TE Bvwg Erkenntnis 2021/10/27 W161 2227575-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2021
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Entscheidungsdatum

27.10.2021

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §18 Abs1 Z2
BFA-VG §18 Abs1 Z6
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W161 2227575-4/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX vormals XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, vertreten durch Dr. Thomas KÖNIG, LL.M., Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2021, Zl. 143102200/210453277 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF sowie § 18 Abs. 1 Z 1,2,6 BFA-VG idgF als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden „BF“), ein serbischer Staatsangehöriger, wurde am XXXX in Österreich geboren und ist hier aufgewachsen.

2. Er weist in Österreich 5 rechtskräftige strafrechtliche Verurteilungen, davon 4 einschlägige, auf:

2.1. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2002 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt um den 10.10.2001 einer anderen Person vorschriftswidrig gewerbsmäßig Suchtgifte überlassen hat, indem er einer volljährigen Person rund 2 Gramm Marihuana verkaufte, wodurch er einer Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglichte und selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als die Minderjährige war.

Zudem hat er in der Zeit von Sommer 2001 bis Anfang Jänner 2002 Suchtgifte, nämlich Cannabisprodukte, wiederholt erworben und besessen.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd der bisher untadelige Lebenswandel sowie das Geständnis, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Vergehen, gewertet.

2.2. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2006 zu XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28 Abs. 2 und Abs. 3, 1. Fall, Abs. 4. Z 3 SMG und wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG sowie wegen des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs. 1 und Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien vorschriftswidrig Suchtgifte in einer Menge, die das 25-fache der Grenzmenge (§ 28 Abs. 6 SMG) bei weitem überstieg, gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt hat, indem er während eines nicht mehr exakt feststellbaren Zeitraumes ab November 2001 zusammen mit einem abgesondert verfolgten, zwischenzeitig rechtskräftig verurteilten Mittäter, Marihuana in einer Größenordnung von ca. 25 kg, eine nicht mehr exakt feststellbare Anzahl von Ecstasy-Tabletten in der Größenordnung von ca. 10.000 Stück sowie eine nicht mehr exakt feststellbare Menge Haschisch in der Größenordnung von ca. 10 kg an unbekannte Zwischenhändler zum Zwecke des Weiterverkaufes zumindest in einem namentlich genannten Lokal und an unbekannte Abnehmer übergab.

Zudem hat er in Wien ab Jänner 2002 bis Mai 2006 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Cannabiskraut und Kokain in wiederholten Angriffen erworben und bis zum Eigenkonsum besessen.

Weiters hat er in Wien in der Zeit von Ende August 2002 bis Jänner 2003 in etwa zehn Angriffen Vermögensbestandteile, die aus Verbrechen einer anderen Person herrührten, nämlich Bargeldbeträge in nicht mehr exakt feststellbarer, jedenfalls aber Euro 40.000,- übersteigenden Höhe (in einem Gesamtwert von insgesamt rund Euro 500.000,-) aus dem Erlös von Suchtgiftgeschäften zu der Zeit bislang unausgeforschter Suchtgifthändler verschleiert, dadurch, dass er diese Beträge an den abgesondert verfolgten Mittäter übergab, der sie seinerseits heimlich von Österreich, Wien, in die Niederlande bzw. die Bundesrepublik Deutschland verbrachte.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das volle und umfassende Geständnis, das Tätigwerden unter dem Einfluss einer dritten Person (des abgesondert verfolgten Mittäters) sowie der Umstand, dass die wesentlichen Straftaten schon länger zurücklagen, als erschwerend das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit einem Vergehen und das einschlägig getrübte Vorleben, gewertet.

2.3. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2007 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien in der Zeit von Anfang Juli 2006 bis 16. Oktober 2006 vorschriftswidrig Suchtgift (fallweise Cannabis und Kokain) bzw. um den 16. Oktober 2006 insgesamt 5,1 Gramm Marihuana und 0,5 Gramm Kokain netto für den Eigenkonsum erworben und besessen hat sowie in der Zeit von ca. Februar 2006 bis 06. Oktober 2006 insgesamt rund 50 Gramm Marihuana seiner Freundin überlassen hat.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das Geständnis, als erschwerend die zwei einschlägigen Vorstrafen, gewertet.

