Entscheidungsdatum
21.12.2021Norm
BFA-VG §22a Abs1Spruch
W137 2238497-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Dr. Gregor KLAMMER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.12.2020, Zl. 1271707100/201199398, und die Anhaltung in Schubhaft seit 30.11.2020 sowie gegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Zwangsgewalt zu Recht erkannt:
A)
I. Die Beschwerde gegen die Festnahme am 30.11.2020 wird als unbegründet abgewiesen.
II. Der Beschwerde gegen die Anordnung der Schubhaft wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG stattgegeben und die Anhaltung in Schubhaft ab 02.12.2020 (08:00 Uhr) bis 09.12.2020 für rechtswidrig erklärt.
III. Die Beschwerde gegen die Anhaltung „in Schubhaft“ von 30.11.2020 bis 02.12.2020 (08:00 Uhr) wird als unbegründet abgewiesen.
IV. Die Abschiebung des Beschwerdeführers am 09.12.2020 wird für rechtswidrig erklärt.
V. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird gemäß § 35 VwGVG abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina. Am 30.11.2020 wurde er bei der (mutmaßlichen) Ausübung der Schwarzarbeit aufgegriffen und im Auftrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt/BFA) festgenommen. Gemeinsam mit ihm wurden auch zwei Landsmänner festgenommen. Bei seiner Einvernahme am selben Tag gab er an, nur einen Aufenthaltstitel für Slowenien zu besitzen, aber immer wieder im Auftrag seines Arbeitgebers auch in Österreich tätig zu sein. Er habe nicht gewusst, dass es hier ein rechtliches Problem gebe. Er wolle „nur nach Hause“ und werde sich einer Abschiebung nicht widersetzen.
2. Am 02.12.2020 wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung bezogen auf seinen Herkunftsstaat Bosnien und Herzegowina erlassen. Überdies wurde ein befristetes Einreiseverbot verhängt. Direkt danach wurde über ihn die Schubhaft angeordnet. Diese begründete das Bundesamt neben dem Verweis auf die soeben erlassene Rückkehrentscheidung ausschließlich mit dem geringen Grad der sozialen Verankerung im Bundesgebiet. Insbesondere lebe seine Kernfamilie nicht im Bundesgebiet und er besitze keinen Wohnsitz.
Am 09.12.2020 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers.
3. Am 28.12.2020 brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und das Aufenthaltsverbot ein. Für diese wurde ein Verfahren zur Zahl G306 2238196-1 beim Bundesverwaltungsgericht
Am 11.01.2021 brachte der Beschwerdeführer durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter eine Beschwerde gegen die Festnahme, die Anordnung der Schubhaft sowie die diesbezügliche Anhaltung und die Abschiebung ein. Begründet wurde diese im Wesentlichen mit der Rechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung sowie des Einreiseverbots – verbunden mit dem Vorbringen, dass eine Aufenthaltsberechtigung schon, eine Schwarzarbeit hingegen nicht vorgelegen habe.
Beantragt werde daher a) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen; b) die Festnahme am 30.11.2020 als rechtswidrig festzustellen; c) die „nachfolgende Schubhaft vom 30.11.2020 bis zum 09.12.2020“ als rechtswidrig zu erklären; d) die Abschiebung am 09.12.2020 für rechtswidrig zu erklären; e) der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen aufzuerlegen.
4. Am 12.01.2021 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Zum Beschwerdevorbringen wurde nicht Stellung genommen; es wurden auch keine Anträge gestellt.
5. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Erkenntnis vom 02.02.2021, G306 2238196-1/4E, die Beschwerde hinsichtlich Rückkehrentscheidung/Einreiseverbot mit der Maßgabe einer deutlichen Reduzierung der Dauer des Einreiseverbots abgewiesen.
Im Rahmen einer außerordentlichen Revision (angestrengt vom Beschwerdeführer) wurde dieses Erkenntnis vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 02.09.2021, Ra 2021/21/0103-10, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts behoben.
Mit Erkenntnis vom 28.10.2021, G306 2238196-1/16E, hat das Bundesverwaltungsgericht – unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes – den Bescheid vom 02.12.2020 (Rückkehrentscheidung + Einreiseverbot) behoben.
