TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/15 Ra 2021/20/0328

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
41/01 Sicherheitsrecht
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht
41/02 Staatsbürgerschaft
41/03 Personenstandsrecht
44 Zivildienst
62 Arbeitsmarktverwaltung
72/01 Hochschulorganisation
72/02 Studienrecht allgemein

Norm

AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §7 Abs3
BFA-VG 2014 §9
BFA-VG 2014 §9 Abs1
BFA-VG 2014 §9 Abs2
BFA-VG 2014 §9 Abs3
BFA-VG 2014 §9 Abs4 idF 2015/I/070
BFA-VG 2014 §9 Abs4 Z1 idF 2015/I/070
FrÄG 2018
FrPolG 2005 §52 Abs2 Z3
FrPolG 2005 §52 Abs5
FrPolG 2005 §53
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z6
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z7
FrPolG 2005 §53 Abs3 Z8
FrPolG 2005 §67
MRK Art8
NAG 2005 §45
VwGG §42 Abs2 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie die Hofräte Mag. Cede und Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, über die Revision des M S in S, vertreten durch Dr. Georg Thum, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Josefstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. August 2021, W129 2224104-1/18E, betreffend Angelegenheiten nach dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird, soweit damit die Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sowie eines Einreiseverbotes, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation und die Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der im Jahr 1959 geborene Revisionswerber ist russischer Staatsangehöriger und stammt aus Tschetschenien. Er reiste am 22. März 2004 mit einem von Tschechien ausgestellten Visum in das Bundesgebiet ein. Am 21. Mai 2004 stellte er einen Asylantrag nach dem damals geltenden Asylgesetz 1997 (AsylG).

2        Mit dem am 3. Juni 2005 in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 11. Mai 2005 wurde vom (damals zuständigen) Bundesasylamt dem Antrag des Revisionswerbers gemäß § 7 AsylG stattgegeben und ihm in Österreich Asyl gewährt sowie gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Ab dem 1. Jänner 2006 galt ihm aufgrund der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 5 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) der Status des Asylberechtigten als zuerkannt.

3        Am 7. September 2013 langte beim Bundesasylamt eine Mitteilung der Polizeiinspektion Graz - Sonderdienste AGM ein, nach der sich der Revisionswerber am 5. September 2013 am Grenzübergang Záhony (Ungarn) der Einreisekontrolle (nach Ungarn) gestellt habe. Da der Reisebus aus der Ukraine gekommen sei, aber sich im vom Revisionswerber vorgewiesenen österreichischen Konventionsreisepass keine Stempel und auch kein Visum befunden hätten, sei er nach weiteren Pässen befragt worden. Er habe dann einen im Jahr 2010 für ihn ausgestellten russischen Reisepass vorgewiesen, in dem sich auch Einreise- und Ausreisestempel Russlands befunden hätten.

4        Der Revisionswerber wurde in Österreich straffällig. Das Landesgericht St. Pölten verurteilte ihn am 9. Dezember 2014 wegen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 3 erster Fall SMG und wegen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall sowie Abs. 2 SMG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von 21 Monaten, wobei ein Teil von 14 Monaten bedingt nachgesehen wurde. Von dieser Verurteilung erlangte das (seit 1. Jänner 2014 zuständige) Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Jänner 2015 Kenntnis.

5        Mit Aktenvermerk vom 26. Februar 2019 hielt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass ein Verfahren zur Prüfung der Aberkennung des dem Revisionswerber zuerkannten Status des Asylberechtigten eingeleitet werde. Er sei rechtskräftig verurteilt worden und es bestünden zudem Hinweise dafür, dass die Umstände, die zur Zuerkennung von Asyl geführt hatten, weggefallen seien und er sich wieder unter den Schutz des Herkunftsstaates gestellt habe.

6        Am 11. März 2019 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Mitteilung der Landespolizeidirektion Wien (unter Anschluss von Kopien eines russischen Reisepasses und weiteren in russischer Sprache gehaltenen Dokumenten) ein, der zu entnehmen ist, dass zwei Töchter des Revisionswerbers in einer Parkanlage in Wien mit Fahnen des IS („Islamischer Staat“) „posiert“ hätten. Im Zuge der darauf folgenden Amtshandlung hätten sich Hinweise dafür ergeben, dass die gesamte Familie Reisen nach Tschetschenien unternommen gehabt habe.