2.4. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2013 zu XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1, 5. Fall, Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Die bedingte Entlassung erfolgte am 21.02.2005 unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien im Zeitraum von Ende März 2011 bis Anfang Juni 2011 vorschriftswidrig gewerbsmäßig, nachdem er bereits einmal wegen einer Straftat nach § 28a Abs. 1 SMG verurteilt worden war, sowie als Mitglied einer kriminellen Vereinigung, die als ein auf längere Zeit angelegter Zusammenschluss zwischen dem BF und weiteren Personen darauf ausgerichtet war, dass von ihren Mitgliedern unter dem Deckmantel des Bestellservices „ XXXX “ und der Internet-Bestellplattform XXXX in arbeitsteiliger Weise laufend die Verbrechen des Suchtgifthandels ausgeführt wurden, indem telefonisch oder über Internet Bestellungen mit einem Mindestbestellwert von Euro 10,- entgegengenommen wurden und die mit einem Vorrat von Marihuana ausgestatteten Lieferanten den Abnehmern anlässlich der Warenauslieferung Marihuana verkauften, Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, und zwar insgesamt zumindest 2,5 kg Marihuana mit einem durchschnittlichen Reinsubstanzgehalt von zumindest 4 % (100 g Delta-9-THC), insgesamt 62 namentlich genannten Endabnehmern und Kunden sowie 4 namentlich genannten Mitgliedern der kriminellen Vereinigung zum Zweck des nachfolgenden gewinnbringenden Verkaufs an Endabnehmer überlassen hat.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das reumütige Geständnis, die Tatsache, dass sich der BF dem Verfahren selbst stellte, obwohl er sich weiterhin durch Flucht hätte entziehen können sowie, dass er die Taten unter anderem aufgrund seiner Gewöhnung an Suchtmittel beging, als erschwerend die drei einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen von Verbrechen sowie die zweifache Deliktsqualifikation, gewertet.

2.5.. Mit zuletzt ergangenem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2018 zu XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des teilweise versuchten, teilweise vollendeten gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 StGB sowie §§ 148 2. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Gleichzeitig wurde mit Beschluss die bedingte Entlassung aus der mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2013 verhängten Freiheitsstrafe widerrufen.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der BF in Wien und anderen Orten gewerbsmäßig mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte eines Versicherungsunternehmens sowie eines Finanzierungsunternehmens durch Täuschung über Tatsachen zur Auszahlung von Darlehens- bzw. Versicherungsbeträge verleitet hat bzw. zu verleiten versucht hat, wodurch diese in Höhe von jeweils mehr als Euro 5.000,-, insgesamt nicht jedoch Euro 300.000,- übersteigenden Beträgen am Vermögen geschädigt wurden bzw. geschädigt worden wären, indem er

a)       am 15. November 2016 in Wien behauptete, ein Schaden bei dem auf seine Mutter zugelassenen PKW sei bei einem am 13. November 2016 fahrlässig durch eine andere Person verursachten Parkunfall herbeigeführt worden, obwohl er den Schaden tatsächlich durch einen selbstverschuldeten Unfall herbeigeführt hat;

b)       über seine eigene Zahlungsfähigkeit und -willigkeit bzw. die seiner Mittäter unter Vorlage falscher Urkunden, nämlich gefälschter Gehaltsbestätigungen getäuscht hat und zwar (i) am 13. Mai 2016 indem er selbst den Kreditantrag zur Finanzierung eines PKWs unterfertigte und (ii) im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit den abgesondert verfolgten Beschuldigten XXXX am 21. November 2016 in Brunn am Gebirge sowie gemeinsam mit einem weiteren Mittäter am 28. Juni in Wien zur Ausfolgung von Fahrzeugen, indem er den Tatplan vorgab und gemeinsam mit den Kreditantragstellern die Vertragsverhandlungen führte;

c)       am 28. Juni 2017 in Wien wahrheitswidrig behauptete, ein weiterer Schaden an dem unter a) genannten PKW sei am 27. Juni 2017 fahrlässig durch eine andere Person bei einem Unfall herbeigeführt worden und der unter a) beschriebene Schaden sei davor bereits repariert worden, obwohl er auch diesen zweiten Schaden durch einen selbstverschuldeten Unfall herbeigeführt hat und der geltend gemachte Schaden teilweise noch auf den unter a) beschriebenen Unfall zurückging, wobei es hierbei beim Versuch blieb.

Bei der Strafbemessung wurden als mildernd das umfassende reumütige Geständnis und der wesentliche Beitrag zur Wahrheitsfindung, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise (marginale) Schadensgutmachung, als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, die über die Gewerbsmäßigkeit hinausgehenden wiederholten Angriffe, die zweifache Qualifikation als schwerer Betrug und das mehrfache Übersteigen der Wertgrenze in § 147 Abs. 2 StGB, gewertet.

3. Nach wiederholter Erteilung von Aufenthaltstiteln, zuletzt einer „Niederlassungsbewilligung unbeschränkt“ mit Gültigkeit bis 17.09.2011, wurde ein weiterer vom BF am 03.11.2014 gestellter Antrag auf Ausstellung einer „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ mit Bescheid vom 02.11.2015 vom Magistrat der Stadt Wien (MA 35) mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgewiesen.

4. Am 25.01.2019 wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden „BFA“) gegen den BF ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

5. Mit Bescheid des BFA vom 18.11.2019 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG 2005 erlassen sowie gemäß § 46 FPG 2005 festgestellt, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig ist. Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt, einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt und gegen den BF ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

6. Mit Bescheid des BFA vom 13.05.2020 wurde ein vom Beschwerdeführer gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom 18.11.2019 abgewiesen.

