TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/20 Ra 2021/03/0048

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Veröffentlicht am 20.12.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
19/11 Kriegsrecht, Kriegsfolgen
26/02 Markenschutz Musterschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

Kriegsopfer Kriegsgefangene SchutzAbk 1954 Art38
MarkenSchG 1970 §10a
RKG 2008 §5 Abs1
RKG 2008 §8
RKG 2008 §8 Abs1 lita
RKG 2008 §8 Abs1 litd
VStG §44a Z1
VStG §44a Z2
VStG §45
VwGVG 2014 §38
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Österreichischen Rotes Kreuzes in Wien, vertreten durch die Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Rathausstraße 19/DG/53, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 4. März 2021, Zl. LVwG-2021/25/0509-1, betreffend Übertretung des Rotkreuzgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: H M, MBA, in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis vom 27. Jänner 2020 legte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck dem Mitbeteiligten eine Übertretung von § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 5 Rotkreuzgesetz (RKG) zur Last und verhängte über ihn gemäß § 9 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 und § 5 RKG eine Geldstrafe von EUR 500,-- (35 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Auf der Webseite seines Unternehmens sowie dem dazugehörigen Facebook-Auftritt seien „in großer Zahl Fotos abrufbar, auf denen das Rotkreuz-Zeichen, teilweise in Verbindung mit dem Schriftzug ‚österreichisches Rotes Kreuz‘ abgebildet“ seien (die Fotos seien „auszugsweise beigelegt in Beilagenkonvolut ./1 und ./2“).

2        Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Tirol mit dem angefochtenen Erkenntnis statt, behob das Straferkenntnis vom 27. Jänner 2020 und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig.

Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Mitbeteiligte einen Handel als Notfallausstatter mit verschiedenen Produkten betreibe, die einerseits Rettungsinstitutionen für ihren täglichen Einsatz benötigten und andererseits Privatpersonen, Arbeitgeber etc. zur Eigenausstattung für den Bedarfsfall erwerben könnten. Bei der erstgenannten Produktpalette handle es sich um Artikel, die direkt von den jeweiligen Einrichtungen, insbesondere Rotkreuzdienststellen geordert würden, woraufhin die bestellten Produkte mit dem entsprechenden Aufdruck des Roten Kreuzes produziert und an den Besteller ausgeliefert würden. Ein Verkauf von Produkten mit dem Zeichen des Roten Kreuzes an Dritte, „also keine Rotkreuzdienststellen oder Mitglieder des Roten Kreuzes“, erfolge nicht. Seit 1. August 2017 betreibe der Mitbeteiligte einen näher bezeichneten Facebook-Account. Auf diesem sowie auf der Website des Mitbeteiligten seien in großer Zahl Fotos abrufbar, auf denen die vom Mitbeteiligten verkauften Produkte als Referenzen abgebildet seien. Die Produkte reichten von Ausrüstungsgegenständen für Bundesheer und Blaulichtorganisationen, darunter auch solche, auf denen das Rotkreuzzeichen angebracht sei, über Ausrüstungsgegenstände für andere Rettungsorganisationen, Erste-Hilfe-Ausrüstung und Ähnliches. Bei diesen Internetauftritten finde sich nirgendwo das Zeichen des Roten Kreuzes oder die Worte „Rotes Kreuz“ zusammen mit dem „Firmennamen“ (gemeint: der Bezeichnung, unter der das Unternehmen des Mitbeteiligten geführt wird) als Logo.

In der rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich im RKG keine Definition finde, was als „kennzeichenrechtliche Nutzung“ des Zeichens des Roten Kreuzes zu verstehen sei. Im Analogieweg sei daher auf andere Gesetzesmaterien zurückzugreifen, die diesen Begriff regelten. So ergebe sich etwa aus dem UWG und dem Markenschutzgesetz, dass ein wesentliches Element einer Marke oder eines Kennzeichens die Kennzeichenfunktion in Verbindung mit der Herkunftsfunktion sei. Das Kennzeichen müsse demnach geeignet sein, die Ware oder Dienstleistung, für die es genützt werde, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Hinweis auf EuGH 18.6.2002, C-299/99, Koninklijke Philips Electronics NV). Das Kennzeichen diene also dazu, die Waren oder Dienste eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren. Die Kennzeichenfunktion diene dem Schutz der Herkunftsfunktion und der damit verbundenen Vertrauensfunktion (Hinweis auf „OGH 07.07.1997, ÖBl 1998, 182“, gemeint wohl OGH 27.5.1997, 4 Ob 167/97f). Das Kennzeichen bezwecke also, die Waren oder Dienstleistungen ihres Inhabers von gleichen oder gleichartigen anderen zu unterscheiden. Daraus könne abgeleitet werden, dass eine Nutzung als Kennzeichen nur dann gegeben sei, wenn dadurch die Ware eines Unternehmens als von diesem stammend identifiziert werden könne.

