Entscheidungsdatum
07.11.2019Norm
LVergabenachprüfungsG NÖ 2003 §6 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch seinen Vergabesenat 1 unter dem Vorsitz von HR Mag. Dr. Becksteiner und Mag. Dr. Schwarzmann als Berichterstatter und HR Mag. Dr. Wessely, LL.M. als weiteren Richter über die mit Schriftsatz vom 23.9.2019 gestellten Anträge der A GmbH & Co KG, ***, ***, vertreten durch B Rechtsanwälte in ***, ***, auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffenden Ausscheidensentscheidung vom 12.9.2019 im Vergabeverfahren, ***, „***_Teilklimatisierung_ELEKTROINSTALLATIONEN“ (Öffentlicher Auftraggeber: Land Niederösterreich, p.A. ***, ***, ***, ***, vertreten durch C Rechtsanwälte GmbH, ***, ***) und auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren zu Recht erkannt:
1. Die Anträge der A GmbH & Co KG auf Nichtigerklärung der ihr Angebot betreffenden Ausscheidensentscheidung vom 12.9.2019 und auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren werden als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§§ 4, 6, 12, 16 und 21 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz
§ 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
Das Land Niederösterreich ist öffentlicher Auftraggeber im Vergabeverfahren „***_Teilklimatisierung_ELEKTROINSTALLATIONEN“, ***. Es handelt sich um ein offenes Verfahren gemäß BVergG 2018 zur Vergabe eines Bauauftrages (Elektroinstallationen für die Modernisierung der Seminarräume inkl. Teilklimatisierung am *** der ***) im Oberschwellenbereich. Die Frist zur Abgabe von Angeboten wurde mit 26.8.2019, 12 Uhr, festgelegt.
Mit Schriftsatz vom 23.9.2019 hat die A GmbH & Co KG (im Folgenden: „Antragstellerin“) folgende Anträge gestellt:
(I.) einen Antrag auf Nichtigerklärung der sie betreffenden Ausscheidensentscheidung vom 12.9.2019
(II.) einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und
(III.) den Antrag, dem Auftraggeber den Ersatz der von der Antragstellerin entrichteten Pauschalgebühren aufzuerlegen.
In der Begründung wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Antragstellerin habe sich an der Ausschreibung beteiligt und ihr Angebot fristgerecht am 26.8.2019 mit einer Gesamtauftragssumme von 777.620,38 Euro netto abgegeben. In der Ausschreibung sei angeführt, dass als Beilagen K3, K4 und K7-Blätter für wesentliche Positionen (im LV mit „W“ markiert) vorzulegen seien. Die Antragstellerin habe keine K4-Blätter vorgelegt, weil sie der Ansicht sei, dass sich die K4-Blätter in den K7-Blättern widerspiegelten. Die K4-Blätter stellten gegenüber den K7-Blättern nur einen Teilbereich des Anbots dar, weil in den K4-Blättern die Materialpreise aufgelistet seien und in den K7-Blättern eine Zusammenfassung der Materialpreise, Lohnpreise und damit die Kalkulation des Gesamtpreises erfolge. Im K7-Blatt seien jedenfalls alle Positionen, die im Leistungsverzeichnis mit „W“ markiert seien, angeführt. Am 12.9.2019 sei die Antragstellerin vom Auftraggeber verständigt worden, dass ihr Angebot ausgeschieden worden sei, weil die unter Punkt 2.2.4 der Besonderen Vertragsbestimmungen (BVB) geforderten K4-Blätter nicht mit dem Angebot abgegeben worden seien, was einen unbehebbaren Mangel darstelle. Diese gesondert anfechtbare Entscheidung werde zur Gänze angefochten. Eine Zuschlagsentscheidung sei bis dato nicht erfolgt bzw. sei eine solche nicht an die Antragstellerin zugestellt worden. Der Antragstellerin entgehe durch die Nichtdurchführung dieses Auftrages ein Gewinn, darüber hinaus erwachse ihr durch die Kosten der Anbotslegung ein Schaden und entstehe durch die Nichterwirtschaftung von Deckungsbeiträgen ein Schaden. Zudem handle es sich beim Auftraggeber um einen wichtigen Referenzauftraggeber. Der Antragstellerin entgehe durch die rechtswidrige Ausscheidung die Möglichkeit auf die Erlangung eines weiteren wichtigen Referenzprojekts für künftige Vergabeverfahren. Bei rechtskonformem Vorgehen hätte der Auftraggeber das Angebot der Antragstellerin nicht ausscheiden dürfen und die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin treffen müssen.