7. Die gegen den Bescheid des BFA vom 18.11.2019 erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.07.2020, GZ W281 2227575-1/20E, als verspätet zurückgewiesen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom selben Tag, GZ W281 2227575-3/6E, wurde die gegen den Bescheid des BFA vom 13.05.2020 erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der BF erhob gegen diese Entscheidung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 21.09.2020 wurde vom Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Eine Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.07.2020 an den Verwaltungsgerichtshof wurde vom BF in weiterer Folge nicht erhoben.

8. Am 15.03.2021 leitete das Bundesamt bei der serbischen Vertretungsbehörde ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den BF ein. Am 22.03.2021 wurde der BF von der serbischen Botschaft mit der Identität lautend auf XXXX , als serbischer Staatsangehöriger identifiziert und es wurde für ihn ein Heimreisezertifikat ausgestellt.

9. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.03.2021 wurde der vom Beschwerdeführer am 09.02.2021 gestellte Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 zurückgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

10. Mit Bescheid vom 31.03.2021 ordnete das BFA über den BF die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an. Dieser Bescheid wurde nach der Entlassung des BF aus der Strafhaft am 02.04.2021 in Vollzug gesetzt.

11. Am 06.04.2021 stellte der BF aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, woraufhin die für 08.04.2021 bereits geplante und gebuchte Abschiebung des Beschwerdeführers storniert wurde.

12.1. Im Rahmen der am selben Tag erfolgten Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gab der BF an, dass er ledig und in Österreich geboren sowie aufgewachsen sei. Weiters leben in Österreich seine Mutter, seine Schwester, seine am 27.09.2011 geborene Tochter sowie seine Lebensgefährtin, welche das Sorgerecht der gemeinsamen Tochter habe. Als Fluchtgrund gab er an, dass er in Österreich bleiben möchte, da er während einer Gerichtsverhandlung am 17.05.2018 gegen einen XXXX ausgesagt habe und es sich bei diesem um eine gefährliche und gewalttätige Person handle. Da dieser in Belgrad untergetaucht sei und den BF bereits in Österreich wegen Schulden bedroht habe, fürchte er für den Fall seiner Rückkehr nach Serbien, von ihm oder seinen Leuten erschossen zu werden. Zudem sei er in Österreich, wo seine Familie lebe, geboren und kenne Serbien nicht. Der BF verneinte das Vorliegen konkreter Hinweise einer im Falle der Rückkehr drohenden unmenschlichen Behandlung, unmenschlichen Strafe oder Todesstrafe sowie sonstiger drohender Sanktionen im Heimatstaat. Dies seien alle seine Gründe und er habe nichts mehr hinzuzufügen.

12.2. Am 16.04.2021 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich zu seinem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen und gab zusammengefasst an, dass er physisch und psychisch in der Lage sei, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Serbisch sei seine Muttersprache, es sei ihm jedoch lieber, die Einvernahme auf Deutsch abzuhalten. In der Vergangenheit sei er jedes Jahr in den Schulferien in Serbien gewesen und habe dort in der Wohnung seines Vaters in Belgrad gewohnt. Diese Wohnung sei, nachdem sein Vater die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt habe, im Jahr 2002 oder 2003 verkauft worden. Sein Religionsbekenntnis sei serbisch orthodox. Er leide an Diabetes und erhöhtem Blutdruck, habe 2017 während seiner Inhaftierung eine Therapie begonnen und nehme seither Tabletten, Insulinspritzen brauche er keine. Seine Schulbildung umfasse Volksschule und Hauptschule, ein Jahr Polytechnische Schule und drei Jahre Berufsschule, welche er mit der Berufsausbildung zum KfZ-Lackierer abgeschlossen habe. In Serbien habe er keine Besitztümer, er sei im Heimatstaat nicht vorbestraft und habe nie Probleme mit den Behörden gehabt. In Österreich leben seine Mutter, die österreichische Staatsangehörige sei sowie seine Schwester und seine Lebensgefährtin, welche beide serbische Staatsangehörige und in Besitz von unbefristeten Aufenthaltstiteln seien. Seine leibliche Tochter lebe bei seiner Lebensgefährtin und sei in Besitz eines befristeten Aufenthaltstitels.

Zum Grund der Asylantragstellung gab er an, dass er Angst vor XXXX und seinen Leuten habe, dieser sei mehrmals vorbestraft und in Belgrad untergetaucht. Seitdem der BF während der Gerichtsverhandlung gegen ihn ausgesagt habe, werde dieser wegen mehrerer Taten gesucht und sei der europäischen Polizei bekannt. Zudem würde der BF von diesem oder seinen Leuten erschossen werden, wenn diesen der Aufenthalt des BF in Serbien zur Kenntnis gelangen würde. Der BF sei in den falschen Kreisen unterwegs und drogenabhängig gewesen, weswegen er mehrfach vorbestraft sei. Mittlerweile sei er seit drei Jahren „clean“ und habe eingesehen, dass er einen Fehler begangen habe. Auf Vorhalt des BFA, dass Serbien ein sicherer Herkunftsstaat und sowohl schutzfähig als auch schutzwillig sei, erwiderte der BF, dass es in Serbien viel Korruption gebe. Er möchte gerne in Österreich bleiben, weil seine Familie hier lebe und er keine Perspektive in Serbien hätte, wodurch er wieder rückfällig werden könnte. Zudem habe er keinen Wohnort und würde obdachlos werden. Im Hinblick auf die Länderfeststellungen zu Serbien meinte der BF, dass er keine Aushändigung der Länderfeststellungen benötigen würde und dazu auch keine schriftliche Stellungnahme abgeben möchte. Er verzichtete auf eine Einsichtnahme in die seitens des BFA herangezogenen Berichte zur Situation im Heimatland. In Österreich sei er weder Mitglied in einem Verein, noch in einer Organisation tätig.

