Entscheidungsdatum
15.11.2021Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z4Spruch
W233 1425776-3/25E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Andreas FELLNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , staatenlos, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. 811466103-180339975, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.07.2021 sowie am 18.10.2021 zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. des angefochtenen Bescheids wird gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 VwGVG iVm § 7 AsylG, § 8 Abs. 3a AsylG und § 57 AsylG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte IV., V., VI. und VII. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und werden diese ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser aus dem Irak, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 05.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde ihm mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.01.2013, Zl. 11 14.661-BAW, der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
2. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 03.07.2014, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 und Abs. 4 Z 3 SMG sowie wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren und 10 Monaten verurteilt.
In der Folge wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.10.2016, Zl. XXXX , wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung nach §§ 15, 83 StGB rechtskräftig zu einer unbedingten Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.
3. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 23.04.2018 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl dem Beschwerdeführer mit, dass beabsichtigt werde, ihm aufgrund seiner strafgerichtlichen Verurteilungen gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG den internationalen Schutz abzuerkennen und festzustellen, dass seine Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht zulässig sei. Ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen 14 Tagen Stellung zu beziehen sowie den in der Verständigung angeführten Fragenkatalog zu seinem Privat- und Familienleben zu beantworten.
4. Mit Schriftsatz vom 03.05.2018 erstattete der Beschwerdeführer im Wege seiner damaligen rechtsfreundlichen Vertretung eine Stellungnahme zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich.
5. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 09.05.2018, Zl. 811466103/180339975, wurde dem Beschwerdeführer (unter anderem) der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme.
6. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2018, G304 1425776-2/2E, stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und die Rechtssache zur neuerlichen Erledigung an die Behörde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Behörde umfassende Feststellungen, welche eine nach § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG gebotene Prognoseentscheidung ermöglicht hätten, unterlassen habe. Ferner habe sie keine Feststellungen zur Situation von staatenlosen Palästinenser in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers getroffen. Zur Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten vorliegen würden, seien daher noch weitere Ermittlungen erforderlich.
7. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.11.2018, Zl. 811466103/180339975, wurde dem Beschwerdeführer der Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme (Spruchpunkt I.). Der Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Seine Abschiebung in den Herkunftsstaat wurde gemäß §§ 8 Abs. 3a, 9 Abs. 2 AsylG iVm § 52 Abs. 9 FPG für unzulässig erklärt (Spruchpunkt V.). Die Frist zur freiwilligen Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.). Gegen den Beschwerdeführer wurde ferner gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII.).
8. Mit Schriftsatz vom 16.11.2018 erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner damaligen rechtsfreundlichen Vertretung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften, mangelhafter Beweiswürdigung sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., IV, IV., VI. und VII. dieses Bescheids.
9. Am 28.11.2018 langten die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurden der Gerichtsabteilung G304 zugewiesen.
10. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.09.2020, rechtskräftig seit 09.02.2021, wurde der Beschwerdeführer im Verfahren zu XXXX wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs. 1 und Abs. 4 StGB sowie wegen des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung nach § 298 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 360 Tagessätzen verurteilt.
11. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 25.02.2021 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung W233 neu zugewiesen.
12. Mit Schreiben vom 31.05.2021 teilte der Beschwerdeführer dem Bundesverwaltungsgericht mit, dass ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei und er das Verfahren betreffend seinen Asylstatus schließen wolle.
13. Zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts fand am 19.07.2021 vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung statt, zu welcher der Beschwerdeführer ohne Vertretung erschien. Da der Beschwerdeführer vorbrachte, dass er in Anwesenheit eines Rechtsberaters an der mündlichen Verhandlung teilnehmen und sich mit seiner Vertretung betreffend die gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht ausgesprochene Rückziehung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheids noch beraten möchte, wurde die Verhandlung auf unbestimmte Zeit vertagt.
14. Mit Schriftsatz vom 14.10.2021 erstattete der Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung eine Stellungnahme, in welcher zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich sowie zu seinem aufenthaltsrechtlichen Status Stellung bezogen wurde.
15. Am 18.10.2021 fand in Anwesenheit der Rechtsberaterin des Beschwerdeführers eine weitere mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen welcher der Beschwerdeführer eingangs anführte, seine Beschwerde aufrechtzuhalten. In der Folge wurde er zu seiner Identität und Herkunft, zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates, zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich sowie zu den von ihm in Österreich begangenen strafbaren Handlungen befragt. Ferner wurde das aktuelle Länderinformationsblatt Irak in das Verfahren eingeführt. Dem Beschwerdeführer wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme sowie zur Vorlage seines aktuellen Arbeitsvertrags und der Nachweise seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten eingeräumt.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist zur Beschwerdeverhandlung unentschuldigt nicht erschienen.
16. Mit Schriftsatz vom 02.11.2021 erstattete der Beschwerdeführer im Wege seiner Vertretung eine Stellungnahme zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat und reichte die von ihm in der Beschwerdeverhandlung erwähnten Integrationsunterlagen nach.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
1.1.1. Zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer, ein staatenloser Palästinenser, stammt aus dem Irak. Er führt den Namen „ XXXX “ und wurde am XXXX in XXXX , Irak, geboren.
Der Beschwerdeführer hat den Herkunftsstaat verlassen, da seine Brüder und er von den irakischen Behörden verdächtigt wurden, die Terrororganisation „Islamischer Staat“ unterstützt zu haben.
Nach Einreise in das österreichische Bundesgebiet stellte er am 05.12.2011 einen Antrag auf internationalen Schutz und hält sich seither durchgehend in Österreich auf. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 25.01.2013 wurde ihm der Status des Asylberechtigten zuerkannt und festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Dem Beschwerdeführer wurde der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ mit Gültigkeit von 29.03.2021 bis 28.03.2026 erteilt.
1.1.2. Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich
Der Beschwerdeführer hat am 31.10.2012 eine Deutschprüfung auf dem Sprachniveau A2 bestanden und verfügt über gute Deutschkenntnisse. Am 18.05.2016 hat er ferner die Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Spengler abgelegt.
Von 19.05.2016 bis 13.11.2018 war er als Spengler erwerbstätig. Seit 03.10.2019 arbeitet er für ein Unternehmen als Fahrer und erzielt ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von € 1.919,14 zuzüglich der Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage, welche nach den monatlich tatsächlich geleisteten Stunden abgerechnet wird.
In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte in Form seiner Mutter, seiner drei Brüder sowie seiner Schwester.