Aus den Internetauftritten des Unternehmens des Mitbeteiligten ergebe sich für die abgebildeten Gegenstände mit den dort vorhandenen Aufdrucken der jeweiligen Organisationen nicht der Eindruck, Leistungen dieser Organisationen, wie beispielweise auch Rettungsleistungen, anzubieten. Es sei unzweifelhaft, dass mit den im Internet abgebildeten Produkten Handel betrieben werde. Dieser Umstand eigene sich daher nicht, Verwechslungen oder Irrtümer zu erzeugen. Die abgebildeten Produkte mit den darauf befindlichen Rotkreuzzeichen seien keine Nachahmungen, sondern Originale, die entsprechend der Kundenbestellung hergestellt und übergeben worden seien. Schon aufgrund der Vielfalt der verschiedenen Organisationen, deren Produkte abgebildet seien, wäre es objektiv nicht ableitbar, dass das Unternehmen des Mitbeteiligten selbst Teil dieser Organisationen bzw. des Österreichischen Roten Kreuzes sei. Die abgebildeten Produkte könnten anhand der Fotos nicht als vom Unternehmen des Mitbeteiligten stammend identifiziert werden, sondern würden sich als Teil der jeweiligen Organisation verstehen. Eine Verwechslung mit dem Österreichischen Roten Kreuz und seinen Dienststellen könne daher bei objektiver Betrachtung dadurch nicht abgeleitet werden, ebensowenig ein Hinweis auf eine organisatorische Verbindung mit diesen. Ein Vorsatz des Mitbeteiligten als Beschuldigter, die Öffentlichkeit zu täuschen oder das Ansehen des Zeichens auszunutzen, sei nicht erkennbar. Das Unternehmen verwende in Verbindung mit seiner Firmenbezeichnung nirgendwo das Zeichen oder die Bezeichnung des Roten Kreuzes als Logo, womit es dieses nicht als Kennzeichen genützt habe.

§ 8 Abs. 1 RKG verbiete die Verwendung des Zeichens nur in seiner Funktion als Kennzeichen. Das Unternehmen des Mitbeteiligten habe die abgebildeten Zeichen und Bezeichnungen nicht als Kennzeichen für sich im Sinne des § 8 Abs. 1 RKG genutzt, weshalb die Abbildungen nicht unter das Verwendungsverbot dieser Bestimmung fallen würden. Eine gegenteilige Ansicht hätte zur Folge, dass es allen Medien untersagt wäre, Bilder ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes zu publizieren, auf denen Rotkreuzmitarbeiter bei einem Einsatz in Dienstkleidung mit dem geschützten Zeichen des Roten Kreuzes zu sehen seien.

3        Gegen diese Entscheidung wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis dahingehend abzuändern, dass über den Mitbeteiligten eine angemessene Verwaltungsstrafe nach dem RKG verhängt werde, bzw. das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Zur Begründung der Zulässigkeit bringt das revisionswerbende Österreichische Rote Kreuz vor, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, was unter „Kennzeichen“ bzw. „kennzeichenmäßiger Verwendung“ von Rotkreuzzeichen im Sinne des RKG zu verstehen sei, und ob zur Beantwortung dieser Frage auf das UWG und das Markenschutzgesetz zurückgegriffen werden dürfe. Weiters stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob es für die Annahme einer Verwendung des Rotkreuzzeichens im Sinne des RKG auf das Vorliegen einer Verwechslungs- oder Irrtumsgefahr oder auf eine mögliche Herkunftstäuschung ankomme.

4        Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher er das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgrund des klaren Wortlauts des § 8 RKG verneinte. Im vorliegenden Fall sei keine kennzeichenmäßige Verwendung des Rotkreuzzeichens erfolgt. Der Mitbeteiligte beantragte die Zurück- bzw. die Abweisung der Revision oder aber, wenn der Verwaltungsgerichtshof in der Sache entscheiden sollte, den Ausspruch einer Verwarnung oder Einstellung des Verfahrens. Für den Fall seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit regte der Mitbeteiligte schließlich einen Normprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof an.

5        Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        Die Revision ist im Hinblick auf die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Frage, wann eine Verwendung des Rotkreuzzeichens „als Kennzeichen“ vorliegt, zulässig, da dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt. Sie ist im Ergebnis auch begründet.

7        Artikel 38, 44 und 53 des Genfer Abkommens zur Verbesserung des Loses der Verwundeten und Kranken der bewaffneten Kräfte im Felde vom 12. August 1949 (I. Genfer Abkommen, BGBl. Nr. 155/1953) lauten:

„Das Schutzzeichen

Artikel 38

Zu Ehren der Schweiz wird das durch Umstellung der eidgenössischen Farben gebildete Wappenzeichen des roten Kreuzes auf weißem Grunde als Schutz- und Erkennungszeichen des Sanitätsdienstes der Armeen beibehalten.

