TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/23 W124 2171638-1

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Veröffentlicht am 23.09.2021
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Entscheidungsdatum

23.09.2021

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W124 2171638-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 3 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) reiste unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am XXXX gab er im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei afghanischer Staatsangehöriger und sei am XXXX geboren. Der BF stamme aus der afghanischen Provinz Baghlan. Seine Erstsprache sei Dari. Er verfüge weder über Schulbildung noch über eine Berufsausbildung. Im Herkunftsstaat würden noch seine Eltern, sein zwölfjähriger Bruder XXXX , sein achtjähriger Bruder XXXX und seine vierjährige Schwester XXXX leben.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, sein Onkel sei vor sechs Monaten von den Taliban getötet worden. Zu dieser Zeit sei sein Vater von den Taliban aus dem Fenster seines Hauses geworfen worden, weshalb er nunmehr gelähmt sei. Die Taliban würden seine Familie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu den ismaiilitischen Schiiten als Ungläubige sehen. Seine Mutter habe ihm geraten, das Land zu verlassen.

I.2. Am XXXX erfolgte in Anwesenheit seiner gesetzlichen Vertretung die niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: Bundesamt), im Rahmen welcher er zu seiner Person angab, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara zu sein und sich zur schiitischen Glaubensrichtung des Islam zu bekennen.

Betreffend seine Lebensumstände im Herkunftsstaat führte er unter anderem an, er habe die Schule lediglich bis zur zweiten Klasse besuchen dürfen, da er Hazara sei. Die Taliban hätten es den Hazara verboten, weiter die Schule zu besuchen. In seiner Heimatregion habe es nicht so viele Hazara gegeben. Die anderen Hazara hätten weit von seiner Familie entfernt gewohnt.

Zu seiner Familie gab er zu Protokoll, diese würde nach wie vor in seinem Heimatdistrikt in der Provinz Baghlan leben. Sie hätten von der Landwirtschaft gelebt. Sein Vater habe nicht viel arbeiten dürfen. Die Taliban hätten ihnen gesagt, sie würden dort nicht leben dürfen. Sie hätten um Erlaubnis für die Bewirtschaftung ihres eigenen Grundstückes bitten müssen. Ansonsten wären sie geschlagen worden. Sein Onkel väterlicherseits sei getötet worden.

Seit seiner Ausreise habe er keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Es herrsche Krieg und er glaube nicht, dass seine Eltern dies überlebt hätten. Die Taliban seien dort immer unterwegs. Sie seien zu ihnen nachhause gekommen, hätten sie bedroht und „das zweite Mal“ geschlagen. Auf die Frage, warum seine Familie nicht geflüchtet sei, antwortete der BF, seine Familie könne von dort nicht weggehen. Es gebe viele Taliban, weshalb man nicht flüchten könne. Befragt, warum der BF im Gegensatz zu seiner Familie flüchten habe können, führte er aus, sein Onkel sei getötet worden, sein Vater sei geschlagen worden. Seine Mutter habe ihn sieben oder acht Stunden lang versteckt, woraufhin sie ihm gesagt habe, er solle flüchten, egal wohin. Dann sei er weggegangen. Seine Geschwister seien noch klein. Sie hätten nicht alle gemeinsam flüchten können. „Sie“ hätten sie auf der Reiseroute auch schlagen können.

Betreffend die Organisation seiner Ausreise führte er an, er sei zu einer Familie in seinem Dorf gegangen. Diese habe ihn zu einem Schlepper gebracht. Wie sie das genau gemacht hätten, wisse er nicht. Auf Nachfrage erklärte der BF, er kenne die Familie nicht. Er sei einfach in ein Haus gegangen und habe gefragt, wo das Haus vom Schlepper sei. Der BF habe Angst gehabt und habe nicht gewusst, wohin er gehe. Ob die Taliban in dem Haus seien, habe er im Vorhinein nicht gewusst. Wenn sie dort gewesen wären, hätten sie ihn töten können. Seine Mutter habe ihm einfach gesagt, er solle sich in Sicherheit bringen. Insgesamt sei er sechs oder sieben Stunden gegangen, bis er zum Haus dieser Familie gekommen sei. Der Mann von dieser Familie habe ihn zum Schlepper gebracht. Auf die Frage, mit welchem Geld er sich auf der Reise durchgeschlagen habe, führte er an, die Schlepper hätten ihn immer weitergegeben und hätten ihm auch Essen gegeben. Auf der Reiseroute im Iran und in der Türkei habe er oft 24 Stunden lang nichts gegessen oder getrunken.

Zu seinen Fluchtgründen führte er an, er habe Afghanistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Religion der ismaiilitische Schiiten und der Volksgruppe der Hazara verlassen. „Sie“ [gemeint wohl die Taliban] würden sagen, dass sie Ungläubige seien. Das erste Mal seien sie am Abend zu ihnen gekommen, hätten seine Geschwister mit der Peitsche geschlagen und bedroht. An diesem Abend sei der BF nicht zuhause gewesen. Wo er gewesen sei, wisse er nicht mehr. Wann der erste Abend gewesen sei, wisse er ebenso wenig. Am zweiten Abend sei er zuhause gewesen, als sie gekommen seien. Zuerst hätten sie geschossen. Dann habe sein Onkel zweimal geschossen. Sein Onkel sei daraufhin getötet worden. Als sein Vater flüchten habe wollen, sei er vom Dach gefallen und habe sich den Rücken gebrochen. Seine Mutter sei zu ihm gekommen und habe gesagt, sie würden auch ihn töten wollen. Sie habe den BF daraufhin für sieben oder acht Stunden unter Polstern versteckt. Der BF habe gehört, dass seine Geschwister und seine Eltern geschrien hätten. Seine Mutter sei zu ihm gekommen, habe ihm die Augen mit der Hand zugehalten und habe ihn nach draußen gebracht. Als er sich nach seinem Onkel und seinem Vater erkundigt habe, habe sie ihm gesagt, er müsse gehen.

Einmal habe er im Fernsehen auf Tolo News gesehen, was bei ihnen zuhause passiert sei. Zur Frage, was er genau im Fernsehen gesehen habe, brachte der BF vor, er wisse es nicht genau. Er habe sich bemüht, das Video wiederzufinden, es sei ihm jedoch nicht gelungen. Der BF habe die Leiche von seinem Onkel, seinem Vater und seiner Mutter gesehen. Konkret habe er es irgendwo im Fernsehen gesehen, als er gerade beim Schlepper gewesen sei. Auf Nachfrage führte er an, er habe Fotos von seinem Vater gesehen. Der Distrikt sei angeführt worden.

Zur Frage, was die Taliban von seiner Familie gewollt hätten, gab er an, sie hätten Befehle von oben bekommen, dass sie seine Familie töten sollten. Dies habe ihm sein Vater nach dem ersten Abend gesagt. Er habe ihm alles erzählt und ihm erklärt, er werde ihn nie mehr sehen. Als er nachgefragt habe, habe sein Vater gesagt, die Taliban wollten ihn töten.