6. Ohne weitere vorherige Kontaktaufnahme mit dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer am 29.11.2021 einen Fristsetzungsantrag ein. Diesen begründete er ausdrücklich mit der „mittlerweile“ (am 28.10.2021) erlassenen Entscheidung zu seinen Gunsten im „Hauptverfahren“ (gemeint: G306 2238196-1).
Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Festnahme, der Anordnung der Schubhaft und während der gesamten Anhaltedauer nicht Asylwerber. Die Rückkehrentscheidung war erst unmittelbar vor Anordnung der Schubhaft erlassen worden und wurde zwischenzeitlich (im Oktober 2021) als rechtswidrig behoben. Am 09.12.2020 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien und Herzegowina.
Der Beschwerdeführer wurde von 30.11.2020 bis 02.12.2020 (08:00 Uhr) in Verwaltungsverwahrungshaft angehalten, ab 02.12.2020 in Schubhaft. Die Anhaltung in Verwaltungsverwahrungshaft dauerte insgesamt rund 44 Stunden; für die Einvernahme musste ein Dolmetscher herangezogen werden.
Der Beschwerdeführer war zum Zeitpunkt der Festnahme seit drei Tagen in Österreich aufhältig und ging im Bundesgebiet einer Beschäftigung nach, ohne im Besitz der entsprechenden Arbeitsbewilligung zu sein. Er war sich dieses Umstandes bewusst und wollte dieser (aus seiner Sicht) illegalen Beschäftigung auch bewusst nachgehen. Der Beschwerdeführer verfügte zum relevanten Zeitpunkt über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er verfügte über keine gesicherte Unterkunft und sprach nicht Deutsch. Im Zeitraum der Anhaltung (30.11.2021 bis 09.12.2021) war er gesund und haftfähig.
Der Beschwerdeführer war bereits unmittelbar nach seiner Festnahme rückkehrwillig. Er besaß zum damaligen Zeitpunkt – (auch) jenem der niederschriftlichen Einvernahme - hinreichende Mittel zur Finanzierung der umgehenden Rückkehr nach Bosnien und Herzegowina (Herkunftsstaat) oder Slowenien (vorliegende Aufenthalts- und Arbeitsberechtigung).
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung:
1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zur Zahl 1271707100/201199398 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere zur Zahl 2238196-1.
1.2. Die Feststellungen betreffend den asylrechtlichen Status des Beschwerdeführers sowie den Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung und der Abschiebung ergeben sich aus der Aktenlage. Gleiches gilt für das (weitere) rechtliche Schicksal der am 02.12.2020 erlassenen Rückkehrentscheidung.
1.3. Dauer und Rechtsgrundlage der Anhaltungen sind aus der Anhaltedatei ersichtlich. Die Beiziehung eines Dolmetschers ergibt sich aus dem Einvernahmeprotokoll.
1.4. Ebenfalls aus der Aktenlage, insbesondere den eigenen Angaben des Beschwerdeführers am 30.11.2020, ergeben sich die Feststellungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet wie auch zur fehlenden Arbeitsbewilligung. Das Wissen über die fehlende Arbeitsberechtigung in Österreich wurde vom Beschwerdeführer auch umgehend eingestanden - er habe einen Aufenthaltstitel (nur) für Slowenien und sei „legal nur in Slowenien“ einer Erwerbstätigkeit nachgegangen. Soweit sein Vertreter in der Beschwerde versucht, dies zu einem mangelnden Wissen über die unterbliebene Einholung einer entsprechenden Genehmigung einzuholen (im Sinne einer entsprechenden Behauptung des Arbeitgebers vom 01.12.2020, also nach der Festnahme), ergibt sich damit ein Widerspruch zwischen den authentischen Angaben des Beschwerdeführers (die rückübersetzt wurden) und den Ausführungen seines Rechtsanwalts in einem zwei Tage nach Abschiebung erstellten Schriftsatz. Da der Beschwerdeführer bei Festnahme offenkundig keinerlei Ahnung von allfälligen administrativen Bemühungen seines Arbeitgebers um eine Arbeitsberechtigung hatte und trotz wiederholter Tätigkeit in Österreich ausdrücklich erklärte, nur in Slowenien legal gearbeitet haben, und zudem eine Bewilligung unstrittig zum damaligen Zeitraum nicht vorlag, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer damals bewusst einer illegalen Beschäftigung nachgehen wollte.