13. Mit gegenständlichem Bescheid des BFA vom 16.04.2021 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 06.04.2021 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien abgewiesen. Weiters wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter Verweis auf die mit Bescheid vom 18.11.2019 erlassene und nach wie vor aufrechte Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 59 Abs. 5 FPG von der Erlassung einer neuen Rückkehrentscheidung abgesehen.

In der Entscheidungsbegründung führte das BFA im Wesentlichen aus, dass die vom BF angegebenen Gründe nicht asylrelevant seien, da dieser angegeben habe, von Privatpersonen verfolgt zu werden. Zudem habe nicht festgestellt werden können, dass dieser einer staatlichen Verfolgung im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen sei oder eine solche künftig zu befürchten hätte. Serbien sei ein sicherer Herkunftsstaat, welcher sowohl schutzfähig als auch schutzwillig sei. Weiters leide der BF an keiner schwerwiegenden Erkrankung und befände sich in der Grundversorgung, wodurch sein Aufenthalt im Bundesgebiet ausschließlich aus öffentlichen Mitteln finanziert werde. Aufgrund seiner bisherigen Berufserfahrung werde er eine Tätigkeit im Herkunftsstaat aufnehmen können, erforderlichenfalls humanitäre Hilfe oder Unterstützung von Verwandten einholen und somit nicht in eine existentielle Notlage geraten. Zudem sei eine Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot erlassen worden, wodurch die öffentlichen Interessen überwiegen würden.

14. Am 28.04.2021 erfolgte eine fristgerechte Schubhaftbeschwerde, woraufhin mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 03.05.2021, GZ W115 2241915-1/7E, der angefochtene Bescheid des BFA vom 31.03.2021 sowie die Anhaltung in Schubhaft von 02.04.2021 bis 06.04.2021 für rechtswidrig erklärt wurden. Weiters wurde festgestellt, dass die Anhaltung in Schubhaft von 06.04.2021 bis 03.05.2021 rechtswidrig war und dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Am 03.05.2021 wurde der BF aus dem Stande der Schubhaft entlassen.

15. Mit Bescheid des BFA vom 05.05.2021 wurde der Antrag des BF vom 25.03.2021 auf Aufhebung des gegen ihn erlassenen Einreisverbotes abgewiesen, woraufhin am 07.06.2021 dagegen Beschwerde erhoben wurde. Mit Beschwerdevorentscheidung des BFA vom 07.07.2021 wurde der Antrag neuerlich abgewiesen. Am 09.08.2021 wurde ein Vorlageantrag eingebracht.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tage wurde die Beschwerde zu GZ W 161 2227575-5/2E als unbegründet abgewiesen.

16. Am 17.05.2021 wurde die verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben, in welcher begründend ausgeführt wird, dass der BF in Serbien bedroht werde und es richtig sei, dass es sich hierbei um eine Privatperson handle. Diese sei jedoch untergetaucht und habe bisher von den serbischen Behörden nicht festgenommen werden können, womit der BF in seinem Heimatland nicht sicher sei. Da dieser seine Strafen verbüßt und die Drogentherapie in Österreich beendet hätte, stelle er keine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur Person des Beschwerdeführers:

Der BF ist ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, führt die im Spruch ersichtlichen Personalien und bekennt sich zum serbisch orthodoxen Glauben. Am 22.03.2021 wurde er im Zuge des Heimreisezertifikatsverfahrens von der serbischen Botschaft mit der Identität lautend auf XXXX , als serbischer Staatsangehöriger identifiziert, wodurch seine Identität feststeht. Er wurde in Österreich geboren, ist hier aufgewachsen und hat eine mehrjährige Schul- sowie eine Berufsausbildung zum KfZ-Lackierer absolviert. Nach seinem Lehrabschluss war er in den Jahren 1996 bis 2010 bei verschiedenen Arbeitgebern unselbständig erwerbstätig und zuletzt als Freigänger bei der Fa. Walter Göschl beschäftigt, weshalb er als arbeitsfähig gilt. Abgesehen davon bezog er überwiegend Leistungen aus der Notstands- und Überbrückungshilfe bzw. wurde von seiner Mutter finanziell unterstützt. Er besitzt gute Kenntnisse der serbischen Sprache in Wort und Schrift sowie sehr weit fortgeschrittene Kenntnisse der Deutschen Sprache in Wort und Schrift. Den Eltern des BF wurden am 02.08.2002 die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Nachdem sein Vater im Jahr 2009 verstarb, leben nunmehr seine Mutter, seine Schwester (serbische Staatsangehörige) und seine Lebensgefährtin mit seiner minderjährigen leiblichen 10-jährigen Tochter (beide serbische Staatsangehörige) im Bundesgebiet.

