TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/21 W113 2247461-1

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Veröffentlicht am 21.10.2021
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Entscheidungsdatum

21.10.2021

Norm

B-VG Art133 Abs4
MOG 2007 §6
Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 §6 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W113 2247461-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Katharina David über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 11.01.2021, AZ II/4-DZ/20-16478302010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2020 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX , BNr. XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführer oder BF), stellte für das Antragsjahr 2020 einen Mehrfachantrag-Flächen, beantragte u.a. die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierten zu diesem Zweck eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

2. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle auf dem Betrieb des Beschwerdeführers wurde am 06.03.2020 im Wesentlichen beanstandet, dass mit Zugangsdatum 02.12.2019 der Zugang von 20 Rindern gemeldet wurde, die auf den Betrieb aber nie zugegangen sind (im Prüfbericht vermerkt als Zugangsmeldung fehlerhaft"). Dafür wurde der Zugang von 20 Rindern, die an diesem Tag tatsächlich auf den gegenständlichen Betrieb zugegangen sind, vom Rinderhalter nicht an die Rinderdatenbank gemeldet (im Prüfbericht vermerkt als "Zugangsmeldung fehlend").

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11.01.2021 wurden Direktzahlungen in Höhe von EUR 10.317,19 gewährt. Grundlage dafür waren: 38,0000 vorhandene Zahlungsansprüche (ZA) und 37,3630 ha ermittelte Fläche für die Basisprämie.

Aufgrund von CC-Verstößen wurde ein Abzug von 3% verrechnet. Daraus resultiert eine Kürzung in Höhe von EUR 319,08.

Gegen diesen Bescheid wurde mit 01.02.2021 eine Beschwerde eingebracht.

4. In der vorliegenden Beschwerde beruft sich der Beschwerdeführer auf den Lieferschein, der die falschen Ohrmarkennummern beinhaltet habe und anhand dessen wohl die Meldungen an die Rinderdatenbank vorgenommen worden sein dürften. Der bezughabende Lieferschein war der Beschwerde nicht beigelegt.

5. Die AMA legte die Akten des Verwaltungsverfahren samt der Beschwerde vor und führte ergänzend auszugsweise aus:

„Allgemein wird zum Thema Lieferschein festgehalten, dass jeder verbringende Rinderhalter über den sogenannten Lieferscheinassistenten im eAMA Lieferscheine selbst erstellen und in weiterer Folge ausdrucken kann. Diese sind nach dem Ausdruck zu unterschreiben und bei der Verbringung mitzuführen. Im vorliegenden Beschwerdefall wurde der Lieferschein, auf den sich Herr Sprengnagel bezieht, nicht übermittelt.

Alternativ zu online erstellten Lieferscheinen kommen in der Regel Lieferscheine als Durchschreibeformulare zum Einsatz.

Aufgrund der Beschwerde kann jedoch anhand der der AMA vorliegenden Daten im Lieferscheinassistenten eruiert werden, dass der abgebende Betrieb, XXXX , Betriebsnummer XXXX für insgesamt 40 abgehende Rinder über dieses Tool zwei Lieferscheine erstellt haben dürfte, pro Lieferschein sind auf diesen somit 20 Rinder aufgelistet. Beim Übernehmer handelt es sich jeweils um einen aufgrund der Vorgaben nicht meldepflichtigen Viehhändler (Transporteur). Da der Beschwerdeführer jene 20 Rinder als Zugang gemeldet hat, die zwar nicht auf seinen Betrieb zugegangen sind, aber jenen Rindern entsprechen, für die von der XXXX ebenfalls ein Lieferschein ausgestellt worden sein dürfte, kann eine Verwechslung der Lieferscheine bei den vermutlich gemeinsam transportierten Rindern nicht ausgeschlossen werden. Die unterfertigten Lieferscheine liegen der AMA aber wie gesagt nicht vor.