7        Am 15. März 2019 wurde der Revisionswerber vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vernommen. Er räumte über Befragen ein, ab dem Jahr 2008 wiederholt - etwa achtmal - in die Russische Föderation gereist zu sein und sich dort jedesmal für eine Dauer von etwa ein bis zwei Monaten bei Verwandten aufgehalten zu haben. Er beziehe in Russland eine staatliche Pension und müsse daher regelmäßig - etwa alle zwei bis drei Jahre - zu russischen Behörden gehen. Er sei „natürlich“ auch an einer näher genannten Adresse in Urus-Martan (Tschetschenien/Russland) - wie auch seine in Österreich lebenden Familienmitglieder - gemeldet. Er sei dort geboren und wolle dort leben. „Irgendwas“ müsse er „ja haben“. Während der Aufenthalte in Russland sei der Revisionswerber weder verfolgt noch bedroht worden. Er sei ja „schließlich freiwillig eingereist“. Er habe in ganz Russland keine Probleme zu befürchten. Auch im Zuge der persönlich erfolgten Antragstellung auf Ausstellung eines russischen Reisepasses und bei der Ausfolgung desselben habe es keine Probleme gegeben. Zuletzt habe er vor zwei Jahren einen Auslandspass beantragt und erhalten. Den Reisepass habe er sich ausstellen lassen, damit er „so ohne Probleme“ wieder in die Russische Föderation reisen könne. „Ehrlich gesagt“ sei er nie verfolgt worden. Es sei dort damals „einfach Krieg“ gewesen. Zu seiner Verurteilung befragt, gab der Revisionswerber an, „Gras verkaufen“ sei „nichts Schlimmes“. „Gras“ sei „keine Droge“. Er habe „nichts Falsches gemacht und“ er sehe seinen „Fehler nicht ein“. Was er gemacht habe, sei „nichts“ und harmlos gewesen.

8        Mit Bescheid vom 18. September 2019 sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass der dem Revisionswerber zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt und gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 festgestellt werde, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. Weiters wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs.1 Z 2 AsylG 2005 nicht zuerkannt, ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen ihn gestützt auf § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 und § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) eine Rückkehrentscheidung sowie gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, und die Frist für die freiwillige Ausreise nach § 55 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

9        Das Bundesverwaltungsgericht wies die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

10       Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass sich der Revisionswerber nach der Zuerkennung von Asyl (zumindest) zweimal einen russischen Reisepass sowie einmal einen russischen Inlandspass habe ausstellen lassen. Er sei auch nach Asylzuerkennung mehrmals freiwillig in den Herkunftsstaat zurückgekehrt, um seine Verwandten zu besuchen. Er habe dort auch Behördengänge erledigt. Es drohe ihm aktuell im Herkunftsstaat keine Verfolgung. Es lägen somit die im Art. 1 Abschnitt C Z 1 und Z 5 Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Endigungsgründe vor, was nach § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten zu führen habe.

11       Weiters ging das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass keine Gründe vorlägen, die es rechtfertigten, dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Es handle sich bei ihm um einen volljährigen Mann mit Schulbildung, der an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leide und im Herkunftsstaat über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Zusätzlich zur ihm offenstehenden Möglichkeit, am Erwerbsleben teilzunehmen und seinen Lebensunterhalt eigenständig zu finanzieren, könne er auch Unterstützung durch ein „verwandtschaftliches Netz“ erhalten. Er spreche die Landesprache. Es sei nicht behauptet worden, dass exzeptionelle Umstände vorlägen, die dazu führen könnten, dass es dem Revisionswerber unmöglich wäre, in sein Heimatland zurückzukehren.