Sie erachte sich in ihren Rechten auf Durchführung eines vergaberechtskonformen Vergabeverfahrens sowie einer ausschreibungs- und vergaberechtskonformen Angebotsprüfung, auf Nichtausscheiden von Angeboten mit behebbaren Mängeln ohne Möglichkeit der Mängelbehebung, auf ausschreibungskonforme Ermittlung des Bestbieters und auf Zuschlagserteilung bei Vorliegen der geforderten Voraussetzungen verletzt. Die Antragstellerin habe sich durch die Nichtabgabe der K4-Blätter keinen Vorteil verschafft. Es hätte bei einer vertieften Angebotsprüfung allenfalls eine Nachforderung der K4-Blätter geben können. Die Materialpreise würden 1:1 in die K7-Blätter übernommen, weshalb K4-Blätter obsolet seien. Es sei nicht bemängelt worden, dass aus dem K7-Blatt irgendeine Information nicht hervorgehe. Für den Fall, dass die ausschreibende Stelle tatsächlich noch K4-Blätter als notwendig befunden hätte, hätte es sich um einen behebbaren Mangel gehandelt. Die K4-Blätter hätten mit den Materialpreisen im K7-Blatt selbstverständlich übereinstimmen müssen. Eine Beurteilung des Angebotspreises allein mit den K7-Blättern sei vollkommen ausreichend gewesen. Die Vorlage von K4-Blättern sei objektiv nicht notwendig, um das Angebot der Antragstellerin zu prüfen. Des Weiteren sei im Leistungsverzeichnis nicht angeführt, dass es bei Nichtvorlage der K4-Blätter zu einer Ausscheidung komme. In den Besonderen Vertragsbedingungen sei festgehalten: „Wenn dies im Zuge der Angebotsprüfung oder während der Ausführung vom AG gefordert wird, sind vom Bieter bzw. AN weitere Kalkulationsgrundlagen oder K-Blätter vorzulegen.“ Weiters sei die Abgabe von K4-Blätter im Baunebengewerbe unüblich.
Die Antragstellerin wäre Bestbieterin gewesen und hätte daher den Zuschlag erhalten müssen. Die Begründung für das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin sei nicht ausreichend. Die Verbesserung des Mangels hätte keinesfalls zu einer materiellen Verbesserung der Wettbewerbsstellung gegenüber den Mitbietern geführt. Der Auftraggeber habe durch die K7-Blätter ohnehin bereits alle Informationen über die Preiskalkulation erhalten. Mängel, die weder preis- noch leistungsändernd wirkten, seien jedenfalls behebbar. Die nachträgliche Mängelbehebung hätte im vorliegenden Fall den Wert der angebotenen Leistung nicht beeinflusst.
Der Auftraggeber hat auftragsgemäß seinen Akt vorgelegt und mit Schriftsatz vom 25.9.2019 im Wesentlichen wie folgt Stellung genommen: Am Vergabeverfahren hätten sich 5 Bieter beteiligt. Das Angebot der Antragstellerin sei am 12.9.2019 ausgeschieden worden. Eine Zuschlagsentscheidung sei noch nicht erfolgt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat mit Beschluss vom 27.9.2019 den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen, da einerseits die darin beantragte vorläufige Maßnahme, nämlich der Antragstellerin zu untersagen, den Zuschlag zu erteilen, nicht im Sinne des § 14 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz geeignet ist, um eine Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern und es andererseits der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 8.8.2019, Ro 2018/04/0020, und VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0029) entspricht, dass der Antragstellerin, hinsichtlich derer die Ausscheidensentscheidung (durch die Einleitung des Nachprüfungsverfahrens) noch nicht bestandfest ist, die Stellung eines „im Vergabeverfahren verbliebenen Bieters“, dem gemäß § 143 Abs. 1 BVergG 2018 die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen ist, zukommt, sodass ihr keine unmittelbare Schädigung (vgl. § 14 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz) droht, und durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung keine bessere Rechtsposition eingeräumt werden soll als den übrigen im Verfahren verbliebenen Bietern.