Die Feststellungen zum Fehlen sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers und sind überdies unstrittig. Soziale Anknüpfungspunkte wurden nur hinsichtlich Slowenien behauptet. Das Bestehen einer gesicherten Unterkunft wurde weder vom Beschwerdeführer selbst noch von seinem Rechtsanwalt in irgendeiner Phase des gegenständlichen Verfahrens behauptet. Ebenso wenig wurden im gegenständlichen Verfahren Zweifel an der Haftfähigkeit oder substanzielle gesundheitliche Probleme vorgebracht. Deutschkenntnisse wurden vom Beschwerdeführer ausdrücklich verneint.
1.5. Aus der Einvernahme vom 30.11.2020 ergibt sich zweifelsfrei die unmittelbare Ausreisewilligkeit des Beschwerdeführers. Begründete Zweifel daran sind auch dem gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheid vom 02.12.2020 nicht zu entnehmen. Ebenso unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer bei Festnahme und Erlassung des Schubhaftbescheides über Barvermögen in Höhe von € 88,- verfügte. Dies ist auch in der Anhaltedatei belegt. Dass dies zur Finanzierung einer Rückkehr nach Slowenien oder auch Bosnien und Herzegowina problemlos ausreicht, lässt sich mit einer simplen Internet-Recherche (etwa auf www.flixbus.at) feststellen.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: „Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein.“
2.2. Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, in der damals gültigen Fassung, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
Zu Spruchteil A)
2.3. Der mit „Festnahme“ betitelte § 40 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) lautet:
„§ 40. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, einen Fremden zum Zweck der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen,
1. gegen den ein Festnahmeauftrag (§ 34) besteht,
2. wenn dieser Auflagen gemäß §§ 56 Abs. 2 oder 71 Abs. 2 FPG verletzt oder
3. der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.
(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, Asylwerber oder Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Zwecke der Vorführung vor das Bundesamt festzunehmen, wenn
1. dieser Fremde nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt ist,
2. gegen diesen eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde,
3. gegen diesen nach § 27 AsylG 2005 ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme eingeleitet wurde,
4. gegen diesen vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß dem 8. Hauptstück des FPG erlassen wurde oder
5. auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.
(3) In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann die Festnahme unterbleiben, wenn gewährleistet ist, dass der Fremde das Bundesgebiet unverzüglich über eine Außengrenze verlässt.
(4) Das Bundesamt ist ohne unnötigen Aufschub über die erfolgte Festnahme zu verständigen. Die Anhaltung eines Fremden ist in den Fällen der Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 bis zu 48 Stunden und in den Fällen des Abs. 1 Z 1 bis zu 72 Stunden zulässig; darüber hinaus ist Freiheitsentziehung nur gemäß § 77 Abs. 5 FPG oder in Schubhaft gemäß § 76 FPG möglich. Dem festgenommenen Fremden ist die Vornahme der Festnahme über sein Verlangen schriftlich zu bestätigen.
(5) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung auf Grund eines Festnahmeauftrags gemäß § 34 Abs. 3 Z 1 oder 3 einen Antrag auf internationalen Schutz, kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 gelten dabei sinngemäß.
(6) Während der Zulässigkeit der Sicherung der Zurückweisung im Flughafenverfahren sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, zu verhindern, dass ein zurückgewiesener Asylwerber in das Bundesgebiet einreist, soweit es ihm nicht gestattet ist.“
2.4. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, in der damals geltenden Fassung, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Festnahme am 30.11.2020
3.1. Gemäß § 40 Abs 1 Z 3 BFA-VG sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Fremden festzunehmen, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Da unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Festnahme einer Beschäftigung im Bundesgebiet nachging, jedoch über keine (vorweisbare) Berechtigung dazu verfügte. Demgemäß musste das Bundesamt zum Festnahmezeitpunkt davon ausgehen, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers nicht rechtmäßig war.
Die Tatsache, dass sich sein Arbeitgeber erst am 01.12.2020 beim Bundesamt meldete und mitteilte, dass die Einholung der erforderlichen Arbeitsgenehmigung unterblieben sei, bestätigt vielmehr, das Fehlen eines entsprechenden (für die Behörden nachvollziehbaren) Aufenthaltstitels im Zeitpunkt der Festnahme. Nur dieser Zeitpunkt ist jedoch für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Z 3 BFA-VG relevant.