Am 09.09.2021 hat der Beschwerdeführer geheiratet. Seine Ehefrau lebt in Jordanien.
In seiner Freizeit ist der Beschwerdeführer ehrenamtlich als Fußballtrainer einer Nachwuchsmannschaft tätig.
1.1.3. Zum Fehlverhalten des Beschwerdeführers
1.1.3.1. Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 03.07.2014, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels sowie der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Ferner wurde der aus dem Suchtgifthandel erlangte Erlös in Höhe von € 7.000, -- für verfallen erklärt.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner tristen finanziellen Situation und animiert durch den über einen Bekannten in Aussicht gestellten lukrativen Drogenhandel den Entschluss gefasst hat, Cannabiskraut im großen Stil gewinnbringend zu veräußern und sich durch die wiederkehrende Begehung solcher Drogengeschäfte eine fortlaufende Einnahmequelle, überwiegend zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes und Erhaltung eines gewissen Lebensstandards, im kleinen Teil auch zur Finanzierung seines eigenen Cannabiskonsums zu erschließen. Der Beschwerdeführer hat daher im Zeitraum von zumindest Jänner 2013 bis 27.06.2013 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen. Konkret haben er und ein weiterer Täter insgesamt mindestens 1.500 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7,6% von einem anderen übernommen und im Zuge mehrfacher Angriffe gemeinsam an namentlich nicht ausgemittelte Abnehmer übergeben bzw. gewinnbringend weiterverkauft. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer alleine weitere insgesamt mindestens 22.700 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7,6% von drei Personen übernommen und im Zuge unzähliger Angriffe teils bekannten, teils nicht ausgemittelten Abnehmern übergeben bzw. gewinnbringend veräußert. In Anbetracht der Tatsache, dass die Übergaben an die im Urteil näher bezeichneten Abnehmer teilweise auch in anderen Bundesländern vorzunehmen waren, bediente sich der Beschwerdeführer regelmäßig auch Kurierfahrern, welche er mit der Abwicklung seiner Geschäfte vorwiegend in XXXX und XXXX betraute. Zu diesem Zweck standen ihm drei Personen zur Verfügung, denen er jeweils die einzelfallbezogenen Übergabemodalitäten und vereinbarten Preise vorgab und das zu liefernde Cannabiskraut übergab. Ausgehend von der laut Schuldspruch weiter gegebenen Menge von 24.200 Gramm Cannabiskraut hat der Beschwerdeführer nach seinen eigenen Berechnungen bei einem Gewinnaufschlag von € 200 ,-- bis € 300 ,-- pro 1.000 Gramm mit den gegenständlichen Suchtgiftgeschäften einen Gewinn von € 7.000,-- bis € 8.000 ,-- erzielt.
Ferner hat der Beschwerdeführer im inkriminierten Zeitraum von zumindest Jänner 2013 bis zu seiner Festnahme am 27.06.2013 vorschriftswidrig unbekannte Mengen an Cannabiskraut ausschließlich zum Zwecke des Eigenkonsums erworben und besessen, wobei er eigenen Angaben zufolge fast täglich Cannabiskraut rauchte.
Bei der Strafbemessung wurden der bislang ordentliche Lebenswandel sowie das umfassende zur Wahrheitsfindung beitragende, reumütige Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd gewertet. Als erschwerend galten die Tatbegehung teils in Gemeinschaft, das Zusammentreffen von einem Verbrechen und mehreren Vergehen sowie das über dreifache Übersteigen der übergroßen Menge. Angesichts der überlangen Verfahrensdauer wurden zwei Monate Freiheitsstrafe abgerechnet. Eine – wenn auch nur teilbedingte – Strafnachsicht schied jedoch beim Beschwerdeführer aus, da der Beschwerdeführer im Rahmen einer höheren Verteilerebene, eingebettet in ein österreichweit agierendes kriminelles Netzwerk agierte und es auch aus generalpräventiven Erwägungen des unbedingten Vollzuges der verhängten Freiheitsstrafe bedurfte.
Am 27.08.2015 wurde der Beschwerdeführer unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus der Freiheitsstrafe entlassen.
1.1.3.2. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.10.2016, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der versuchten Körperverletzung zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 120 Tagessätzen verurteilt. Mit Beschluss wurde vom Widerruf der bedingten Entlassung abgesehen, jedoch wurde die gewährte Probezeit auf fünf Jahre verlängert.
Der Verurteilung lag zugrunde, dass er am 06.04.2016 in XXXX einen anderen durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht hat, was jedoch durch das Einschreiten eines Polizeibeamten, welcher ihn zurückgezogen und sogleich am Boden fixiert hat, verhindert werden hat können.
Als erschwerend wurde die Vorstrafe gewertet, als mildernd galten das Geständnis sowie der Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist.
Der gegen dieses Urteil erhobenen Strafberufung wurde mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30.05.2017, Zl. XXXX , dahin Folge gegeben, dass die Höhe des einzelnen Tagessatzes von € 20, -- auf € 17, -- herabgesetzt wurde.
1.1.3.3. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.09.2020, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage und des Vergehens der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung rechtskräftig verurteilt. Über ihn wurde eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je € 35, -- verhängt.
Dieser Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Zur Person des Beschwerdeführers wurde im Strafurteil festgestellt, dass er im Entscheidungszeitpunkt als Bauspengler ein monatliches Nettoeinkommmen von € 2.500 ,-- bezogen hat, dies 14-mal im Jahr. Er hat über ein Fahrzeug der Marke Audi A4, Baujahr 2009, verfügt und hat Schulden in Höhe von € 15.000, -- (Privatschulden) zu bedienen gehabt, wobei die monatlichen Rückzahlungen € 500, -- betragen haben.
Bereits am 11.08.2019 hat der Beschwerdeführer auf einer Polizeiinspektion in XXXX angezeigt, dass ihm sein Mobiltelefon der Marke iPhone X Max samt Airpods auf der Busfahrt mit einer unbekannten Buslinie von Bratislava nach Wien gestohlen worden sei. In der Folge hat er am 12.08.2019 die Diebstahlsanzeige mit der Erklärung widerrufen, dass er sein gestohlenes Mobiltelefon angerufen habe, wobei sich ein unbekannter Slowake gemeldet habe, von dem er das Handy dann wieder in Bratislava beim Mc Donalds zurückerhalten habe.