Doch sind für die Länder, die an Stelle des roten Kreuzes den roten Halbmond oder den roten Löwen mit roter Sonne auf weißem Grunde bereits als Erkennungszeichen verwenden, diese Schutzzeichen im Sinne des vorliegenden Abkommens in gleicher Weise zugelassen.

[...]

Artikel 44

Das Zeichen des roten Kreuzes auf weißem Grunde und die Worte ‚Rotes Kreuz‘ oder ‚Genfer Kreuz‘ dürfen, mit Ausnahme der in den nachfolgenden Absätzen dieses Artikels erwähnten Fälle, sowohl in Friedens- als in Kriegszeiten nur zur Bezeichnung oder zum Schutze der Sanitätsformationen, der Sanitätsanstalten, des Personals und des Materials verwendet werden, die durch das vorliegende Abkommen oder durch andere internationale Abkommen, welche ähnliche Gegenstände regeln, geschützt sind. Das gleiche gilt hinsichtlich der im Artikel 38, Absatz 2, genannten Schutzzeichen für die Länder, die sie verwenden. Die nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes und die übrigen im Artikel 26 genannten Gesellschaften dürfen das Erkennungszeichen, das den Schutz dieses Abkommens gewährleistet, nur im Rahmen der Bestimmungen dieses Absatzes verwenden.

Die nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes (des Roten Halbmondes, des Roten Löwen mit roter Sonne) dürfen außerdem in Friedenszeiten gemäß den nationalen Gesetzen den Namen und das Zeichen des Roten Kreuzes für ihre übrige den Grundsätzen der internationalen Rotkreuzkonferenzen entsprechende Tätigkeit verwenden. Wird diese Tätigkeit in Kriegszeiten fortgesetzt, so muß das Zeichen unter solchen Voraussetzungen verwendet werden, daß es nicht den Anschein haben kann, als ob dadurch der Schutz des Abkommens gewährleistet werde; das Zeichen muß entsprechend kleiner sein und darf weder auf Armbinden noch auf Dächern angebracht werden.

Die internationalen Rotkreuzorganisationen und ihr gehörig ausgewiesenes Personal sind berechtigt, jederzeit das Zeichen des roten Kreuzes auf weißem Grund zu verwenden.

Ausnahmsweise kann gemäß den nationalen Gesetzen und mit ausdrücklicher Erlaubnis einer der nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes (des Roten Halbmondes, des Roten Löwen mit roter Sonne) das Schutzzeichen des Abkommens in Friedenszeiten verwendet werden, um Ambulanzfahrzeuge und Rettungsstellen kenntlich zu machen, die ausschließlich der unentgeltlichen Pflege von Verwundeten oder Kranken dienen.

[...]

Artikel 53

Der Gebrauch des Zeichens oder der Bezeichnung ‚Rotes Kreuz‘ oder ‚Genfer Kreuz‘ sowie von allen Zeichen und Bezeichnungen, die eine Nachahmung darstellen, durch nach dem gegenwärtigen Abkommen dazu nicht berechtigte Privatpersonen, durch öffentliche oder private Gesellschaften oder Handelsfirmen ist jederzeit verboten, ohne Rücksicht auf den Zweck und auf den etwaigen früheren Zeitpunkt der Verwendung.

Im Hinblick auf die der Schweiz durch die Annahme der umgestellten eidgenössischen Landesfarben erwiesene Ehrung und auf die zwischen dem Schweizerwappen und dem Schutzzeichen des Abkommens mögliche Verwechslung ist der Gebrauch des Wappens der Schweizerischen Eidgenossenschaft sowie aller Zeichen, die eine Nachahmung darstellen, durch Privatpersonen, Gesellschaften oder Handelsfirmen, sei es als Fabrik- oder Handelsmarke oder als Bestandteil solcher Marken, sei es zu einem gegen die kaufmännische Ehrbarkeit verstoßenden Zweck oder unter Bedingungen, die geeignet sind, das schweizerische Nationalgefühl zu verletzen, jederzeit verboten.

Die Hohen Vertragschließenden Parteien, die am Genfer Abkommen vom 27. Juli 1929 nicht beteiligt waren, können jedoch den bisherigen Benützern der im Absatz 1 erwähnten Zeichen, Bezeichnungen oder Marken eine Frist von höchstens drei Jahren seit Inkrafttreten dieses Abkommens einräumen, um diese Verwendung einzustellen, wobei während dieser Frist die Verwendung zu Kriegszeiten nicht den Anschein erwecken darf, als ob sie den Schutz des Abkommen gewährleistet.

