Entscheidungsdatum
21.12.2021Norm
AVG §13 Abs7Spruch
W141 2245916-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard HÖLLERER als Vorsitzenden und den Richter Mag. Stephan WAGNER sowie den fachkundigen Laienrichter Robert ARTHOFER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX ,
geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Wien, vom 08.07.2021, OB: XXXX , betreffend die Neufestsetzung bzw. Herabsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass gemäß § 41, § 43 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Am 13.04.2021 wurde durch den seinerzeitig bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass beantragt.
1.1 Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 26.05.2021, mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 30 v.H. bewertet wurde.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Grad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. neu festgesetzt.
Beweiswürdigend wurde dem Bescheid das fachärztliche Sachverständigengutachten der Fachärztin für Unfallchirurgie und Allgemeinmedizin beigelegt. In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.
3. Gegen diesen Bescheid wurde vom bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben.
Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass eine nachvollziehbare Begründung für die Herabsetzung des Grades der Behinderung fehle und dass die Leiden des Beschwerdeführers zu Unrecht nicht korrekt bewertet wurden.
Der Beschwerdeführer verfüge bereits über einen Behindertenpass mit einer ausgewiesenen Behinderung von 50 v.H., welche auf Gonarthrose links sowie Morbus Basedow Hyperthyreose, beide jeweils mit 40 v.H. Behinderung festgesetzt, beruhen.
Infolge des sich weiter verschlechternden Zustandes sei dem Beschwerdeführer auf der linken Seite ein künstliches Kniegelenk eingesetzt worden, woraufhin sich die Beschwerden jedoch kaum gebessert haben, im Gegenteil sogar teilweise verschlechtert.
4. Am 01.09.2021 langte die Beschwerdevorlage beim Bundesverwaltungsgericht ein.
4.1 Das Bundesverwaltungsgericht holte ein Sachverständigengutachten von einem Facharzt für Unfallchirurgie und Orthopädie basierend auf einer persönlichen Untersuchung am 21.10.2021 ein. Es wurde in dem Sachverständigengutachten und in dem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 9.11.2021 im Wesentlichen ausgeführt, dass der Gesamtgrad der Behinderung 40 v.H. beträgt und dass die seinerzeitige Einschätzung von 50 v.H. zu hoch war. Eine Änderung des Leidenszustandes habe sich grundsätzlich nicht ergeben und es bestehen Unterschiede in der Einschätzung.
5. Mit Schreiben vom 01.12.2021, eingelangt am 02.12.2021, teilte der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter mit, dass er den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung vom 13.04.2021 zurückziehe. Es werde um ersatzlose Behebung des Bescheides vom 08.07.2021 ersucht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer brachte am 13.04.2021 durch seinen seinerzeitigen bevollmächtigten Vertreter, XXXX , einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass bei der belangten Behörde ein.
Die belangte Behörde erlies über die Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass am 08.07.2021 einen Bescheid, in dem eine Herabsetzung von 50 v.H. auf 30 v.H. ausgesprochen wurde
Dagegen erhob der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers am 27.08.2021 fristgerecht Beschwerde.
Am 01.09.2021 langte der Akt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Mit Schreiben vom 01.12.2021 zog der Beschwerdeführer durch seinen nunmehrigen bevollmächtigten Vertreter den Antrag vom 13.04.2021 auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass zurück.
2. Beweiswürdigung:
Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf den Akteninhalt. Aus dem Wortlaut und dem Inhalt der schriftlichen Erklärung des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers vom 01.12.2021 ergibt sich für das erkennende Gericht unzweifelhaft, dass es der klare Wille des Beschwerdeführers ist, seinen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung zurückzuziehen.
Das Schreiben vom 01.12.2021 ist eindeutig formuliert und lässt kein Zweifel am Willen des Beschwerdeführers, seinen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung, zurückziehen zu wollen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 19b Abs. 1 BEinstG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Verfahren über Beschwerden in Rechtssachen in den Angelegenheiten des § 14 Abs. 2 durch den Senat.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz - VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.).
Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
Nach § 13 Abs. 7 AVG, der auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwenden ist, können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.
Im gegenständlichen Fall einer noch offenen (fristgerecht eingebrachten) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer durch seinen bevollmächtigten Vertreter mit Schreiben vom 01.12.2021 seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag, das ist der Antrag auf Neufestsetzung vom 13.04.2021, zurückgezogen. Der Beschwerdeführer hat durch dieses Schreiben seinen Parteienwillen klar und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht.
Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Erkenntnis vom 23.01.2014, Zl. 2013/07/0235, ausgeführt hat, bewirkt – wenn der verfahrenseinleitende Antrag im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht eine wesentliche Änderung erfährt und der Antragsteller damit eindeutig zu erkennen gibt, dass er seinen ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrag nicht mehr aufrechterhält – die (konkludente) Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrags den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit (nachträglich) dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit gehalten, den bekämpften Bescheid (ersatzlos) zu beheben (vgl. VwGH E 19. 11. 2014, Ra 2014/22/0016; E 23.01.2014, 2013/07/0235).
Der vom Beschwerdeführer bekämpfte Bescheid war in Erledigung der Beschwerde somit spruchgemäß ersatzlos zu beheben.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt und liegt ein Fall des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG vor, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Eine mündliche Verhandlung konnte daher entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat oben einerseits ausgeführt, dass die Zurückziehung der Beschwerde unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des VwGH zur Zurückziehung der Berufung zulässig ist und dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes andererseits nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes in Beschlussform zu ergehen hat. Insoweit trifft das Gesetz selbst eine klare Anordnung, sodass diesbezüglich eine Rechtsfrage nicht offen und die Revision daher unzulässig ist (VwGH vom 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).
Schlagworte
Antragszurückziehung Behindertenpass ersatzlose Behebung Grad der Behinderung NeufestsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W141.2245916.1.00Im RIS seit
19.01.2022Zuletzt aktualisiert am
19.01.2022