In einem weiteren Schriftsatz vom 7.10.2019 hat der Auftraggeber im Wesentlichen vorgebracht, dass mit dem Angebot die Kalkulationsformblätter K3, K4 und K7 vorzulegen gewesen seien, die Antragstellerin aber lediglich die K3- und K7-Blätter vorgelegt habe und das K4-Blatt dem Auftraggeber bis heute nicht vorliege. Die Ausschreibungsunterlagen seien bestandfest. Aufgrund der Festlegung, dass dem Angebot die K3-, K4- und K7-Blätter für Positionen, die im Leistungsverzeichnis als wesentlich („W“) gekennzeichnet sind, beizugeben seien, seien aufgrund des objektiven Erklärungswerts dieser Festlegung auch K4-Blätter für die wesentlichen Positionen vorzulegen. Der Inhalt des K4-Blatts sei eindeutig in der ÖNORM B 2061 festgelegt. Das Angebot der Antragstellerin sei als unvollständig und daher mangelhaft zu qualifizieren. Richtig sei, dass das Fehlen des K4-Blattes in der Ausschreibung nicht mit einer ausdrücklichen, sofortigen Ausscheidenssanktion verknüpft worden sei. Angebotsmängel seien als unbehebbar zu qualifizieren, wenn deren Behebung zu einer Veränderung der Wettbewerbsstellung führen könne. Bei der Ausschreibung von Bauaufträgen seien standardmäßig zur Überprüfung der Kalkulation die Kalkulationsformblätter K3, K4 und K7 gemeinsam mit dem Angebot abzugeben. Die Angaben in den Kalkulationsformblättern dienten als Kalkulationsgrundlagen für die Herleitung von Mehrkostenforderungen der Höhe nach. Diese seien daher nicht nur für die Überprüfung der Nachvollziehbarkeit der Angebotspreise, sondern auch für die Preisermittlung eines Nachtrags relevant. Im K4-Blatt würden die Materialpreise ermittelt. Dieses Formblatt diene dazu, die einzelnen Kosten iZm dem Material gesplittet darzustellen, um dadurch einen Überblick über die verschiedenen Kostenteile zu bekommen. Es enthalte Spalten für die Materialbezeichnung, Lieferer und Ort, Einheit, Preis ab Lieferer, Antransport zum Bau, Materialkosten frei Bau als Summe der beiden vorgehenden Spalten, Ladearbeiten und Manipulation unterteilt in Stunden pro Einheit und Betrag pro Einheit, Verlust unterteilt in Prozent und Betrag pro Einheit, Materialkosten und Materialpreis. Die letzten beiden Spalten seien in Lohn, Sonstiges und Gesamt unterteilt. Die Materialkosten seien die dem Bieter erwachsenden Kosten, der Materialpreis umfasse die Kosten zuzüglich des Gesamtzuschlages. Das Formblatt K4 stelle somit die Preisgrundlagen (Kostenkomponenten) des angebotenen Materials dar.
Das Kalkulationsformblatt K7 enthalte die Aufgliederung der Einheitspreise einzelner Positionen in die Anteile Lohn und Sonstiges sowie den Betrag des Einheitspreises. Nur die letzten drei Spalten der K4-Blätter entsprächen dem Inhalt der K7-Blätter. Die Aufgliederung der Materialkosten fehle in den K7-Blättern zur Gänze. Die Kalkulationsformblätter K4 enthielten daher wesentlich detailliertere Informationen hinsichtlich der kalkulatorischen Herleitung der Preise für das Material. In den K7-Blättern seien somit nicht alle Informationen aus den K4-Blättern zur Herleitung der Materialpreise enthalten. Die somit im Angebot der Antragstellerin fehlenden Informationen zur Herleitung der Materialpreise könnten daher jedenfalls aus den folgenden Gründen wettbewerbsrelevant sein: Zum einen sei in der Ausschreibung festgelegt, dass die ÖNORM B 2110 idF vom 15.3.2013 gelte und der Auftragnehmer Angebote für Zusatzaufträge und Auftragserweiterungen auf Grundlage des Hauptauftrages übernehmen müsse. Gemäß Pkt 7.4.2 der ÖNORM B 2110 seien neuen Preise bei Leistungsabweichungen auf Preisbasis des Vertrages und – soweit möglich - unter sachgerechter Herleitung von Preiskomponenten (Preisgrundlagen des Angebotes) sowie Mengen- und Leistungsansätzen vergleichbarer Positionen des Vertrages zu erfolgen. Für die Bestimmung der Höhe von Nachtragsforderungen des Auftragnehmers seien also die Kalkulationsgrundlagen des Angebotes (die sogenannte „Ur-Kalkulation“) heranzuziehen. Durch die nachträgliche Abgabe des K4-Blattes könnten daher die Aufgliederungen zur Optimierung von Nachträgen (aus Sicht der Antragstellerin) noch nachträglich vorgenommen werden.
