolgt sei.

3.4.7. Diese Auffassung der beschwerdeführenden Parteien wird vom Bundesverwaltungsgericht aus den folgenden Gründen nicht geteilt:

3.4.8. Zunächst kann in Anbetracht der Regelungen des ORF-G im Zusammenhang mit den Gesetzesmaterialien keineswegs angenommen werden, dass die Mitwirkung des Publikumsrates an der Erstellung bzw. Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems des ORF nicht verpflichtend wäre. Dies übersehen die beschwerdeführenden Parteien, wenn sie argumentieren, dass der Gesetzgeber – hätte er eine Verpflichtung des ORF, vertreten durch den Generaldirektor, normieren wollen, den Publikumsrat jedenfalls und in einer bestimmten Art und Weise mit dem Qualitätssicherungssystem zu befassen – eine solche Regelung vorgesehen hätte.

So normiert § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G, dass dem Publikumsrat die Erstattung von begründeten Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem obliegt. Dass es sich hierbei, wie zB bei der Bestellung von sechs Mitgliedern des Stiftungsrates (vgl. § 30 Abs. 1 Z 2 ORF-G: „Dem Publikumsrat obliegt die Bestellung […]“), um eine Pflicht des Publikumsrates handelt, zeigt neben dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut der Vergleich mit anderen Bestimmungen des ORF-G bzw. ein Blick auf das Gesamtkonzept der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems im ORF-G deutlich:

Gemäß § 23 Abs. 2 Z 1a ORF-G obliegt dem Generaldirektor insbesondere die Erstellung eines Qualitätssicherungssystems, welches Kriterien und Verfahren zur Erfüllung des gemäß § 4 ORF-G erteilten öffentlich-rechtlichen Kernauftrags zu definieren hat. Dass damit eine Pflicht des Generaldirektors umschrieben wird, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Frage und ergibt sich zudem aus den Gesetzesmaterialien zu § 4a ORF-G (611 der Beilagen XXIV. GP):

„[…] Die Erstellung des Qualitätssicherungssystems ist dem Organgefüge des ORF entsprechend zunächst die Pflicht des Generaldirektors (§ 23 Abs. 2 Z 1a). Dem Generaldirektor obliegt es daher unter Einbindung der Direktoren und Landesdirektoren – ohne dass dies aber seine umfassende Kompetenz im Sinne des § 25 Abs. 1 letzter Satz in Frage stellt – das System und die den zentralen Bestandteil des Systems bildenden Kriterien und Verfahren zu erstellen.

In weitere Folge tritt hinzu, dass der Stiftungsrat das vom Generaldirektor vorgeschlagene System samt dessen Änderungen ausdrücklich zu genehmigen hat, während dem Stiftungsrat bislang ausdrücklich nur im Rahmen der Kompentenzzuweisungen die Beratung der Einführung von Qualitätssicherungssystemen zukam. Schließlich wird ergänzend vorgesehen, dass neben der Einbindung des Publikumsrates als Gesamtorgan auch organisatorisch dafür verpflichtend Sorge zu tragen ist, dass sich ein eigener kompetenter Ausschuss des Publikumsrates spezifisch mit allen Fragen des Qualitätssicherungssystems befasst und diese Fragen vorberät, um den Publikumsrat besser in die Lage zu versetzen, die Angelegenheit im Plenum ausführlich beraten und seine Empfehlungen mit entsprechend fundierter Begründung versehen zu können. Auch damit soll eine umfassende und auf ausreichendem Input basierende Meinungsbildung im Stiftungsrat gewährleistet sein. […]“

Diese Ausführungen legen klar dar, dass die drei Organe des ORF (vgl. § 19 Abs. 1 ORF-G) bei der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems zusammenzuarbeiten und die gesetzlich ihnen jeweils vorgesehen Rollen einzunehmen haben (Erstellung/Änderungen durch den Generaldirektor, Genehmigung durch den Stiftungsrat, Empfehlungen durch den Publikumsrat, der dabei durch den Qualitätsausschuss unterstützt wird). Keine dieser Rollen stellt eine bloße Möglichkeit des Mitarbeitens dar; vielmehr handelt es sich um die den Organen durch das ORF-G übertragenen Aufgaben (vgl. dazu im Einzelnen die §§ 21, 23 und 30 ORF-G). Bereits die verpflichtende Bildung des Qualitätsausschusses („um den Publikumsrat besser in die Lage zu versetzen, die Angelegenheit im Plenum ausführlich beraten und seine Empfehlungen mit entsprechend fundierter Begründung versehen zu können“; vgl. die zitierten Materialien) zeigt deutlich, dass den Empfehlungen des Publikumsrates ein nicht bloß untergeordneter Stellenwert im dargelegten Verfahren zukommt. Die Wertigkeit zeigt sich zudem darin, dass das ORF-G gleich an zwei Stellen festlegt, dass die Empfehlungen des Publikumsrates zu begründen sind (§ 4a Abs. 2 ORF-G und § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G).