3.2. Dass die Voraussetzungen für die Festnahme nicht vorlagen oder sich diese auf eine falsche rechtliche Grundlage stützen würde, ist in der gegenständlichen Beschwerde von RA Dr. Gregor KLAMMER im Übrigen nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Wieso eine Aufenthaltskarte für Slowenien einen bosnischen Staatsangehörigen zur Arbeitsaufnahme in Österreich berechtigen würde, wird in der Beschwerde allenfalls angedeutet aber nicht näher dargelegt – und führt sich insoweit ad absurdum, als der Arbeitgeber des Beschwerdeführers ja offenkundig (siehe die auch vom VwGH in Ra 2021/21/0103-10 angeführte Eingabe vom 01.12.2020) gegenteiliger Überzeugung war. Eine Berechtigung zum (touristischen) Aufenthalt in Österreich ist in diesem Zusammenhang gänzlich irrelevant, weil der Aufenthaltszweck unstrittig die Erwerbstätigkeit war.
3.3. Schließlich wird in der Beschwerde auch nicht auf die Dauer der Anhaltung Bezug genommen. Eine objektive Überschreitung der zulässigen Anhaltedauer hat jedenfalls nicht stattgefunden.
3.4. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen die Festnahme am 30.11.2020 abzuweisen.
4. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides und der Anhaltung in Schubhaft „von 30.11.2020 bis 09.12.2020“:
4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 02.09.2021, Ra 2021/21/0103, ausdrücklich klargestellt, dass der Erlassung einer Rückkehrentscheidung die erfolglose Aufforderung zur (umgehenden) Ausreise gemäß § 52 Abs. 6 FPG vorangehen hätte müssen – die zweifelsfrei nicht erfolgt ist. Dem wurde vom Bundesverwaltungsgericht dann auch im Erkenntnis vom 28.10.2021, G306 2238196-1/16E, entsprechend Rechnung getragen und der einschlägige Bescheid vom 02.12.2020 behoben.
Ergänzend ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei seiner Einvernahme am Tag der Festnahme sogar ausdrücklich erklärte, er wolle umgehend nach Slowenien ausreisen, und auch über die dazu erforderlichen finanziellen Mittel verfügte.
4.2. Daraus ergibt sich, dass auch der Bescheid betreffend die Anordnung einer Schubhaft von Anfang an mit Rechtswidrigkeit belastet war, weil die oben angesprochene Aufforderung zur Ausreise (trotz des unstrittigen diesbezüglichen Willens des Beschwerdeführers) nicht erfolgt ist. Das allfällige Vorliegen der für die Annahme einer Fluchtgefahr relevanten Voraussetzungen ist vor diesem Hintergrund nicht weiter relevant; ebenso die Frage der Verhältnismäßigkeit einer Anhaltung in Schubhaft.
Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass dieses Argument von RA Dr. Gregor KLAMMER in der gegenständlichen Beschwerde gar nicht thematisiert worden ist. Dieser argumentiert vorrangig (Randziffer 21 und 22) mit dem Bestehen einer Aufenthaltsberechtigung und dem Fehlen einzelner Kriterien der Fluchtgefahr (RZ 15 zur Mittellosigkeit) – wobei hinsichtlich der Aufenthaltsberechtigung (wie schon oben unter II.3.2. ausgeführt) völlig ignoriert wird, dass es im gegenständlichen Fall nie um einen touristischen Aufenthalt ging, sondern ausschließlich um eine Einreise zum Zwecke der Erwerbstätigkeit (als unselbständig Beschäftigter).
4.3. Damit erweisen sich der angefochtene Bescheid vom 02.12.2020 und die Anhaltung in Schubhaft von 02.12.2020 bis 09.12.2020 als rechtswidrig.
4.4. Angefochten hat der Beschwerdeführer durch den bevollmächtigten RA Dr. Gregor KLAMMER allerdings ausdrücklich und unmissverständlich die der Festnahme „nachfolgende Schubhaft vom 30.11.2020 bis zum 09.12.2020“. In den Beschwerdeausführungen vom 11.01.2021 findet sich auch keinerlei Hinweis, der berechtigen würde, hier von einem sprachlichen Lapsus auszugehen. Dies umso mehr, als die Beschwerde von einem berufsmäßigen Parteienvertreter (Rechtsanwalt) verfasst worden ist.