Von Seiten der AMA wird auch bei einer allfälligen Verwechslung der Lieferscheine weiterhin von einem fahrlässigen Verstoß ausgegangen, da die Ansicht vertreten wird, dass Meldungen an die Rinderdatenbank nicht anhand der Lieferscheindaten erfolgen sollten, sondern vom Rinderhalter eine Überprüfung von Lieferscheindaten und Kennzeichnung der zugekauften Rinder erfolgen hätte müssen. Denn es sind die Ohrmarkennummern jener Rinder zu melden, die beim Beschwerdeführer tatsächlich angeliefert wurden und somit zugegangen sind. Aus Sicht der AMA liegt in diesem Fall auch kein offensichtlicher Fehler vor, weshalb die Beschwerde erstinstanzlich nicht positiv beurteilt wurde.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der BF stellte einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2020, beantragte die Gewährung von Direktzahlungen und spezifizierte zu diesem Zweck eine Reihe von landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Ihm wurden mit dem angefochtenen Bescheid Direktzahlungen gewährt, aber ein Abzug wegen Cross Compliance -Verstößen, 3,00 % (Tiergesundheit) in der Höhe von insgesamt EUR 319,08 vorgenommen.

Mit Zugangsdatum 02.12.2019 wurde vom BF der Zugang von 20 Rindern gemeldet (zB AT XXXX ), die auf den Betrieb aber nie zugegangen sind. Dafür wurde der Zugang von 20 Rindern (zB AT XXXX ), die an diesem Tag tatsächlich auf den gegenständlichen Betrieb zugegangen sind, vom BF als Rinderhalter nicht an die Rinderdatenbank gemeldet.

Der abgebende Betrieb XXXX , Betriebsnummer XXXX , hat für insgesamt 40 gleichzeitig abgehende Rinder über ein Tool zur automatischen Erstellung von Lieferscheinen zwei Lieferscheine erstellt, pro Lieferschein wurden auf diesen somit 20 Rinder aufgelistet. Bei den vermutlich gemeinsam beförderten Rindern dürfte es zu einer Verwechslung der Lieferscheine gekommen sein.

Der BF hat somit den Zugang jener Rinder an die Rinderdatenbank gemeldet, die zwar auf dem Lieferschein aufgelistet waren, nicht aber jene, die tatsächlich bei ihm zugegangen sind.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang sowie die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA im Zuge des Beschwerdeverfahrens vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten.

Die Feststellungen zum Hergang der falschen Zugangsmeldungen der betreffenden Rinder auf Grund einer Verwechslung von Lieferscheinen ergeben sich aus den Angaben des BF sowie der belangten Behörde und erweisen sich als lebensnah und plausibel.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013:

„Artikel 21

Zahlungsansprüche

(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die

a)       Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten […].

(2) Die Gültigkeit der im Rahmen der Betriebsprämienregelung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 erhaltenen Zahlungsansprüche läuft am 31. Dezember 2014 ab.

[…].“

„Artikel 32

Aktivierung von Zahlungsansprüchen

(1) Eine Stützung im Rahmen der Basisprämienregelung wird den Betriebsinhabern bei Aktivierung eines Zahlungsanspruchs je beihilfefähige Hektarfläche mittels Anmeldung gemäß Artikel 33 Absatz 1 in dem Mitgliedstaat, in dem der Zahlungsanspruch zugewiesen wurde, gewährt. Bei aktivierten Zahlungsansprüchen besteht Anspruch auf die jährliche Zahlung der darin festgesetzten Beträge, unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 sowie linearen Kürzungen gemäß Artikel 7, Artikel 51 Absatz 2 und Artikel 65 Absatz 2 Buchstabe c der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

(2) Im Sinne dieses Titels bezeichnet der Begriff "beihilfefähige Hektarfläche"

a)       jede landwirtschaftliche Fläche des Betriebs, […].