Befragt, warum ihm seine Mutter damals die Augen zugehalten habe, erklärte er, damit er die Leichen seines Onkels und seines Vaters nicht sehe. Dann habe sie ihn nach draußen gebracht, bevor sie getötet worden sei. Im Fernsehen habe er gesehen, dass sein Onkel und sein Vater liegen, aber seine Mutter stehe. Er glaube nicht, dass seine Mutter und seine Geschwister dies überlebt hätten. Vielleicht würden sie auch getötet werden, vielleicht seien sie tot, er wisse es nicht.

Auf Vorhalt, dass er in der Erstbefragung angeführt habe, seine Familie lebe noch in XXXX erklärte er, der Polizist habe nicht gefragt, ob die Familie lebe oder tot sei. Er selbst habe nur „in XXXX “ geantwortet. Im Fernsehen habe er erkannt, dass es sich um den Vater und den Onkel gehandelt habe, da er seine Mutter erkannt habe. Die Sendung habe er für eine Minute angeschaut, der Schlepper habe es ihm nicht erlaubt weiterzuschauen.

Auf weiteren Vorhalt, er habe in der Erstbefragung angeführt, sein Vater sei vom Dach gefallen, brachte der BF vor, sein Vater habe sich den Rücken gebrochen. Es gebe keinen Arzt, der ihm helfe, damit er wieder lebe. Schließlich wurde dem BF vorgehalten, dass er in der Erstbefragung angeführt habe, sein Vater sei aus dem Fenster geworfen worden. Diesbezüglich führte er an, bei der ersten Einvernahme sei die Dolmetscherin aus dem Iran gewesen, vielleicht habe sie etwas verwechselt und etwas Falsches gesagt. Zu dieser Erklärung gab der anwesende Dolmetscher an, für die Worte „Fenster“ und „Dach“ würden in Dari und in Farsi dieselben Ausdrücke bestehen.

Weiter wurde dem BF vorgehalten, er habe in der Erstbefragung angegeben, sein Onkel sei im XXXX getötet worden. In der gegenständlichen Einvernahme habe er angeführt, seit etwa einem Jahr in Österreich zu sein und zwei Monate auf der Reise gewesen zu sein. Demnach habe er im XXXX den Herkunftsstaat verlassen, weshalb sich die Frage stelle, wo er zwischen XXXX und XXXX gewesen sei. Hierzu führte der BF zunächst an, er habe nicht gelogen, sein Vater und sein Onkel seien zusammen getötet worden. In weiterer Folge räumte er ein, die Frage nicht verstanden zu haben. Nach Wiederholung der Frage erklärte er, er sei ausgereist, als sein Onkel getötet worden sei.

Seine Geschwister hätten sich im Zimmer befunden, als der Onkel getötet worden und der Vater vom Dach gefallen sei. Bereits vor diesem Ereignis habe es Probleme gegeben. Überall, wo sie gesehen worden seien, seien sie geschlagen worden.

I.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz betreffend die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum XXXX erteilt (Spruchpunkte II. und III.)

I.4. Mit fristgerechter Beschwerde vom XXXX wurde Spruchpunkt I. dieses Bescheides vom BF im Wege seiner gesetzlichen Vertretung wegen Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger Tatsachenfeststellung, unrichtiger rechtlicher Beurteilung und unrichtiger Beweiswürdigung angefochten. Begründend wurde nach Darstellung des Sachverhalts ausgeführt, dass die Furcht vor Verfolgung, Entführung, Zwangsrekrutierung und Ermordung durch die Taliban den BF direkt betreffe, da die Taliban wieder die vollständige Macht in Afghanistan erlangen wollten. Sie würden staatliche Parallelstrukturen errichten und strengste Strafen wegen unislamischen Verhaltens verhängen.

Bei der Glaubwürdigkeitsprüfung seines Fluchtvorbringens hätte zudem sein jugendliches Alter, seine Schulbildung, mangelnde Begleitung durch Angehörige sowie seine psychische Gesundheit berücksichtigt werden müssen. Seine Furcht sei auch vor dem Hintergrund allgemeiner Medien- und Länderberichte nachvollziehbar. Der BF sei einem erhöhten Risiko der Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt. Zusätzlich würden Hazara aus ethnisch-religiösen Gründen diskriminiert werden. Dies ergebe sich auch aus aktuellen Berichten. Auf Seite 121 des EASO Berichtes werde von Rekrutierungen in der Provinz Baghlan berichtet. Aufgrund der unsicheren Lage sei das UNHCR-Büro in Baghlan geschlossen worden. Der Staat sei weder in der Lage noch willens, den BF vor Bedrohungen, wie etwa Zwangsrekrutierung, zu schützen. Im Herkunftsstaat sei der BF vielfältiger individueller Gefahr ausgesetzt, die insgesamt von asylrelevanter Intensität seien. Als alleinstehender Minderjähriger wäre er vulnerabel und daher leichtes Opfer von Rekrutierungen oder Missbrauch als Bacha Bazi.

I.5. Am XXXX langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.

I.6. Am XXXX fand in Anwesenheit der Vertretung des BF und unter Beziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Dari eine mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Das Bundesamt ist nicht erschienen.

Die Verhandlung nahm im Wesentlichen folgenden Verlauf:

[…]

BF: Ich bin in der Lage an der heutigen Verhandlung teilzunehmen und Ihre Fragen zu beantworten. Ich nehme aber Medikamente.

R: Medikamente welcher Art?

BF: Ich leide an Hepatitis.

R: Sie sind fähig der heutigen Verhandlung Folge zu leisten?

BF: Ja.

[…]

R: Haben Sie noch neue Beweismittel, die Sie beim BFA oder bzw. bei der Polizei noch nicht vorgelegt haben?

BF: Nein.

R: Ihre Angaben vor dem BFA und vor der Polizei, entsprechen diese der Wahrheit? Bleiben Sie bei diesen Angaben?

BF: Ich bleibe zwar bei meiner Aussage aber es gibt im Protokoll Fehler, die ich gerne berichtigen möchte.

R: Das Protokoll vom XXXX wurde Ihnen im Beisein Ihres Vertreters, XXXX , Vertreter der NÖ Landesregierung, diese vertreten durch die Caritas, rückübersetzt und es wurde dabei die Richtigkeit und Vollständigkeit, der mit Ihnen aufgenommenen Niederschrift bestätigt. Darüber hinaus wurde in der von Frau XXXX verfassten Beschwerde dahingehend keine Mängel gerügt.

BF: Ich kann nicht sagen ob das mein Fehler war, der Fehler des Dolmetschers oder der Person die das Protokoll geschrieben hat. Nach der Einvernahme habe ich persönlich kein Protokoll gehabt, daher konnte ich das nicht unmittelbar nach der Einvernahme feststellen. Während der Rückübersetzung war ich sehr nervös und gestresst, sodass mir die Fehler nicht aufgefallen sind.

R: Wie ist Ihr Name und Ihr Geburtsdatum. Schreiben Sie es mir bitte auf.