Zweifelsfrei liegt hier auch kein Fall einer „falsa demonstratia“ vor, da der Beschwerdeführer im fraglichen Zeitraum ja tatsächlich (überwiegend) in Schubhaft angehalten worden ist. Vielmehr wird durch RA Dr. Gregor KLAMMER eine auf zwei unterschiedliche Rechtsgrundlagen gestützte Anhaltung ohne Differenzierung als Schubhaft angefochten – wobei ein Teil der Anhaltung tatsächlich eine Schubhaft war. Für die Definition des angefochtenen Anhaltezeitraumes und ein konkretes Beschwerdevorbringen ist aber ausschließlich der Beschwerdeführer (sowie der ihm zuzurechnende Vertreter) verantwortlich. Das Gericht ist an diesen Anfechtungsumfang gebunden.
Dies ergibt sich auch aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zu Folgebeschwerden im Fall länger andauernder Schubhaften. So ist eine Beschwerde gegen einen Anhaltezeitraum etwa dann teilweise abzuweisen, wenn Teile dieses Anhaltezeitraumes bereits Gegenstand eines (anderen) Haftbeschwerdeverfahrens sind oder waren. Das Verwaltungsgericht hat in solchen Fällen auch keine Verpflichtung den Beschwerdeführer darauf hinzuweisen oder eine Beschwerde eigenständig einzuschränken beziehungsweise umzudeuten. In gleicher Weise ist daher vorzugehen, wenn ein Anhaltezeitraum mit einer ungeeigneten rechtlichen Argumentation angefochten wird. Dies umso mehr, wenn für den Beschwerdeführer ein von ihm bezahlter berufsmäßiger Parteienvertreter einschreitet.
Darüber hinaus wäre die unterschiedliche rechtliche Grundlage der Anhaltung für RA Dr. Gregor KLAMMER bereits bei sorgfältiger Lektüre des angefochtenen Schubhaftbescheides vom 02.12.2021 klar erkennbar gewesen – eine simple Akteneinsicht (in die Anhaltedatei) vor Abfassung der Beschwerde – diese erfolgte erst 4 Wochen nach Abschiebung – wäre dem Rechtsvertreter (der bereits im Dezember 2020 für den Beschwerdeführer im Verfahren zur Zahl 2238196-1 einschritt) ebenso problemlos möglich wie zumutbar gewesen und hätte bei einem Mindestmaß an Sorgfältigkeit zweifelsfrei belegt, dass im Zeitraum von 30.11.2020 bis 02.12.2020 (08:00 Uhr) keine Anhaltung in Schubhaft erfolgte.
4.5. Die Beschwerde gegen die Anhaltung „in Schubhaft“ vom 30.11.2020 bis 02.12.2020 (Anordnung der Schubhaft um 08:00 Uhr) ist daher als unbegründet abzuweisen.
Nur der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass das Ergebnis bei korrekter Zuordnung des Anhaltezeitraumes zur Festnahme (siehe oben Punkt II.3.) nicht anders ausgefallen wäre, weil der Beschwerdeführer keine nachvollziehbare Begründung für deren Rechtswidrigkeit vorbringen konnte.
5. Zur Frage der Rechtswidrigkeit der Abschiebung am 09.12.2020
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 02.09.2021, Ra 2021/21/0103, ausdrücklich klargestellt, dass jener Bescheid vom 02.12.2020, der die Rechtsgrundlage der Abschiebung bildete, aufgrund der vorrangigen Anwendung des § 52 Abs. 6 FPG im gegenständlichen Fall nicht hätte erlassen werden dürfen. Er wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 28.10.2021, G306 2238196-1/16E, auch (ersatzlos) behoben.
