TE Bvwg Erkenntnis 2021/12/22 W145 2244988-1

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Veröffentlicht am 22.12.2021
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Entscheidungsdatum

22.12.2021

Norm

BSVG §2 Abs1 Z1
BSVG §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W145 2244988-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX 1956, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom 09.06.2021, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (im Folgenden: belangte Behörde) hat mit Bescheid vom 09.06.2021, Zl. XXXX , festgestellt, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführerin) 1. von 01.06.2019 bis 31.12.2020 in der Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG und 2. von 23.05.2019 bis 07.01.2021 in der Krankenversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sowie in der Unfallversicherung gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 BSVG pflichtversichert sei.

Begründend wurde nach Zitierung der angewandten gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin aufgrund eines Realteilungsvertrages ab 23.05.2019 Eigentümerin von 4,8658 ha landwirtschaftlicher und 11,8902 ha forstwirtschaftlicher Fläche sei. Auf das von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin zugeschickte Anmeldeformblatt vom 11.12.2020 sei nicht reagiert worden, weshalb von einer Bewirtschaftung der gesamten 16,7560 ha ausgegangen worden sei. In diesem Schreiben sei die Beschwerdeführerin auch über die Folgen einer unterlassenen oder verspäteten Meldung, sowie über die gesetzliche Vermutung eines landwirtschaftlichen Betriebes bei forstwirtschaftlichem Vermögen informiert worden. Per 19.01.2021 sei der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, dass sie aufgrund der Führung eines land(forst)wirtschaftlichen Betriebes der Pflichtversicherung nach dem BSVG unterliege.

Am 08.02.2021 sei bei der belangten Behörde erstmalig ein Schreiben eingelangt, worin die Beschwerdeführerin bekannt gegeben habe, dass sie keinen landwirtschaftlichen Betrieb führe und ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen verpachtet sei. Im Bracheformblatt, bei der SVS am 25.02.2021 eingelangt, habe die Beschwerdeführerin schriftliche mitgeteilt, dass die restlichen Flächen brachliegen würden.

Entsprechend der Angaben der Beschwerdeführerin hätten sich folgende Bewirtschaftungsverhältnisse ergeben:

1.       11,8902 ha forstwirtschaftlich genutzte Flächen

2.       4,8658 landwirtschaftlich genutzte Flächen (davon 4,2400 ha verpachtet)

Somit:

1.       Brache: 11, 8902 ha forstwirtschaftlich genutzte Flächen

2.       Brache: 0,6258 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen

Die Brache der landwirtschaftlichen Fläche sei mit Juni 2019 und jene der forstwirtschaftlichen Fläche mit Jänner 2021 berücksichtigt worden. Die gesetzliche Bewirtschaftungsvermutung für forstwirtschaftlich bewertete Flächen ende gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG erst mit dem Tag, der einen Monat vor dem Tag der Meldung liege. Die Erstmeldung über eine Nichtbewirtschaftung der forstwirtschaftlichen Flächen habe die belangte Behörde erstmalig am 08.02.2021 erhalten.

Die Beschwerdeführerin unterliege daher von 01.06.2019 bis 31.12.2020 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung und von 01.06.2019 bis 07.01.2021 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach dem BSVG.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 02.07.2021 fristgerecht Beschwerde und führte aus, dass es zutreffend sei, dass sie aufgrund eines Realteilungsvertrages ab 23.5.2019 Eigentümerin von 4, 8658 ha landwirtschaftlicher und 11, 8902 ha forstwirtschaftlicher Fläche sei. Die zu bewirtschaftenden Wiesen- und Feldflächen seien an XXXX , dem Großneffen der Beschwerdeführerin, verpachtet worden. Die übrigen Flächen würden brachliegen.

Die Beschwerdeführerin habe diese Flächen zu keinem Zeitpunkt im Sinne der Bestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG bewirtschaftet. Die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung seien daher zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Aus diesem Grund habe auch keine Meldepflicht im Sinne der Bestimmung des § 16 BSVG bestanden.

Das BSVG sehe eine Auskunftspflicht nur für in der Land- und Forstwirtschaft erwerbstätige Personen vor und ahnde dies mit Verwaltungsstrafen. Eine Auskunftspflicht sei bei Erwerb von land- und forstwirtschaftlichen Flächen gesetzlich nicht geregelt. Mangels Bewirtschaftung der geerbten Flächen habe sich die Beschwerdeführerin nicht veranlasst gesehen, eine Meldung bei der belangten Behörde vorzunehmen. Indem ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb von der Beschwerdeführerin nicht geführt worden sei, liege keine Meldepflichtverletzung im Sinne des § 34 Abs. 1 BSVG vor, sodass eine Betragsvorschreibung zu Unrecht erfolgt sei. Aus dem Gesetz ergebe sich eine Meldepflicht der Nicht-Bewirtschaftung bzw. eine Auskunftspflicht.

