Entscheidungsdatum
04.11.2021Norm
AsylG 2005 §8Spruch
L515 2218117-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. der Republik Georgien, vertreten durch Dr. Michael VALLENDER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 5.3.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 5 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet) ist Staatsangehöriger der Republik Georgien. Sie reiste im Jahre 2004 in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf Asyl.
I.2. Mit Bescheid des Bundesaylamtes vom 18.8.2005, Az.: 04 20.404-BAW wurde der Antrag gem. § 7 AsylG 2007 abgewiesen. Die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der bP wurde gem. § 8 Abs. 1 AsylG 1997 für nicht zulässig erklärt und wurde der bP eine befristete Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 3 AsylG 1997 erteilt.
Die Entscheidung wurde im Wesentlichen mit dem Umstand, dass die Tochter die bP an einem Tumor erkrankte, begründet.
I.3. In weiterer Folge wurde der bP befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter durch das Bundesaylamt bzw. die nunmehr belangte Behörde („bB“) jeweils mit Bescheid vom 23.6.2006, 17.8.2007, 28.8.2008, 18.8.2009, 28.7.2011 und 26.7.20212 erteilt. Zuletzt wurde der bP von der bB die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 17.8.2013 bescheidmäßig erteilt.
Der Aktenlage kann nicht entnommen werden, dass die bB bzw. ihre Vorgängerbehörde vor der erfolgten Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung überprüfte, ob die Voraussetzungen hierfür (nämlich insbesondere die bereits genannte Tumorerkrankung) noch vorlagen.
I.4. Weiters sind in Bezug auf die bP weitere erteilte Aufenthaltsberechtigungen basierend auf das NAG evident:
Rot-Weiß-Rot-Plus Karte gem. § 41a Abs. 7 NAG aF, gültig vom 23.1.2013 – 23.1.2014
Rot-Weiß-Rot-Plus Karte gem. § 41a Abs. 7 NAG aF, gültig vom 24.1.2014 – 24.1.2015
Rot-Weiß-Rot-Plus Karte gem. § 41a Abs. 7 NAG aF, gültig vom 25.1.2015 – 25.1.2018
Rot-Weiß-Rot-Plus Karte gem. § 41a Abs. 7 NAG aF, gültig vom 26.1.2018 – 26.1.2021
I.5. In Bezug auf die bP scheinen im Strafregister der Republik Österreich nachfolgende Vormerkungen auf:
„…
01) XXXX vom 13.07.2016 RK 19.07.2016
§§ 223 (1), 224 StGB
Datum der (letzten) Tat 19.05.2015
Freiheitsstrafe 2 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG XXXX RK 19.07.2016
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX vom 21.11.2018
zu XXXX RK 19.07.2016
Bedingte Nachsicht der Strafe wird widerrufen
XXXX vom 18.06.2019
02) LG XXXX vom 21.11.2018 RK 21.11.2018
§ 27 (2a) SMG
Datum der (letzten) Tat 28.06.2018
Freiheitsstrafe 7 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre
zu LG XXXX RK 21.11.2018
Probezeit verlängert auf insgesamt 5 Jahre
LG XXXX vom 18.06.2019
03) LG XXXX vom 18.06.2019 RK 18.06.2019
§§ 127, 130 (1) 1. Fall StGB § 15 StGB
Datum der (letzten) Tat 20.05.2019
Freiheitsstrafe 9 Monate
zu LG XXXX RK 18.06.2019
zu XXXX RK 19.07.2016
Aus der Freiheitsstrafe entlassen am 30.12.2019, bedingt, Probezeit 3 Jahre
LG XXXX vom 27.09.2019
…“
Strafrechtliche Verurteilungen aus dem Jahre 2005 und 2006 sind im Strafregister nicht (mehr) ersichtlich.
I.6. Der Status eines subsidiär Schutzberechtigten wurde der bP zu keinem Zeitpunkt aberkannt.