BF: Das Geburtsdatum kann ich nach dem afghanischen Kalender nicht angeben. Als ich nach Österreich gekommen bin, war ich 15 Jahre, neun Monate und acht Tage alt.

BF schreibt auf: Ich bin am XXXX geboren und heiße XXXX . (Aufzeichnung des BF wird als Beilage ./A zum Akt genommen)

R: Wo sind Sie geboren? In welchem Dorf, Distrikt und welcher Provinz?

BF: Ich bin im Dorf XXXX , im Distrikt XXXX , in der Provinz Baghlan geboren.

R: Schreiben Sie mir auch die unmittelbar angrenzenden Dörfer mit Namen auf.

BF: Das Dorf im Norden hieß XXXX , das Dorf im Süden hieß XXXX , das Dorf XXXX liegt neben XXXX , links davon.

R: Wie groß war Ihr Heimatdorf? Wie viele Häuser gab es in diesem Dorf?

BF: Ich weiß nicht genau wie viele Häuser sich im Dorf befinden, es ist aber kein großes Dorf. Es liegt in einem Tal und ist auf zwei Seiten von Bergen umgeben.

R: Wie viele Häuser befanden sich dort ungefähr?

BF: Ich kann es nicht sagen.

R: 10, 20, 100, 200, in etwa?

BF: Ich durfte nicht so viel hinausgehen, ich durfte auch nicht andere Buben treffen und mit ihnen spielen, daher kann ich es nicht einordnen.

R: Wo haben Sie denn von Ihrer Geburt an bis zu Ihrer Ausreise in Afghanistan gelebt? Bitte geben Sie es chronologisch an.

BF: Ich habe mein ganzes Leben seit meiner Geburt in meinem Heimatdorf verbracht.

R: Haben Sie an der heute angegebenen Heimatadresse alleine gelebt?

BF: Mit meiner Familie.

R: Aus welchen Mitgliedern besteht Ihre Familie?

BF: Meinem Vater, meiner Mutter, meinen zwei Brüdern, einer Schwester und einem Onkel väterlicherseits.

R: Wie hießen Ihre zwei Brüder und wie heißt Ihre Schwester?

BF: Mein älterer Bruder heißt XXXX , der zweite heißt XXXX und meine Schwester heißt XXXX .

R: Wie alt ist Ihr Bruder XXXX und wie alt ist Ihr Bruder XXXX ?

BF: Zum Zeitpunkt meiner Ausreise war XXXX XXXX ,…

R: Wie alt ist Ihr Bruder jetzt?

BF: XXXX ist knapp 15 Jahre alt und XXXX ist knapp 11 Jahre alt. Die Schwester XXXX ist knapp 7 Jahre alt.

R: Welche Schul- bzw. Berufsausbildung haben Sie?

BF: Ich bin nur zwei Jahre zur Schule gegangen, länger durfte ich nicht.

R: In welchen zwei Jahren sind Sie in die Schule gegangen?

BF: Das kann ich nicht angeben. Ich weiß auch nicht wie alt ich damals gewesen bin.

R: Wie viele Geschwister hat Ihr Vater?

BF: Das weiß ich gar nicht.

R: Wie heißt Ihr Großvater väterlicherseits?

BF: XXXX .

R: Woher stammt Ihr Großvater väterlicherseits?

BF: Aus Afghanistan.

R: Konkreter?

BF: Aus Baghlan, XXXX , dem Dorf XXXX .

R: Was hat Ihr Großvater väterlicherseits für einen Beruf ausgeübt?

BF: Er hat ein Grundstück besessen und hat dieses bewirtschaftet.

R: Wie waren denn die Volksgruppen in Ihrem Dorf zahlenmäßig, im Verhältnis, aufgeteilt, vertreten?

BF: Ich weiß nur, dass dort wir, die Hazara, gelebt haben, ich kann aber nicht sagen, ob auch andere Ethnien dort vertreten waren.

R: Wie viele Geschwister hat Ihre Mutter?

BF: Ich glaube sie hat keine.

R: Haben Sie mit Ihren Eltern jemals darüber gesprochen, ob diese Geschwister haben? Ob Sie Onkeln oder Tanten haben?

BF: Ich habe mit meinen Eltern über ihre Geschwister nicht gesprochen. Ich kann mich aber erinnern, dass ich in der Schule nach dem Namen meines Großvaters gefragt wurde und ich deswegen zu Hause meinen Vater nach dem Namen seines Vaters gefragt habe. Sonst weiß ich nichts über die Familien meiner Eltern.

R: Hat es Sie interessiert, ob Sie Onkeln oder Tanten haben?

BF: Ich habe Ihre Frage nicht verstanden.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ich wäre froh gewesen, wenn ich weitere Verwandte gehabt hätte, die bei uns gewesen wären. Ein Onkel väterlicherseits war bei uns.

R: Wie hat Ihr Großvater mütterlicherseits geheißen?

BF: Ich kann mich nicht daran erinnern.

R: Woher stammt die Familie Ihrer Mutter?

BF: Hazara.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ich weiß, dass meine Mutter Hazara ist, ich weiß aber nicht genau, woher sie stammt, und auch ob mein Vater sie von wo anders geheiratet hat und ins Dorf gebracht hat.

R: Wie geht es Ihren Familienangehörigen?

BF: Wir waren ernsthaft bedroht. Wenn wir die Grundstücke bewirtschaftet haben, mussten wir um Erlaubnis bitten. Wenn wir aus dem Dorf gegangen sind und mehr als drei Personen waren, wurden wir geschlagen, wir waren wie Geiseln.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Derzeit?

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ich weiß es nicht. Seit ich hierhergekommen bin, habe ich keinen Kontakt.

R: Wissen Sie wo sich Ihre Familienangehörigen aufhalten?

BF: Nein. Zum Zeitpunkt meiner Flucht lebte meine Familie im Heimatdorf.

R: Haben Sie versucht mit Ihren Familienangehörigen, seit Sie in Österreichs sind, Kontakt aufzunehmen?

BF: Wie soll ich mit ihr Kontakt aufnehmen? Mir wurde gesagt, dass man versuchen wird, meine Eltern zu finden. Ich habe aber nichts erfahren.

R: Wer hat Ihnen gesagt, dass man versuchen wird Ihre Eltern zu finden?

BF: Nach meiner Einvernahme in XXXX wurde ich gefragt, ob ich meine Familie selbst suchen möchte oder dabei Unterstützung benötige. Ich habe um Unterstützung gebeten.

R: Von wem haben Sie Unterstützung erbeten?

BF: Es war ein Mitarbeiter von Österreich, ich weiß nicht wie sein Name war.

R: Was heißt ein Mitarbeiter von Österreich? Ein Beamter von dort?

BF: In meiner Einvernahme habe ich gesagt, dass ich gerne bei meiner Familie leben möchte, weil ich nicht alleine leben kann. Ich wurde dann gefragt, ob ich meine Familie selber finden kann. Ich sagte, dass ich das nicht tun kann. Mir wurde gesagt, dass sie mich dabei unterstützen würden. Als ich aber den subsidiären Schutz erhalten habe, wurde mir mitgeteilt, dass ich meine Familie nicht nachholen kann.