Artikel 33

Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen

(1) Für die Zwecke der Aktivierung von Zahlungsansprüchen nach Artikel 32 Absatz 1 meldet der Betriebsinhaber die Parzellen an, die der beihilfefähigen Hektarfläche für jeden Zahlungsanspruch entsprechen. Außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände müssen die angemeldeten Parzellen dem Betriebsinhaber zu einem vom Mitgliedstaat festzusetzenden Zeitpunkt zur Verfügung stehen, der jedoch nicht nach dem in demselben Mitgliedstaat festgesetzten Zeitpunkt für die Änderung des Beihilfeantrags gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 liegen darf.

[…].“

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 549:

„TITEL VI

CROSS-COMPLIANCE

KAPITEL I

Geltungsbereich

Artikel 91

Allgemeiner Grundsatz

(1) Erfüllt ein in Artikel 92 genannter Begünstigter die Cross-Compliance-Vorschriften gemäß Artikel 93 nicht, so wird gegen ihn eine Verwaltungssanktion verhängt.

(2) Die Verwaltungssanktion gemäß Absatz 1 findet nur dann Anwendung, wenn der Verstoß das Ergebnis einer Handlung oder Unterlassung ist, die unmittelbar dem betreffenden Begünstigten anzulasten ist, und mindestens eine der beiden folgenden zusätzlichen Bedingungen erfüllt ist:

a) Der Verstoß betrifft die landwirtschaftliche Tätigkeit des Begünstigten;

b) die Fläche des Betriebs des Begünstigten ist betroffen.

[…].

Artikel 92

Betroffene Begünstigte

Artikel 91 gilt für Begünstigte, die Direktzahlungen gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, Zahlungen gemäß den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 und die jährlichen Prämien gemäß Artikel 21 Absatz 1 Buchstaben a und b sowie den Artikeln 28 bis 31, 33 und 34 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 erhalten.

[…].

Artikel 93

Cross-Compliance-Vorschriften

(1) Die in Anhang II aufgeführten Cross-Compliance-Vorschriften umfassen die Grundanforderungen an die Betriebsführung gemäß Unionsrecht und die auf nationaler Ebene aufgestellten Standards für die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand und betreffen die folgenden Bereiche:

a) Umweltschutz, Klimawandel und guter landwirtschaftlicher Zustand der Flächen,

b) Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen,

c) Tierschutz.

(2) Die in Anhang II genannten Rechtsakte über die Grundanforderungen an die Betriebsführung gelten in der zuletzt in Kraft getretenen Fassung und im Falle von Richtlinien so, wie sie von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurden.

[…].“

„Artikel 97

Anwendung von Verwaltungssanktionen

(1) Werden die Cross-Compliance-Vorschriften in einem bestimmten Kalenderjahr (im Folgenden "betreffendes Kalenderjahr") zu irgendeinem Zeitpunkt nicht erfüllt und ist dieser Verstoß dem Begünstigten, der den Beihilfe- oder den Zahlungsantrag in dem betreffenden Kalenderjahr gestellt hat, unmittelbar anzulasten, so wird die Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 verhängt.

[…].“

„Artikel 99

Berechnung der Verwaltungssanktion

(1) Zur Anwendung der Verwaltungssanktion gemäß Artikel 91 wird der Gesamtbetrag der in Artikel 92 genannten Zahlungen, der dem betroffenen Begünstigten gewährt wurde bzw. zu gewähren ist, für die Beihilfeanträge, die er in dem Kalenderjahr, in dem der Verstoß festgestellt wurde, eingereicht hat oder einreichen wird, gekürzt oder gestrichen.

Bei der Berechnung dieser Kürzungen und Ausschlüsse werden Schwere, Ausmaß, Dauer und wiederholtes Auftreten der Verstöße sowie die Kriterien nach den Absätzen 2, 3 und 4 berücksichtigt.

(2) Bei einem Verstoß aufgrund von Fahrlässigkeit beträgt die Kürzung höchstens 5 %, im Wiederholungsfall höchstens 15 %.

[…].

(3) Bei vorsätzlichen Verstößen beträgt die Kürzung grundsätzlich nicht weniger als 20 % und kann bis zum vollständigen Ausschluss von einer oder mehreren Beihilferegelungen gehen und für ein oder mehrere Kalenderjahre gelten.