Die gesetzliche Vermutung des § 16 BSVG löse keine Meldepflicht aus. Das Unterbleiben der Erteilung der Auskunft, dass die land- und forstwirtschaftlichen Flächen von der Beschwerdeführerin als Eigentümerin nicht bewirtschaftet werden und brach liegen würden, stelle keinen Verstoß gegen eine gesetzliche Bestimmung dar, weil eine Auskunftspflicht (Meldepflicht) der nicht land- und forstwirtschaftlichen Erwerbstätigen nicht bestünde. Würde ohne Vorliegen eines Meldeverstoßes gemäß § 16 BSVG die Vorschreibung der Sozialversicherungsbeiträge in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung rechtmäßig erfolgen, würde dies im Verhältnis zur Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen des Verstoßes gegen eine bestehende Meldepflicht zu einer groben Benachteiligung des nicht land- und forstwirtschaftlichen Eigentümers führen. Eine derartige Interpretation der Gesetzeslage wäre grob benachteiligend und gleichheitswidrig. Das Gesetz, das dem Eigentümer zwar keine gesetzliche Auskunftspflicht über die Nichtbewirtschaftung land- und forstwirtschaftlicher Flächen auferlege, aber mangels des Brachliegens von einer Bewirtschaftung ausgehe, sei verfassungswidrig. Gemäß § 16 BSVG bestehe die Meldepflicht lediglich für in § 2 Abs. 1 Z 1 und 1a genannte Personen, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb führen. Es ergebe sich daraus keine Auskunftspflicht der Personen, die keinen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb führen.

3. Mit Schreiben vom 14.07.2021 legte die belangte Behörde die gegenständliche Rechtssache dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Realteilungsvertrag vom 23.05.2019 wurde die Beschwerdeführerin Eigentümerin von Grundstücken im Gesamtausmaß von 16,7560 ha (Einlagezahl XXXX in der KG XXXX XXXX Bezirksgericht XXXX ). Diese teilen sich in 4,8658 ha landwirtschaftlich genutzte Flächen und 11,8902 forstwirtschaftlich genutzte Flächen.

Mit Schreiben vom 11.12.2020 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin ein Formular zur Feststellung, ob und in welchen Zweigen und ab wann eine Pflichtversicherung bestünde. Auch das Vorliegen eines Ausnahmegrundes sowie der Nichtbestand der Versicherungs- oder Beitragspflicht infolge gänzlicher oder teilweiser Verpachtung, Nichtbewirtschaftung usw., konnte in diesem Formular gemeldet werden. Die belangte Behörde ersuchte um Ausfüllung des Formulars.

Eine Übermittlung des Formulars durch die Beschwerdeführerin erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 19.01.2021 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass sie der Pflichtversicherung nach dem BSVG unterliegt.

Mit Schreiben vom 08.02.2021 langte bei der belangten Behörde erstmals ein Schreiben ein, in dem die Beschwerdeführerin bekannt gab, dass sie keinen landwirtschaftlichen Betrieb führt und ein Teil der landwirtschaftlichen Flächen (4,2400 ha der 4,8658 ha der landwirtschaftlich genutzten Fläche) an Herrn XXXX verpachtet ist. Im Brachformblatt, bei der belangten Behörde am 25.02.2021 eingelangt, teilte die Beschwerdeführerin mit, dass die restlichen Flächen brachliegen.

Die Beschwerdeführerin ist von 01.06.2019 bis 31.12.2020 in der Pensionsversicherung nach BSVG pflichtversichert und von 23.05.2019 bis 07.01.2021 auch in der Krankenversicherung sowie in der Unfallversicherung nach BSVG pflichtversichert.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes.

Die Feststellungen zu den Eigentumsverhältnissen der oben genannten Grundstücke ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Grundbuchsauszug.