Laut Zentralem Melderegister weist der BF ab 31.08.1987 mehrere Hauptwohnsitze, mit einer Unterbrechung des Untertauchens von 07.12.2011 bis 21.02.2013 und Anhaltungen in Justizanstalten bzw. Polizei-Anhaltezentren, im Bundesgebiet auf und ist seit 07.05.2021 an derselben Wohnadresse wie seine Mutter aufrecht behördlich gemeldet. Ein gemeinsamer Haushalt mit seiner Lebensgefährtin und der Tochter besteht nicht.

Der BF wurde während seines Aufenthaltes im österreichischen Bundesgebiet insgesamt fünf Mal, davon 4 Mal einschlägig, rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2002 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten, welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2006 zu XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 28 Abs. 2 und Abs. 3, 1. Fall, Abs. 4. Z 3 und wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG sowie des Verbrechens der Geldwäscherei nach § 165 Abs. 1 und Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2007 zu XXXX wurde der BF wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Monaten rechtskräftig verurteilt.

?        Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2013 zu
XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 5. Fall, Abs. 2 Z 1 und Abs. 4 Z 1 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Die bedingte Entlassung erfolgte am 21.02.2005 unter Setzung einer dreijährigen Probezeit und Anordnung der Bewährungshilfe.

?        Mit zuletzt ergangenem Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2018 zu XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 sowie
§§ 148, 2. Fall, 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 Jahren und sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Gleichzeitig erfolgte ein Widerruf der bedingten Entlassung aus der am 06.05.2013 verhängten Freiheitsstrafe.

In der Zeit von 13.09.2003 bis 05.08.2021 bestand gegen den BF ein durchsetzbares Waffenverbot.

Am 25.01.2019 wurde ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet.

Bis zur Stellung des Antrages auf internationalen Schutz aus dem Stande der Schubhaft am 06.04.2021 lag eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Serbien vor.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall einer Verbringung nach Serbien eine mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit gegen ihn gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten zu erwarten hätte.

Der BF war in der Vergangenheit drogensüchtig und hat seine Sucht mittlerweile durch erfolgreiche Therapien überwunden. Abgesehen von Diabetes und Bluthochdruck, die der BF mit Tabletten behandelt, liegen keine schwerwiegenden Erkrankungen vor.

Es kann weiters nicht festgestellt werden, dass für den BF im Falle einer Verbringung nach Serbien eine reale Bedrohungssituation für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit bestehen würde, oder dass dieser Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft – erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme von humanitärer Hilfe vor Ort oder finanzieller Unterstützung von Verwandten - nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.

Der mehrfach vorbestrafte BF ist weder in einem Verein Mitglied, noch in einer Organisation tätig, er war zuletzt während seines Aufenthaltes nicht selbsterhaltungsfähig und hat seinen Lebensunterhalt im Rahmen der Grundversorgung und durch finanzielle Unterstützung seiner Mutter bestritten.

Zu XXXX :

Festgestellt wird, dass der BF am 19.12.2016 wegen des Verdachtes des Betruges im Zusammenhang mit einer KfZ-Finanzierung, bei welcher der BF als Vermittler des XXXX fungierte, festgenommen und anschließend auf die Polizeiinspektion Brunn am Gebirge gebracht wurde. Im Zuge seiner Beschuldigtenvernehmung sagte der BF aus, dass er seinen Bekannten XXXX Ende November ein Auto vermittelt und dafür Euro 100,- erhalten habe. Als der BF den zuvor organisierten Reisepass des XXXX dem Angestellten des Autohändlers übergeben wollte, wurde er festgenommen.

Während einer weiteren Beschuldigtenvernehmung am 20.03.2018 sagte der BF aus, dass er den XXXX nur als Dolmetscher begleitet habe und keine Ahnung habe, wo dieser sich befände. Es sei bloß Zufall gewesen, dass XXXX zum Schein an jener Adresse gemeldet gewesen sei, an welcher der BF mit seiner Ex-Lebensgefährtin gewohnt habe.