I.7.1. Mit angefochtenem, im Spruch genannten Bescheid wurde in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 4 FPG erlassen und festgestellte, dass die Abschiebung der bB nach Georgien zulässig ist. Ebenso wurde die Frist für die freiwillige Ausreise gem. 55 FPG von 2 Wochen festgelegt. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 wurde in Bezug auf die bP ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
I.7.1. Die fremdenpolizeiliche Maßnahme wurde mit der nicht unerheblichen Delinquenz und die daraus ableitbaren Umstände begründet. Eine individuelle Auseinandersetzung mit dem konkreten Tatunrecht (Beschreibung der vom Gericht als erwiesen angenommenen Tat, festgestellte Strafmilderungs- bzw. Straferschwernisgründe) erfolgte nicht, sondern beschränke sich die bB auf abstrakte Ausführungen.
Die bB stellte keine Abschiebehindernisse fest.
In Bezug auf die Interessensabwägung gem. Art. 8 Abs. 2 EMRK ging die bB davon aus, dass insbesondere aufgrund der wiederholt aufgetretenen und nicht unerheblichen Delinquenz von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen sei.
I.8. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde eine Beschwerde eingebracht. Im Wesentlichen wurde vorgetragen, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorgegangen sei. Insbesondere hätte die bB verkannt, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht vorliegen, weil eine solche insbesondere Art. 8 EMRK zuwider laufen würde.
I.9. Die Rechtssache wurde vorerst der ho. Gerichtsabteilung L503 und nach einem entsprechenden Beschluss des ho. Geschäftsverteilungsausschusses vom 23.3.2021 der ho. Gerichtsabteilung L515 zur Erledigung zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Der relevante Sachverhalt ergibt sich aus dem beschriebenen Verfahrensgang.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht, Behebung durch materielle Erledigung
II.3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
II.3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.
II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. § 17 leg. cit das AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
II.3.1.4. Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
II.3.1.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
II.3.1.6. Gem. § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG ist das ho. Gericht berechtigt, die Entscheidung der belangten Behörde zu beheben. Die Behörden sind in diesem Fall verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichts entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Bei einer Aufhebung gem. § 28 Abs. 1 iVm Abs. 5 VwGVG handelt es sich –im Gegensatz zur Behebung und Zurückverweisung gem. § 28 Abs. 3 VwGVG- um eine materielle Erledigung der Rechtssache durch (ersatzlose) Behebung des angefochtenen Bescheids in Form eines Erkenntnisses. Die Regelung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 66 Abs. 4 AVG (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Aufl, Rz 17ff zu § 28); Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 97 zu § 66 [Abs. 4]).
Zu A)
II.4. Behebung des angefochtenen Bescheides
II.4.1. § 8 AsylG 2005 normiert auszugsweise:
„Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1.
der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2.
dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.
(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
…“
§ 9 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1.
die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) nicht oder nicht mehr vorliegen;
2.
er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder
3.
er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn
1.
einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;
2.
der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
3.
der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (§ 2 Abs. 3) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 oder 2 wahrscheinlich ist.