R: Haben Sie sich konkret an das internationale Rote Kreuz, bzw. Roten Halbmond gewandt?

BF: Nein.

BFV: Im Falle von Minderjährigen machen dies nicht die Minderjährigen, sondern die gesetzliche Vertretung.

R: Gibt es eine Meldung vom IRK?

BFV: Ich nehme es an, dass das BFA die NÖ Landesregierung mit der Familiensuche beauftragt hat und sich diese an das Rote Kreuz gewandt haben. Offenbar liegt ein erfolgloses Suchergebnis vor. Ich biete an mit der NÖ Landesregierung Kontakt aufzunehmen und das Suchergebnis vorzulegen.

R: Wann hatten Sie konkret den letzten Kontakt zu Ihren Familienangehörigen?

BF: In der letzten Nacht vor meiner Flucht, als die Taliban gekommen sind und ich mich von meiner Mutter verabschiedet habe.

R: Hatten Sie zu Hause ein Telefon?

BF: Nein.

R: Gab es im Dorf ein Geschäft wo man anrufen, oder angerufen werden konnte?

BF: Nein, leider nicht. Es gab aber etwas entfernt von uns, einen Telefonmast.

R: Was heißt es gab „etwas entfernt von uns, einen Telefonmast“?

BF: Wir hatten nicht genug Geld um ein Handy zu kaufen, wird durften es auch nicht, wir durften nicht mal mehr als drei Personen hinausgehen.

R: Wo haben Sie die Schule besucht?

BF: Ich bin in XXXX zur Schule gegangen, da es aber gefährlich war und viele Belästigungen gab, sagte mir mein Vater, dass ich nicht mehr zur Schule gehen soll. Die Taliban haben aber keine Ruhe gegeben, es gab auch Bedrohungen.

R: Wie weit war die Schule von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Ca. 15 bis 20 Minuten zu Fuß.

R: Haben Ihre Geschwister, als Sie die Schule besucht haben, auch schon die Schule besucht?

BF: Nein, nachdem auch ich nicht mehr zur Schule gehen konnte, weil die Taliban uns gewarnt haben, sind auch meine Geschwister nicht in die Schule gegangen.

R: Waren Sie der einzige aus Ihrem Dorf, der in die Schule ging oder sind Sie mit Ihren Mitschülern, aus Ihrem Dorf, zur Schule gegangen?

BF: Ich bin aus dem Dorf alleine gegangen, es waren auch andere Leute, aber ich konnte nicht mit ihnen mitgehen, weil die Taliban sie in Ruhe gelassen haben und ihnen gesagt haben, dass sie mich schlagen sollen.

R: Waren Sie der einzige Schüler aus Ihrem Dorf, der dort zur Schule ging?

BF: Nein, es waren auch andere Leute.

R: Leute? Wenn Sie von „Leuten“ sprechen, meinen Sie damit Erwachsene oder Schüler und Schülerinnen?

BF: Ich meine damit meine Gleichaltrigen.

R: Wie hießen denn Ihre unmittelbaren Nachbarn?

BF: Ich kenne den Namen eines einzigen Nachbarn. Dies deshalb, weil mein Vater gesagt hat, dass dieser Nachbar Kontakte zu den Taliban pflegt. Sein Name war XXXX .

R: Wie viele Nachbarn haben unmittelbar an das Grundstück der Eltern bzw. Elternhaus angegrenzt?

BF: Wir hatten zwei Nachbarn, der eine war aber sechs bis sieben Minuten von uns entfernt.

R: Was lag zwischen diesem Nachbarn, der sechs bis sieben Minuten entfernt war?

BF: Das war ein leerer Raum. Wie eine Wüste.

R: War es ein unbebautes Feld?

BF: Das war ein leerer Platz, man konnte dort kein Haus bauen, weil bei Regen Wasser vom Berg an dieser Stelle hinuntergeflossen ist.

R: Welcher Ethnie hat der zweite Nachbar angehört?

BF: Sein Name war XXXX .

Die Frage wird wiederholt.

BF: Sein Name war XXXX , ich weiß nicht zu welcher Ethnie er gehörte.

R: Wie haben Sie in Ihrem Heimatdorf Ihren Lebensunterhalt bestritten?

BF: Wir haben ein kleines Grundstück gehabt, das wir einmal im Jahr bewirtschaften konnten. Auch da mussten wir die Taliban um Erlaubnis bitten. Davon hat meine Familie gelebt.

R: Was haben Sie angebaut?

BF: Weizen.

R: Wie würden Sie denn die finanziellen Verhältnisse Ihrer Familie beschreiben?

BF: Nicht so gut.

R: Das bedeutet?

BF: Wir konnten nur einmal im Jahr das Grundstück bewirtschaften. Wir haben nicht immer genug zu Essen gehabt. Wir haben z.B. einmal am Tag gegessen und konnten uns nicht satt essen.

R: Haben Sie einen Teil der Ernte verkauft?

BF: Wir haben alles für uns behalten.

R: Haben Ihre Geschwister in der Landwirtschaft mitgeholfen?

BF: Nein. Nur ich habe meinen Eltern geholfen.

[…]

R: Haben Sie Ihr Heimatdorf alleine oder mit Ihrer Familie verlassen?

BF: Alleine.

R: Warum haben Sie alleine Ihr Heimatdorf verlassen?

BF: In dieser Nacht, als die Taliban gekommen sind und gekämpft haben, hat meine Mutter mir gesagt, dass ich von zu Hause weggehen soll.

R: Hat es Ihnen gegenüber individuelle konkrete Bedrohungen gegeben?

BF: Als die Taliban das erste Mal in der Nacht bei uns waren, wollten sie mich mitnehmen. Aber ich war nicht zu Hause.

R: Wann haben diese Schwierigkeiten oder die Vorfälle mit den Taliban begonnen? In welchem Jahr?

BF: Das Jahr kann ich nicht angeben, es gab seit langem Probleme mit den Taliban. Sie haben uns gewarnt und bedroht oder geschlagen. Sie sind in einer Nacht gekommen und haben uns bedroht. In der folgenden Nacht sind sie noch einmal gekommen und haben gekämpft.

R: Wie viele Wochen, Monate, Jahre vor Ihrer Ausreise haben diese Vorfälle stattgefunden?

BF: Wir wurden immer von den Taliban wegen unseres Hazara-Seins bedroht und geschlagen. In jener Nacht, als sie im Dorf gekämpft haben, bin ich geflüchtet.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Diese Probleme gab es seit langem, wegen unseres Hazara-Seins.

R: Was heißt „seit langem gab es diese Probleme“?

BF: Diese Probleme haben die Hazara schon immer und überall.

R: Wann haben Ihnen oder ihrer Familie gegenüber die von Ihnen behauptete Probleme mit den Taliban begonnen?