Dass die „Einbindung des Publikumsrates als Gesamtorgan“ im Zusammenhang mit dem Qualitätssicherungssystem vorgesehen ist, wiederholen auch die Materialien noch einmal ausdrücklich. Schon insoweit geht das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien, es treffe nicht zu, dass der Publikumsrat nicht befasst worden sei, da der Qualitätsausschuss das Qualitätssicherungssystem für 2018 behandelt habe und alle Mitglieder des Publikumsrates sämtliche schriftlichen Sitzungsunterlagen hierfür elektronisch erhalten hätten, ins Leere. Die bloße Befassung des Qualitätsausschusses erfüllt keineswegs das Erfordernis der Einbindung des Publikumsrates als Gesamtorgan, da dem ORF-G klar zu entnehmen ist, dass die Erstattung von Empfehlungen (bzw. allenfalls der Beschluss, keine Empfehlungen abzugeben) nicht dem Ausschuss, sondern dem Gesamtorgan zukommt (vgl. ausdrücklich § 4a Abs. 2 letzter Satz ORF-G sowie im Rahmen der Festlegung der Aufgaben des Publikumsrates § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G und implizit § 4a Abs. 7 ORF-G, wonach die Beschlüsse des Publikumsrates zu veröffentlichen sind).

Der belangten Behörde kann vor diesem Hintergrund nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall davon ausging, dass das Plenum des Publikumsrates zwingend mit dem Qualitätssicherungssystem (zumindest) zu befassen sei, zumal das dargestellte Verfahren bezüglich des Publikumsrates darauf abzielt, dass dieser in die Lage versetzt wird, nicht nur Empfehlungen abzugeben, sondern diese auch umfassend zu begründen.

3.4.9. Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Publikumsrat als Gesamtorgan im Jahr 2019 keine Empfehlungen zum Qualitätssicherungssystem (betreffend das Jahr 2018) erstattete bzw. sich in keiner seiner Sitzungen des Jahres 2019 damit befasste. Zu prüfen ist daher, ob dem ORF-G diesbezüglich eine verpflichtende, gleichermaßen zeitgebundene Befassung des Publikumsrates zu entnehmen ist. Dies ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unter Bedachtnahme auf § 4a Abs. 6 ORF-G zu bejahen. Gemäß dieser Bestimmung sind die entwickelten Kriterien und Verfahren zum Qualitätssicherungssystem vom ORF „zumindest jährlich“ auf ihre Eignung zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen. Nach den zuvor zitierten Materialien soll diese Regelung „sicherstellen, dass der Ausbau und die Fortentwicklung des Systems auch regelmäßig beobachtet wird, um einem Änderungsbedarf frühzeitig Rechnung tragen zu können“.

Dass sich diese Regelung bloß auf die Aufgaben des Generaldirektors und des Stiftungsrates beziehen sollte, wurde weder ausdrücklich angeordnet, noch ergeben sich im Gesamtkonzept der Erstellung und Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems nach dem ORF-G Anhaltspunkte in diese Richtung. Schon aus diesem Grund kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber – wie es die beschwerdeführenden Parteien geltend machen – die Mitwirkung des Publikumsrates zum Qualitätssicherungssystem im Rahmen des § 4a Abs. 2 iVm § 30 Abs. 1 Z 7 ORF-G allgemein und nicht auf ein Zeitfenster wie zB ein Kalenderjahr eingeschränkt versteht.

Eine zumindest jährliche Befassung (auch) des Publikumsrates (als Gesamtorgan) mit Angelegenheiten des Qualitätssicherungssystems, um eine Beschlussfassung zur Erstattung (oder allenfalls Nicht-Erstattung) von Empfehlungen zu ermöglichen, ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes damit jedenfalls erforderlich. Eine solche ist gegenständlich aber nicht erfolgt: Wie festgestellt, befasste sich das Plenum des Publikumsrates am 29.11.2018 mit dem Qualitätssicherungssystem des ORF für das Jahr 2017 und das nächste Mal – dann betreffend das Qualitätssicherungssystem 2018 – in der Sitzung vom 04.06.2020 (vgl. die Stellungnahme der beschwerdeführenden Parteien vom 03.07.2020).