12       Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, es lägen die Voraussetzungen nach § 52 Abs. 2 Z 3 FPG vor. Die Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe unter dem Vorbehalt des § 9 Abs. 1 BFA-VG. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Revisionswerber im März 2004 ins Bundesgebiet eingereist und ihm mit Bescheid vom 11. Mai 2005 Asyl gewährt worden sei. Er lebe mit seiner Ehefrau und zwei Töchtern im gemeinsamen Haushalt. Es sei aber diesen Töchtern ebenfalls der Asylstatus aberkannt und gegen sie Rückkehrentscheidungen (samt Einreiseverboten) erlassen worden. Die Ehefrau sowie eine weitere Tochter und sein Sohn - diese Kinder lebten mit ihren Familien in Österreich - verfügten über den Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“. Weiters lebten „Nichten und eine weitschichtige Verwandte in Österreich oder in der EU“. Wegen des strafrechtswidrigen Verhaltens des Revisionswerbers müssten seine Interessen an der Aufrechterhaltung des persönlichen Kontakts zu den in Österreich lebenden Angehörigen gegenüber den öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zurücktreten. Vor diesem Hintergrund erweise sich die Schutzwürdigkeit der Beziehung zu seinen im Bundesgebiet lebenden Bezugspersonen als maßgeblich gemindert. Der Revisionswerber verfüge aufgrund seines langjährigen Aufenthalts und seiner familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet zweifellos über ein hohes persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich. Es sei aber zu seinen Lasten zu berücksichtigen, dass er seinen Lebensunterhalt aus Mitteln der Sozialhilfe bestreite. Er habe seit seiner Einreise in Österreich vor etwa 17 Jahren insgesamt bloß zwei oder drei Monate lang gearbeitet. Er habe in Österreich Deutschkurse besucht, zuletzt „auf A2-Niveau“. Bei der Verhandlung habe er lediglich Grundkenntnisse der deutschen Sprache gezeigt. Im Jahr 2010 habe er an einem Bewerbungstraining teilgenommen. Er verfüge in Österreich zwar über Bekannte, nicht aber über Freunde. Er sei kein Mitglied in einem Verein oder einer Organisation. Er weise nach wie vor Bindungen im Herkunftsland auf, sodass eine Rückkehr mit keinen unzumutbaren Härten einherginge. Zudem sei er wegen Fahrradfahrens ohne Licht bestraft worden.

13       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden zwar regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen und es könne grundsätzlich nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt habe, um sich sozial und beruflich zu integrieren, eine Aufenthaltsbeendigung ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen werden. Das betreffe aber nur Konstellationen, in denen sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergeben habe.

14       Der Revisionswerber sei im Dezember 2014 wegen Suchtmitteldelikten verurteilt worden (im Rahmen der Feststellungen gab das Bundesverwaltungsgericht den Tenor des Urteils des Landesgerichtes St. Pölten vom 9. Dezember 2014 wieder). Insbesondere im Bereich der Suchtmittelkriminalität berühre die daraus resultierende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit wegen der besonderen Gefährlichkeit für Dritte ein Grundinteresse der Gesellschaft. Der Verwaltungsgerichtshof habe in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstelle, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben sei und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse bestehe. Im Hinblick auf die verheerende Wirkung von Drogen auf das Leben von Menschen habe auch der EGMR wiederholt sein Verständnis für die Bestimmtheit der Mitgliedstaaten im Vorgehen gegenüber Personen, die an der Verbreitung von Drogen aktiv mitwirkten, zum Ausdruck gebracht. Das Verwaltungsgericht verkenne nicht, dass die Verurteilung des Revisionswerbers aus dem Jahr 2014 stamme. Eine ernstgemeinte Reue und Übernahme von Verantwortung sei jedoch anhand seiner Angaben in der Vernehmung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht erkennbar gewesen. Weiters sei der Revisionswerber wegen des Verdachts des Betruges zur Anzeige gebracht worden, weil er im Verdacht stehe, unrechtmäßig Sozialleistungen bezogen zu haben. Das Interesse der Republik Österreich „an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens als Teil der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, des wirtschaftlichen Wohls des Landes durch Vermeidung unkontrollierter Zuwanderung sowie der Verhinderung weiterer Straftaten“ wöge daher insgesamt höher als die persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einem Verbleib im Bundesgebiet.