(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.“
II.4.2. § 41a Abs. 7 NAG lautete zum Zeitpunkt, dass der bP erstmals eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus erteilte wurde, wie folgt:
„(7) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann auf Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erteilt werden, wenn sie
1. die Voraussetzungen des 1. Teiles,
2. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 14a) erfüllen und
3. seit mindestens fünf Jahren über eine Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005) verfügen.“
§ 41a Abs. 7 NAG in der oa. Fassung stellt die Nachfolgebestimmung des vor dem Inkrafttreten der leg. cit. geltenden § 43 Abs. 6 NAG dar, welcher im Wesentlichen eine ähnliche Regelung vorsah. Die Regierungsvorlage hierzu lautete wie folgt:
„Der neue Abs. 6 normiert, dass Fremden, die seit mindestens fünf Jahren über eine Aufenthalsberechtigung als subsidiär Schutzberechtiger (§ 8 Abs. 4 AsylG) verfügen, auf Antrag eine quotenfreie „Niederlassungsbewilligung – eingeschränkt“ erteilt werden kann, wer er sich im Bundesgebiet aufhält, die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllt und die Integrationsvereinbarung im Sinne des § 14 iVm § 43 Abs. 2 Z 3 erfüllt hat. Es wird damit damit eine Ausnahme zum allgemeinen Grundsatz des § 1 Abs. 2 Z 1 geschaffen. Das gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 gewährte Aufenthaltsrecht für subsidiär Schutzberechtigte gilt „nur“ für ein Jahr und muss daher jedes Jahre verlängert werden, auch wenn sich die Situation um Herkunftstaat nicht verändert hat. Für diese Fälle soll nunmehr die Möglichkeit des Überganges ins NAG geschaffen werden. Damit wird gut integrierten Fremden eine erweiterte und längerfristige Integrationsperspektive geboten. …“
Der Regierungsvorlage zu § 41a Abs. 7 NAG lautete wie folgt:
„Der vorgeschlagene Abs. 7 entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 43 Abs. 6 der geltenden Rechtslage und wurde nur eine terminologische Anpassung vorgenommen. Weiters wurde eine redaktionelle Anpassung im Hinblick auf die vorgeschlagene Änderung der Integrationsvereinbarung, insbesondere zu deren Modul 1 (§ 14a) vorgenommen.“
§ 41a Abs. 7 NAG trat 31.12.2013 in der oa. Fassung außer Kraft und ist die geltende Fassung auf subsidiär Schutzberechtigte nicht anwendbar ( vgl. § 1 Abs. 2 Z 1 NAG).
Mit 1.1.2014 trat § 45 Abs. 12 NAG in Kraft, welcher wie folgt lautet:
„(12) Asylberechtigten, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen über den Status des Asylberechtigten (§ 3 AsylG 2005) verfügten und subsidiär Schutzberechtigten, die in den letzten fünf Jahren ununterbrochen aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005) rechtmäßig aufhältig waren, kann ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erteilt werden, wenn sie
1.) die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und
2.) das Modul 2 der Integrationsvereinbarung (§ 10 IntG) erfüllt haben.“
Der entsprechenden Regierungsvorlage ist Folgendes zu entnehmen:
„…
Der ursprüngliche § 41a Abs. 7 kann aufgrund der Umsetzung der Vorgaben aus der Ausweitung Daueraufenthaltsrichtlinie, mit der der Anwendungsbereich auch auf Personen ausgeweitet wird, die internationalen Schutz genießen, entfallen.
…
In Umsetzung der Ausweitung - Daueraufenthaltsrichtlinie ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/109/EG betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (im Folgenden: Langfristigen-Richtlinie), ABl. Nr. L 16 vom 23.01.2004 S. 44, in der Fassung der Richtlinie 2011/51/EU, ABl. Nr. L 132 vom 19.05.2011 S. 1, auf Personen, die internationalen Schutz genießen, zu erweitern. Das bedeutet, dass auch Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte nach fünf Jahren Aufenthalt und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ erhalten und damit in das Regime des NAG wechseln können. Dies stellt eine Ausnahme vom grundsätzlichen Ausschluss der Anwendbarkeit des NAG auf Personen mit einem asylgesetzlichen Aufenthaltsrecht dar (vgl. § 1 Abs. 2 Z 1).
…“
§ 81 Abs. 33 NAG lautet:
„(33) Für Inhaber eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 41a Abs. 7 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2013 gilt § 45 Abs. 12 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2013, auch wenn sie in den fünf Jahren nicht nur aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005) ununterbrochen rechtmäßig aufhältig waren.“
Gem. der Regierungsvorlage soll § 81 Abs. 33 NAG sicherstellen, dass subsidiär Schutzberechtigte, die bereits gemäß § 41a Abs. 7 [aF] … einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ erhalten haben, sofort von der neuen Bestimmung des § 45 Abs. 12 profitieren können.
Gem. § 1 Abs. 2 Z 1 NAG gilt dieses Bundesgesetz gilt nicht für Fremde, die nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 idgF, oder nach vorigen asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt berechtigt sind … , soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt.