Das im Absatz 1 dieses Artikels erlassene Verbot gilt auch für die im Artikel 38, Absatz 2, vorgesehenen Zeichen und Bezeichnungen, ohne jedoch eine Wirkung auf die durch bisherige Benützer erworbenen Rechte auszuüben.“

8        §§ 5, 8 und 9 des Bundesgesetzes über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz - RKG), BGBl I Nr 33/2008, mit denen u.a. die zuvor genannten Bestimmungen der 1. Genfer Konvention umgesetzt wurden, lauten - auszugsweise - wie folgt:

„Kennzeichen

§ 5. (1) Das Kennzeichen des Österreichischen Roten Kreuzes ist das Rote Kreuz auf weißem Grund. Das Österreichische Rote Kreuz ist befugt, dieses Zeichen für alle seine Aufgaben zu verwenden und im Zusammenhang mit diesen Aufgaben andere Personen und Einrichtungen dazu zu ermächtigen.

(2) Das Österreichische Rote Kreuz ist berechtigt, ein Wappen und ein Siegel zu führen, in dem neben dem Zeichen des Österreichischen Roten Kreuzes gemäß Abs. 1 der österreichische Bundesadler sowie die Inschrift ‚Österreichisches Rotes Kreuz‘ aufscheinen.

[...]

Missbräuchliche Verwendung der Zeichen

§ 8. (1) Es ist verboten,

a)   das Zeichen des Roten Kreuzes auf weißem Grund oder die Worte 'Rotes Kreuz' oder 'Genfer Kreuz' in allen Sprachen,

     [...]

d)   Zeichen und Bezeichnungen, die eine Nachahmung der Zeichen und Bezeichnungen nach lit. a) [...] darstellen, die Verwechslungen oder Irrtümer erzeugen könnte oder unberechtigterweise auf eine Verbindung mit dem Österreichischen Roten Kreuz hinweist,

     [...]

     entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle oder als Kennzeichen ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes gemäß § 5 Abs. 1 zu verwenden.

[...]

Verwaltungsstrafen

§ 9. (1) Wer den Bestimmungen des § 8 Abs. 1 und 2 zuwiderhandelt, begeht, sofern nicht ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 360,-- Euro bis 3 600,-- Euro zu bestrafen.

(2) Wer die Tat gemäß Abs. 1 in einer Form begeht, durch die die Verwendung missbräuchlich bezeichneter Gegenstände einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird, ist mit einer Geldstrafe von 800,-- Euro bis 15 000,-- Euro zu bestrafen. [...]

(5) Dem Österreichischen Roten Kreuz kommt im gesamten Verwaltungsverfahren Parteistellung gemäß § 8 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 in der jeweils geltenden Fassung, zu.

[...]“

9        Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (RV 233 BlgNR 23. GP) führen zu den §§ 5, 8 und 9 RKG Folgendes aus (auszugsweise):

„Zu § 5 Abs. 1:

Das Aussehen des Zeichens des Österreichischen Roten Kreuzes wird festgelegt, wie es in Art. 38 des I. Genfer Abkommens beschrieben wird. Das Österreichische Rote Kreuz ist bei der Verwendung dieses Zeichens an die Bestimmungen der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle sowie an die Konferenzbeschlüsse gebunden. In § 5 wird es ermächtigt, die Verwendung des Kennzeichens anderen Personen und Einrichtungen zu gestatten (zu den Begriffen ‚Zeichen‘, ‚Schutzzeichen‘ und ‚Kennzeichen‘ siehe die Erläuterungen zu § 8). Einrichtungen, die vom Österreichischen Roten Kreuz ermächtigt werden, sind wiederum die Landesverbände und Bezirksstellen des Österreichischen Roten Kreuzes sowie Tochtergesellschaften, die Rotkreuzaufgaben ausführen. Möglich ist aber beispielsweise auch eine befristete Ermächtigung an Unternehmen oder Einzelpersonen im Rahmen von Kooperationen, die das Österreichische Rote Kreuz eingeht, um beispielsweise seinen Bekanntheitsgrad zu erhöhen, auf den besonderen Schutz des Rotkreuzzeichens aufmerksam zu machen oder für seine humanitäre Tätigkeit Spenden zu gewinnen.

Der Gebrauch des Rotkreuzzeichens erfolgt dabei immer gemäß den jeweils gültigen ‚Ausführungsbestimmungen zur Verwendung des Wahrzeichens des Roten Kreuzes oder Roten Halbmondes durch die Nationalen Gesellschaften‘, beschlossen von der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz (Wien 1965), revidiert vom Delegiertenrat der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung in Budapest 1991.

[...]

Zu § 8 Abs. 1:

Dieser Absatz enthält jene Verbotsnormen und Sanktionen, die zur Sicherstellung der Erfüllung der Verpflichtungen aus den Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle hinsichtlich des Zeichenschutzes im innerstaatlichen Bereich erforderlich sind.