15       Zur Erlassung eines Einreiseverbotes führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Revisionswerber habe durch sein strafbares Verhalten in hohem Maße den Unwillen zur Befolgung der österreichischen Gesetze zum Ausdruck gebracht. Er sei wegen Suchtmitteldelikten rechtskräftig verurteilt worden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl habe zu Recht ausgeführt, dass eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegeben sei. Der Revisionswerber habe vor der Behörde keine Reue gezeigt. Im Übrigen sei er wegen Betrugs zur Anzeige gebracht worden. Den „un[be]denklichen Ausführungen im Abschlussbericht vom 06.07.2020“ sei zu entnehmen, dass er sich geständig gezeigt habe. Eine Zukunftsprognose könne daher in keiner Weise positiv ausfallen. Es könne nicht prognostiziert werden, dass sich der Revisionswerber in Zukunft wohlverhalten und nicht wieder straffällig werde. Hinsichtlich der Interessenabwägung werde auf die Ausführungen zur Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung verwiesen.

16       Die Erhebung einer Revision sei - so das Bundesverwaltungsgericht abschließend - nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil es sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und auf eine ohnehin klare Rechtslage habe stützen können.

17       Die vorliegende Revision richtet sich gegen dieses Erkenntnis, soweit eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde und rechtlich davon abhängende Aussprüche getätigt wurden (soweit in den Ausführungen zu den Revisionspunkten erwähnt wird, der Revisionswerber erachte sich auch in seinem Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen verletzt, bezieht er sich nach dem übrigen Inhalt der Revision unzweifelhaft nicht auf die Entscheidung, ihm von Amts wegen keinen Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG 2005 zu erteilen).

18       Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Revision und der Verfahrensakten durch das Bundesverwaltungsgericht das Vorverfahren eingeleitet. Es wurde keine Revisionsbeantwortung erstattet.

19       Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:

20       Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, das Bundesverwaltungsgericht sei im Rahmen der Interessenabwägung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Nach dessen Rechtsprechung lasse es, wenn sich ein Fremder vor Begehung seiner Straftaten iSd § 10 Abs. 1 Z 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) mehr als zehn Jahre rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hatte und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war, den Schluss zu, dass der frühere Aufenthaltsverfestigungstatbestand des § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG idF vor dem FrÄG 2018 erfüllt sein dürfte. Die darin enthaltenen Wertungen seien im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich. In den Revisionsgründen verweist der Revisionswerber dann - seine Ansicht präzisierend - darauf, dass er (nach seiner Verurteilung) im Jahr 2014 aus der Haft entlassen worden sei. Er habe sich seit sieben Jahren „stets vorbildlich“ verhalten. Das zeige sich auch daran, dass die Behörde erst fünf Jahre nach der Verurteilung des Revisionswerbers ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten eingeleitet habe. Sein Privat- und Familienleben sei nicht zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sein Aufenthaltsstatus als „unsicher“ zu qualifizieren gewesen wäre. Er habe bereits ein Jahrzehnt in Österreich gelebt, bevor er strafrechtlich verurteilt worden sei, und bereits mehr als 15 Jahre, bevor die Behörde ein Aberkennungsverfahren eingeleitet habe. Die „jahrelange Untätigkeit“ der Behörde, die nach Kenntnis von der Verurteilung nicht gleich ein Aberkennungsverfahren eingeleitet habe, zeige, dass auch die Behörde davon ausgegangen sei, die Interessen des Revisionswerbers wären über die Interessen der Republik Österreich zu stellen.

21       Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet.

22       Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 15. Dezember 2021, Ra 2021/20/0372, des Näheren damit befasst, ob und unter welchen Voraussetzungen jenen langjährig als Asylberechtigte rechtmäßig aufhältigen Fremden, bei denen in Art. 1 Abschnitt C GFK angeführte Endigungsgründe eingetreten sind, dieser Status infolge § 7 Abs. 3 AsylG 2005 aberkannt werden darf. Weiters hat sich der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis damit auseinandergesetzt, auf welche Kriterien bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen solche Fremde im Rahmen der Interessenabwägung (auch) Bedacht zu nehmen ist. Es kann daher dazu gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen werden.

23       Der Revisionswerber wurde straffällig im Sinn des § 2 Abs. 3 Z 1 AsylG 2005. Somit war eine (unwiderlegbare) gesetzliche Vermutung einer „sozialen Verfestigung“ im Sinn des § 7 Abs. 3 AsylG 2005 im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht (mehr) gegeben. Zu Recht wurde daher nicht nach § 7 Abs. 3 zweiter Satz AsylG 2005 vorgegangen. Für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten kam es nicht darauf an, ob dem Revisionswerber zuvor von der Niederlassungsbehörde ein Aufenthaltstitel erteilt wurde (oder früher hätte erteilt werden können).