Wenn ein Bieter bereits aus dem Angebotsöffnungsprotokoll erkenne, dass er in sehr aussichtsreicher Position für die Erlangung des Zuschlages sei, könnte der Bieter durch das Nachreichen von Kalkulationsformblättern sein Angebot nachträglich noch wirtschaftlich aufbessern. Weiters sei nach der Rechtsprechung des VwGH bereits die geringfügige Änderung bzw. Verbesserung eines K3-Blattes unzulässig. Aus einem Größenschluss ergebe sich, dass jedenfalls auch die vollständige Nachreichung eines fehlenden Kalkulationsformblattes, in der noch viel umfangreichere Änderungen möglich seien, unzulässig ist. Würde man eine vollständige Nachreichung einer geforderten Unterlage zulassen, würde der „Rechtsverletzer“ besser gestellt werden als derjenige, der die Festlegung der Ausschreibung zur Vorlage eines Kalkulationsformblattes grundsätzlich eingehalten habe, jedoch einen geringfügigen Fehler bei der Erstellung begangen habe. Die Nichtabgabe der Kalkulationsformblätter K4 mit dem Angebot sei also als unbehebbarer Mangel zu qualifizieren. Das Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin sei daher zu Recht erfolgt, und der Auftraggeber habe die Antragstellerin auch nicht zur Verbesserung des Mangels auffordern dürfen.
Mit Schriftsatz vom 29.10.2019 hat die Antragstellerin im Wesentlichen repliziert, dass nicht einmal für alle Positionen, sondern nur für jene, die im Leistungsverzeichnis als wesentlich („W“) gekennzeichnet sind, K4-Blätter gefordert worden seien. Es müsse aber für alle Positionen ein Aufschlag kalkuliert werden. Ein K4-Blatt für mit „W“ gekennzeichnete Positionen könnte daher von Vornherein nur einen Teil der Aufschlagsberechnung wiedergeben. lm K7-Blatt werde aber eine Aufschlagdarstellung für das gesamte Material und alle Lohnpositionen gefordert; ein eklatanter Widerspruch, der durch nichts zu rechtfertigen sei. In drei verschiedenen Varianten werde in den Vertragsbestimmungen gefordert, was alles an Nebenleistungen zu berücksichtigen sei; dabei werde aber nicht erwähnt, welche Variante für das K4-Blatt zu berücksichtigen sei. Es sei somit jede irgendwie denkbare Nebenleistung zu übernehmen und einzukalkulieren. Für diese Einzelleistungen gebe es bei den K4-Blättern gar keine ausreichenden Spalten. Das K4-Blatt kann daher nur dafür herangezogen werden, daraus zu entnehmen, wie hoch der Gesamtaufschlag sei. Der Gesamtaufschlag für das Material gehe einerseits bereits aus dem K3-Blatt hervor, in dem auch das Material kalkuliert sei, andererseits aus dem K7-Blatt. Das fehlende K4-Blatt habe daher in keiner Weise eine Auswirkung auf die Beurteilung des Angebots der Antragstellerin, weil aus dem K3- und dem K7-Blatt der Aufschlag in der einzig möglichen Form, nämlich als Gesamtaufschlag hervorgehe und nicht verändert werden könne. Es würde sich beim K4-Blatt um eine Scheinaufstellung handeln, die einerseits von Produkt zu Produkt und andererseits von Menge zu Menge voneinander abweichen müsste. Alle Varianten darzustellen sei technisch und wirtschaftlich nicht zumutbar. lm K7-Blatt sei ausdrücklich der Aufschlag für die Materialien durchgehend mit 25 % angeführt. Wenn somit alle Nebenleistungen enthalten seien und diese Nebenleistungen von Produkt zu Produkt verschieden sein können, könne es letzten Endes nur um einen Gesamtaufschlag gehen, der der Beurteilung zu unterziehen sei. Es hätte daher das K4-Blatt keine ergänzenden Informationen für den Auftraggeber geboten. Nachdem sämtliche Nebenleistungen im Materialpreis einkalkuliert werden müssten, allerdings wesentlich mehr Einzelleistungen gefordert würden, als üblicherweise Spalten im K4-Blatt