BF: Wir waren wie ihre Geisel, wenn ihr Anführer befehligt hat, dass man uns nicht in Ruhe lassen soll, wurden wir dementsprechend bedroht und geschlagen.

R: Wann haben die Probleme mit den Taliban, vor Ihrer Ausreise, begonnen? Wie viele Wochen, Monate, Jahre vor Ihrer Ausreise?

BF: Die Probleme haben damit begonnen, dass wir Hazara und Schiiten sind.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Sie hatten schon Probleme mit meinem Großvater. Als ich aber zur Schule gegangen bin und oft geschlagen wurde, hat mir mein Vater gesagt, dass bereits zu Lebzeiten meines Großvaters die Probleme bestanden.

R: Welche Probleme haben Sie individuell konkret Ihnen gegenüber mit den Taliban gehabt?

BF: Die Taliban haben mich bedroht und geschlagen, weil ich zur Schule gegangen bin. Ich bin dann nicht mehr zur Schule gegangen. Ich bin danach grundsätzlich nicht mehr hinausgegangen, außer, wenn mein Vater die Erlaubnis bekommen hat die Grundstücke zu bewirtschaften. Ich habe ihm bei der Arbeit geholfen.

R: Nachdem Sie von den Taliban auf dem Schulweg geschlagen bzw. bedroht worden sind, ist es Ihnen gegenüber von seiten der Taliban sonst noch zu Bedrohungen gekommen?

BF: Die Taliban sind einmal zu uns gekommen und wollten mich mitnehmen. Sie wollten, dass ich mich ihnen anschließe und für sie arbeite. Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätten sie mich getötet.

R: Wie viele Wochen, Monate, Jahre vor Ihrer Ausreise sind die Taliban in diesem Zusammenhang zu Ihnen nach Hause gekommen?

BF: Sie sind eine Nacht meinetwegen zu uns gekommen. In der folgenden Nacht sind sie noch einmal ins Dorf gekommen, in dieser Nacht bin ich geflüchtet.

R: Beschreiben Sie den konkreten Ablauf des ersten Erscheinens der Taliban bei Ihnen zu Hause. Was ist konkret passiert?

BF: In der ersten Nacht als die Taliban bei uns waren, war ich nicht zu Hause. Mein Vater hat mir erzählt, dass es vier Personen waren. Einer von ihnen ist in das Haus hineingekommen und hat mich gesucht. Meine Brüder hätten zu dieser Zeit geschlafen. Dieser Mann hat das ganze Haus durcheinandergebracht. Als mein Vater mit ihm sprechen wollte, hat er meinen Vater gewarnt zu schweigen, sonst würde er meinen Vater erschießen.

R: Sie haben gesagt, sie waren in der ersten Nacht nicht zu Hause. Wo haben Sie sich aufgehalten, in der ersten Nacht, als die Taliban gekommen sind?

BF: Ich war zu dieser Zeit draußen, wir haben einen Esel gehabt. Ich habe für den Esel Futter vorbereitet.

R: Warum machen Sie dies in der Nacht und nicht am Tag?

BF: An diesem Tag hat der Esel sehr viel auf dem Grundstück gearbeitet und war müde. Außerdem war es nicht sehr spät, es war zwischen 20 und 21 Uhr.

R: Wo haben Sie Futter für den Esel gesucht?

BF: Wenn wir Weizen geerntet haben, haben wir den Rest als Futter für den Esel aufbewahrt.

R: Wo haben Sie das Futter für den Esel gesucht?

BF: Dort wo wir das Futter für den Esel aufbewahrt haben, war daneben der Esel.

R: Wo haben Sie das Futter aufbewahrt? Wie weit war das von Ihrem Elternhaus entfernt?

BF: Ca. 5 bis 6 Minuten von zu Hause entfernt.

R: Hatten Sie das Futter für den Esel auf dem eigenen Grundstück oder auf einem fremden Grundstück aufbewahrt?

BF: Das war hinter unserem Haus.

R: Wie viele Meter? Unmittelbar hinter dem Haus? Wie weit entfernt?

BF: Ca. 4 bis 5 Minuten zu Fuß.

R: War das am eigenem Grundstück?

BF: Das Futter war hinter dem Grundstück.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ja, es gehörte uns.

R: Wie viele Jirib hat Ihr Vater gehabt?

BF: Ca. ein Jirib.

R: Was haben Sie dann bei Ihrem Esel gemacht?

BF: Ich habe das Futter zerkleinert und den Esel damit gefüttert. Außerdem hatte der Esel tagsüber viel geschwitzt, ich habe ihn abgerieben.

R: Hatten Sie von diesem Platz aus Sicht auf Ihr Elternhaus?

BF: Ja.

R: Sie sagten Sie waren zwischen 20 bis 21 Uhr dort. War es da dunkel oder hell?

BF: Es war schon dunkel, ich konnte in der Entfernung nichts sehen. Ich konnte aber meinen Weg sehen.

R: Warum haben Sie den Esel nicht früher gefüttert, sondern erst in der Nacht?

BF: Der Esel hatte den ganzen Tag gearbeitet und war sehr müde. Mein Vater wollte, dass ich mich um den Esel kümmere.

R: Haben Sie den Esel immer in der Nacht gefüttert?

BF: Nur, wenn er müde war, wurde er auch in der Nacht gefüttert.

R: Was ist dann an diesem Tag konkret passiert? Wann sind diese Männer gekommen? Schildern Sie bitte minutiös den Vorfall.

BF: Das habe ich Ihnen schon gesagt.

R: Schildern Sie minutiös den Vorfall.

BF: Ich war nicht zu Hause, als die Taliban bei uns waren. Mein Vater hat mir erzählt, dass diese Leute gekommen sind. Einer von ihnen ist in das Haus gekommen und hat meinen Vater gesagt, dass er mich suchen würde. Meine Brüder haben geschlafen, sie sind aber von dem Lärm aufgewacht, meine Mutter war verängstigt. Der Mann hat zu Hause alles durcheinander gebracht. Nachdem er mich nicht gefunden hat, ist er nach ein paar Minuten gemeinsam mit den anderen weggegangen.

R: Wie reagierte der Mann, als er Sie nicht fand?

BF: Er ist gegangen und ist in der folgenden Nacht wiedergekommen.

R: Wie reagierte der Mann, als er Sie in der ersten Nacht nicht fand?

BF: Mein Vater hat mir gesagt, dass wir nicht mehr dort leben können, weil wir nicht am Leben bleiben würden. Ich fragte ihn warum er das sagen würde. Er sagte, dass die Taliban ihn bedroht haben.

R: Sagte Ihr Vater, warum er von den Taliban bedroht worden ist?

BF: Ja, mein Vater hat mir erzählt, dass ihr Anführer ihnen gesagt hat, dass sie uns nicht mehr am Leben lassen sollen.

R: Warum haben dann die Taliban Sie und Ihre Familie am Leben gelassen, wenn der Anführer sagte, dass die Taliban Ihre Familie töten hätte sollen? Gab es einen Grund?