24       Das Bundesverwaltungsgericht hat zu Recht die Erlassung der Rückkehrentscheidung dem Grunde nach auf § 52 Abs. 2 Z 3 FPG gestützt. Dem Revisionswerber wurde der Status des Asylberechtigten aberkannt und der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt. Es kam ihm weder ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen (als dem AsylG 2005) zu noch ist er als begünstigter Drittstaatsangehöriger anzusehen.

25       Allerdings ist dem Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der nach § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ein Rechtsirrtum unterlaufen, der dazu geführt hat, dass maßgebliche Umstände nicht geprüft und für eine solche Prüfung wesentliche Feststellungen nicht getroffen wurden.

26       Es ist - in Anbetracht der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen, aber in erster Linie zu Aufenthaltsbeendigungen bei unrechtmäßigem Aufenthalt oder unsicherem Aufenthaltsstatus maßgeblichen Rechtssätzen - festzuhalten, dass gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 BFA-VG bei der Interessenabwägung zwar einzubeziehen war, dass sich der Revisionswerber im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde bereits mehr als 17 Jahre - zum überwiegenden Teil rechtmäßig niedergelassen - im Bundesgebiet aufgehalten hat. Einem so langen rechtmäßigen Aufenthalt kommt bei der Interessenabwägung durchaus bedeutendes Gewicht zu. Es kommt aber in einem Fall wie dem vorliegenden nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob der Fremde bloß irgendeine, nur in geringer Intensität vorhandene Integration im Bundesgebiet aufweist.

27       Bei Erlassung einer auf § 52 Abs. 2 Z 3 FPG gestützten Rückkehrentscheidung gegen einen Fremden, dem bis dahin von Gesetzes wegen ein Aufenthaltsrecht aufgrund des ihm zuvor zuerkannten Status als Asylberechtigten zugekommen ist, ist im Rahmen der nach § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmenden Beurteilung (auch) auf die Wertungen Bedacht zu nehmen, die sich aus jenen Vorschriften ergeben, nach denen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach langjähriger rechtmäßiger Niederlassung in Österreich für nicht zulässig erklärt oder an besondere Voraussetzungen geknüpft wird. Dabei kann auf die dazu ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

28       Dabei ist zu beachten, dass § 7 Abs. 3 AsylG 2005 zufolge solche Gründe von vornherein nur dann maßgeblich sein können, wenn die Aberkennung des Status des Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - wenn auch nicht rechtskräftig - nicht innerhalb von fünf Jahren nach Zuerkennung erfolgt. Es soll demnach nämlich frühestens nach Ablauf dieser Zeit ein Asylberechtigter, der nicht straffällig geworden ist, in den Genuss einer Aufenthaltsverfestigung kommen und erst dann wäre ihm ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ zu erteilen, ohne dass es auf das Ergebnis einer Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK ankäme (vgl. zum Ganzen VwGH 15.12.2021, Ra 2021/20/0372).

29       Der Revisionswerber spricht dies insofern an, als er sich auf jene - im vorliegenden Zusammenhang grundsätzlich beachtliche (vgl. zu einem Fall, in dem ebenfalls im Gefolge einer auf § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 gestützten Aberkennung des Status des Asylberechtigten eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde, VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0238) - Rechtsprechung beruft, wonach ungeachtet des Außerkrafttretens des (mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 56, mit Ablauf des 31. August 2018 aufgehobenen) § 9 Abs. 4 BFA-VG die Wertungen dieser ehemaligen Aufenthaltsverfestigungstatbestände im Rahmen der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG weiter beachtlich sind, ohne dass es aber einer ins Detail gehenden Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anwendung des ehemaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG bedarf. Es ist also weiterhin darauf Bedacht zu nehmen, dass für die Fälle des früheren § 9 Abs. 4 BFA-VG allgemein unterstellt wurde, diesfalls habe die Interessenabwägung - trotz einer vom Fremden ausgehenden Gefährdung - regelmäßig zu seinen Gunsten auszugehen und eine aufenthaltsbeendende Maßnahme dürfe in diesen Konstellationen grundsätzlich nicht erlassen werden. Durch die Aufhebung dieser Bestimmung wollte der Gesetzgeber (angesichts der diesbezüglichen Materialien) erkennbar nur bei Begehung besonders verwerflicher Straftaten und einer daraus abzuleitenden spezifischen Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen einen fallbezogenen Spielraum einräumen. Dazu zählen jedenfalls die schon bisher in § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG normierten Ausnahmen bei Erfüllung der Einreiseverbotstatbestände nach den Z 6, 7 und 8 des § 53 Abs. 3 FPG, aber auch andere Formen gravierender Straffälligkeit (vgl. nochmals VwGH Ra 2019/21/0238; dem folgend etwa VwGH 27.8.2020, Ra 2020/21/0276; 15.2.2021, Ra 2020/21/0246).