enthalten seien, hätte im K4-Blatt auch wieder nur eine Zusammenfassung des Gesamtaufschlags ausgewiesen werden können. Es gebe keinen denkmöglichen Fall, bei dem aus dem K4-Blatt ein Rückschluss auf alle Einzelleistungen beim Material gezogen werden kann. Wenn alle Nebenleistungen einzukalkulieren seien und sich die Wertigkeit bei den Nebenleistungen unterscheiden könne, dann könne nur der Gesamtaufschlag, der ausgewiesen und bekannt sei, für neues oder anderes Material herangezogen werden. Wenn unter Position 001502B des LV angeführt sei: „Dem AN obliegt die Lieferung der erforderlichen Baustoffe und Materialien samt Frachten. Zölle, Transporte etc. zu und an der Baustelle und bis zu Einbaustelle und von der Baustelle ohne gesonderte Verrechnung“, so bleibe im K4-Blatt kein Raum für irgendeine Position, die gesondert ausgeworfen werden könne, insbesondere nicht für „etc“. Der Auftraggeber habe praktisch einem Angebotssteller durch die ganz detailliert beschriebenen Leistungsumfänge überhaupt die Möglichkeit genommen, dass im K4-Blatt detailliert jede Einzelleistung aufgesplittet werde.
Es gebe keinen konkreten Fall, indem eine Auswirkung auf die Höhe einer konkreten Nachtragsforderung durch ein fehlendes K4-Blatt gegeben ist, weil eine objektive Preisbildung durch ein detailliertes K4-Blatt durch die übrigen Vertragsbedingungen, wonach alle Nebenleistungen einzukalkulieren seien, verhindert werde. Der Gesamtaufschlag sei bekannt und dürfe nicht verändert werden. Die Behauptung, dass beim Nachtragsangebot durch die Nichtvorlage eines K4-Blattes irgendein geänderter Aufschlag verrechnet werden könne, führe sich dadurch ad absurdum, dass für sämtliche Materialpositionen der gleiche Aufschlag im K7-Blatt enthalten ist. Es gebe keine unterschiedlichen Aufschläge, sodass auch bei einer Leistungsänderung die aufgeschlagenen 25 % verlangt werden könnten und nicht mehr. Irgendeine Manipulation in irgendeine Richtung sei ausgeschlossen. Somit sei der Mangel, soweit er überhaupt vorliege, behebbar gewesen, und es hätte sich keine Verbesserung der Position der Auftragnehmerin dadurch ergeben. In den Vertragsbedingungen sei keine Bestimmung enthalten, die als Konsequenz für das nicht vorgelegte K4-Blatt das Ausscheiden des Angebots vorsehe. Wenn das Ausscheiden nicht ausdrücklich vorgesehen sei, sei der Auftraggeber verpflichtet, sollte das K4-Blatt tatsächlich als wesentlich für die Beurteilung des Angebots angesehen werden, dieses nachzufordern. Alternativ dazu hätte er in der Ausschreibung anführen können, dass die Nichtvorlage von K-Blättern ein unbehebbarer Mangel wäre. Auch das sei nicht in den Vertragsbestimmungen festgehalten. Es fehlten daher eindeutige Konsequenzen in den
Vertragsbestimmungen, die ein Ausscheiden des Angebots der Antragstellerin ohne Verbesserungsmöglichkeit von fehlenden Unterlagen festlegen. Damit sei die Ausscheidung des Angebots der Antragstellerin nicht gerechtfertigt.
Am 4.11.2019 hat das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der eine Beweisaufnahme durch Einsicht in den Nachprüfungsakt, die Vergabeunterlagen und die ÖNORM B2061 sowie durch Vorbringen der Rechtsvertreter der Antragstellerin und des Auftraggebers erfolgte und die Rechtssache ausführlich erörtert wurde.
Der Vertreter des Auftraggebers entgegnete der Replik vom 29.10.2019, dass die Antragstellerin Zweck und Inhalt eines K4-Blattes, das insbesondere eine Aufgliederung der Materialkosten zu enthalten habe, verkenne. Der Vertreter der Antragstellerin brachte vor, dass aus dem K4-Blatt keine zusätzlichen Erkenntnisse zum K3- und K7-Blatt gewonnen werden könnten.
