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yy41 Rechtsvorschriften die dem §2 R-ÜG StGBl 6/1945 zuzurechnenNorm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der E. AG in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. August 1994, GZ GA 9-1740/2/92, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Seit Juni 1988 waren an der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft die E. AG zu 99 % des Grundkapitals und die I. GmbH zu 1 % des Grundkapitals beteiligt.
Alleingesellschafterin sowohl der E. AG als auch der I. GmbH war die Ö. AG.
Mit einem Schreiben vom 11. Juli 1989 sagte die Ö. AG der Beschwerdeführerin verbindlich zu, ihr bis zum 31. Dezember 1988 ergebniswirksam Eigenmittel in Höhe von S 1.500,000.000,-- zuzuführen. Die Eigenmittelzufuhr diente der rückwirkenden Beseitigung einer im Geschäftsjahr 1988 eingetretenen Überschuldung der Beschwerdeführerin.
Mit Sacheinlagevertrag vom 28. September 1989 brachte die Ö. AG ihren Betrieb "Holding", zu welchem die hundertprozentige Beteiligung an der E. AG gehörte, rückwirkend zum 1. Jänner 1989 in die I. GmbH ein. Die I. GmbH zahlte auf Grund der übernommenen Verbindlichkeit der Ö. AG im Sinne der Zusage vom 11. Juli 1989 an die Beschwerdeführerin zwei Teilbeträge von je S 750,000.000,-- am 1. Februar 1990 und am 30. November 1990 aus.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1992 setzte das Finanzamt auf Grund dieser Zahlungen Gesellschaftsteuer fest, wobei es hinsichtlich des Teilbetrages von S 1.060,292.853,-- den begünstigten Steuersatz von 1 v.H. anwendete.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wird die Auffassung vertreten, daß die Leistung in jenem Zeitpunkt erbracht worden sei, in dem die Ö. AG die Forderung mit Vertrag rechtswirksam, einklagbar, übertragbar und von jedem Schuldgrund losgelöst eingeräumt hat. Der Zeitpunkt der späteren Zahlung der Forderung sei lediglich das Erfüllungsgeschäft. Die Leistung der Ö. AG an die Beschwerdeführerin sei jedoch mangels Gesellschafterstellung der Ö. AG an der Beschwerdeführerin nicht gesellschaftsteuerpflichtig.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde war nicht die Zusage, sondern erst die Erfüllung der Zusage als Leistung anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, daß nur Zuschüsse des unmittelbaren Gesellschafters der Gesellschaftsteuer unterliegen.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Z. 3 lit. b KVG in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 629/1994 unterliegen freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine Kapitalgesellschaft der Gesellschaftsteuer, wenn die Leistungen geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Zur Steuerpflicht führt dabei jede Zuwendung eines Vermögensvorteils durch einen Gesellschafter, die ohne gesetzlichen oder gesellschaftsvertraglichen Zwang erbracht wird (vgl. Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz, 62, Rz 1,2 m. w.H.).
Nach ständiger Rechtsprechung löst nicht bereits die Begründung einer freiwilligen Übernahmsverpflichtung, sondern immer erst deren Erfüllung, also die tatsächliche Bewirkung der Leistung, den Steuertatbestand aus (vgl. die Erkenntnisse vom 14. Jänner 1991, Zl. 89/15/0092, vom 14. Dezember 1994, Zlen. 94/16/0212, 0122 - mit zahlreichen Literaturhinweisen -, und vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/16/0195). Dabei bezieht sich das Tatbestandsmerkmal der objektiven Eignung zur Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin auf den Vorgang als solchen. Für eine Auffassung, diese Eignung könne nur der Übernahmsverpflichtung, nicht aber ihrer Erfüllung zugesprochen werden, besteht somit kein Raum.
Im Beschwerdefall leistete die I. GmbH am 1. Februar 1990 und am 30. November 1990 je S 750,000.000,-- an die Beschwerdeführerin. Die I. GmbH war im Zeitpunkt der Zahlungen mit 1 % des Grundkapitals an der Beschwerdeführerin beteiligt. Damit waren aber von der Gesellschafterin Leistungen im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG erbracht worden, die der Gesellschaftsteuer unterliegen.