Am 29.09.2019 hat der Beschwerdeführer schließlich in XXXX als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bei seiner Vernehmung vor der Kriminalpolizei zur Sache falsch ausgesagt, indem er wahrheitswidrig zusammengefasst angegeben hat, in den frühen Morgenstunden habe ihm im Bereich XXXX ein unbekannter Mann seine Umhängetasche von seiner Schulter gerissen und gleichzeitig einen Faustschlag gegen die Brust versetzt und auf seinen Versuch der Rückerlangung mit einem sogenannten „Nunchaku“ vor seinem Gesicht „herumgewedelt“ und dazu geäußert, er solle gehen, sonst werde er ihm einen Schlag versetzen; sodann seien der Unbekannte und dessen Begleiter mit seiner Gürteltasche samt zwei Schlüsseln, seinem Mobiltelefon iPhone X Max und Kopfhörern „Apple Airpods“ gegangen. Tatsächlich hat der vom Beschwerdeführer angezeigte Raubüberfall nicht stattgefunden, was dem Beschwerdeführer auch bewusst war. Er hat dies ebenso billigend in Kauf genommen wie den Umstand, dass er diese falschen Aussagen unter Wahrheitspflicht als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache vor der Kriminalpolizei tätigt.
Durch die wahrheitswidrigen Angaben hat der Beschwerdeführer einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Beamten die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, wissentlich vorgetäuscht. Ihm kam es gerade darauf an, die Polizeibeamten über die Begehung der beschriebenen Straftat zu täuschen, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass durch diese Informationen polizeiliche Ermittlungen gegen unbekannte Täter ausgelöst werden. Seine Anzeige war dazu auch objektiv geeignet.
Das Motiv für die Begehung der dargestellten Straftaten bestand für den Beschwerdeführer darin, dass nach seinem Vertrag nur im Fall eines Raubs oder Einbruchdiebstahls abgedeckt sind.
Bei der Strafbemessung wertete das Strafgericht das Zusammentreffen von zwei Vergehen als erschwerend. Milderungsgründe lagen nicht vor. Die Verhängung einer bloßen Geldstrafe anstatt der im Gesetz allein angedrohten Freiheitsstrafe erachtete das Strafgericht als unbedenklich. Mangels vorliegender Milderungsgründe war die verhängte Geldstrafe unbedingt auszusprechen. Ein Vorgehen nach dem 11. Hauptstück der StPO kam aus spezial- und generalpräventiven Gründen (mangelnde Schuldeinsicht, Zusammentreffen von zwei Vergehen, Rechtspflegedelikte) nicht in Betracht.
Mit Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom 09.02.2021, XXXX , wurde der Berufung der Staatsanwaltschaft Folge gegeben und die Anzahl der Tagessätze auf 360 erhöht, während der Berufung des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben wurde. Festgehalten wurde, dass die Strafzumessungsgründe im Ersturteil zutreffend seien. Aufgrund der Gewichtung der besonderen Strafzumessungsgründe gelangte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der Person des Beschwerdeführers, der Art der Tat und ihrer Folgen sowie der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung nach § 32 StGB zum Ergebnis, dass innerhalb der Strafbefugnis eine Geldstrafe von 360 Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall 180 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, tat- und schuldangemessen sind. Das wiederholt, wenn auch nicht einschlägig getrübte Vorleben und die Wirkungslosigkeit bisheriger strafrechtlicher Reaktionen, darunter auch eine bedingte Entlassung, begründeten nach Ansicht des Berufungsgerichts jene spezialpräventiven Bedenken, die der bedingten Nachsicht eines Teils der Strafe entgegenstanden.
1.1.3.4. Der Beschwerdeführer zeigte vor dem Bundesverwaltungsgericht in Hinblick auf die von ihm begangenen strafbaren Handlungen nur bedingt Schuldeinsicht und Reue. Es ist insgesamt nicht glaubhaft, dass der Beschwerdeführer aufrichtig bemüht ist, künftig ein straffreies Leben zu führen.
1.2. Zur allgemeinen Situation im Irak
Minderheiten
Letzte Änderung: 15.10.2021
Die genaue ethno-konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung des Iraks ist unklar, da die letzten Volkszählungen manipulativ waren und beispielsweise nur die Angaben "Araber" und "Kurde" zuließen. Andere Bevölkerungsgruppen wurden so statistisch marginalisiert. Laut Schätzungen teilen sich die Einwohner Iraks folgendermaßen auf: in etwa 75-80% Araber, 15-20% Kurden und etwa 5%, Tendenz fallend, Minderheiten, zu denen unter anderem Assyrer, Armenier, Mandäer/Sabäer und Turkmenen zählen (GIZ 1.2021c).
Die wichtigsten ethno-konfessionellen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60-65% der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17-22%) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15-20%) (AA 22.1.2021).
Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten faktisch unter weitreichender Diskriminierung. Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 22.1.2021). Mitglieder bestimmter ethnischer oder religiöser Gruppen erleiden in Gebieten, in denen sie eine Minderheit darstellen, häufig Diskriminierung oder Verfolgung, was viele dazu veranlasst, Sicherheit in anderen Stadtteilen oder Gouvernements zu suchen (FH 3.3.2021). Es gibt Berichte über rechtswidrige Verhaftungen, Erpressung und Entführung von Angehörigen von Minderheiten, wie Kurden, Turkmenen, Christen und anderen, durch PMF-Milizen, in den umstrittenen Gebieten, insbesondere im westlichen Ninewa und in der Ninewa-Ebene (USDOS 30.3.2021).
Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Offiziell anerkannte Minderheiten, wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden, genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte, sind jedoch im täglichen Leben, insbesondere außerhalb der Kurdischen Region im Irak (KRI), oft benachteiligt (AA 22.1.2021).
Die Hauptsiedlungsgebiete der meisten religiösen Minderheiten liegen im Nordirak in den Gebieten, die seit Juni 2014 teilweise unter Kontrolle des Islamischen Staates (IS) standen. Hier kam es zu gezielten Verfolgungen von Jesiden, Mandäer/Sabäern, Kaka‘i, Schabak und Christen. Aus dieser Zeit liegen zahlreiche Berichte über Zwangskonversionen, Versklavung und Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Folter, Rekrutierung von Kindersoldaten, Massenmord und Massenvertreibungen vor. Auch nach der Befreiung der Gebiete wird die Rückkehr der Bevölkerung durch noch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit von schiitischen Milizen zum Teil erheblich erschwert (AA 22.1.2021).