3.4.10. Die belangte Behörde ist vor diesem Hintergrund in im Ergebnis nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass im Beschwerdefall eine Rechtsverletzung durch die erstbeschwerdeführende Partei verwirklicht wurde, da – sowohl bezogen auf die letzte Befassung im Jahr 2018, als auch bezogen auf das gesamte Jahr 2019 – über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr keine Befassung des Publikumsrates als Gesamtorgan mit dem Qualitätssicherungssystem erfolgte und dadurch keine Empfehlung (oder allenfalls das Absehen davon) beschlossen wurde.

Da es nicht darauf ankommen kann, dass die erstbeschwerdeführende Partei den Publikumsrat (als deren selbständiges Organ) zur Befassung gleichermaßen anhält und zudem eine Bezugnahme auf den Zeitraum im angefochtenen Bescheid nicht erfolgte, war Spruchpunkt 1. jedoch dahingehend abzuändern, dass er nunmehr lautet: „Gemäß § 4a
Abs. 8 iVm §§ 36 Abs. 1 und 37 Abs. 1 ORF-Gesetz (ORF-G), BGBl. Nr. 379/1984 idF BGBl. I Nr. 61/2018, wird festgestellt, dass der Österreichische Rundfunk dadurch, dass sich der Publikumsrat entgegen der gesetzlichen Verpflichtung gemäß § 4a Abs. 2 und § 4a Abs. 6 ORF-G mit der Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems betreffend das Jahr 2018 nicht zumindest innerhalb eines Jahres befasste, gegen § 4a Abs. 2 ORF-G verstoßen hat.“

3.5. Ergebnis:

Die vorliegende Beschwerde gegen Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides war mit der angeführten Maßgabe damit spruchgemäß abzuweisen.

3.6. Zum Absehen von einer Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zu § 24 Abs. 4 VwGVG Folgendes (vgl. zB 09.07.2019, Ra 2019/08/0101):

„Die Akten lassen dann im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG erkennen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, wenn von vornherein absehbar ist, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann. Dies ist dann der Fall, wenn in der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender, für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet wurde und auch keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, deren Erörterung in einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erforderlich wäre. Ein bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes kann aber außer Betracht bleiben (VwGH 17.2.2015, Ra 2014/09/0007 u.a., mwN). Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC stehen einem Entfall der Verhandlung nicht entgegen, wenn es ausschließlich um rechtliche oder sehr technische Fragen geht oder wenn das Vorbringen des Revisionswerbers angesichts der Beweislage und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen nicht geeignet ist, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich macht. Der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung kann auch in Fällen gerechtfertigt sein, in welchen lediglich Rechtsfragen beschränkter Natur oder von keiner besonderen Komplexität aufgeworfen werden (VwGH 12.12.2017, Ra 2015/05/0043).“

Die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 VwGVG für das Absehen von einer Verhandlung liegen gegenständlich aus den folgenden Gründen vor:

Im Beschwerdefall ist im Sinne der zitierten Judikatur von vornherein absehbar, dass die mündliche Erörterung nichts zur Ermittlung der materiellen Wahrheit beitragen kann, zumal der im Beschwerdefall festgestellte Sachverhalt unbestritten ist. In der Beschwerde wurde kein gegenüber den Feststellungen der belangten Behörde erweiterter relevanter Sachverhalt behauptet. Es geht im Beschwerdefall ausschließlich um rechtliche Fragen, weshalb Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC nach der zitierten Judikatur einem Entfall der Verhandlung nicht entgegenstehen.

Ebenso ist gegenständlich zu beachten, dass die beschwerdeführenden Parteien die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt haben und die belangte Behörde auf eine Verhandlung verzichtet hat.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist zulässig.

Die Zulässigkeit begründet sich darin, dass Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Regelungen des § 4a Abs. 2 und § 4a Abs. 6 ORF-G im Zusammenhang mit der Befassung bzw. Mitwirkung des Publikumsrates bei der Erstellung bzw. Überarbeitung des Qualitätssicherungssystems des ORF fehlt.

Schlagworte

Feststellungsverfahren Fristablauf Mitwirkungsrecht öffentlich - rechtlicher Auftrag Publikumsbeirat ORF Qualitätsmanagement Rechtsverletzung Revision zulässig

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W194.2231588.1.00

Im RIS seit

20.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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