Im Lichte der geltenden innerstaatlichen Rechtslage stellt sich die Frage, ob subsidiär schutzberechtigte Fremde durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach den zitierten Bestimmungen des NAG den Status eines subsidiär Schutzberechtigten ex lege verlieren, wovon die bB sichtlich ausgeht –ansonsten hätte sie über den Verlust des Status eines subsidiär Schutzberechtigten vor der Erlassung einer Rückkehrentscheidung abgesprochen-, oder ob es sich bei den genannten Bestimmungen lediglich um aufenthaltsrechtliche Bestimmungen handelt, welche auf den Status eines subsidiär Schutzberechtigten keinen Einfluss haben und sich die Endigungsgründe des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 AsylG, unabhängig davon, ob die Partei ein Aufenthaltsrecht nach § 8 Abs. 4 oder den genannten Bestimmungen des NAG hat(te) nach § 9 AsylG richtet. Die zweite Alternative hätte zur Folge, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht selbstständig, sondern nur in Verbindung mit der Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgen könnte.
Zu der oa. Rechtsfrage ist Folgendes anzuführen:
Der VwGH geht davon aus, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten als das vorübergehende, verlängerbare Einreise- und Aufenthaltsrecht, das Österreich Fremden nach den Bestimmungen des AsylG 2005 gewährt, von der gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 zusätzlich zu erteilenden Berechtigung zu unterscheiden ist (vgl. VwGH 29.6.2020, Ra 2019/01/0120; VwGH 17.12.2019, Ra 2019/18/0281). Der VwGH hat im Hinblick auf einen Antrag auf "Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten" festgehalten, dass es sich dabei nur um die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, nicht aber um die Verlängerung des Status des subsidiär Schutzberechtigten handelt (vgl. VwGH 30.10.2019, Ro 2019/14/0007). Mit der Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter ist ein rechtmäßiger Aufenthalt gemäß § 31 Abs. 1 Z 4 FrPolG 2005 verbunden (vgl. zu einer Konstellation, in der ein Fremder zwar über den Status des subsidiär Schutzberechtigten, jedoch nicht über eine befristete Aufenthaltsberechtigung verfügte VwGH 12.5.2010, 2006/20/0766).
Ähnlich wie im vorgegangenen Absatz differenziert der VwGH (3.5.2016 Ra 2016/18/0049) – bezogen auf die italienische Rechtslage- zwischen dem Status eine subsidiär Schutzberechtigten und dem aus diesem Status ableitbaren Aufenthaltstitel und kommt zum Schluss, dass die Prüfung der Existenz des Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von jener der Aufenthaltsberchtigung zu folgen hat.
Im Lichte der oa. Ausführungen ist jedenfalls zwischen dem –aus völker- und europarechtlichen Rechtsnormen ableitbaren und ins innerstaatliche Recht umgesetzten- Status eines subsidiär Schutzberechtigten und dem einem subsidiär Schutzberechtigten zu erteilenden Aufenthaltstitel zu differenzieren und sind die Voraussetzungen der Aberkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten nach den Regeln des § 9 AsylG zu beurteilen, welcher ein einzelfallspezifisches Aberkennungsverfahren vorsieht. Ein ex-lege-Verlust des Status im Falle der Erlangung eines Aufenthaltstitels gem. dem NAG ist dieser Bestimmung nicht zu entnehmen.
Auch eine Zusammenschau der Richtlinie 2011/95/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (insbes. Art. 19) und der Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (insbes. Art. 44 und 45 [mit Ausnahme von Abs. 5, welcher keine auf den gegenständlichen Fall übertragbare Konstellation regelt]), dass der Verlust des Status eines subsidiär Schutzberechtigten regelmäßig nur als Rechtsfolge eines einzelfallspezifisch geführten Verfahrens und nicht ex lege eintreten kann.