Soweit sich die Beschwerdeführerin demgegenüber auf das hg. Erkenntnis vom 12. April 1984, Zl. 83/15/0138, beruft, ist ihr entgegenzuhalten, daß dieses Erkenntnis zu einer Verlustübernahme auf Grund eines Ergebnisabführungsvertrages ergangen ist, also zu einem Sachverhalt, der mit dem vorliegenden nicht vergleichbar ist. Nach dem letztgenannten Erkenntnis war die Leistung im Sinne des § 2 Z. 2 KVG bereits im Zeitpunkt der Übernahme eines bloßen Buchverlustes, näherhin mit dem Ausweis der Verlustübernahme in den Büchern bewirkt. Daraus können für den vorliegenden Fall, in dem eine bloß zugesagte Leistung bereits vor der tatsächlichen Leistung in den Büchern ausgewiesen wurde, keinerlei Schlüsse gezogen werden. Auch der Einwand, im Beschwerdefall hätte die bilanzielle Übernahme des Verlustes 1988 durch einen Ergebnisabführungsvertrag bewirkt werden können, geht ins Leere: Ein solcher Ergebnisabführungsvertrag kann naturgemäß nur zwischen Ober- und Untergesellschaft geschlossen werden. Die Zufuhr von Eigenmitteln wurde aber von der Ö. AG, die nicht Gesellschafterin der Beschwerdeführerin (sondern quasi nur "Großmutter") war, zugesagt, sodaß, was von der Beschwerdeführerin übersehen wird, der Abschluß eines Ergebnisabführungsvertrages überhaupt nicht in Betracht kam. Überdies sind insbesondere im Bereich der Verkehrsteuern lediglich die tatsächlich bewirkten Rechtsvorgänge zu beurteilen; ob die Abgabe durch eine andere rechtsgeschäftliche Gestaltung hätten vermieden werden können, ist dabei nicht von Belang.
Auch der Umstand, daß bereits die verbindliche Zusage der Zufuhr von Geldmitteln durch die Ö. AG geeignet war, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, kann der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Mag dies auch zutreffen, so ist dies für die im Beschwerdefall allein entscheidende Frage, ob durch die im Jahre 1990 seitens der I. GmbH getätigte Zufuhr von Geldmitteln der Tatbestand im Sinne des § 2 Z. 3 lit. b KVG alte Fassung erfüllt wurde, nicht weiter von Bedeutung.
Schließlich steht der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auch nicht entgegen, daß die I. GmbH zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Zahlungen nur zu 1 % (unmittelbar) Gesellschafter der Beschwerdeführerin war, während die restlichen 99 % von der I. GmbH im Wege der 100%igen Tochtergesellschaft E. GmbH gehalten wurden. Für die Erfüllung des nach § 2 KVG der Gesellschaftssteuer unterliegenden Tatbestand ist es nicht maßgeblich, in welchem Ausmaß der Gesellschafter am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft beteiligt ist. Daß eine Leistung des Gesellschafters der Gesellschaftsteuer nur entsprechend dem Beteiligungsverhältnis des leistenden Gesellschafters der Steuer unterliegen sollte, ist dem Gesetz keineswegs zu entnehmen.
Bei dieser Rechtslage erübrigte es sich, auf die von beiden Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgeworfene Frage nach dem Inhalt des Begriffs der Leistung im bürgerlichen Recht näher einzugehen. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß abgabenrechtliche Tatbestände nach dem abgabenrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Abgabengesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung auszulegen sind (vgl. die Erkenntnisse vom 18. November 1993, 92/16/0177, und vom 24. März 1994, Zl. 94/16/0026). Gerade die Anführung verschiedener Beispiele im § 2 Z. 3 KVG zeigt im übrigen auf, daß der Begriff der freiwilligen Leistungen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht nach einem anderen Rechtsgebiet, sondern nach dem Zweck des Kapitalverkehrsteuergesetzes und nach dem Inhalt des § 2 Z. 3 KVG selbst auszulegen ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994160225.X00Im RIS seit
11.06.2001