[…].“

Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013, ABl. L 181 vom 20.6.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

(1) Für die Zwecke des integrierten Systems im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 gelten die Begriffsbestimmungen in Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 und Artikel 67 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Zudem gelten folgende Begriffsbestimmungen:

[…]

18. „ermitteltes Tier“:

a) im Rahmen einer Beihilferegelung für Tiere ein Tier, das alle in den Vorschriften für die Beihilfegewährung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, […].“

„KAPITEL II

BERECHNUNG UND ANWENDUNG VON VERWALTUNGSSANKTIONEN

Artikel 38

Allgemeine Vorschriften betreffend Verstöße

(1) „Wiederholtes Auftreten“ eines Verstoßes liegt vor, wenn dieselbe Anforderung oder derselbe Standard mehr als einmal innerhalb eines zusammenhängenden Zeitraums von drei Kalenderjahren nicht eingehalten wurde, sofern der Begünstigte auf den vorangegangenen Verstoß hingewiesen wurde und er je nach Fall die Möglichkeit hatte, die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung des vorangegangenen Verstoßes zu ergreifen. Für den Zweck der Bestimmung des wiederholten Auftretens eines Verstoßes sind die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 festgestellten Verstöße zu berücksichtigen, und ist insbesondere der in Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 aufgeführte GLÖZ 3 der GAB 2 in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in ihrer am 21. Dezember 2013 gültigen Fassung gleichzusetzen.

(2) Das „Ausmaß“ eines Verstoßes wird insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache bestimmt, ob der Verstoß weitreichende Auswirkungen hat oder auf den Betrieb selbst begrenzt ist.

(3) Die „Schwere“ eines Verstoßes hängt insbesondere davon ab, welche Bedeutung den Auswirkungen des Verstoßes unter Berücksichtigung der Ziele der betreffenden Anforderung oder des betreffenden Standards beizumessen ist.

(4) Ob ein Verstoß von „Dauer“ ist, richtet sich insbesondere danach, wie lange die Auswirkungen des Verstoßes andauern oder welche Möglichkeiten bestehen, diese Auswirkungen mit angemessenen Mitteln abzustellen.

(5) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten Verstöße als „festgestellt“, sofern sie sich als Folge jedweder Kontrollen nach Maßgabe der vorliegenden Verordnung ergeben oder der zuständigen Kontrollbehörde bzw. Zahlstelle auf andere Weise zur Kenntnis gelangt sind.

Artikel 39

Berechnung und Anwendung von Verwaltungssanktionen bei Fahrlässigkeit

(1) Ist der festgestellte Verstoß auf Fahrlässigkeit des Begünstigten zurückzuführen, so wird eine Kürzung vorgenommen. Diese Kürzung beläuft sich in der Regel auf 3 % des Gesamtbetrags der Zahlungen und jährlichen Prämien gemäß Artikel 92 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013.

Auf der Grundlage des bewertenden Teils des Kontrollberichts, in dem die zuständige Kontrollbehörde die Bedeutung der Verstöße bewertet, und unter Berücksichtigung der Kriterien gemäß Artikel 38 Absätze 1 bis 4 kann die Zahlstelle jedoch beschließen, den genannten Prozentsatz auf 1 % des in Unterabsatz 1 genannten Gesamtbetrags zu verringern oder auf 5 % dieses Betrags zu erhöhen oder aber keine Kürzung vorzunehmen, wenn die Vorschriften über die betreffende Anforderung oder den betreffenden Standard einen Ermessensspielraum lassen, den festgestellten Verstoß nicht weiterzuverfolgen, oder wenn die Förderung gemäß Artikel 17 Absätze 5 und 6 der Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 gewährt wird.

[…]

(4) Unbeschadet der Bestimmungen für vorsätzliche Verstöße ist bei einem Verstoß im ersten Wiederholungsfall die gemäß Absatz 1 angewendete Kürzung mit dem Faktor drei zu multiplizieren.