In der KRI sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier haben viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden (AA 22.1.2021). Es gibt jedoch Berichte über die Diskriminierung von Minderheiten (Turkmenen, Arabern, Jesiden, Schabak und Christen) durch KRI-Behörden in den sogenannten "umstrittenen Gebieten" (USDOS 12.5.2021). Darüber hinaus empfinden dort Angehörige von Minderheiten seit Oktober 2017 erneute Unsicherheit aufgrund der Präsenz der irakischen Streitkräfte und vor allem der schiitischen Milizen (AA 22.1.2021).
Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden besonders in den zwischen der Zentralregierung und der KRI sogenannten "umstrittenen Gebieten" (Gouvernement Kirkuk, sowie Teile von Ninewa, Salah Ad-Din und Diyala) Tendenzen zur gewaltsamen ethnisch-konfessionellen Homogenisierung festgestellt. Die Mission der Vereinten Nationen für den Irak (UNAMI) und Amnesty International haben dokumentiert, wie angestammte Bevölkerungsgruppen vertrieben bzw. Binnenvertriebene an der Rückkehr gehindert wurden. Dabei handelte es sich oft um die sunnitische Bevölkerung, die häufig unter dem Generalverdacht einer Zusammenarbeit mit dem IS steht, aber auch um Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen. Beschuldigt werden sowohl kurdische Peshmerga als auch PMF-Milizen und in geringerem Ausmaß auch Armee und Polizei (AA 22.1.2021).
[…]
Palästinenser
Letzte Änderung: 13.09.2021
Die Palästinenser kamen in drei großen Wellen in den Irak. Die erste Flüchtlingswelle fand 1948 in Folge des Krieges rund um die Gründung Israels statt. Die zweite Welle folgte 1967, als Israel im Sechstagekrieg das Westjordanland und den Gazastreifen einnahm. Die dritte Welle kam, da sich Saddam Hussein als Verteidiger der Palästinenser positionierte, in den 1990er Jahren mit der Vertreibung von Palästinensern aus diversen Golfstaaten, die mit Husseins Regime im Konflikt lagen (DFAT 17.8.2020).
Der Schutz der Palästinenser im Irak fällt nicht unter das Mandat des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA), sondern unter die irakische Gesetzgebung und das UNHCR (EWS/ISI 11.2019; vgl. YAO 5.2021).
Palästinensische Flüchtlinge, die vor allem zwischen 1948 und 1991 in den Irak kamen sowie deren Nachkommen, wurden von der irakischen Regierung nie offiziell als Flüchtlinge anerkannt. Entsprechend verschiedener Übereinkommen kommt ihnen aber ein Aufenthaltsrecht zu. Sie sind in sozioökonomischer Hinsicht irakischen Staatsbürgern nahezu gleichgestellt (UNHCR 27.4.2018; vgl. FIS 17.6.2019). Gemäß Artikel 6 Absatz II des irakischen Staatsbürgerschaftsgesetzes Nr. 26 (2006) erhalten Palästinenser nicht die irakische Staatsbürgerschaft (RoI INL 7.3.2006; vgl. FIS 17.6.2019). Per Gesetzesänderung von 2017 sind jedoch Palästinenserinnen, die mit irakischen Männer verheiratet sind, von dieser Regel ausgenommen (YAO 5.2021).
Ein 2017 verabschiedetes Gesetz stuft Palästinenser als Ausländer ein und hebt frühere Gesetze auf, die ihnen die gleichen Rechte und Privilegien wie irakischen Bürgern zugestanden hatten. Das neue Gesetz beendet den dauerhaften Aufenthaltsstatus von Palästinensern im Irak. Ihr aktueller Rechtsstatus ist unklar. Manche Palästinenser erhalten Berichten zufolge eine einmonatige Aufenthaltsgenehmigung, andere eine Genehmigung für zwei bis drei Monate (DFAT 17.8.2020). Laut dem Premierminister der palästinensischen Autonomiebehörde hat der Irak zugesagt, den palästinensischen Flüchtlingen gleiche Rechte wie irakischen Bürgern zu gewähren (JP 17.7.2019).
Je nach ihrem Ankunftsdatum im Irak erhalten Palästinenser einen roten oder einen gelben Ausweis (FIS 17.6.2019). Da sich die palästinensischen Personalausweise von jenen der irakischen Staatsbürger unterscheiden, sind sie an Checkpoints leicht zu identifizieren. Da diese Ausweise nicht immer erkannt oder akzeptiert werden, kann das für die Inhaber Belästigung, Drohungen, körperliche und verbale Misshandlung, Durchsuchungen und vorübergehende Festnahme nach sich ziehen (UNHCR 2.2019).
Bis zur Invasion der Vereinigten Staaten von Amerika lebten rund 45.000 Palästinenser im Irak. Die sich verschlechternden Bedingungen haben dazu geführt, dass viele von ihnen seither den Irak verlassen haben (DFAT 17.8.2020). Einem Bericht zufolge leben etwa 7.000 palästinensische Flüchtlinge im Irak (JP 17.7.2019). Nach anderen Schätzungen sind es etwa 8.000 bis 9.500 staatenlose Palästinenser (FIS 17.6.2019). Zum 31.3.2019 waren 8.119 palästinensische Flüchtlinge im Irak bei UNHCR registriert (UNHCR 5.2019). Ein Großteil der palästinensischen Flüchtlinge im Irak lebt in Bagdad, speziell im Stadtteil Al-Baladiyat (UNHCR 27.4.2018). Es handelt sich dabei um 6.282 (UNHCR 5.2019) bis rund 7.000 Personen (FIS 17.6.2019).
Die Mehrheit der Palästinenser im Irak sind Sunniten (DFAT 17.8.2020).
Schiitische Milizen haben Palästinenser ins Visier genommen. Es kam zu Vertreibungen aus überwiegend schiitischen Gebieten und zu Morden an Palästinensern. Irakische Sicherheitskräfte führen Berichten zufolge auf der Suche nach mutmaßlichen sunnitischen islamistischen Kämpfern weiterhin Razzien gegen Palästinenser durch. Es kam zu Folterungen von inhaftierten Personen, manche sind verschwunden (DFAT 17.8.2020).
In der Kurdischen Region im Irak werden Palästinenser als Flüchtlinge anerkannt (DFAT 17.8.2020).