Im Zuge der Gerichtsverhandlung am 17.05.2018 sagte der BF aus, dass er unter anderem aufgrund von Schulden, die er bei XXXX gehabt habe, auf die Idee mit den Betrügereien im Zusammenhang mit den Fahrzeugen gekommen sei. Der BF habe diesen mit dem Auto begleitet, mit den gefälschten Dokumenten habe er jedoch nichts zu tun gehabt. Er habe nicht gewusst, dass dieser nicht berufstätig sei, denn dieser habe immer Frauen, Geld und Drogen gehabt. Letztendlich hätten beide die Dokumente eingereicht und das Auto zusammen abgeholt. Die Polizei habe dem BF dann während seiner Inhaftierung erzählt, dass das Auto verkauft wurde. XXXX sei an derselben Adresse wie der BF und dessen Lebensgefährtin gemeldet gewesen, da dieser mit einer dort wohnhaften Nachbarin, der Mutter eines Freundes, ausgemacht habe, dass XXXX diese Adresse verwenden werde. Er sei zu dieser Adresse gekommen, da dieser selbst in jenem Bau wohnhaft gewesen sei, der BF habe ihn dort auch kennengelernt.

Festgestellt wird weiters, dass der zu XXXX gesondert verfolgte Mittäter XXXX zumindest seit Einleitung des Strafverfahrens gegen den BF unbekannten Aufenthaltes ist und zur Aufenthaltsermittlung im Inland ausgeschrieben wurde. Diese ist nach wie vor aufrecht.

Zur Lage im Herkunftsstaat Serbien:

Politische Lage

Letzte Änderung: 1.7.2020

Am 21. Juni 2020 fanden in Serbien die Parlamentswahlen statt. Dies waren die ersten Wahlen, die in Europa in Zeiten der Covid-19 Pandemie abgehalten wurden. Die serbische Fortschrittspartei des Präsidenten Vu?i? gewann rund 62% der Stimmen und erhielt 191 der 250 Sitze im Parlament. Eine so große Mehrheit eröffnet Präsident Vu?i? und der SNS die Möglichkeit, die Verfassung zu ändern. Der bisherige Regierungspartner der SNS, die Sozialisten unter Führung von Außenminister Ivica Dacic, erreichten etwa elf Prozent der Wählerstimmen und sicherte sich damit 32 Mandate. Die neue Partei „Spas“ (Rettung) des ehemaligen Wasserballers Aleksandar Šapi? kommt auf etwa vier Prozent der Stimmen und zwölf Mandate (oiip 30.6.2020).

Wenig überraschend bescherten die Parlamentswahlen am 21. Juni 2020 der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (Srpska Napredna Stranka, SNS) einen klaren Wahlsieg. Genau genommen hatte sich die SNS hierfür einen anderen Namen gegeben. Sie trat als Liste "Aleksandar Vu?i? - für unsere Kinder" auf. So erschien Präsident Vu?i? zwar nicht als Kandidat, dominierte aber dennoch den Wahlkampf mit seiner medialen Omnipräsenz. Dass es sich hier um keine freien, geheimen und demokratischen Wahlen handelt, wurde schnell klar. Als um 14 Uhr Ortszeit die Wahlbeteiligung noch bei mageren 22% lag, berichteten Einwohner von Novi Sad und Belgrad, dass Aktivisten der SNS, in Einzelfällen sogar ortsbekannte Hooligans, die sich schon in der Vergangenheit als mietbare Helfer der Regierungspartei hervorgetan hatten, von Haus zu Haus gingen, um Bewohner dazu zu nötigen, zur Wahl zu gehen und für "die richtige Partei" zu stimmen. Tatsächlich verdoppelte sich bis 19 Uhr die Wahlbeteiligung (DS 29.6.2020).

Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben (Der Europäische Rat 27.6.2019).

Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können (Handelsblatt 26.4.2019).

Quellen:

- Der Europäische Rat, Der Rat der Europäischen Union (27.6.2019): Pressemitteilung, Tenth meeting of the Accession Conference with Serbia at Ministerial level, Brussels, 27 June 2019
https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2019/06/27/tenth-meeting-of-the-accession-conference-with-serbia-at-ministerial-level-brussels-27-june-2019/, Zugriff 20.9.2019

- DS - der Standard (29.6.2020): Eastblog, Die serbischen Parlamentswahlen 2020 als Dystopie, https://www.derstandard.at/story/2000118311811/die-serbischen-parlamentswahlen-2020-als-dystopie, Zugriff 1.7.2020

- Handelsblatt (26.4.2019): EU-Beitritt, Balkanstaaten können auf Start von EU-Beitrittsverhandlungen hoffen,
https://www.handelsblatt.com/politik/international/eu-beitritt-balkanstaaten-koennen-auf-start-von-eu-beitrittsverhandlungen-hoffen/24261104.html?ticket=ST-4670786-2vsL5mwajJEBcdLU5dAX-ap2, Zugriff 20.9.2019

- oiip - Österreichisches Institut für Internationale Politik (30.6.2020): Serbien und die ersten Wahlen in Europa im Zeitalter von Covid-19. Eine Kurzanalyse in drei Akten,https://www.oiip.ac.at/publikation/serbien-und-die-ersten-wahlen-in-europa-im-zeitalter-von-covid-19-eine-kurzanalyse-in-drei-akten/, Zugriff 1.7.2020

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen (AA 23.9.2019b).

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst (BN 13.5.2019).

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen (EK 29.5.2019).

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine "Provokation" aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an (Der Standard 9.9.2019).

