Entscheidungsdatum
26.11.2021Norm
BFA-VG §18Spruch
W191 2248172-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Rosenauer als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Albanien, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.11.2021, Zahl 1288403900-211657458, zu Recht:
A)
I. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte V. und VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 55 Fremdenpolizeigesetz 2005 und § 18 BFA-VG als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides wird insoweit stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes gemäß § 53 Fremdenpolizeigesetz 2005 auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
1. Verfahrensgang:
1.1. Der Beschwerdeführer (in der Folge BF), ein albanischer Staatsangehöriger, wurde am 03.11.2021 im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle mangels eines gültigen Aufenthaltstitels und aufgrund des Verdachts der Schwarzarbeit gemäß § 40 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz (in der Folge BFA-VG) vorläufig festgenommen. Sein Reisepass wurde sichergestellt.
1.2. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA) am 04.11.2021 (betreffend Rückkehrentscheidung, Einreiseverbot und Schubhaft), im Beisein eines Dolmetsch für die Sprache Albanisch, gab der BF auf Befragung im Wesentlichen Folgendes an:
Er sei am 26.06.2021 nach Österreich eingereist, um hier einer Arbeit nachzugehen und Geld zu verdienen. Da er nicht rechtmäßig in Österreich aufhältig sei, habe er sich behördlich nicht gemeldet. Er sei einer unregelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen.
1.3. Mit Mandatsbescheid des BFA vom 04.11.2021 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (in der Folge FPG) in Verbindung mit § 57 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme sowie zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
1.4. Mit verfahrensgegenständlich angefochtenem Bescheid des BFA vom 05.11.2021 wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (in der Folge AsylG) nicht erteilt (Spruchpunkt I). In Spruchpunkt II. wurde gegen den BF gemäß § 10 Abs. 2 AsylG in Verbindung mit § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG erlassen und in Spruchpunkt III. festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Albanien gemäß § 46 FPG zulässig sei. In Spruchpunkt VI. wurde einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.).
In Spruchpunkt IV. wurde gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von „3 Jahr/Jahren“ [drei Jahren] befristetes Einreiseverbot erlassen.
In der Begründung traf die belangte Behörde Feststellungen zur Person des BF. Es bestünden keine stichhaltigen Gründe gegen eine Abschiebung des BF nach Serbien. Der BF erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe sein Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen.
Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde damit begründet, dass beim BF gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG „die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich“ sei, da er mittellos sei und sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte.
Die Erlassung des Einreiseverbotes begründete das BFA mit § 53 Abs. 2 Z 6 FPG („den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag“).
1.5. Gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. dieser Erledigung richtet sich die mit Schreiben des vom BF zur Vertretung bevollmächtigten Rechtsberaters vom 09.11.2021 eingebrachte Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge BVwG).
Ausgeführt wurde, dass das BFA von einer vermeintlichen Ausübung einer unerlaubten Erwerbstätigkeit ausgegangen sei, was eine Aktenwidrigkeit darstelle. Die Überschreitung der Aufenthaltsdauer um 38 Tage stelle lediglich einen geringfügigen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung dar, weshalb die festgesetzte Dauer des Einreiseverbotes unverhältnismäßig sei.
1.6. Der BF beantragte am 05.11.2021 die unterstützte freiwillige Rückkehr (Organisationsunterstützung) nach Albanien.
Das BFA stimmte der freiwilligen Ausreise des BF zu, weshalb dieser am 12.11.2021 nach Vorlage eines Flugtickets für den selben Tag aus der Schubhaft entlassen wurde.
2. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
Einsicht in den dem BVwG vorliegenden Verwaltungsakt des BFA, beinhaltend die Niederschrift der Einvernahme vor dem BFA am 04.11.2021, den angefochtenen Bescheid sowie die gegenständliche Beschwerde vom 09.11.2021.
3. Ermittlungsergebnis (Sachverhaltsfeststellungen):
3.1. Der BF ist Staatsangehöriger von Albanien, führt den Namen XXXX , geboren am XXXX . Der BF ist ledig. Seine Muttersprache ist Albanisch.
Der BF lebt in Albanien in Prrenjas, XXXX . Er hat die Mittelschule besucht und eine Ausbildung als Elektriker abgeschlossen. Der Vater des BF arbeitet in Griechenland.