Das Verbot der Verwendung eines Zeichens als Kennzeichen ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes gemäß § 5 Abs. 1 bezieht sich nur auf das in § 5 Abs. 1 geregelte Zeichen des Roten Kreuz auf weißem Grund in seiner Funktion als Kennzeichen. Die Verwendung der anderen in § 8 Abs. 1 aufgezählten Zeichen - einschließlich des Roten Kreuzes in seiner Funktion als Schutzzeichen - ist daher (nur) entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle verboten, da eine Ermächtigung zur Verwendung durch das Rote Kreuz in diesen Fällen nicht vorgesehen ist.

[...]

Zu § 8 Abs. 1 lit. a:

Die Verwendung des Rotkreuzzeichen wird in den Art. 44 und 53 des I. Genfer Abkommens geregelt.

Hinsichtlich der Verwendung des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzzeichen), die sowohl die Verwendung als Schutzzeichen wie auch als Kennzeichen umfasst, ist allgemein zu bemerken:

Als Schutzzeichen [...]

Als Kennzeichen darf das Rotkreuzzeichen gemäß den Genfer Abkommen sowohl im Frieden wie auch im Kriege vom Österreichischen Roten Kreuz sowie von gemäß § 5 Abs. 1 ermächtigten Einrichtungen, die den Grundsätzen der Internationalen Rotkreuzkonferenzen und den österreichischen Gesetzen entsprechen (Art. 44 Abs. 2 des I. Genfer Abkommens), verwendet werden.

Unterschied zwischen Schutz- und Kennzeichen:

Durch das Schutzzeichen wird der Gegner darauf hingewiesen, dass die mit diesem Zeichen gekennzeichneten Personen oder Sachen den besonderen Schutz der Genfer Abkommen genießen. Das Kennzeichen dagegen gewährt keinen Schutz nach den Genfer Abkommen.

Das Schutzzeichen soll groß und auffällig sein. Das Kennzeichen kann im Frieden beliebig groß gestaltet werden, im Krieg dagegen muss es kleiner sein als das Schutzzeichen und darf weder auf Armbinden noch auf Dächern angebracht sein.

Die Internationalen Rotkreuzorganisationen und ihr gehörig ausgewiesenes Personal sind berechtigt, jederzeit das Zeichen des Roten Kreuzes auf weißem Grund zu verwenden.

[...]

Zu § 9 Abs. 1 und 2:

Die Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften des § 8 Abs. 1 und 2 bildet eine Verwaltungsübertretung.

Die missbräuchliche Verwendung des Rotkreuzzeichens oder anderer geschützter Zeichen - missbräuchlich heißt entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen, insbesondere Art. 44 und 53 des I. Genfer Abkommens - etwa durch Wirtschaftsunternehmen, welche mit Hilfe eines bekannten Zeichens werben und dadurch ihre Reputation verbessern möchten (‚Imagetransfer‘) bzw. dieses als ‚Eyecatcher‘ für Annoncen und TV-Spots verwenden, oder durch Privatpersonen ist jedoch unterschiedlich zu bewerten und führt zur Differenzierung bei den Strafrahmen zwischen schlichter Verwendung und Verwendung im großen Umfang. Der Strafrahmen des Abs. 1 wäre insbesondere bei größeren Unternehmen, die für entsprechende Werbekampagnen Summen von mehreren hunderttausend Euro ausgeben, weitgehend wirkungslos.

[...]

Zu § 9 Abs. 5:

Da die missbräuchliche Verwendung des Rotkreuzzeichens im Frieden für kommerzielle Zwecke nicht nur dessen Bedeutung als Kenn- und Schutzzeichen der Sanitätsdienste in Kriegszeiten untergräbt, sondern auch die des Österreichischen Roten Kreuzes als die gesetzlich anerkannte nationale Rotkreuzgesellschaft selbst, besitzt das Österreichische Rote Kreuz ein rechtliches Interesse am Verwaltungsverfahren. Die häufigen Missbräuche und die oft schwierige Situation auf diesem z.T. völkerrechtlichen Rechtsgebiet machen die Wahrnehmung der Parteistellung im Verwaltungsverfahren unerlässlich. Die Parteistellung des Österreichischen Roten Kreuzes soll die Arbeit der Bezirksverwaltungsbehörden in diesem komplexen Rechtsbereich erleichtern und wesentlich zur Vereinheitlichung der oft divergierenden Rechtsmeinungen in diesem Bereich beitragen. Damit soll einerseits die Rechtssicherheit in diesem Bereich verbessert und andererseits der effektive Schutz des Zeichens gewährleistet werden.“

10       Schutzobjekt nach § 8 Abs. 1 lit. a RKG ist das Kennzeichen des Roten Kreuzes auf weißem Grund, wie es in § 5 Abs 1 RKG bzw. Art 38 des 1. Genfer Abkommens festgelegt ist (vgl. VwGH 24.5.2012, 2011/03/0172).