Dass die belangte Behörde die Beschwerdeführerin aufgefordert hat ein Formular zu den Bewirtschaftungsverhältnissen auszufüllen, ergibt sich aus dem Schreiben der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin vom 11.12.2020. In diesem Schreiben wird die Beschwerdeführerin zudem darauf hingewiesen, dass im Zusammenhang mit Grundstücken, die als forstwirtschaftliches Vermögen bewertet sind, gesetzlich vermutet wird, dass diese in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschaftet werden. Der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig. Mit diesem Hinweis wurde die Beschwerdeführerin über das Bestehen der gesetzlichen Vermutung der Bewirtschaftung von forstwirtschaftlichen Grundstücken belehrt.

Weiters wurde in dem Schreiben mitgeteilt, dass falls innerhalb von zwei Wochen keine Meldung einlange, die belangte Behörde annimmt, dass diese Flächen von der Beschwerdeführerin selbst bewirtschaftet wird. In diesem Fall werden die Beiträge von Amts wegen vorgeschrieben. Die Beschwerdeführerin, die zudem rechtskundig ist, wurde umfassend über die Folgen einer Nichtmeldung aufgeklärt und hat nicht auf das Schreiben der belangten Behörde reagiert.

2.2. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag, oder wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach der Rechtsprechung des EGMR kann eine mündliche Verhandlung in Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK unterbleiben, wenn besondere beziehungsweise außergewöhnliche Umstände dies rechtfertigen (vgl. EGMR 05.09.2002, Speil/Österreich, Appl. 42057/98, VwGH 17.09.2009, 2008/07/0015). Derartige außergewöhnliche Umstände hat der EGMR etwa bei Entscheidungen über sozialversicherungsrechtliche Ansprüche, die ausschließlich rechtliche oder in hohem Maße technische Fragen aufwerfen, als gegeben erachtet. Hier kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an die Verfahrensökonomie und Effektivität von einer mündlichen Verhandlung absehen, wenn der Fall auf Grundlage der Akten und schriftlichen Stellungnahmen der Parteien als angemessen entschieden werden kann (vgl. EGMR 12.11.2002, Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z 37 ff.; EGMR 8.2.2005, Fall Miller Appl. 55.853/00).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrages von der Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und der Entfall der mündlichen Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1985, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. 83 vom 30.03.2010, S. 389 entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall liegt kein Antrag vor und ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache mehr zu erwarten war und sich der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als hinreichend geklärt darstellte. Die belangte Behörde führte ein ordnungsgemäßes Beweisverfahren durch. Der Sachverhalt war weder in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Es wurden keine Rechts- und Tatfragen aufgeworfen, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte (vgl. ua VwGH 18.06.2012, B 155/12, wonach eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt unbestritten und die Rechtsfrage von keiner besonderen Komplexität ist).

Dem Entfall der mündlichen Verhandlung stehen weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 182 Z 7 BSVG gelten die Bestimmungen des Siebenten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit der Maßgabe, dass § 414 Abs. 2 ASVG nicht anzuwenden ist. Gegenständlich liegt EinzelrichterInnenzuständigkeit vor.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. Nr. 33/2013, idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. § 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 1 zu § 27 VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: „Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

Die zentrale Regelung der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet § 28 VwGVG. Die vorliegend relevanten Abs. 1 und 2 dieser Bestimmung lauten wie folgt:

„§ 28 (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sind auf Grund dieses Bundesgesetzes, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Kranken- und in der Pensionsversicherung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Personen pflichtversichert, die auf ihre Rechnung und Gefahr einen lan(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetz (1984, BGBl. Nr. 287, führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird. Dabei wird vermutete, dass Grundstücke, die als forstwirtschaftliches Vermögen nach dem Bewertungsgesetzt 1955, BGBl. Br. 148, bewertet sind oder Teil einer als solchen bewerteten wirtschaftlichen Einheiten sind, in der einem forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechenden Weise auf Rechnung und Gefahr der dazu im eigenen Namen Berechtigten bewirtschaftet werden. Der Gegenbeweis ist für Zeiten, die länger als einen Monat von der Meldung (§ 16 BSVG) des der Vermutung widersprechenden Sachverhaltes zurückliegen, unzulässig.