[…]
(Mutmaßliche) IS-Mitglieder, IS-Sympatisanten und „IS-Familien“ (Dawa‘esh)
Letzte Änderung: 15.10.2021
Personen können aufgrund ihres Familiennamens, ihrer Stammeszugehörigkeit oder ihres Herkunftsgebiets als dem sog. Islamischen Staat (IS) nahestehend pauschal verurteilt werden (HRW 13.1.2021). Der Vorwurf einer IS-nähe wird von den Behörden und Gemeinschaften oft ohne Beweise erhoben. Der Verdacht, dass sich ein Verwandter dem IS angeschlossen oder mit der Gruppe sympathisiert hat, ist dafür ausreichend. Es gibt keine Möglichkeit dagegen Einspruch zu erheben (HRW 3.6.2021). Generell: Frauen und Kinder von Angehörigen des sog. IS sind wegen ihrer Verbindung zu diesem stigmatisiert (USDOS 30.3.2021). Das Fehlen von Ausweispapieren wirkt sich für vermeintliche ehemalige IS-Angehörige bzw. deren Familien negativ auf die Bewegungsfreiheit, das Recht auf Arbeit und Sozialleistungen aus (HRW 13.1.2021).
Irakische Sicherheitskräfte halten mutmaßliche IS-Angehörige willkürlich fest, viele davon monatelang, einige sogar jahrelang. Verdächtige werden regelmäßig ohne Gerichtsbeschluss oder Haftbefehl und ohne Nennung eines Grundes festgenommen. Dabei wird über die weit verbreitete Anwendung von Folter durch Sicherheitskräfte zur Gewinnung von Geständnissen berichtet (HRW 13.1.2021). Regierungstruppen der Zentralregierung und der Kurdischen Region im Irak (KRI) werden für das Verschwindenlassen Tausender mutmaßlicher IS-Mitglieder und Personen, die ihnen nahe stehen, verantwortlich gemacht (USDOS 11.3.2020). Ebenso gibt es Berichte über willkürliche rechtswidrige Tötungen von mutmaßlichen IS-Mitgliedern durch Sicherheitskräfte und Milizen (PMF). Regierungskräfte und Milizen haben in einigen Gouvernements mutmaßliche IS-Sympathisanten und Familienangehörige mutmaßlicher IS-Mitglieder aus deren Häusern vertrieben und diese beschlagnahmt (USDOS 30.3.2021). Derartige Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richteten sich vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger (AA 14.10.2020). Obwohl derartige Beschlagnahmen von Häusern und Grundstücken im Laufe des Jahres 2020 zurückgegangen sind, bleiben viele Häuser und Grundstücke nach wie vor in Fremdbesitz (USDOS 30.3.2021).
Dokumente: Der Islamische Staat (IS) konfiszierte und zerstörte routinemäßig zivile und andere staatlich ausgestellte Dokumente und stellte stattdessen seine eigenen Dokumente aus, die vom irakischen Staat nicht anerkannt werden. Außerdem haben viele Familien ihre Dokumente während der Kämpfe verloren oder sie wurden von Sicherheitskräften konfisziert - entweder nachdem sie aus den vom IS kontrollierten Gebieten geflohen waren, oder als sie in den Lagern für IDPs ankamen (CCiC 1.4.2021; vgl. NRC 4.2019). Bis heute fehlen schätzungsweise 37.980 Irakern, die in Lagern für Binnenvertriebene (IDPs) leben, diverse zivile Dokumente (CCiC 1.4.2021). Wenn aufgrund des Familiennamens, der Stammeszugehörigkeit oder des Herkunftsgebietes von Familien eine IS-Angehörigkeit vermutet wird (HRW 13.1.2021), kommt es zur Weigerung, eine Sicherheitsfreigabe zu erteilen, was wiederum die Beschaffung von Dokumenten verunmöglicht (HRW 13.1.2021; vgl. CCiC 1.4.2021). Einige Familien wurden genötigt, zur Erlangung der Sicherheitsfreigabe Verwandte, die verdächtigt werden, sich dem IS angeschlossen zu haben, anzuzeigen (HRW 13.1.2021).
[…]
Bewegungsfreiheit: Die Bewegungsfreiheit von Personen mit angenommenen IS-Verbindungen wird eingeschränkt. Zudem sind Familienmitglieder von IS-Angehörigen oft nicht bereit oder in der Lage an ihre Herkunftsorte zurückzukehren (FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021), weil ihre ursprünglichen Gemeinschaften ihre Rückkehr ablehnen oder die irakischen Behörden sie verbieten (FH 3.3.2021). Auch das Fehlen von Dokumenten hindert Menschen an der Rückkehr in ihre Heimatregionen (HRW 13.1.2021; vgl. NRC 4.2019). Überhaupt wirkt sich das Fehlen von Ausweispapieren negativ auf die Bewegungsfreiheit aus (HRW 13.1.2021; vgl. AA 22.1.2021). Personen ohne Papiere sind einem erhöhten Risiko ausgesetzt, willkürlich verhaftet oder an Kontrollpunkten festgehalten zu werden (HRW 13.1.2021; vgl. NRC 4.2019). Sie können bei Polizeikontrollen festgenommen und verhört werden (AA 22.1.2021).
Unterstützung: Personen mit angenommenen IS-Verbindungen erhalten aufgrund fehlender Dokumente keinen Zugang zu Dienstleistungen (HRW 13.1.2021; vgl. UN General Assembly 30.7.2019). Insbesondere Frauen, deren Ehemänner vermisst oder verstorben sind, und die nicht über eine entsprechende Sterbeurkunde verfügen, um sich selbst als Haushaltsvorstand einschrieben zu lassen, stehen damit vor einem Hindernis, um humanitäre und staatliche Hilfe zu erhalten (CCiC 1.4.2021). Das Gesetz Nr. 20 von 2009 zur Entschädigung der Opfer von Militäroperationen, militärischen Fehlern und terroristischen Handlungen, egal durch welche Konfliktpartei, wird von lokalen Behörden in diskriminierender Weise angewendet, indem Familien mit vermeintlichen IS-Verbindungen davon ausgeschlossen werden. Vielen fehlen dadurch die Mittel zum Wiederaufbau ihrer Häuser (HRW 3.6.2021). Die Entschädigungskommission von Mossul im Gouvernement Ninewa hat erklärt, dass Familien von IS-Mitgliedern eine Entschädigung erhalten können, wenn sie vom irakischen Geheimdienst NSS eine Sicherheitsfreigabe für ihre Heimkehr erhalten. Es wird aber berichtet, dass allen Familien von mutmaßlichen IS-Mitgliedern diese Genehmigung verweigert wird (USDOS 30.3.2021). Das Fehlen von Dokumenten schränkt mitunter den Zugang zu grundlegenden Diensten zusätzlich ein (NRC 4.2019; vgl. HRW 13.1.2021).