Den oa. Ausführungen zu Grunde liegenden allgemeinen Gedanken ist kein Hinweis entnehmbar, wonach sich die Differenzierung zwischen dem Status eine subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 Abs. 1 AsylG und dem Aufenthaltsrecht als subsidiär Schutzberechtigten sich ausschließlich auf die Bestimmung des § 8 Abs. 1 leg. cit beschränkt und nicht auch auf die §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. auf § 45 Abs 12 leg. cit idgF anwendbar war bzw. ist, woraus sich ergibt, dass sich ein „Umstieg“ eines subsidiär Schutzberechtigten ins NAG lediglich auf die aufenthalts-, jedoch nicht auf die statusrechtlichen Komponenten bezieht.
Für die bereits dargestellte Auslegung spricht neben den bereits genannten Erkenntnis-quellen auch die RV zu den entsprechenden Bestimmungen, welche die §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. § 45 Abs 12 leg. cit idgF ausdrücklich als eine Ausnahme von § 1 Abs. 2 Z 1 NAG bezeichnen, zumal es eines sonstigen Hinweises nicht bedürfte, wenn auf die betroffenen Fremden nach der Erteilung eines Aufenthaltstitels §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. § 45 Abs 12 leg. cit idgF das AsylG Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 idgF nicht mehr anwendbar wären, was nur dann der Fall wäre, wenn sie den Status eines subsidiär Schutzberechtigten durch die Erteilung eines §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. auf § 45 Abs 12 leg. cit idgF es lege verloren hätten. Ebenso geht aus der RV zu den §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. § 45 Abs 12 leg. cit idgF das AsylG Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100 idgF hervor, dass der Zweck der genannten Normen nicht in der Beschneidung der Rechtsstellung der davon betroffenen Fremden, sondern in der Verbesserung der längerfristigen Lebens- und Integrationsperspektive besonders gut integrierter und länger aufhältiger subsidiär Schutzberechtigter liegt und man diesem Personenkreis die sich aus dem NAG ergebenden Vorteile nicht weiter vorenthalten will.
Letztlich sei auch darauf hingewiesen, dass auch die RL 2003/109/EG des Rates vom 24.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristigen aufenthaltsberechtigten Fremden international Schutzberechtigte nunmehr miteinbezieht und sichtlich davon ausgeht, dass dieser Status mit der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der genannten RL nicht untergeht (siehe hierzu den Wortlaut der Art. 8, 9, 12 (3a) oder 22 (3a) RL 2003/109/EG des Rates vom 24.11.2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristigen aufenthaltsberechtigten Fremden), die Umsetzungsfrist der genannten RL mit 23.1.2006 endete und innerstaatliche Rechtvorschriften richtlinienkonform zu interpretieren sind (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.).
Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass ein subsidiär Schutzberechtigter, dessen rechtmäßiger Aufenthalt bisher auf § 8 Abs. 4 AsylG (bzw. auf eine dessen Vorgängerbestimmungen) fußt, den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht ex lege verlor bzw. verliert, wenn diesem eine Aufenthaltsberechtigung gem. §§ 46 Abs. 3, 41a Abs. 7 NAG in der bereits beschriebenen aF bzw. gem. § 45 Abs 12 leg. cit idgF erteilt wurde.
II.4.3. Einzelfallspezifisch betrachtet ist auf Basis der angestellten Überlegungen davon auszugehen, dass die bP mangels der Existenz einer entsprechenden generell-abstrakten Norm bzw. mangels eines seitens der Asylbehörde getätigten individuellen Rechtsakts den Status eine subsidiär Schutzberechtigten nie verlor, auch nicht durch die erstmalige Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Plus Karte gem. § 41a Abs. 7 NAG aF, gültig vom 23.1.2013 – 23.1.2014 und in weiterer Folge deren wiederholten Erteilung (ob jemals die Voraussitzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gem. § 41a Abs. 7 NAG vorlagen bzw. die leg. cit bis zur letztmaligen Erteilung eines Aufenthaltstitels eine taugliche rechtliche Basis darstellte, ist nicht Verfahrensgegenstand, seihe jedoch die bereits Ausführungen, wonach die aktuelle Fassung des § 41a Abs. 7 NAG auf subsidiär Schutzberechtigte keine Anwendung findet).