3.2. Der BF verfügt über einen am 18.06.2021 ausgestellten und bis 17.06.2031 gültigen albanischen Reisepass, mit dem er spätestens am 26.06.2021 legal in das österreichische Bundesgebiet einreiste, um einer (unrechtmäßigen) Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er hielt sich ab spätestens 25.09.2021 illegal im Bundesgebiet auf. Er wurde am 03.11.2021 im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle mangels eines gültigen Aufenthaltstitels vorläufig festgenommen. Mit Bescheid vom 04.11.2021 wurde über den BF die Schubhaft verhängt.
3.3. Der BF wies laut Ergebnis der Einschau in das Zentrale Melderegister zu keinem Zeitpunkt eine Meldeadresse im Bundesgebiet auf.
3.4. Der BF verfügt über keine familiären oder sonstigen nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer Integration in Österreich in beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind nicht hervorgekommen.
3.5. Der BF war zuletzt ohne legale Beschäftigung, regelmäßiges Einkommen oder nennenswerte Vermögenswerte. Er versuchte sich seinen Lebensunterhalt durch unrechtmäßige Erwerbstätigkeit zu finanzieren.
3.6. Der BF reiste laut Information des BFA am 12.11.2021 freiwillig nach Albanien aus.
4. Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des BFA und des BVwG.
Die Feststellungen zur Identität der BF ergeben sich aus seinen Angaben vor dem BFA und in der Beschwerde sowie der (dem Verwaltungsakt einliegenden) Kopie seines albanischen Reisepasses. Die Identität des BF steht fest.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit sowie zu den Lebensumständen des BF in Serbien und Österreich stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA und in der Beschwerde sowie aus den eingeholten Registerabfragen des BVwG (Strafregister, Zentrales Melderegister).
5. Rechtliche Beurteilung:
Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkte IV. bis VI. des angefochtenen Bescheides.
5.1. Anzuwendendes Recht:
Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und des FPG anzuwenden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
5.2. Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchteil A):
5.2.1. Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 09.11.2021 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 12.11.2021 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.
5.2.2. Zur Beschwerde:
Das Vorbringen in der Beschwerde war bezüglich der Spruchpunkte V. und VI. nicht geeignet, eine anderslautende Entscheidung herbeizuführen.
Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt IV. war teilweise Erfolg beschieden und die Dauer des Einreiseverbotes herabzusetzen.
5.2.3. Zu den Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides:
5.2.3.1. Zur Frist für die freiwillige Ausreise und zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:
Die belangte Behörde hat mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung aberkannt.
Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht dargelegt hat und wie sich aus den oben dargelegten Ausführungen ergibt, erwies sich die sofortige Ausreise des unrechtmäßig in Österreich aufhältigen BF im Interesse der öffentlichen Ordnung (zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) als erforderlich. Der BF hat durch sein bisheriges Verhalten (illegaler Aufenthalt, unterlassene Meldung im Zentralen Melderegister, kein ordentlicher Wohnsitz) unzweifelhaft gezeigt, dass er bislang nicht gewillt war, sich an die diesbezüglichen Vorschriften der österreichischen Rechtsordnung zu halten. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist somit zu Recht erfolgt.
Gemäß § 55 Abs. 1 FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.
Gemäß § 55 Abs. 4 FPG hat das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.
Da einer Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde und die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit gegenständlichen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wird, ist keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren.
5.2.3.2. Zum Einreiseverbot:
5.2.3.2.1. Die belangte Behörde hat das gegenständliche und auf die Dauer von drei Jahren befristete Einreiseverbot auf § 53 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 Z 6 FPG gestützt und im Wesentlichen mit dem Umstand begründet, dass der BF derzeit nicht die Mittel besitze, um sich seinen Lebensunterhalt in Österreich finanzieren zu können.
Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist nach Z 6 insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.
Gemäß § 53 Abs. 4 FPG beginnt die Frist des Einreiseverbotes mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.