Amnestie: Ein im August 2016 verabschiedetes allgemeines Amnestiegesetz (Nr. 27/2016) gewährt allen Personen, die zwischen 2003 und dem Datum der Verabschiedung des Gesetzes verurteilt wurden, die Möglichkeit einen Antrag auf Amnestie zu stellen (Al-Monitor 30.8.2016; vgl. HRW 6.3.2019, WCAC 3.2021). Ausgenommen sind Personen, die wegen 13 Arten von Verbrechen verurteilt wurden, darunter Terrorakte, die Todesfälle oder dauerhafte Invalidität zur Folge hatten, Menschenhandel, Vergewaltigung, Geldwäsche und Veruntreuung sowie Diebstahl staatlicher Gelder (Al-Monitor 30.8.2016; vgl. WCAC 3.2021). Dieses Gesetz sieht theoretisch auch eine Amnestie für jede Person vor, die sich gegen ihren Willen dem IS oder einer anderen extremistischen Gruppe angeschlossen und keine schwere Straftat begangen hat (HRW 6.3.2019; vgl. Al-Monitor 30.8.2016). Richter, die mit Fällen der Terrorismusbekämpfung befasst sind, weigern sich jedoch häufig, das Gesetz anzuwenden (HRW 6.3.2019; vgl. WCAC 3.2021). NGOs und Politiker kritisieren die selektive Umsetzung des Gesetzes, die nicht dem beabsichtigten Ziel der Gesetzgebung entspricht, das darin besteht, Erleichterung für diejenigen zu schaffen, die unter falschen Anschuldigungen oder aus konfessionellen Gründen inhaftiert wurden (USDOS 13.3.2021).
[…]
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 15.10.2021
Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von IDPs und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, als Reaktion auf Sicherheitsbedrohungen und Angriffe, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen (USDOS 30.3.2021).
In vielen Teilen des Landes, die von der IS-Kontrolle befreit wurden, kam es zu Bewegungseinschränkungen für Zivilisten, darunter sunnitische Araber sowie ethnische und religiöse Minderheiten, aufgrund von Kontrollpunkten von Sicherheitskräften (ISF, PMF, Peshmerga) (USDOS 30.3.2021). Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der sog. Islamische Staat (IS) richtet falsche Checkpoints an Straßen zur Hauptstadt ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (AI 26.2.2019; vgl. Zeidel/al-Hashimis 6.2019). Kämpfer des sog. IS haben ihre Entführungsaktivitäten in den zwischen der kurdischen und irakischen Regierung umstrittenen Gebieten verstärkt (Rudaw 1.2.2020). So wurden beispielsweise Anfang 2020 bei zwei Vorfällen in den umstrittenen Gebieten von Diyala und Salah ad-Din, in der Garmiyan Region, mehrere Zivilisten an IS-Checkpoints entführt (Rudaw 1.2.2020; vgl. K24 31.1.2020, K24 2.2.2020). Die Garmiyan-Verwaltung ist eine inoffizielle Provinz der Kurdischen Region im Irak (KRI), die die drei Distrikte Kalar, Kifri und Chamchamal umfasst. Regionale kurdische Peshmerga- und Asayish-Kräfte sind für die Sicherheit in Garmiyan zuständig, während nationale irakische Kräfte die Region im Süden und Westen kontrollieren (K24 2.2.2020).
Der offizielle Wohnort wird durch die Aufenthaltskarte ausgewiesen. Bei einem Umzug muss eine neue Aufenthaltskarte beschafft werden, ebenso bei einer Rückkehr in die Heimatregion, sollte die ursprüngliche Bescheinigung fehlen (FIS 17.6.2019). Es gab zahlreiche Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) aus ethno-konfessionellen Gründen Bestimmungen, welche Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, selektiv umgesetzt haben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken (USDOS 30.3.2021).
Angesichts der massiven Vertreibung von Menschen aufgrund der IS-Expansion und der anschließenden Militäroperationen gegen den IS zwischen 2014 und 2017 führten viele lokale Behörden strenge Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen ein, darunter unter anderem Bürgschafts-Anforderungen und in einigen Gebieten nahezu vollständige Einreiseverbote für Personen, die aus ehemals vom IS kontrollierten oder konfliktbehafteten Gebieten geflohen sind, insbesondere sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren. Die Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen sind nicht immer klar definiert und/oder die Umsetzung kann je nach Sicherheitslage variieren oder sich ändern. Bürgschafts-Anforderungen sind in der Regel weder gesetzlich verankert noch werden sie offiziell bekannt gegeben (UNHCR 11.1.2021). Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich etwas, nachdem die vom sog. IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden (FH 3.3.2021).
Die Regierung verlangt von Bürgern, die das Land verlassen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht konsequent durchgesetzt (USDOS 30.3.2021). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen Nationalpass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren (AA 22.1.2021).
Nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im März 2020 führten die Behörden auf nationaler und regionaler Ebene eine Reihe von Beschränkungen ein, darunter auch für die interne Bewegungsfreiheit (UNHCR 11.1.2021. So war etwa die Bewegungsfreiheit in den großen Städten und zwischen den einzelnen Gouvernements zum Teil stark eingeschränkt (GIZ 1.2021a). Die Vorgehensweise der lokalen Behörden bei der Durchsetzung dieser Beschränkungen war in den einzelnen Gouvernements unterschiedlich. Die meisten Beschränkungen wurden ab August 2020 wieder aufgehoben (UNHCR 11.1.2021).
[…]
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Leben in Österreich:
2.1.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers (Name, Geburtsdatum, Staatenlosigkeit sowie Geburtsort) stützen sich auf die im Akt in Kopie aufliegenden Auszüge aus dem palästinensischen Reisepass des Beschwerdeführers, ausgestellt am XXXX unter der Nr. XXXX (vgl. AS 245), in Verbindung mit der in Übersetzung vorliegenden Geburtsurkunde (vgl. AS 241) sowie dem Bescheid des Tiroler Landeshauptmanns vom XXXX , GZ. XXXX . Ferner gründen sich die Feststellungen zu seiner Herkunft, zu den Gründen für die endgültige Ausreise aus dem Irak sowie zu seiner Einreise in das österreichische Bundesgebiet auf seine Angaben im gegenständlichen Verfahren, insbesondere in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2021.
Die Feststellungen zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie zur Erteilung des Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt, sowie einem aktuellen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.
2.1.2. Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich sowie zu seinen verwandtschaftlichen Anknüpfungspunkten stützen sich auf seine Angaben im gegenständlichen Verfahren in Verbindung mit den von ihm in Vorlage gebrachten Unterlagen.