Der Vertreter des Auftraggebers brachte zur Frage, welche Rolle bei einem Auftrag wie dem gegenständlichen die nicht aus dem K7-Blatt ermittelbaren Spalten des K4-Blattes (Antransport zum Bau, Ladearbeiten und Manipulation, Verlust) spielen, vor, dass es z.B. einen Verschnitt bei Kabeln, Kanälen, Kantenschutz, Kabeltassen, Konsolen etc. gebe, der nach Erfahrungen zu ermitteln sei. Der „Preis ab Lieferer“ könne auch geschätzt sein. Bei Massenware wie den gegenständlichen Artikeln spielten die Positionen Antransport bzw. Ladearbeiten und Manipulation deshalb eine Rolle, weil die Ware an der Baustelle übernommen und zwischengelagert werden müsse.
Seitens der Antragstellerin wurde vorgebracht, dass diese Nebenkosten allesamt in den Materialkosten enthalten seien und der Lieferant direkt an die Baustelle liefere. Auf die Frage, warum eigentlich das K4-Blatt nicht vorgelegt worden sei, wo es doch nur um 15 wesentliche Positionen gehe, wurde geantwortet: „Weil alles aus dem K7-Blatt im Zusammenhang mit dem K3-Blatt ermittelt werden kann.“ Der Umfang der Nebenleistungen sei wesentlich größer als die im K4-Blatt angeführten Spalten, weil in der Ausschreibung selbst gefordert worden sei, dass alle Nebenleistungen einzukalkulieren seien. Alle Nebenleistungen seien in den Positionen „Lohn“ und „Gesamtzuschlag“ abgebildet. Nachdem der Aufschlag bei sämtlichen Materialien gleich hoch sei, sei auch im Nachhinein ein Wettbewerbsvorteil nicht möglich.
Der Vertreter des Auftraggebers entgegnete, dass Nebenleistungen nicht im Gesamtzuschlag abgebildet werden dürften und dies Punkt 6.1 der ÖNORM B2061 widerspreche. Komponenten wie „Liefern“ oder „Verschnitt“ seien nicht Teil des Gesamtzuschlages. Im K7-Blatt sei keine Aufgliederung, wie im K4-Blatt gefordert, erfolgt.
Der Vertreter der Auftraggeberin erklärte, dass z.B. die Position 09.25.07D im Leistungsverzeichnis (Kabelrinnen) in Metern anzugeben sei. Solche Kabelrinnen würden in einer gewissen Länge geliefert und es ergebe sich ein gewisser Verschnitt, sodass im K4-Blatt unter Berücksichtigung von Verschnitt die Umrechnung von Stückpreis auf Meterpreis erfolge. Für den Auftraggeber seien die Informationen aus dem K4-Blatt deswegen so wichtig, damit im Falle einer Leistungsänderung die entsprechenden Mehr- bzw. Minderpreise plausibel ermittelt werden könnten.
Der Rechtsvertreter der Antragstellerin entgegnete, dass unter dieser Position 09.25.07D bei den Kabelrinnen ein Angebot über eine Gesamtlänge von 260 m gefordert werde, im K4-Blatt aber nur ein Meter-Preis aufzulisten und eine Umrechnung von Stück auf Meter mangels Spalten gar nicht möglich sei. Die Antragstellerin könne einen Verlust bzw. Verschnitt auch in den Geschäftsgemeinkosten aufnehmen kann, zumal der Umfang von vornherein nicht feststehe. Eine hypothetische Annahme im K4-Blatt würde keine Abbildung der Wirklichkeit ergeben.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat wie folgt erwogen:
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die verfahrensgegenständliche Ausschreibung von keiner Seite angefochten worden ist, dass die Antragstellerin am letzten Tag der Angebotsfrist (26.8.2019) ein Angebot abgegeben hat, dass sie diesem zwar die Kalkulationsformblätter K3 und K7, aber bewusst kein K4-Blatt beigelegt (und ein solches bis dato nicht abgegeben) hat, dass ihr Angebot bei der Angebotsöffnung jenes mit der geringsten Angebotssumme war und dass es aber vom Auftraggeber ausgeschieden wurde, ohne dass sie zuvor zur Nachreichung des K4-Blattes aufgefordert worden wäre.