Ein Einreiseverbot ist nicht zwingend mit jeder Rückkehrentscheidung zu verbinden (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0207). Es ist dann zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Aufenthalt stelle eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar. Dabei ist sowohl für die Frage, ob überhaupt ein Einreiseverbot zu verhängen ist, als auch für die Bemessung der Dauer eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose vorzunehmen, in die das Gesamtverhalten des Betroffenen einzubeziehen ist. Aufgrund konkreter Feststellungen ist eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick worauf die Annahme einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt ist. Es ist weiters in Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob private oder familiäre Interessen des Betroffenen der Verhängung eines Einreiseverbots in der konkreten Dauer entgegenstehen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht § 53 FPG K 10, 12; vgl. auch VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH stellt der bloße unrechtmäßige Aufenthalt nach dem System der Rückführungs-Richtlinie noch keine derartige Störung der öffentlichen Ordnung dar, dass dies immer die Erlassung eines Einreiseverbots gebieten würde. Es ist daher davon auszugehen, dass gegebenenfalls, wenn sich das Fehlverhalten des Drittstaatsangehörigen auf den unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet beschränkt und fallbezogen ausnahmsweise (etwa auf Grund seiner kurzen Dauer oder der dafür maßgebenden Gründe) nur eine geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens darstellt, überhaupt kein Einreiseverbot zu verhängen ist (VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; 16.11.2012, 2012/21/0080).
5.2.3.2.2. Der aus Albanien stammende BF hat sich seinen Aufenthalt nach seinen eigenen Angaben durch unregelmäßige (und vor allem unrechtmäßige) Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet finanziert, da er über keine arbeitsmarktrechtliche Genehmigung zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verfügt. Aufgrund der gewählten Vorgangsweise des BF, nämlich der Verübung von unrechtmäßiger Erwerbstätigkeit zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes, ist die Annahme gerechtfertigt, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, zumal er selbst angab, über lediglich 50 bis 60 Euro zu verfügen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) „hat die Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen“ (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).
Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der geplanten, legalen Bestreitung des Unterhaltes hat der BF nicht erstattet. Er gab vielmehr an, über keine Vermögenswerte zu verfügen und seinen Lebensunterhalt durch (unrechtmäßige) Erwerbstätigkeit finanziert zu haben, weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.
Die genannten Umstände rechtfertigen nach Ansicht des BVwG jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des BF im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Der BF hat in Österreich bzw. im Schengengebiet keine familiären Bindungen. Es war der von dem BF ausgehenden Gefährdung (unrechtmäßige Erwerbstätigkeit zur Finanzierung des Lebensunterhaltes sowie Fehlen von Unterhaltsmitteln) und den nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Einreiseverbotes auf Grund seines bisherigen Fehlverhaltens größeres Gewicht beizumessen als seinen nicht ausgeprägten persönlichen Interessen an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet bzw. im Schengenraum.
Die Verhängung eines Einreiseverbotes von drei Jahren – sohin mehr als die Hälfte des maximal möglichen Ausmaßes (an dem Maßstab der maximal möglichen Gesamtdauer von fünf Jahren gemessen) – erscheint in Anbetracht der Tatsache, dass der BF die Verrichtung seiner Erwerbstätigkeit trotz seines unrechtmäßigen Aufenthaltes selbst zugegeben und sich ansonsten kooperativ verhalten hat sowie strafrechtlich unbescholten ist, jedoch nicht geboten. Es konnte daher mit einer Befristung von 18 Monaten das Auslangen gefunden werden.
5.2.3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Nach Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (in der Folge GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S. 389 (2010/C 83/02), entgegenstehen.
Dem BVwG liegt kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem BF mündlich erörtert hätte werden müssen. Die Ausführungen in der Beschwerde sind daher nicht geeignet, erheblich erscheinende neue Tatsachen oder Beweise (vergleiche § 10 VwGVG) darzustellen und eine Verhandlungspflicht auszulösen. Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG entgegen dem Parteienantrag eine mündliche Verhandlung somit unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH bezüglich Rückkehrentscheidungen und zu den Voraussetzungen für die Erlassung und Bemessung eines Einreiseverbotes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen sowie Interessenabwägungen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung waren.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zum Teil zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Ausreise Dauer Einreiseverbot Frist Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Gefährdungsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Mittellosigkeit TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W191.2248172.1.00Im RIS seit
19.01.2022Zuletzt aktualisiert am
19.01.2022