Da die Abschiebung damit auf einer von Anfang an unzulässigen Rechtsgrundlage erfolgte (und nicht etwa auf einem mangelhaft begründeten, aber inhaltlich richtigem Bescheid) ist auch die Abschiebung am 09.12.2020 für rechtswidrig zu erklären. Auch hier spielt der Umstand, dass die Beschwerde vom 11.01.2021 diese Rechtswidrigkeit inhaltlich gar nicht berücksichtigt hat keine Rolle, weil das Verwaltungsgericht hier an die oben angeführte Judikatur gebunden ist und der Rechtsvertreter in seinem Fristsetzungsantrag auf diese verwiesen hat.
6. Kostenersatz
6.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).
6.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
6.3. Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.
6.4. Im gegenständlichen Verfahren wurde von RA Dr. Gregor KLAMMER ein Schriftsatz von zweieinhalb Seiten A4 (23 Randziffern/RZ – RZ 24 betrifft die Beschwerdeanträge) vorgelegt, wobei RZ 1-7 sowie 10, 11 und 13 keine inhaltlichen Ausführungen zur gegenständlichen Beschwerde enthalten. Disloziert finden sich Ausführungen zu Beschwerdegegenständen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu 2238196-1 (etwa RZ 18-20 sowie weitgehend 23).
In den übrigen (wenigen) Randziffern, die überhaupt Ausführungen zu den Beschwerdeanträgen enthalten, beziehen sich diese vorrangig auf die Frage der Schubhaft (insbesondere 9, 12, 17). Die Festnahme und die Anhaltung werden nahezu nur in Halbsätzen gestreift. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind aber diese Ausführungen – angesichts des klaren Parteienbegehrens und der Ermittlungspflichten des Verwaltungsgerichts als Sachinstanz – hinreichend begründet und bestand damit kein Erfordernis eines Vorgehens gemäß § 13 AVG.
6.5. Inhaltlich stellt die gegenständliche Beschwerde damit (im Kern) eine Schubhaftbeschwerde dar. In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer obsiegende Partei hinsichtlich der bekämpften Anordnung der Schubhaft und der Anhaltung ab 02.12.2020; jedoch unterlegene Partei hinsichtlich der mit dieser Schubhaftbeschwerde bekämpften Anhaltung im Zeitraum vom 30.11.2020 bis 02.12.2020 (08:00 Uhr). Da das Gesetz kein „geteiltes Obsiegen“ und somit auch keinen geteilten oder aufgerechneten Kostenersatz vorsieht, ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz abzuweisen.
Das Bundesamt hat einen Kostenersatz im Übrigen nicht beantragt.
6.6. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist nur ein tatsächlich entstandener Kostenaufwand zu ersetzen. Dies gilt insbesondere für den Verhandlungsaufwand, aber auch den Schriftsatzaufwand der Behörde. In letzterem Zusammenhang sind begründende Halbsätze im Rahmen einer Vorlage oder der im Vorlageschreiben enthaltene Antrag, eine Beschwerde abzuweisen, nicht als „Schriftsatz“ beziehungsweise „Schriftsatzaufwand“ zu werten. Ebenso ist im gegenständlichen Verfahren hinsichtlich der Beschwerden gegen die Festnahme sowie die Abschiebung vorzugehen. Diese bestehen effektiv nur aus dem Beschwerdeantrag und wenigen – in eine Schubhaftbeschwerde (der hier vorliegende Schriftsatz) unstrukturiert eingebauten - Halbsätzen, weshalb eine Wertung als eigenständiger Schriftsatz nicht in Frage kommt. Hinsichtlich der Festnahme war der Beschwerdeführer im Übrigen zudem unterlegene Partei des Beschwerdeverfahrens.
7. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der (nunmehr) entscheidungsrelevante Sachverhalt auf Grund der Aktenlage geklärt war. Darüber hinaus finden sich auch keine konkreten Ausführungen in der Beschwerde, für die Klärung welches im gegenständlichen Verfahren relevanten Sachverhalts die Befragung des Beschwerdeführers oder eines Zeugen (noch) erforderlich gewesen wäre.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.
Solche Fragen liegen im gegenständlichen Verfahren nicht vor.
Die Revision ist daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Abschiebung Ausreisewilligkeit Einreiseverbot aufgehoben Festnahme illegale Beschäftigung Kostenersatz Rechtswidrigkeit Rückkehrentscheidung behoben Schubhaft Schwarzarbeit TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W137.2238497.1.00Im RIS seit
19.01.2022Zuletzt aktualisiert am
19.01.2022