Die verfassungsrechtlich unbedenkliche (vgl. VFSlg. 14861/1997) gesetzliche Vermutung des § 2 Abs. 1 Z 1 zweiter Satz erstreckt sich nicht nur auf den Umstand, dass der Eigentümer mangels anderweitiger Meldung für denjenigen gehalten wird, auf dessen Rechnung und Gefahr ein forstwirtschaftlicher Betrieb geführt wird, sondern es wird auch vermutet, dass auf als forstwirtschaftlich gewerteten Flächen eine der forstwirtschaftlichen Betriebsführung entsprechende tatsächliche Bewirtschaftung erfolgt. Diese gesetzliche Vermutung führt daher bei Personen, in deren Eigentum forstwirtschaftliche Grundstücke mit einem die jeweilige Versicherungsgrenze übersteigendem Einheitswert stehen, so lange zu Pflichtversicherung nach dem BSVG, als nicht der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen im Sinne des dritten Satzes dieser Gesetzesstelle ein Umstand gemeldet wird, der geeignet ist, entweder eine davon abweichende Zurechnung der Betriebsführung oder das Fehlen einer forstwirtschaftlichen Bestätigung darzutun. Widerleglich ist diese Vermutung nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle jedoch frühestens für den Zeitraum eines Monats vor der Erstattung der betreffenden Meldung (vgl. VwGH, 17.05.2006, Zl. 2004/08/0057).

Die am 01.01.1992 in Kraft getretene Rechtslage bedeutet fallbezogen für die Beschwerdeführerin, dass sie unabhängig von der Bewirtschaftung, ihrer als forstwirtschaftliches Vermögen bewerteten Grundstücke, in den Kreis, der nach dem BSVG pflichtversicherten Personen einbezogen ist, solange sie nicht einen zulässigen Gegenbeweis erbringt. Es lag an der Beschwerdeführerin den dieser Vermutung widersprechenden Sachverhalt zu melden.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG sind alle natürlichen Personen, die einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb im Sinne der Bestimmungen des Landarbeitsgesetzes 1984 (LAG), BGBl. Nr. 287/1984), auf eigene Rechnung und Gefahr führen oder auf deren Rechnung und Gefahr ein solcher Betrieb geführt wird, in der Unfallversicherung der Bauern pflichtversichert, wenn es sich um einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb handelt, dessen zuletzt festgestellter Einheitswert den Betrag von EUR 150 ,-- erreicht oder übersteigt oder für den ein Einheitswert aus anderen als den Gründen des § 25 Z 1 des Bewertungsgesetzes nicht festgestellt wird.

Gemäß § 3 Abs. 2 lit d BSVG ist der Ermittlung des Einheitswertes im Falle der gesetzlichen Vermutung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 der anteilsmäßige Ertragswert der Waldfläche zu Grunde zu legen.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 BSVG beginnt die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung bei den gemäß § 2 Abs. 1 BSVG pflichtversicherten Personen mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung eintreten und endet gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BSVG mit dem Wegfall der Voraussetzungen. Die Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung beginnt gemäß § 6 Abs. 3 BSVG mit dem Ersten eines Kalendermonats, wenn die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung einschließlich zum 15. dieses Monates eintreten, sonst mit dem folgenden Monatsersten. Sie endet gemäß § 7 Abs. 3 BSVG mit dem Ersten eines Kalendermonates, wenn die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung bis einschließlich 15. Dieses Monates wegfallen, sonst mit dem folgenden Monatsersten. Die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung beginnt gemäß § 6 Abs. 4 BSVG mit dem Tag der Aufnahme der versicherungspflichtigen Tätigkeit und endet gemäß § 7 Abs. 4 BSVG mit dem Ende der die Pflichtversicherung begründenden Tätigkeit.

Wie bereits festgestellt, ist die Beschwerdeführerin seit 25.05.2019 Alleineigentümerin von 11,8902 ha forstwirtschaftlicher Fläche und 4,8658 ha landwirtschaftlich genutzter Fläche. Da seitens der Beschwerdeführerin bis zum 08.02.2021 keine Meldung/Mitteilung über eine Verpachtung bzw. ein Brachliegen der forst- und landwirtschaftlichen Flächen erfolgte, tritt wie oben ausgeführt, die gesetzliche Vermutung des § 2 Abs. 1 Z 1 zweiter Satz BSVG ein.

Die die Beschwerdeführerin unterliegt daher im Zeitraum von 01.06.2019 bis 31.12.2020 der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 BSVG und von 23.05.2019 bis 07.01.2021 der Pflichtversicherung in der Kranken- und Unfallversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 und § 3 Abs. 1 Z 1 BSVG.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

3.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Auskunftspflicht gesetzliche Vermutung landwirtschaftlicher Betrieb Meldepflicht Pflichtversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2021:W145.2244988.1.00

Im RIS seit

20.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

20.01.2022
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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