II.4.4. Auch wenn von der Delinquenz der bP ausgehend gewichtige Argumente bzw. öffentlicher Interessen für die Setzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen existieren, ist im Lichte der im Vorabsatz getätigten Ausführungen davon auszugehen, dass die bB nicht berechtigt war, eine Rückkehrentscheidung erlassen ohne vorher über einen allfälligen Verlust des Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die bP abzusprechen. Viel mehr hätte die Behörde bei allfälligen Vorliegen der Voraussetzungen zuerst über den Verlust des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gem. § 9 AsylG abzusprechen und im Anschluss hieran zu prüfen gehabt, ob die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG, eventuell iVm einem Einreiseverbot gem. § 53 FPG, vorliegen.
II.4.5. Da die Frage des Vorliegens eines Aberkennungsgrundes gem. § 9 AsylG nicht Beschwerdegegenstand war, konnte hierüber seitens des erkennenden Gerichts nicht meritorisch entschieden werden.
II.4.6. Im Lichte der oa. Ausführungen hatte das ho. Gericht den angefochtenen Bescheid durch Erkenntnis zu beheben (siehe Punkt II.3.1.6.), weil die belangte Behörde nicht berechtigt war, die Rückkehrentscheidung zu erlassen, so lange der bP noch der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukommt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichts-verfahren, 2. Aufl, Rz 17ff zu § 28); Hengstschläger/Leeb, AVG, Manz Kommentar, Rz 97 zu § 66 [Abs. 4]).
II.5. Das ho. Gericht erlaubt sich darauf hinzuweisen, dass das gegenständlichen Erkenntnis die bB nicht daran hindert, nunmehr meritorisch das Vorliegen von Aberkennungsgründen gem. § 9 AsylG zu prüfen und allenfalls weitere aufenthaltsrechtliche Maßnahmen (wie etwa eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot) zu setzen, wobei hier auch auf die gebotene Nachholung jener Verfahrensschritte hingewiesen wird, deren Mangelhaftigkeit bzw. Ausbleiben im Verfahrensgang des gegenständlichen Erkenntnisses angesprochen wurden (insbesondere die Herbeischaffung der entsprechenden Urteile und der konkreten Beschreibung des Tatunrechts, sowie der Prüfung der privaten und familiären Verhältnisse in Bezug auf § 53 FPG auf alle Staaten, auf die sich eine allfällige Ausschreibung im SIS bezieht).
Sollte die bB zum Schluss kommen, dass entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu setzen sein sollten, wird sie nicht daran gehindert sein, allfällige nicht mehr im Strafregister aufscheinende Verurteilungen anlässlich der Beurteilung des Gesamtverhaltens der bP im Rahmen der fremdenpolizeilichen Betrachtungsweise (VwGH vom 22.3.2011, 2008/21/0246 mwN, auch Erk. vom 16.11.2012, 2012/21/0080) zu berücksichtigen.
II.6. Aufgrund der erwartbaren Sprachkenntnisse der bP konnte eine Übersetzung der entsprechenden Teile des gegenständlichen Erkenntnisses unterbleiben.
II.7. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
§ 24 VwGVG lautet:
„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1.
der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2.
die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ließen die Akte erkennen, dass der Sachverhalt in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt erscheint. Ebenso war der Beschwerde stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.
Aufgrund dessen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere in Bezug auf die Auslegung des Rechtsinstituts des subsidiären Schutzes, dessen Aberkennungsgründe, sowie der Differenzierung zwischen der status- und der aufenthaltsrechtlichen Komponente abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur. Letztlich lässt der eindeutige Wortlaut der hier anzuwendenden Bestimmungen keine anderslautende Auslegung zu.
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Bescheidbehebung Rot-Weiß-Rot-Karte plus Rückkehrentscheidung behoben strafrechtliche Verurteilung subsidiärer SchutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:L515.2218117.1.00Im RIS seit
19.01.2022Zuletzt aktualisiert am
19.01.2022