BF: Sie wollten mich mitnehmen, damit ich für sie arbeite. Aber ich war nicht zu Hause. Sie haben meinen Vater gewarnt.

R: Vor was haben sie Ihren Vater gewarnt?

BF: Mein Vater hat erzählt, dass sie ihm gesagt haben, dass er Hazara und Schiit wäre und deshalb nicht mehr am Leben bleiben würde und auch kein Recht hätte dort zu leben.

R: Hat es einen konkreten Anlass dafür gegeben, dass die Taliban dies erst ausgesprochen haben, nachdem Sie mit Ihrer Familie schon sehr lange dort gelebt haben?

BF: Wir waren eine Art „Bürgschaft“ für sie. Wenn sie eine Leistung von uns benötigt haben, haben sie uns jederzeit dazu auffordern können.

R: Wie hat dieser Mann reagiert, was tat er nachdem er Sie gesucht hat, aber nicht gefunden hat?

BF: Er hat meine Familie aufgeweckt und meinen Vater bedroht und ist gegangen.

R: Haben Sie zu diesem Zeitpunkt mitbekommen, dass dieser Mann bei Ihnen, im Elternhaus war?

BF: Nein. Ich habe nichts mitbekommen, nichts gehört.

R: Wo haben sich die anderen drei Männer aufgehalten?

BF: Beim Fenster.

R: Im Haus oder außerhalb?

BF: Sie sind zum Fenster gekommen, bei diesem Fenster hat mein Vater geschlafen. Drei von ihnen sind dort stehen geblieben, einer ging hinein.

R: Haben Sie das von dem Punkt aus, wo Sie sich beim Esel aufhielten, gesehen?

BF: Nein, weil das Fenster auf der anderen Seite gelegen ist, auf der Straßenseite.

R: Was taten die anderen drei Männer?

BF: Sie sind nur gestanden und hatten ihre Waffe auf meinen Vater gerichtet.

R: Was haben die drei Männer gemacht, nachdem Sie nicht gefunden wurden?

BF: Sie sind mit dem Mann, der im Haus war, weggegangen.

R: Sind Sie dann vom Esel wieder nach Hause zurückgekehrt?

BF: Ja.

R: Wie lange braucht man zu Fuß vom Elternhaus, zum Eselfutterplatz.

BF: 4 bis 5 Minuten.

R: Wie lange haben Sie sich bei Ihrem Esel aufgehalten? Wie lange brauchten Sie um ihn zu füttern?

BF: Ca 20 bis 25 Minuten.

R: Sind Sie direkt vom Futterplatz zum Elternhaus zurückgekehrt?

BF: Ja.

R: Um wie viel Uhr waren Sie zu Hause?

BF: Ich habe keine Uhr gehabt, um die genaue Zeit zu wissen, es war zwischen 20 und 21 Uhr.

R: Was ist dann am Abend geschehen, nachdem Sie ins Elternhaus zurückkehrten?

BF: Mein Vater hat mir alles erzählt, danach sind wir schlafen gegangen.

R: Hat Ihr Vater, bzw. haben sie nachdem der Mann und die drei Männer weg waren entsprechend Vorkehrungen getroffen?

BF: Nein, er hat nichts unternommen.

R: Wissen Sie warum Ihr Vater von dem Mann gewarnt worden sein soll, dass er nicht sagen soll, dass er und die Männer im Elternhaus gewesen sein sollen? Warum hat er es Ihrem Vater ausdrücklich so gesagt?

BF: Mein Vater hat ihn gefragt warum er in das Haus gekommen ist. Er hat meinen Vater gewarnt, nicht laut zu werden, sonst würde er ihn töten.

R: Warum sollte Ihr Vater nicht laut werden?

BF: Sie haben meinem Vater gesagt, dass wenn sie es erlauben mein Vater sprechen darf, er dürfe nicht aus eigenem sprechen, das wäre respektlos.

[…]

R: Wie verlief der darauffolgende Tag, nachdem die vier Personen bei Ihnen waren? Schildern Sie von morgens bis abends was passierte.

BF: Die Taliban sind am nächsten Tag um etwa dieselbe Zeit zu uns gekommen. Diesmal waren es 12 Personen. Sie hatten unser Haus umstellt. Unser Haus hat zwei Eingänge, zwei Personen standen bei einem Tor und vier beim anderen. Es ist wieder eine Person in das Haus hineingekommen und hat nach meinem Vater gerufen. Mein Onkel väterlicherseits ist mit der Schrotflinte aufs Dach gegangen. Daraufhin wurde er erschossen. Auch mein Vater wollte sich verteidigen, da er aber gemerkt hat, dass es viele Leute sind, wollte er fliehen, er ist aber vom Dach gestürzt und hat sich den Rücken gebrochen. Meine Mutter kam zu mir, sie hat meine Augen verbunden und hat mir gesagt, dass sie mich verstecken würde. Ich bin ca. 7 bis 8 Stunden in diesem Versteck geblieben, ich konnte nur mehr Geräusche wahrnehmen.

R: Wie war der Tagesablauf vom Morgen bis zum Erscheinen der Taliban? Was haben Sie bis dahin gemacht?

BF: Das war wie jeder andere Tag. Ich habe zu Hause meiner Mutter geholfen.

R: Schildern Sie diesen Tagesablauf vom Aufstehen bis zum Erscheinen der Taliban.

BF: Ich bin um 7 Uhr aufgestanden und habe meiner Mutter geholfen das Frühstück vorzubereiten, danach habe ich mich ein bisschen mit meinen Geschwistern unterhalten. Um ca 14 Uhr haben wir zu Mittag gegessen. Ich war wieder mit meinen Geschwistern beschäftigt. Um 17 Uhr bin ich gegangen um den Esel zu füttern. Als ich nach Hause gekommen bin, saßen wir alle zusammen. Meine Eltern haben sich unterhalten, während ich mich mit meinen Geschwistern unterhalten habe.

R: Wann kamen Sie nach Hause?

BF: Ich bin immer um 17 Uhr gegangen und nach 20 bis 30 Minuten zurückgekehrt.

R: Wo hat sich beim ersten Mal eigentlich Ihr Onkel aufgehalten?

BF: Bei meinem Vater.

R: Wo genau?

BF: Dort wo wir gewohnt haben, war auch mein Onkel.

R: Wo hielt er sich konkret auf, als der Mann das erste Mal zu Ihnen nach Hause kam?

BF: Im selben Zimmer mit meinem Vater. Mein Onkel war geistig ein wenig behindert.

R: Hat man ihren Onkel, nachdem man Sie das erste Mal nicht fand, mitgenommen?

BF: Nein. Er ist nicht ganz gesund, vielleicht haben sie ihn nicht mitgenommen, weil sie Angst hatten, dass er sie töten wird.

R: Habe ich Sie richtig verstanden: Ihr Onkel war zwar geistig behindert, konnte aber mit einer Waffe umgehen?

BF: Er ist manchmal jagen gegangen. Es gab Situationen in denen er sich ganz normal verhielt.