Zum Nachweis der Absolvierung der Lehrabschlussprüfung brachte der Beschwerdeführer ein Prüfungszeugnis vom 18.05.2016, ausgestellt von der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer XXXX , in Vorlage (vgl. AS 107). Aus dem von ihm vorgelegten Dienstzettel sowie den entsprechenden Gehaltsabrechnungen der „Spenglerei XXXX “ ergibt sich weiter, dass er ab 19.05.2016 als Spengler tätig gewesen ist (vgl. AS 101 ff.). Ebenso wurde sein Beschwerdevorbringen, wonach dieses Dienstverhältnis bis zum 13.11.2018 aufrecht gewesen sei, der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegt.
Aus dem Arbeitsvertrag zwischen dem Beschwerdeführer und dem Unternehmen „ XXXX “ geht in Verbindung mit der vorgelegten Lohn- und Gehaltsabrechnung für den Zeitraum September 2021 hervor, dass der Beschwerdeführer seit 03.10.2019 für dieses Unternehmen als Fahrer tätig ist und einen Monatslohn in Höhe von € 1.919,14 brutto, zuzüglich einer Schmutz-, Erschwernis und Gefahrenzulage, erzielt.
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen des Beschwerdeführers stützen sich auf das von ihm in Vorlage gebrachte ÖSD-Zertifikat A2 vom 31.10.2012 (vgl. AS 95). Da die Beschwerdeverhandlung am 18.10.2021 überwiegend in deutscher Sprache stattfand und lediglich bei komplexen Fragestellungen der Dolmetscher zur Unterstützung herangezogen wurde, war darüber hinaus festzustellen, dass der Beschwerdeführer über gute Deutschkenntnisse verfügt.
Ferner beruhen die Feststellungen zur Eheschließung des Beschwerdeführers auf seinen Angaben sowie auf der in Kopie vorgelegten Übersetzung des Heiratsvertrags vom 09.09.2021. Das erkennende Gericht hegt überdies keine Zweifel an den Angaben des Beschwerdeführers, wonach seine Mutter, seine drei Brüder sowie seine Schwester in Österreich leben und wurden daher auch dieses Vorbringen der gegenständlichen Entscheidung als Sachverhalt zugrunde gelegt.
Sein ehrenamtliches Engagement als Fußballtrainer einer Nachwuchsmannschaft bescheinigte der Beschwerdeführer überdies durch eine undatierte Bestätigung des SK XXXX . In Bezug auf die Tätigkeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter einer Feuerwehr ist festzuhalten, dass der Stellungnahme vom 02.11.2021 zu entnehmen ist, eine entsprechende Bestätigung werde erst ausgestellt, wenn der Beschwerdeführer seine Tätigkeit tatsächlich antritt. Daraus ist zu schließen, dass der Beschwerdeführer gegenwärtig nicht für die freiwillige Feuerwehr tätig ist.
2.1.3. Die Feststellungen betreffend die strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers sowie die bedingte Entlassung aus der Strafhaft gründen sich auf einen aktuellen Strafregisterauszug sowie auf die im Akt aufliegenden Strafurteile (vgl. Urteil des Landesgerichts für Strafsachen XXXX vom 03.07.2014, Zl. XXXX , Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom 13.10.2016, Zl. XXXX , Urteil des Landesgerichts XXXX vom 30.05.2017, Zl. XXXX , Urteil des Landesgerichts XXXX vom 07.09.2020, Zl. XXXX , sowie Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom 09.02.2021, Zl. XXXX ).
Die Feststellung, wonach die seiner letzten Verurteilung zugrundeliegenden strafbaren Handlungen auf das Motiv zurückzuführen sind, dass für das von ihm als geraubt gemeldete Mobiltelefon eine Handygarantie besteht, durch welche Schäden im Fall eines Raubs oder Einbruchsdiebstahls abgedeckt sind, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem vorliegenden Strafurteil. Zwar gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2021 an, dass er zunächst bei der Polizei eine Verlustanzeige gemacht habe und später gemeldet habe, sein Handy wieder gefunden zu haben, während dem Strafurteil vom 07.09.2020, Zl. XXXX , zugrunde gelegt wurde, dass der Beschwerdeführer zunächst Anzeige wegen Diebstahl erstattet und diese Anzeige mit der Behauptung, er habe sein Handy zurückbekommen, zurückgezogen habe. Ungeachtet dieses Widerspruchs räumte der Beschwerdeführer jedoch zweifelsfrei ein, die Anzeigen erstattet zu haben, um gegenüber seinem Vertragspartner den Anspruch auf ein neues Handy geltend machen zu können.
Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer hinsichtlich der von ihm begangenen strafbaren Handlungen nur zum Teil Schuldeinsicht und Reue zeigte, beruht auf dem persönlichen Eindruck des erkennenden Gerichts in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 18.10.2021 in Verbindung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren.
Festzuhalten ist zunächst, dass in der Beschwerde vom 16.11.2018 ausgeführt wurde, der Beschwerdeführer werde die begangenen Fehler nicht mehr wiederholen und sei bestrebt, fortan keine Straftat mehr zu begehen. Diesen Ausführungen zuwider wurde der Beschwerdeführer während des offenen Beschwerdeverfahrens – wenn auch nicht einschlägig – straffällig und von einem Strafgericht rechtskräftig zu einer unbedingten Geldstrafe im Ausmaß von 360 Tagessätzen rechtskräftig verurteilt. Bereits vor diesem Hintergrund ist die Glaubhaftigkeit seiner Beteuerungen, ein straffreies Leben führen zu wollen, stark gemindert.
Hinzuweisen ist weiter darauf, dass er in der Beschwerdeverhandlung am 18.10.2021 auf Vorhalt seiner letzten rechtskräftigen Verurteilung zwar zunächst einräumte, es sei ein Fehler gewesen, welchen er bereue. Ergänzend merkte er jedoch wörtlich an: „Teilweise war ich schuldig und auch nicht“, womit er versuchte, sein Fehlverhalten zu relativieren.