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil (AA 3.11.2019).

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina (VB 29.9.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (23.9.2019b): Serbien: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/serbien-node/serbiensicherheit/207502, Zugriff 23.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (13.5.2019): Briefing Notes (BN) 13. Mai 2019, Serbien, Proteste halten an, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010672/Deutschland___Bundesamt_f%C3%Bcr_Migration_und_Fl%C3%Bcchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_13.05.2019_%28deutsch%29.pdf, Zugriff 20.9.2019

- Der Standard (9.9.2019): International Europa, Kroatien, Gedenkfeier, Neue Spannungen zwischen Kroatien und Serbien, https://www.derstandard.at/story/2000108422227/neue-spannungen-zwischen-kroatien-und-serbien; Zugriff 24.9.2019

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail


Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss (USDOS 11.3.2020).

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien (LIPortal 6.2019).

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange (EK 25.9.2019).

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (BN 27.5.2019).

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden (VB 29.9.2019).

Quellen:

- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (27.5.2019): Briefing Notes (BN) 27. Mai 2019, Serbien, Parlament beschließt lebenslange Haft ohne vorzeitige Entlassung in besonders schweren Fällen, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010482/briefingnotes-kw22-2019.pdf, Zugriff 20.9.2019

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt (USDOS 13.3.2020).

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“ (BICC 6.2019).

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich (VB 29.9.2019).

Quellen:

- BICC - Bonn International Center for Conversion (6.2019): Länderbericht Serbien, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/serbien/2019_Serbien.pdf, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 5.6.2020

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter (USDOS 13.3.2020).

Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen (HRW 17.1.2019).

Quellen:

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Serbia/Kosovo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002219.html, Zugriff 25.9.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

Korruption

Letzte Änderung: 17.10.2019

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24 (LIPortal 6.2019).

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern (TI 2018).


Quellen:

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 25.9.2019

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung: 5.6.2020

Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Während Regierungsbeamte im Allgemeinen kooperativ sind und auf ihre Fragen reagieren, werden die Gruppen von nicht staatlichen Akteuren, einschließlich der Pro-Regierungs-Medien, kritisiert, belästigt und bedroht, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung oder entgegen den nationalistischen Ansichten zum Kosovo, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und den Kriegen der 90er Jahre äußern. Im Laufe des Jahres 2019 veröffentlichten mehrere Medien Artikel, in denen zahlreichen Journalisten, NGO-Aktivisten und unabhängige Einrichtungen vorgeworfen wurde, "Verräter" des Landes zu sein, die versuchen, die Verfassungsordnung gewaltsam zu stürzen (USDOS 13.3.2020).

Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) agieren in der Regel frei, aber diejenigen, die offen kritische Positionen gegenüber der Regierung vertreten oder sensible oder kontroverse Themen ansprechen, sind in den letzten Jahren mit Bedrohungen und Belästigungen konfrontiert worden. Während des gesamten Jahres 2018 war die Direktorin der NGO Center for Euro-Atlantic Studies, Gegenstand einer anhaltenden Schmutzkampagne in den Medien als Reaktion auf ihre Unterstützung von Kriegsverbrecherverfolgungen und die Mitgliedschaft Serbiens in der NATO (FH 4.2.2019).

Quellen:

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 - Serbia, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006457.html, Zugriff 20.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020


Ombudsmann

Letzte Änderung: 5.6.2020

Der Bürgerbeauftragte spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltungspraxis und die Behörden sind verpflichtet, über die Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. Im vierten Jahr in Folge diskutierte das Parlament jedoch nicht in der Plenarsitzung den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, sodass keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Überprüfung der Regierung gezogen wurden (EK 29.5.2019).

Im Jahr 2018 haben insgesamt 9.120 Bürgerinnen und Bürger die Dienste des Bürgerbeauftragten in Anspruch genommen, von denen 2.432 durch persönliche und 3.350 durch Telefongespräche. Es gab insgesamt 3.338 eingereichte Beschwerden, davon 56 auf eigene Initiative des Bürgerbeauftragten. 2.346 Fälle wurden abgeschlossen. Gleichzeitig wurden rund 2.720 Fälle aus den Vorjahren bearbeitet und davon 1.443 Fälle abgeschlossen, sodass 2018 insgesamt 3.789 Fälle abgeschlossen wurden. Der Anteil der Beschwerden hinsichtlich Minderheitenangelegenheiten ist im Jahresbericht des Ombudsmann Büros 2018 mit 64 unter 3.338 Beschwerden mittlerweile gering und macht lediglich 1,92 % aller Beschwerden aus (Protector of Citizens 15.3.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution. In der Provinz Wojwodina kann ein eigenständiges Ombudsmannsbüro seinen Aktivitäten unabhängig nachgehen (USDOS 13.3.2020).