11       Nach § 8 Abs. 1 lit. a RKG ist es verboten, dieses Zeichen entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen und Zusatzprotokolle oder als Kennzeichen ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes gemäß § 5 Abs. 1 RKG zu verwenden.

12       Im Revisionsfall ist strittig, ob das Zeichen des Roten Kreuzes vom Mitbeteiligten (ohne Ermächtigung der revisionswerbenden Partei) „als Kennzeichen“ verwendet wurde; eine Verwendung des Zeichens (nur) entgegen den Bestimmungen der Genfer Abkommen wird auch in der Revision nicht geltend gemacht. Im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis als Übertretungsnorm lediglich „§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 5 Rotkreuzgesetz“ angegeben hat (anders als in der Aufforderung zur Rechtfertigung, in der konkret auf § 8 Abs. 1 lit. a RKG Bezug genommen wurde), ist zudem klarzustellen, dass - ungeachtet der unterbliebenen Konkretisierung der Übertretungsnorm im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses - im Revisionsfall eine Verwendung des Rotkreuzzeichens (und nicht eine Verwendung einer Nachahmung des Rotkreuzzeichens im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. d RKG) zu beurteilen ist.

13       Die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 Abs. 1 RKG befasste sich überwiegend mit der Frage, wann im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. d RKG eine Nachahmung des Rotkreuzzeichens vorliegt, wobei die Verwendung des jeweils zu beurteilenden Zeichens „als Kennzeichen“ unstrittig war (VwGH 24.5.2012, 2011/03/0172, und VwGH 26.6.2014, 2013/03/0058: jeweils Logo einer GmbH; VwGH 20.6.2012, 2011/03/0189: Schilder zur Kennzeichnung einer Ordination; VwGH 27.1.2016, Ra 2015/03/0092, VwGH 18.10.2016, Ra 2016/03/0071, und VwGH 19.12.2018, Ra2018/03/0129: jeweils Kennzeichen bzw. Logo eines Vereines). Auch in einem Fall, in dem nicht eine Nachahmung des Rotkreuzzeichens zu beurteilen war, sondern die Verwendung des Zeichens selbst, war im Verfahren nicht strittig, dass eine Verwendung als Kennzeichen vorlag (VwGH 25.8.2010, 2010/03/0052; Bewerbung einer Support-Hotline mit dem Zeichen des Roten Kreuzes).

14       Die revisionswerbende Partei macht zusammengefasst geltend, dass der Kennzeichenbegriff im RKG und im Markenschutzgesetz oder UWG nicht miteinander gleichgesetzt werden könne. Im Zusammenhang mit dem RKG sei die Kennzeichenfunktion vor allem von der Schutzzeichenfunktion abzugrenzen, da nur dem Schutzzeichen der Schutz der Genfer Abkommen zukomme. Vereinfacht könne man sagen, dass überall dort, wo das Zeichen des Roten Kreuzes (oder eine Nachahmung) zu sehen sei, aber nicht als Schutzzeichen verwendet werde, eine Verwendung als Kennzeichen vorliege. Die Schutzwürdigkeit des Kennzeichens im RKG gehe weiter als die einer Marke, da dem Zeichen des Roten Kreuzes ein im Interesse der Allgemeinheit gelegener humanitärer Schutz zukomme und nicht nur wirtschaftliche Interessen geschützt würden. Das Zeichen des Roten Kreuzes werde unabhängig vom Kontext, in dem es verwendet werde, geschützt, um seine weltweite und ausschließliche Assoziation mit Schutz- und Kennzeichenfunktion zu sichern. Für die Frage, ob das Rotkreuzzeichen als Kennzeichen im Sinne des RKG verwendet werde, komme es sohin nicht auf eine Verwechslungs- oder Irrtumsmöglichkeit an. Dasselbe gelte für eine mögliche Herkunftstäuschung. Die Prüfung möglicher Verwechslungen sei nur dort vorzunehmen, wo es um die Frage einer Nachahmung des Rotkreuzzeichens gehe. Die Begründung des Verwaltungsgerichtes, wonach die Qualifikation der gegenständlichen Bildveröffentlichungen als verbotswidrig zur Folge hätte, dass Medien ohne Ermächtigung der revisionswerbenden Partei keine Bilder von Rotkreuzmitarbeitern im Einsatz publizieren könnten, sei im Hinblick auf die Zwecke des Rotkreuzzeichens verfehlt. Zwischen dem objektiven Interesse der Berichterstattung und dem subjektiven kommerziellen Interesse eines Unternehmens, das hoffe, durch die Abbildung des Rotkreuzzeichens höhere Umsätze zu erzielen, sei klar zu unterscheiden.

15       Der revisionswerbenden Partei ist zunächst einzuräumen, dass es für die Frage der missbräuchlichen Verwendung des Rotkreuzzeichens im Sinne des § 8 Abs. 1 lit. a RKG (anders als bei der Beurteilung einer Nachahmung nach § 8 Abs. 1 lit. d RKG) nicht auf eine allfällige Verwechslungs- oder Irrtumsgefahr ankommt.