In Bezug auf sein Vorbringen, wonach er seit der Begehung der letzten Straftat versuche, sich mit positiven Dingen zu beschäftigen, wie beispielsweise seiner Tätigkeit als Trainer oder mit der Arbeit, ist weiter auszuführen, dass der Beschwerdeführer die Vergehen der falschen Beweisaussage und der Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung beging, um letztendlich ein neues Mobiltelefon zu erlangen. Zu diesem Zeitpunkt ging er bereits einer geregelten Erwerbstätigkeit nach und verfügte im Übrigen auch über ausreichende finanzielle Mittel, um sich ein neues Mobiltelefon zu kaufen. Folglich geht das erkennende Gericht davon aus, dass weder die Beschäftigung noch das damit verbundene regelmäßige Einkommen ihn von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abhalten können.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Ausführungen des Beschwerdeführers zu seinem Fehlverhalten, welches seiner ersten rechtskräftigen Verurteilung zugrunde liegt, nicht nachvollziehbar sind. So führte er etwa an, er sei selbst zur Polizei gegangen und habe gesagt, dass er 24 kg Marihuana für seine Freunde transportiert habe. Dieser Behauptung kommt jedoch angesichts der Feststellungen sowie des Schuldspruchs im Strafurteil vom 03.07.2014, Zl. XXXX , wonach der Beschwerdeführer von zumindest Jänner 2013 bis zu seiner Festnahme am 27.06.2013 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge überlassen und darüber hinaus auch zum persönlichen Gebrauch besessen hat, keine Glaubhaftigkeit zu, wenngleich nicht verkannt wird, dass sich der Beschwerdeführer im Strafverfahren geständig zeigte. Auch seine weiteren Ausführungen, wonach der Richter ihm seinerzeit nicht geglaubt hätte, sondern davon ausgegangen sei, er habe eine halbe Tonne Suchtgift transportiert, ist angesichts des Umstandes, dass er wegen des Handels mit 24.200 Gramm Cannabiskraut rechtskräftig verurteilt wurde, nicht nachvollziehbar.
Insoweit er im Übrigen anführt, er habe das Vergehen der versuchten Körperverletzung lediglich begangen, da er seinen Neffen schützen habe wollen, und sohin implizit eine Nothilfesituation andeutet, ist der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass aus dem Strafurteil keine Hinweise hervorgehen, wonach sich der Neffe des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Tathandlung in Gefahr befunden hätte. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer durch diese Begründung sein Fehlverhalten wiederum zu relativieren versuchte.
In einer Gesamtschau ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der von ihm begangenen Straftaten nur bedingt Schuldeinsicht sowie Reue zeigte und sohin insgesamt nicht überzeugend darzulegen vermochte, dass er aufrichtig um ein straffreise Leben bemüht ist.
2.2. Zu den Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln.
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 02.11.2021 den ihn in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausgehändigten Länderberichten nicht konkret entgegengetreten ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten:
3.1.1. Rechtsgrundlagen
§ 7 Asylgesetz 2005 (AsylG) lautet auszugsweise:
"(1) Der Status des Asylberechtigten ist einem Fremden von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn
1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 vorliegt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder
3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.
(2) In den Fällen des § 27 Abs. 3 Z 1 bis 4 und bei Vorliegen konkreter Hinweise, dass ein in Art. 1 Abschnitt C Z 1, 2 oder 4 der Genfer Flüchtlingskonvention angeführter Endigungsgrund eingetreten ist, ist ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten jedenfalls einzuleiten, sofern das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Abs. 1 wahrscheinlich ist. Ein Verfahren gemäß Satz 1 ist, wenn es auf Grund des § 27 Abs. 3 Z 1 eingeleitet wurde, längstens binnen einem Monat nach Einlangen der Verständigung über den Eintritt der Rechtskraft der strafgerichtlichen Verurteilung gemäß § 30 Abs. 5 BFA-VG, in den übrigen Fällen schnellstmöglich, längstens jedoch binnen einem Monat ab seiner Einleitung zu entscheiden, sofern bis zum Ablauf dieser Frist jeweils der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht. Eine Überschreitung der Frist gemäß Satz 2 steht einer späteren Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht entgegen. Als Hinweise gemäß Satz 1 gelten insbesondere die Einreise des Asylberechtigten in seinen Herkunftsstaat oder die Beantragung und Ausfolgung eines Reisepasses seines Herkunftsstaates.
[…]
(4) Die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und 2 ist mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen."
Der mit "Ausschluss von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" betitelte § 6 AsylG 2005 lautet wie folgt:
"(1) Ein Fremder ist von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn
1. und so lange er Schutz gemäß Art. 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt;
2. einer der in Art. 1 Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Ausschlussgründe vorliegt;
3. aus stichhaltigen Gründen angenommen werden kann, dass der Fremde eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder
4. er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB, BGBl. Nr. 60/1974, entspricht.
(2) Wenn ein Ausschlussgrund nach Abs. 1 vorliegt, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. § 8 gilt."
3.1.2. Nach der Rechtsprechung des VwGH müssen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vier Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Ein Fremder muss erstens ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür zweitens rechtskräftig verurteilt worden sowie drittens gemeingefährlich sein und viertens müssen die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung seine persönlichen Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. VwGH 15.04.2020, Ra 2020/19/0003, mwN).
3.1.2.1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fallen unter den Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen. Typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen. Dabei handelt es sich aber um eine demonstrative und keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK (VwGH 16.06.2021, Ro 2021/01/0013; mVa VwGH 29.8.2019, Ra 2018/19/0522, mwN).
Dem Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) vom Jänner 2016 mit dem Titel „Ausschluss: Artikel 12 und Artikel 17 der Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU)“ ist zu entnehmen, dass als schwere Straftat ein Kapitalverbrechen oder eine sonstige Straftat gilt, die in den meisten Rechtsordnungen als besonders schwerwiegend qualifiziert ist und entsprechend strafrechtlich verfolgt wird. Als Beispiel für schwere Straftaten wird unter anderem Drogenhandel angeführt (vgl. EASO, Ausschluss: Artikel 12 und Artikel 17 der Anerkennungsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU), Seiten 31f.).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz zudem bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (vgl. beispielsweise VwGH vom 01.04.2019, Ra 2018/19/0643). Im Hinblick auf die „verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen“ gab auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirken, zum Ausdruck (vgl. EGMR, 19.02.1998, Dalia gegen Frankreich, Nr. 154/1996/773/974 sowie EGMR vom 30.11.1999, Baghli gegen Frankreich, Nr. 34374/97).
Fallbezogen hat der Beschwerdeführer von zumindest Jänner 2013 bis 27.06.2013 vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge anderen überlassen. Konkret hat der Beschwerdeführer mit einem weiteren Täter insgesamt mindestens 1.500 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7,6% von einem anderen übernommen und im Zuge mehrfacher Angriffe gemeinsam an namentlich nicht ausgemittelte Abnehmer übergeben bzw. gewinnbringend weiterverkauft. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer alleine weitere insgesamt mindestens 22.700 Gramm Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 7,6% von drei Persone