R: Ging er alleine jagen?

BF: Er hat alles gemacht, was er wollte und die Leute haben sich über ihn lustig gemacht.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Ja.

R: Wo haben Sie sich aufgehalten, nachdem ein Mann das zweite Mal zu Ihnen nach Hause gekommen ist?

BF: Ich war bei meiner Mutter und meinen Geschwistern.

R: In welchem Raum?

BF: Im Wohnzimmer, wo wir immer zusammengesessen sind.

R: Wo hat sich Ihr Vater und wo Ihr Onkel aufgehalten?

BF: Auch sie, beide waren mit uns in diesem Zimmer. Als sie aber den Mann rufen hörten, ist zuerst mein Onkel und danach mein Vater aus dem Zimmer gegangen.

R: Was ist konkret passiert, nachdem Ihr Vater und Ihr Onkel aus dem Zimmer gegangen sind?

BF: In dieser Zeit ist meine Mutter immer wieder hinausgegangen und zurückgekommen. Dann hat sie mir gesagt, dass mein Onkel getötet wurde und mein Vater sich den Rücken gebrochen hat. Sie hat meine Augen verbunden und hat mir gesagt, dass ich von dort gehen soll.

R: Onkel und Vater gehen hinaus, wo haben Sie sich dann aufgehalten?

BF: Ich bin in diesem Zimmer geblieben, ich saß neben meiner Schwester, ich hatte viel Angst und habe geweint.

R: Was konnten Sie wahrnehmen, als Sie in dem Zimmer mit Ihren Geschwistern saßen?

BF: Ich habe gehört, dass Leute den Namen meines Vaters gerufen haben und gesagt haben, dass er hinauskommen soll, weil sie mit ihm etwas zu tun hätten. Als mein Onkel getroffen wurde, habe ich auch einen lauten Schrei gehört.

R: Beim ersten Mal kam der Mann ins Haus. Ist der Mann auch beim zweiten Mal hineingekommen, oder hat er nur den Vater aufgefordert herauszukommen?

BF: einer von ihnen ist in den Hof gekommen, die anderen stranden draußen.

R: Können sie sich vorstellen, warum keiner dieser Männer ins Haus gekommen ist?

BF: Ich weiß nicht warum niemand in das Haus hineingekommen ist. Vermutlich haben sie Angst davor gehabt, dass wir bewaffnet sind und auf sie schießen, weil sie einen Abend davor auch bei uns waren.

R: Folgte Ihr Vater der Aufforderung das Haus zu verlassen?

BF: Nein, weil mein Vater wusste, dass wenn er zu ihnen hinausgeht, sie ihn töten würden. Er ist mit meinem Onkel aufs Dach gegangen. Nachdem mein Onkel getötet wurde und mein Vater gesehen hat, dass die Taliban in der Überzahl waren, wollte er fliehen, er hat sich aber den Rücken gebrochen.

R: Wie viele Fenster hatte das Zimmer, in dem Sie sich mit ihren Geschwistern aufhielten?

BF: Eines, ein Fenster und eine Tür.

R: Woher wissen Sie, dass die beiden Ein- bzw. Ausgänge von den Männern bewacht wurden?

BF: Weil Stimmen zu hören waren und weil an beiden Toren geklopft wurde.

R: Wieso wissen Sie dann wie viele Personen sich an den Toren aufhielten?

BF: Das hat mir meine Mutter gesagt.

R: Ist Ihre Mutter zu den Toren hinausgegangen?

BF: Meine Mutter war bei meinem Onkel väterlicherseits, von dort konnte man die Tore sehen.

R: Was heißt „ihr Mutter war bei Ihrem Onkel väterlicherseits“?

BF: Meine Mutter ist immer wieder aus dem Zimmer gegangen. Im Zuge dessen ist sie aufs Dach zu meinem Onkel väterlicherseits gegangen, er war aber schon tot.

R: Wo lag der Leichnam Ihres Onkels?

BF: Vor der Tür zum Dach.

R: Oberhalb des Hauses?

BF: Ja.

R: Was hat Ihre Mutter gemacht, nachdem Sie zurückkam und Ihnen gesagt hat, dass der Leichnam Ihres Onkels oberhalb des Daches liegen würde?

BF: Sie ist schnell zurückgekommen, sie hat meine Augen verbunden und mich versteckt.

R: Was tat sie mit den anderen Geschwistern, vor allem mit den zwei Brüdern?

BF: Das weiß ich nicht, ich konnte sie nur mehr schreien hören.

R: Sind die Geschwister sitzen geblieben, während Sie Ihre Mutter versteckt hat?

BF: Ja, sie waren in diesem Zimmer in einer Ecke.

R: Sind die Männer, nachdem Ihr Onkel oberhalb des Daches gelegen ist und Ihr Vater sich den Rücken gebrochen hat, ins Haus gekommen?

BF: Ich glaube, dass dann der Mann, der im Hof war, die Zimmertüren aufgemacht hat und andere Männer in die Zimmer hineingegangen sind.

R: Wie hat Sie Ihre Mutter vor diesen Männern versteckt?

BF: Meine Mutter hat mich aus dem Zimmer hinausgebracht und hat mich im Hof neben der Mauer versteckt. Dort haben wir die Decke, die wir verwendet haben, um den Esel zuzudecken, über mich darübergestülpt.

R: Sie sagten, Ihre Mutter ist während des Erscheinens dieser Personen immer wieder hinaus und hineingegangen. Wie gelang es ihr immer wieder hinaus und hineinzugehen, während doch einige Männer dort anwesend waren?

BF: Der Weg zum Dach war innerhalb des Hauses. Deshalb konnte meine Mutter zu meinem Onkel gehen. Auch der Bereich wo meine Mutter mich versteckt hat ist durch eine Mauer vom Hof getrennt.

R: Kannten die Männer die Gegebenheiten dieses Hauses?

BF: Ja, ein Nachbar von uns hat mit ihnen zusammengearbeitet.

R: Wie lange waren Sie unter dieser Decke versteckt?

BF: 7 bis 8 Stunden.

R: Wo haben sich Ihre Geschwister in dieser Zeit aufgehalten?

BF: Ich weiß nicht, ich habe nur ihre Stimmen gehört.

R: Sie haben doch mit ihrer Mutter alles besprochen?

BF: Das hat sie mir nicht gesagt, nach ca 8 Stunden hat sie mich aus dem Versteck geholt. Meine Augen waren verbunden, damit ich meinen Onkel und meinen Vater nicht sehe. Sie hat mich aus dem Haus hinausgebracht und sagte, dass ich so schnell wie möglich von dort weggehen sollte.

R: Ist Ihren Geschwistern, insbesondere Ihren zwei Brüdern in der Zeit als die Männer vor Ort waren, etwas passiert?

BF: Nein, weil sie sehr jung waren und nichts tun konnten.

R: Wie konnten Sie sicher sein, als Sie aus dem Versteck kamen, dass die Männer weg waren?