16       Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbildes nach § 8 Abs. 1 lit. a RKG ist vielmehr (nur), dass das Rotkreuzzeichen „als Kennzeichen [...] verwendet“ wird. Dabei ist nicht maßgebend, ob das Zeichen im geschäftlichen Verkehr, etwa zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung im Sinne des § 10a Markenschutzgesetz, oder außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, etwa von Privatpersonen oder nichterwerbswirtschaftlichen Organisationen, benutzt wird, sodass zur Beurteilung der Verwendung des Rotkreuzzeichens „als Kennzeichen“ auch nicht ohne Weiteres auf die zur Benutzung von Marken zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen ergangene Rechtsprechung abgestellt werden kann (vgl. hingegen zur Heranziehung der marken- oder lauterkeitsrechtlichen Rechtsprechung im Hinblick auf eine Verwechslungsgefahr oder Irreführungsmöglichkeit im Fall einer Nachahmung des Rotkreuzzeichens VwGH 24.5.2012, 2011/03/0172).

17       Der durch das RKG gewährleistete Schutz des Rotkreuzzeichens erstreckt sich auf die Verwendung dieses Zeichens als Schutzzeichen einerseits und als Kennzeichen andererseits. Die oben auszugsweise wiedergegebenen Materialien zum RKG (233 BlgNR 23. GP, 9) beziehen sich im Hinblick auf den Gebrauch dieses Zeichens dabei ausdrücklich auf die „Ausführungsbestimmungen zur Verwendung des Wahrzeichens des Roten Kreuzes“, beschlossen von der XX. Internationalen Rotkreuzkonferenz (Wien 1965), revidiert vom Delegiertenrat der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung in Budapest 1991. In Art. 1 dieser Ausführungsbestimmungen heißt es zur Verwendung des Wahrzeichens als Kennzeichen (in Abgrenzung zur Verwendung als Schutzzeichen) wie folgt:

„Das Wahrzeichen wird zur Kennzeichnung verwendet, um die Verbindung von Personen oder Sachen mit der Bewegung zu zeigen.“

18       Der in den Ausführungsbestimmungen enthaltene Kommentar zu Art. 1 der Ausführungsbestimmungen lautet:

„Es gibt also nur ein einziges Wahrzeichen, das in zweierlei Absicht verwendet werden kann: zunächst als sichtbares Merkmal für den Schutz, der den durch das humanitäre Völkerrecht bestimmten Personen und Sachen zugestanden wird [...]. Bei der zweiten Verwendungsart deutet das Wahrzeichen lediglich darauf hin, dass die gekennzeichneten Personen oder Sachen mit der Bewegung verbunden sind.“

19       Das in § 8 Abs. 1 lit. a RKG normierte Verbot, das Zeichen des Roten Kreuzes als Kennzeichen ohne Ermächtigung des Österreichischen Roten Kreuzes zu verwenden, ist daher im Sinne dieser Ausführungsbestimmungen dahin zu verstehen, dass eine Verwendung dieses Zeichens zur Kennzeichnung von Personen und Sachen untersagt ist.

20       Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht die Anbringung des Rotkreuzzeichens auf den vom Mitbeteiligten vertriebenen Produkten zu beurteilen, die nach dem insoweit nicht bestrittenen Vorbringen des Mitbeteiligten aufgrund von Bestellungen der revisionswerbenden Partei bzw. von „Rotkreuzdienststellen“ erfolgte. Auch die revisionswerbende Partei hat nicht vorgebracht, dass die Anbringung des Rotkreuzzeichens auf diesen Produkten ohne Ermächtigung im Sinne des § 5 Abs. 1 RKG erfolgt wäre.

21       Während aber die Anbringung des Rotkreuzzeichens auf den vom Mitbeteiligten vertriebenen Produkten jedenfalls als eine Verwendung dieses Zeichens „als Kennzeichen“ anzusehen sein dürfte (siehe zu den mangelnden näheren Feststellungen aber unten Rn. 23 bis 26), ist dies beim verfahrensgegenständlichen Vorwurf, wonach der Mitbeteiligte das Rotkreuzzeichen als Kennzeichen dadurch verwendet habe, dass er Fotos der mit dem Rotkreuzzeichen gekennzeichneten Produkte abrufbar gehalten habe, nicht ohne Weiteres anzunehmen.