Quellen:

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- Republik of Serbia - Protector of Citizens (15.3.2019): Regular annual Report of the Protector of Citizens for 2018, https://www.ombudsman.org.rs/attachments/article/141/Regular%20Annual%20Report%20of%20the%20Protector%20of%20Citizens%20for%202018.pdf, Zugriff 9.10.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 17.10.2019

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden (EK 29.5.2019).

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit (GIZ Geschichte & Staat 6.2019).

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien (VB 29.9.2019).

Quellen:

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- LIPortal - Das Länder-Informations-Portal (6.2019): Serbien, Geschichte & Staat,
https://www.liportal.de/serbien/geschichte-staat/#c19777, Zugriff 20.9.2019

- VB des BM.I in Serbien (29.9.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Haftbedingungen

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Haftbedingungen sind aufgrund von Überbelegung, körperlichem Missbrauch, unhygienischen Bedingungen und unzureichender ärztlicher Versorgung schlecht. Nach Angaben des Justizministeriums lag die Gefängniskapazität 2019 10.300, während die Gefangenenzahl im Laufe des Jahres 2019 10.890 betrug. Obwohl die Gefängnisse nach wie vor überfüllt sind, konnte die Überbelegung durch den Bau neuer Gefängnisse und die breitere Anwendung alternativer Strafmaßnahmen (z.B. Zivildienst, Hausarrest und andere Maßnahmen) verringert werden. Die Behörden führen ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Vorwürfen wegen Misshandlung durch. Die unabhängige Überwachung der Haftbedingungen ist gesetzlich erlaubt und die Regierung gewährt unabhängigen Beobachtern Zugang zu den Haftanstalten. Die 2018 begonnene Renovierung des Belgrader Bezirksgefängnisses wurde im Laufe des Jahres fortgesetzt. Neue Gefängniseinrichtungen wurden in Sremska Mitrovica, Leskovac und Pozarevac gebaut. Trotz Verbesserungen bei den Untersuchungsverfahren stellt die verlängerte Untersuchungshaft nach wie vor ein Problem dar (USDOS 13.3.2020).

Was das Gefängnissystem betrifft, so wurden die Renovierung und Modernisierung mehrerer Gefängnisse, darunter das Gefängniskrankenhaus in Belgrad, im Einklang mit der Strategie zur Verringerung der Überbelegung in Strafanstalten fortgesetzt. Ein neues Gefängnis wurde in Pan?evo gebaut und ist in Betrieb. Die Überarbeitung und Verbesserung der Behandlungsprogramme in Gefängnissen und medizinischen Einrichtungen in Haftanstalten wird im Einklang mit den TCP-Empfehlungen fortgesetzt. Die Einschränkung von Inhaftierungsmaßnahmen und die verstärkte Anwendung alternativer Sanktionen trugen zu einer stabilen Haftpopulation bei. Im November 2018 wurden Änderungen des Gesetzes beschlossen, um den Einsatz alternativer Sanktionen zu verbessern. Allerdings bestehen nach wie vor Mängel bei den Unterbringungsbedingungen sowie bei der Gewährung von Rechtsbeistand und Gesundheitsversorgung (EK 29.5.2019).

Quellen:

- EK - Europäische Kommission (29.5.2019): Serbia 2019 Report [SWD(2019) 219 final], Fortschrittsbericht zum Stand der Vorbereitungen auf die EU-Mitgliedschaft (Demokratie und Rechtsstaatlichkeit; Justiz, Freiheit und Sicherheit; wirtschaftliche Lage, einschließlich Freiheiten und Sozialpolitik), https://www.ecoi.net/en/file/local/2010473/20190529-serbia-report.pdf, Zugriff 20.9.2019

- USDOS - US Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Serbia, 11. März 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026363.html, Zugriff 13.5.2020

Todesstrafe

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Gesetzte sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor (AI 10.4.2019).

Die in der serbischen Verfassung integrierte Menschenrechtscharta verbietet die Todesstrafe (Art. 24 Abs. 1). Das gilt auch für Militärstraftaten. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet. Das Protokoll trat am 6.12.2001 in Kraft und gilt - im Wege der Rechtsnachfolge - auch für Serbien (AA 3.11.2019).

Quellen:

- AI - Amnesty International (10.4.2019): Death Sentences and Executions 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006174/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 27.9.2019

- AA - Auswärtiges Amt (3.11.2019): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Serbien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylG (Stand: August 2019), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/683266/684671/10074631/10075491/10075545/21601316/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_im_Hinblick_auf_die_Einstufung_der_Republik_Serbien_als_sicheres_Herkunftsland_im_Sinne_des_%C2%A7_29_a_AsylVfG_%28Stand_August_2019%29%2C_03%2E11.2019.pdf?nodeid=21601317&vernum=-2, Zugriff 13.5.2020


Bewegungsfreiheit

Covid-19 Pandemie

Letzte Änderung: 5.6.2020

Die Bewegungsfreiheit der Menschen in Serbien (Staatsbürger als auch Fremde) wurde mit Beendigung des Ausnahmezustandes am 7.5.2020 nach fast 2 Monaten wiederhergestellt. Der Ausnahmezustand war aufgrund der fest

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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