Bei weiteren Wiederholungsfällen wird der Multiplikationsfaktor drei jeweils auf das Kürzungsergebnis für den vorangegangenen wiederholten Verstoß angewendet. Die höchstmögliche Kürzung darf jedoch 15 % des in Absatz 1 genannten Gesamtbetrags nicht übersteigen.

[…].“

Verordnung (EG) Nr. 1760/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juli 2000 zur Einführung eines Systems zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern und über die Etikettierung von Rindfleisch und Rindfleischerzeugnissen sowie zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 820/97 des Rates, ABl. L 204 vom 11.8.2000, S. 1–10, im Folgenden VO (EG) 1760/2000:

„Kennzeichnung und Registrierung von Rindern

Artikel 1

(1) Nach Maßgabe dieses Titels schafft jeder Mitgliedstaat ein System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern.

[…].“

„Artikel 3

Das System zur Kennzeichnung und Registrierung von Rindern beruht auf folgenden Elementen:

a) Kennzeichnungsmittel zur Einzelkennzeichnung von Tieren,

b) elektronischen Datenbanken,

c) Tierpässen,

d) Einzelregistern in jedem Betrieb.

[…].“

„Artikel 7

(1) Tierhalter — mit Ausnahme der Transporteure — müssen folgende Anforderungen erfüllen:

— Sie halten ein Register auf dem neuesten Stand,

— sie teilen der zuständigen Behörde innerhalb einer vom betroffenen Mitgliedstaat festgesetzten Frist jede Verbringung in den oder aus dem Betrieb sowie die Daten aller Tiergeburten und Todesfälle bei Tieren im Betrieb mit; diese Frist beträgt mindestens drei und nicht mehr als sieben Tage nach einem der betreffenden Ereignisse. Die Mitgliedstaaten können bei der Kommission eine Verlängerung der Höchstfrist von sieben Tagen beantragen.

Um praktischen Schwierigkeiten in außergewöhnlichen Fällen Rechnung zu tragen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 22b delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die außergewöhnlichen Umstände festzulegen, unter denen die Mitgliedstaaten die Frist von sieben Tagen gemäß Unterabsatz 1 Gedankenstrich 2 verlängern können, wobei sie die maximale Dauer der Verlängerung festlegt, die 14 Tage nach dem in Unterabsatz 1 Gedankenstrich 2 genannten Zeitraum von sieben Tagen nicht überschreiten darf.

(2) Um die angemessene und wirksame Rückverfolgbarkeit für Rinder bei saisonaler Weidehaltung sicherzustellen, wird der Kommission die Befugnis übertragen, gemäß Artikel 22b delegierte Rechtsakte für die Mitgliedstaaten oder Teile von Mitgliedstaaten zu erlassen, in denen besondere Regeln für saisonale Weidehaltung gelten, einschließlich des Zeitraums, besonderer Verpflichtungen der Tierhalter und Regeln zur Betriebsregistrierung und der Verbringungen solcher Rinder, einschließlich der für die Einführung erforderlichen Übergangsmaßnahmen.

[…].“

Die Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008, BGBl. II Nr. 201/2008, lautet auszugsweise:

„Meldungen durch den Tierhalter

§ 6. (1) Innerhalb von sieben Tagen sind zu melden:

1. Tiergeburten, Todesfälle (Schlachtungen und Verendungen) von kennzeichnungspflichtigen Tieren sowie Verbringungen von Tieren in den oder aus dem Betrieb unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten,

2. Verbringungen von Tieren zwischen Betrieben eines Tierhalters in verschiedenen Gemeinden unter Angabe der für den Tierpass nötigen, ergänzenden Daten.