BF: Das weiß ich nicht, meine Mutter hat mir gesagt, dass sie weg sind.

R: Wie hat sie sich vergewissert, dass keine Gefahr mehr besteht?

BF: Es war niemand mehr zu sehen oder zu hören.

R: Was haben Sie gemacht, nachdem Ihre Mutter Sie aus dem Versteck geholt hat?

BF: Ich bin ca 7 Stunden von zu Hause zu Fuß gegangen, ich bin in ein Haus gegangen, dort war ein Mann. Ich habe ihm erzählt, was passiert war und ihm gebeten mir zu helfen. Er hat mich beruhigt und gesagt, dass ich keine Angst haben muss. Er hat mich mit seinem Auto zu einem anderen Mann gebracht, der mich von dort wieder mit dem Auto weggebracht hat. Ich wurde dann in ein Haus gebracht. Als ich gefragt habe, wo wir wären, sagte dieser Mann, dass es Kabul wäre. Er fragte mich ob ich fernsehen wolle, es war gegen 18 Uhr. Auf TOLO News habe ich gesehen, dass in einem Bericht meine Mutter und mein Vater und mein Onkel gezeigt wurden, während meine Mutter gestanden ist und mein Vater und mein Onkel auf dem Boden gelegen ist.

R: Was passierte unmittelbar nachdem Sie das Versteck verlassen haben, bzw. Sie Ihre Mutter aus dem Versteck geholt hat?

BF: Meine Mutter hat ihre Hand vor meine Augen gehalten und hat mich beim Tor hinausgebracht und mir gesagt, dass ich sofort von dort verschwinden soll.

R: Haben Sie mit Ihrer Mutter irgendetwas besprochen?

BF: Nein.

Die Frage wird wiederholt.

BF: Meine Mutter hat wiederholt, dass mein Onkel gestorben ist und mein Vater sich den Rücken gebrochen hat und dass die Taliban mich entweder mitnehmen würden oder töten.

R: Bestand für Ihre Mutter und Ihre Geschwister keine Gefahr mehr, nachdem die Männer sich entfernt hatten?

BF: Es gab keinen anderen Weg für sie. Wir durften von dort nicht weggehen.

R: Sind Sie von dort weggegangen, oder sind Sie von dort nicht weggegangen?

BF: Ich bin versteckt von dort weggegangen.

R: Warum sind die anderen Personen nicht versteckt mit Ihnen mitgegangen?

BF: Wenn mehr als drei Personen von dort weggegangen sind, wurden sie geschlagen und getötet.

R: Hat Ihnen Ihre Mutter Geld mitgegeben?

BF: Nein.

R: Was haben Sie gemacht, nachdem Sie das Elternhaus verlassen haben?

BF: Nach 7 bis 8 Stunden Fußmarsch, bin ich bei diesem Mann angekommen, ich war verängstigt und habe ihn um Hilfe gebeten. Er hat mich in seinem Auto versteckt zu einem anderen Mann gebracht, der mich nach Kabul gebracht hat. Von dort wurde ich immer wieder an andere Leute weitergegeben, bis ich hier angekommen bin. Wer meine Flucht finanziert hat, weiß ich nicht, ich nehme an, dass das Grundstück dafür genommen worden ist.

R: Kannten Sie den Mann den Sie nach 7 bis 8 Stunden aufsuchten?

BF: Nein, ich hatte Angst und bin in das Haus hineingegangen.

R: Wie konnten Sie sich sicher sein, als Sie in das Haus gingen, dass es sich dabei nicht um Taliban oder Taliban-Sympathisanten handelt?

BF: Ich war schon sehr müde, ich habe in Kauf genommen, dass ich dort getötet werde.

R: Wie lange hielten Sie sich bei dem Mann auf?

BF: Ca eine halbe Stunde.

R: Gab es einen besonderen Grund, dass Ihnen dieser Mann helfen sollte, als er sich selbst in Gefahr begeben hätte, von den Taliban Repressalien zu erhalten?

BF: Ich hatte sehr viel Angst und habe gezittert, ich habe diesem Mann alles erzählt, was passiert war. Er sagte mir, dass er mir helfen würde.

R: Wie hat der Mann geheißen?

BF: Ich weiß es nicht.

R: Wie hat der Mann geheißen, zu dem sie von dem ersten Mann, nach Kabul, gebracht wurden?

BF: Ich hatte Angst, ich konnte sie nicht fragen, wer sie sind oder was sie tun.

R: Wie lange haben Sie sich bei dem Mann in Kabul aufgehalten?

BF: Ca eine Stunde.

R: Was taten Sie nach dieser Stunde, nachdem Sie sich in Kabul aufgehalten haben?

BF: Er hat mich mit dem Auto von dort weggebracht und mich nach ein paar Stunden einem anderen Mann übergeben, so ging es die ganze Zeit weiter.

R: Wo hat sich dieser Mann aufgehalten? War das noch in Afghanistan oder schon außerhalb?

BF: Das weiß ich nicht.

R: Wieso hätte das Grundstück für die Flucht verkauft werden sollen, nachdem Sie doch zu völlig unbekannten Männern gekommen sind?

BF: Ich habe diesem Mann ganz genau gesagt, wer ich bin und von wo ich komme.

BFV gibt folgende Stellungnahme ab:

Ich darf noch zwei Länderberichte einbringen, die geeignet sind die Plausibilität des Vorbringens des BF aufzuzeigen (ACCORD 03.04.2015, welche als Beilage ./B zum Akt genommen wird und die Sicherheitslage in Baghlan, Bericht vom November 2017, Aktualisierung April 2018, ARGE Recherchebüro, welche als Beilage ./C zum Akt genommen wird) Beilage ./B soll beweisen, dass der BF aufgrund seiner Eigenschaft als Ismaelit und Hazara in seiner Heimatprovinz Baghlan von radikalen Anhängern des Islams gefährdet ist. Beilage ./C soll beweisen, dass es zum Zeitpunkt der Ausreise des BF aus Baghlan sowie heute Aktivitäten der Taliban in Baghlan gibt. Zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Asylvorbringens des BF ersuche ich um Berücksichtigung des Umstandes, dass der BF im Zeitpunkt der fluchtauslösenden Ereignisse erst etwa 14 Jahre alt gewesen ist. Diesbezüglich verweise ich auf verschiedene Erkenntnisse VfGH und VwGH beispielsweise 2001/20/0457, VfGH U1343/2012, VwGH 2006/01/0362. Aus dieser Judikatur ist zu schließen, dass ein anderer Maßstab in der Beweiswürdigung anzuwenden ist, etwa mangelnde Detailliertheit oder die Dichte des Vorbringens nicht mit normalen Maßstäben zu messen ist.

Des weiteren ist die gegenständliche Asylentscheidung eine Prognoseentscheidung für den Fall der hypothetischen Rückkehr des BF im Entscheidungszeitpunkt in sein Heimatdorf nach Baghlan. Da der bereits gewährte subsidiäre Schutz eine Annahme einer innerstaatlichen Flu

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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