30       Festzuhalten ist, dass im vorliegenden Fall das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht innerhalb des in § 7 Abs. 3 AsylG 2005 genannten Zeitraums ausgesprochen hat.

31       Fallbezogen wäre nach dem Vorbringen des Revisionswerbers in den Blick zu nehmen, ob ihm im Sinn des früheren § 9 Abs. 4 Z 1 BFA-VG vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes - dieser wurde fallbezogen vom Bundesverwaltungsgericht in Verhaltensweisen erblickt, die im Jahr 2014 zu der strafgerichtlichen Verurteilung geführt hatten - die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können (dass der Revisionswerber nicht im Sinn der Z 2 des damaligen § 9 Abs. 4 BFA-VG von klein auf im Bundesgebiet aufgewachsen ist, ist angesichts seiner im Jahr 1959 erfolgten Geburt sowie der im Jahr 2004 erfolgten Einreise in das Bundesgebiet evident).

32       Was nun die strafbaren Handlungen des Revisionswerbers betrifft, ist den Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht zu entnehmen, dass es für seine Entscheidung auch jene, wonach der Revisionswerber in der Zeit von März 2004 bis 17. April 2014 Suchtmittel zum eigenen Gebrauch erworben und besessen hatte, als (immer noch) maßgeblichen Sachverhalt angesehen hätte.

33       Aus den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, das sich (allgemein) auf die Verwerflichkeit des Suchtmittelhandels bezogen hat, ergibt sich, dass es die vom Revisionswerber in der Zeit von November 2012 bis April 2014 begangenen strafbaren Handlungen des Suchtmittelhandels, für die er am 9. Dezember 2014 rechtskräftig verurteilt worden war, als für die Interessenabwägung entscheidungswesentlich gewertet hat. Zu dieser Zeit hatte er sich allerdings noch nicht seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten (sh. § 10 Abs. 1 Z 1 StbG), weshalb ihm vor Verwirklichung dieses Sachverhalts die Staatsbürgerschaft nicht nach § 10 Abs. 1 StbG hätte verliehen werden können. Der Revisionswerber konnte sich somit nicht darauf berufen, dass in seinem Fall bei der Interessenabwägung die sich aus dem früher geltenden § 9 Abs. 4 BFA-VG ergebenden Wertungen einzubeziehen gewesen wären.

34       Fallbezogen rückt aber in das Blickfeld, dass der Revisionswerber seit dem 3. Juni 2005 aufgrund der Zuerkennung von Asyl über ein ihm von Gesetzes wegen eingeräumtes, einer Niederlassung im Sinn des § 2 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gleichzuhaltendes Aufenthaltsrecht verfügte (zunächst aufgrund des AsylG und ab dem 1. Jänner 2006 nach dem AsylG 2005). Angesichts des langjährigen qualifiziert rechtmäßigen Aufenthalts des Revisionswerbers wäre des Näheren (insbesondere) zu prüfen gewesen, ob in seinem Fall die sich aus § 52 Abs. 5 FPG ergebenden Wertungen zu beachten gewesen wären und ob aufgrund dieser von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung (und damit auch eines Einreiseverbotes, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung voraussetzt, vgl. dazu VwGH 12.11.2019, Ra 2019/21/0209) Abstand zu nehmen wäre. Ausreichende Feststellungen zum gesamten einzubeziehenden maßgeblichen Fehlverhalten, die eine solche Beurteilung ermöglicht hätten, wurden vom Bundesverwaltungsgericht infolge der Verkennung der Rechtslage nicht getroffen.