(1a) Innerhalb von 15 Tagen ist zu melden:

1. der Auftrieb auf Almen oder Weiden, wenn es zu einer Vermischung von Rindern mehrerer Tierhalter kommt,

2. der Auftrieb auf Almen oder Weiden in einer anderen Gemeinde, wenn für die Almen/Weiden eigene Betriebsnummern gemäß dem LFBIS-Gesetz, BGBl. Nr. 448/1980, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 505/1994 vorhanden sind oder die Flächenangaben zu den Almen/Weiden im Antrag gemäß § 21 der Horizontalen GAP-Verordnung, BGBl. II Nr. 100/2015 in der jeweils geltenden Fassung, anderer Bewirtschafter enthalten sind.

Davon ausgenommen ist jedoch der Auftrieb auf Zwischenweiden (zum Beispiel Vorsäß, Maisäß, Nachsäß, Aste) desselben Tierhalters vor oder nach einem meldepflichtigen Auftrieb auf eine Alm oder Weide. […]“

Gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389, entgegenstehen.

3.3. Rechtliche Würdigung:

Im vorliegenden Fall wurden dem Beschwerdeführer seitens der AMA die gewährten Direktzahlungen mit der Begründung gekürzt, er habe gegen die Bestimmungen zur Rinderkennzeichnung verstoßen.

Die Verpflichtung zur Kennzeichnung ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 wonach Tierhalter ein Register auf dem neuesten Stand führen müssen und der zuständigen Behörde (in Österreich die AMA) jede Umsetzung von Tieren in einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von sieben Tagen (vgl. § 6 Abs. 1 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008) gemeldet werden muss.

Nun hat der Beschwerdeführer gegenständlich zwar die entsprechenden Meldungen (Zugang von 20 Rindern) innerhalb der vorgesehenen Frist der Behörde übermittelt, dabei allerdings die falschen Ohrmarkennummern angegeben.

Damit hat er es zum einen verabsäumt, die korrekten Ohrmarkennummern für die tatsächlich zugegangenen Tiere zu melden und zum anderen Ohrmarkennummern – falsch – gemeldet, dessen Rinder tatsächlich einem anderen Betrieb zugegangen sind.

Gemäß Art. 7 Abs. 1 VO (EG) 1760/2000 müssen Tierhalter unter anderem die genauen Daten jeder Umsetzung – also auch den Zugang – von Tieren in den oder aus dem Betrieb innerhalb einer vom Mitgliedstaat festgesetzten Frist von drei bis sieben Tagen der zuständigen Behörde mitteilen. Gemäß § 6 Abs. 1 Rinderkennzeichnungs-Verordnung 2008 beträgt diese Frist in Österreich sieben Tage. Die Meldung kann telefonisch, schriftlich oder online erfolgen (§ 6 Abs. 5 zweiter Satz leg.cit.).

Der Beschwerdeführer hat daher insofern fahrlässig gehandelt, als er den Lieferschein, der offensichtlich die falschen Rinder auflistete, nicht mit den tatsächlich zugegangenen Rindern verglichen hat und die falschen Ohrmarkennummern des Lieferscheins unreflektiert an die Behörde gemeldet hat. Der Fehler ist auch erst im Rahmen einer Vor-Ort-Kontrolle ein paar Monate später aufgefallen. Es handelt sich hierbei jedenfalls um eine Fahrlässigkeit, da ein sorgfältig handelnder Landwirt überprüft hätte, welche Rinder bei seinem Betrieb zugegangen sind und die richtigen Ohrmarkennummern an die Behörde gemeldet hätte.

Auch der Kürzungsprozentsatz von 3 % scheint angemessen zu sein, handelt es sich doch um den üblichen Satz bei fahrlässigen Verstößen. Ein besonders minderer Grad an Fahrlässigkeit kann gegenständlich nicht erkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Verwaltungsgerichtshofes keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/04/0117); vgl. dazu mwN auch Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es ergaben sich auch sonst keine Hinweise auf das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Schlagworte

Abzug Direktzahlung Fahrlässigkeit Fehlbezeichnung INVEKOS Kontrolle Kürzung Mehrfachantrag-Flächen Meldefehler Ohrenmarke Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rinderdatenbank Rinderprämie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W113.2247461.1.00

Im RIS seit

20.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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