22       Die bloße Abbildung einer zulässigerweise mit dem Rotkreuzzeichen gekennzeichneten Person oder Sache kann nämlich nur dann als nach § 8 Abs. 1 lit. a RKG verbotene Verwendung angesehen werden, wenn sie auch Kennzeichnungswirkung entfaltet, also gerade durch die Abbildung der Eindruck einer Verbindung mit der Rotkreuzbewegung entsteht. Dies wird bei dem vom Verwaltungsgericht herangezogenen Beispiel einer Veröffentlichung von Einsatzfotos mit entsprechend gekennzeichneten Rotkreuzmitarbeitern nicht der Fall sein. Auch zB die Abbildung von (zulässigerweise) mit dem Rotkreuzzeichen gekennzeichneten „Referenzprodukten“ durch deren Hersteller oder Händler in einem Anbot wird in der Regel nicht als Verwendung des Rotkreuzzeichens als Kennzeichen anzusehen sein. Anders kann dies zu beurteilen sein, wenn durch die Abbildung von (zulässigerweise) mit dem Rotkreuzzeichen gekennzeichneten Produkten, etwa in der Werbung, der Eindruck einer Verbindung (des werbenden Unternehmens) mit der Rotkreuzbewegung entstehen kann, wie dies die revisionswerbende Partei der Sache nach im vorliegenden Fall als gegeben ansieht.

23       Eine abschließende Beurteilung durch den Verwaltungsgerichtshof ist aber aus folgendem Grund nicht möglich:

24       Das verwaltungsbehördliche Straferkenntnis hat darauf abgestellt, dass auf der Webseite des Unternehmens des Mitbeteiligten sowie auf dem dazugehörigen Facebook-Auftritt in großer Zahl Fotos abrufbar seien, auf denen das Rotkreuzzeichen, teilweise in Verbindung mit dem Schriftzug „österreichisches Rotes Kreuz“ abgebildet seien; diese Fotos seien „auszugsweise beigelegt in Beilagenkonvolut ./1 und ./2“. Es ist aus den vorgelegten Verwaltungsakten jedoch nicht erkennbar, ob bzw. welche konkreten „Beilagenkonvolute“ dem Straferkenntnis tatsächlich angeschlossen waren, sodass schon deshalb auch nicht nachvollzogen werden kann, welche konkreten Tathandlungen dem Mitbeteiligten vorgeworfen wurden. Der Verwaltungsakt enthält sowohl Screenshots bzw. Ausdrucke, die von der revisionswerbenden Partei gemeinsam mit der Anzeige (als „Beilagenkonvolut 1“ und „Beilagenkonvolut 2“) an die belangte Behörde vorgelegt wurden, als auch solche, die offenbar von der belangten Behörde erstellt wurden, und schließlich zwei Mappen mit der Bezeichnung „Konvolut 1“ bzw. „Konvolut 2“, die erkennbar vom Mitbeteiligten vorgelegt wurden und in denen jeweils Ausdrucke oder Screenshots von der Webseite bzw. vom Facebook-Auftritt des Mitbeteiligten mit Anmerkungen von diesem gesammelt sind; insbesondere das „Konvolut 2“ enthält dabei auch zahlreiche Fotos, auf denen kein Rotkreuzzeichen zu erkennen ist.

25       Das Verwaltungsgericht hat dazu keine weiteren Feststellungen getroffen, sondern sich im Hinblick auf die dem Mitbeteiligten vorgeworfenen Tathandlungen im Wesentlichen auf die Feststellung beschränkt, dass auf dem Facebook-Auftritt sowie auf der Website des Mitbeteiligten „in großer Zahl Fotos abrufbar“ seien, auf denen die vom Mitbeteiligten verkauften Produkte als Referenzen abgebildet seien, darunter auch solche, auf denen das Rotkreuzzeichen angebracht sei. Das Verwaltungsgericht hat damit die Tathandlungen, die dem Mitbeteiligten von der belangten Behörde angelastet worden waren, und auf die sich die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens (gemeint wohl: nach § 45 Abs. 1 Z 1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG) bezieht, nicht in der gebotenen Weise (§ 44a Z 1 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG) konkretisiert. Auch bei einer Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens durch das Verwaltungsgericht nach § 45 VStG in Verbindung mit § 38 VwGVG ist es nämlich - schon wegen der Sperrwirkung der Einstellung für eine allfällige weitere Verfolgung - erforderlich, die Tat, hinsichtlich derer die Einstellung erfolgt (§ 44a Z 1 VStG), ebenso wie die angewendete Übertretungsnorm (§ 44a Z 2 VStG), sofern diese im verwaltungsbehördlichen Straferkenntnis nicht ausreichend bestimmt angegeben sind, zu konkretisieren (vgl. zur Konkretisierung bzw. Korrektur des Spruches auch bei einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtes im Sinne einer Einstellung des Strafverfahrens VwGH 3.2.2020, Ra 2019/04/0116).

26       Damit steht aber nicht abschließend fest, welche konkreten Tathandlungen dem Mitbeteiligten tatsächlich angelastet wurden.

27       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

28       Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen, werden.

29       Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 20. Dezember 2021

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021030048.L00

Im RIS seit

19.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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