In der Ausschreibung heißt es wörtlich u.a. wie folgt:
1.10 Ausscheiden von Angeboten
Angebote, die einen Ausscheidensgrund nach § 141 BVergG 2018 verwirklichen, werden vom weiteren Vergabeverfahren ausgeschieden. Weiters können auch Angebote von Bietern ausgeschieden werden, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangten Aufklärungen zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt (§ 141 Abs 2 BVergG 2018).
2.2.4 Kalkulationsunterlagen
Die Kalkulation des Bieters hat der ÖNORM B 2061 zu entsprechen. Folgende Kalkulationsformblätter sind bereits dem Angebot beizugeben: K3-, K4- und K7-Blätter für Positionen, die im Leistungsverzeichnis als wesentlich („W“) gekennzeichnet sind. Wenn dies im Zuge der Angebotsprüfung oder während der Ausführung vom AG gefordert wird, sind vom Bieter bzw AN weitere Kalkulationsgrundlagen oder K-Blätter vorzulegen. Die Formblätter K7 haben eine Detailkalkulation zu enthalten, die (soweit zutreffend) alle Personal-, Material-, Geräte-, Fremdleistungs- und Kapitalkosten sowie die entsprechenden Aufwands- und Verbrauchsansätze und etwaige Zuschläge ausweist. (…) Angebote für Zusatzaufträge und Auftragserweiterungen (zB durch Vermehrung der Massen) muss der AN auf der Grundlage des Hauptauftrages übernehmen und sind rechtzeitig und vollständig (unter Beilage von K-Blättern, Preisnachweisen, etc) einzureichen, um dem AG im Hinblick auf den weiteren Baufortschritt eine zeitgerechte schriftliche Beauftragung zu ermöglichen. (…)
2.2.9 Leistungsumfang
(…) Wenn nicht anders angegeben, zählen zum Leistungsumfang neben den im Leistungsverzeichnis beschriebenen Angaben über die jeweiligen Leistungen (zB Bauteil, Ausführung, Bauart, Baumaterial und Abmessungen) auch etwaige in Betracht kommende gesetzliche und behördliche Vorschriften, Ausführungsbestimmungen der im ÖNORM-Verzeichnis enthaltenen Normen und sonstige technische Spezifikationen, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen unter Beachtung der Rangfolge. (…) Wenn nicht anders angegeben, umfassen alle beschriebenen Leistungen auch das Liefern der dazugehörigen Materialien/Erzeugnisse/Typen einschließlich Abladen, Lagern und Fördern (Vertragen) bis zur Einbaustelle. Wenn ausdrücklich nur das Liefern vereinbart ist, gilt der Transport bis zur vereinbarten Lieferadresse und das Abladen im Einheitspreis als einkalkuliert. Wenn ausdrücklich nur das Verarbeiten, Versetzen beziehungsweise Montieren von Materialien/ Erzeugnissen/Typen vereinbart ist, ist das Fördern (Vertragen) von der Lagerstelle beziehungsweise von der Abladestelle bis zur Einbaustelle im Einheitspreis der zugehörigen Verarbeitungs-, Versetz- oder Montageposition einkalkuliert. Ein vom AG angeordnetes etwaiges Zwischenlagern ist in gesonderten Positionen geregelt. (…)
Im Leistungsverzeichnis heißt es unter Position 00.15.02B („Material“) wie folgt: Dem AN obliegt die Lieferung der erforderlichen Baustoffe und Materialien samt Frachten, Zölle, Transporte, etc. zu und an der Baustelle und bis zur Einbaustelle und von der Baustelle ohne gesonderte Verrechnung.“
Folgende 15 Positionen sind im Leistungsverzeichnis als wesentlich („W“) gekennzeichnet:
05.65.52M WAB-RZL-IP P-LED BASCH+ELÜW 8,00 Stk.
(Rettungszeichen-Systemleuchten höherer Schutzart für Wandanbau (WAB-RZL-IP) mit Power LED (P-LED) weiß und Piktogramm(en) sowie Betriebsartenumschaltung von Bereitschaft/Dauer/geschaltetes Dauerlicht (BASCH) und zur Einzelleuchtenüberwachung (ELÜW))
05.65.60S DAB-RZL-IP P-LED BASCH+ELÜW 28,00 Stk.
(Rettungszeichen-Systemleuchte höherer Schutzart für Deckenanbau (DAB-RZL-IP) mit Power-LED (P-LED) weiß und Piktogramm(en) sowie Betriebsartenumschaltung von Bereitschaft/Dauer/geschaltetes Dauerlicht (BASCH) und zur Einzelleuchtenüberwachung (ELÜW))
06.13.82L FI/LS-Schalter A 2pol.C 16A/0,03A 32,00 Stk.