35       Das Bundesverwaltungsgericht wird für das fortzusetzende Verfahren aber auch darauf hingewiesen, dass, selbst wenn die aus dieser (oder allenfalls einer anderen für die Einschränkung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bei langjährigem qualifiziert rechtmäßigen Aufenthalt grundsätzlich maßgeblichen) Bestimmung hervorgehende Wertung (wonach nur bei dem darin angeführten Maß einer vom Fremden ausgehenden Gefahr eine aufenthaltsbeendende Maßnahme erlassen werden dürfte, vgl. zum in § 52 Abs. 5 FPG vorgesehenen Gefährdungsmaßstab VwGH 7.10.2021, Ra 2020/21/0363) letztlich im Fall des Revisionswerbers keine Maßgeblichkeit erlangen könnte, es sich anhand der erst konkret festzustellenden Umstände auch eingehend mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinanderzusetzen haben wird, dass er sich seit der im Jahr 2014 erfolgten Verurteilung schon viele Jahre (seit der im Dezember 2014 erfolgten Entlassung aus der Haft) wohlverhalten habe. Soweit das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bloß allgemein auf die Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität verweist, vermögen diese Überlegungen in einem Fall wie dem vorliegenden eine umfassende Befassung mit den fallbezogen relevanten Umständen nicht zu ersetzen. Dass der Revisionswerber das Unrecht seiner früheren Taten bislang nicht erkannt haben mag, darf bei der Entscheidungsfindung zwar berücksichtigt werden. Für sich allein vermag das aber im vorliegenden Fall bei einem sonst gegebenen Wohlverhalten nicht den Ausschlag zu geben.

36       Das gilt sinngemäß auch für den vom Bundesverwaltungsgericht erhobenen Vorwurf, der Revisionswerber sei wegen des Verdachts des Betruges zur Anzeige gebracht worden. Dazu hat das Verwaltungsgericht nämlich überhaupt keine näheren Feststellungen getroffen. Sowohl bei der im Rahmen der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem FPG vorzunehmenden Gefährdungsprognose als auch der Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG darf zwar auch ein vom Strafgericht - allenfalls: noch - nicht geahndetes Fehlverhalten berücksichtigt werden. Dafür bedarf es jedoch entsprechender, in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren getroffener Feststellungen zum Fehlverhalten und nicht bloß zu einer allfällig bestehenden, nicht weiter verifizierten Verdachtslage (vgl. etwa VwGH 18.11.2020, Ra 2020/14/0113, mwN).

37       Weiters hätte das Bundesverwaltungsgericht auf den Umstand, dass der Ehefrau des Revisionswerbers ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EU“ erteilt wurde, Bedacht nehmen müssen. Gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG kann sich eine Abwägung zu Gunsten des Fremden insbesondere dann ergeben, wenn ein Familienleben mit einer Person besteht, die über ein unbefristetes Niederlassungsrecht in Form eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt - EU“ nach § 45 NAG verfügt. In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass dem Zusammenleben mit einem dauerhaft niedergelassenen Ehepartner im Rahmen der Abwägung nach Art. 8 EMRK große Bedeutung zukommt (vgl. etwa jüngst VwGH 11.11.2021, Ra 2019/21/0383, mwN). Darauf, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen es der Ehefrau nach ihrem langen durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet zumutbar wäre, ihr unbefristetes Niederlassungsrecht und die damit verbundenen Ansprüche aufzugeben, um das gemeinsame Familienleben im Herkunftsstaat aufrechtzuerhalten, ist das Bundesverwaltungsgericht nicht eingegangen. Dass aber wiederum jene Begründung, aus der im Ergebnis abgeleitet werden könnte, im öffentlichen Interesse sei die Trennung hinzunehmen, aufgrund einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage an maßgeblichen Mängeln leidet, wurde bereits oben dargelegt.

38       Sohin hat das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis, soweit damit über die Erlassung einer Rückkehrentscheidung abgesprochen wurde und rechtlich davon abhängende Aussprüche getätigt wurden, mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher in diesem Umfang aus dem - vorrangig wahrzunehmenden - erstgenannten Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

39       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Dezember 2021

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200328.L00

Im RIS seit

19.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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