(Kombinierter Fehlerstrom- und Leitungsschutzschalter, pulsstromsensitiv Typ A,
zweipolig schaltend, zumindest einpolig geschützt (2pol.), bedingt stoßstromfest bis 250 A)
08.08.01I Energieerdkabel iK (1,850) 1x185 500,0 m
(Energieerdkabel einadrig, kunststoffisoliert, in Künette)
08.37.03B Energieleitung LS0H TS (0,075) 3x2,5 3.000,0 m
(Energieleitung 500 V dreiadrig, LS0H, auf Tragsystem)
08.50.03A Energiekabel E30 TSE (0,045) 3x1,5 320,0 m
(Energiekabel dreiadrig E 30-isoliert für Verlegung in Tragsystem mit integriertem
Funktionserhalt (TSE))
9.10.15A UP Geräte-Leerdose m. Stemm Bestand 31,0 Stk.
(UP Gerätedose liefern und in Bestandsmauerwerk einstemmen)
09.15.11I LFK LS0H H40 B60 40,00 m
(Leitungsführungskanal in der Ausführung LS0H)
09.20.07T Bodendose 2f Schuko mit Klappdeckel 192 Stk.
(Universaldose leer, zu bodenüberdecktem Unterflur-Installationskanal, geschlossen mit Montageschutzdeckel, Metallrahmen mit stufenloser Höhennivellierung und eventuell erforderlichem Höhenausgleichsrahmen zum Ausbau als Zug- oder Gerätedose)
09.25.07D Kabelrinne 1,1kN/m an Profil H60 B300 260,00 m
(Kabelrinnen, Gitter-Kabelrinnen und Kabelleitern sind in verzinkter Ausführung, ohne besondere Anforderungen an den Korrosionsschutz, in den angegebenen Richtmaßen für Höhe (H) und Breite (B) mittels Konsolen, entweder direkt oder an Tragprofilen (in eigenen Positionen) wie Hängestielen oder Ankerschienen verlegt. Bei der angegebenen Streckenlast werden die Herstellerangaben über den zulässigen Stützabstand eingehalten. In die Einheitspreise der Kabelrinnen, Gitter-Kabelrinnen und Kabelleitern sind Konsolen, Verbindungs- und Befestigungsmaterial sowie Elemente für den Kantenschutz einkalkuliert. In der Variante nach Plan sind in die Einheitspreise der Tragsysteme zusätzlich, wie ausbeiliegenden Planunterlagen ersichtlich, auch benötigte Formstücke, Gehrungsschnitte und Tragprofile (z.B. Ankerschienen und Hängestiele) einkalkuliert)
09.37.45C Brandschutzbandage KT 300 270,00 m
(im Brandfalle aufschäumende Kabelbandage, zur Verhinderung der Brandausbreitung über Kabel, Kabelbündel und Kabeltrassen,
keine gesonderten Abhängungen erforderlich, inkl. systemspezifischen
Montagezubehör). Die Einheitspreise sind je lfm Kabeltasse in angegebener Breite zu kalkulieren, z.B.: Brandschutzbandage KT 300 = Preis für Brandschutzbandage je lfm KT 300 oder vergleichbares Tragsystem (Steigleiter, etc.)
10.24.55B UP-KNX-Raumcontroller 4fach 17,00 Stk.
(Unter-Putz-KNX-Gerät, ausgeführt als UP-BUS-Ankopplereinsatz und einem Kombigerät bestehend aus Temperatursensor, Raumtemperaturregler, Display und angegebenen Tastsensoren (Raumcontroller))
10.24.72A KNX-Präsenzmelder 360° 23,00 Stk.
(KNX-Gerät, ausgeführt als Präsenzmelder 360° einschließlich BUS-Ankoppler)
11.32.05A EBL SEK 3650lm LED 178,00 Stk.
(Einbauleuchte in Sekundärtechnik (SEK) mit Diffusor (Diff.))
21.11.21B Rauch- u. Wärmemelder 1.330,00 Stk.
(Optischer Rauchmelder, einschließlich Sockel und Standard-Montageteile)
Im von der Antragstellerin mit dem Angebot vorgelegten K3-Blatt ist in Zeile T ein Gesamtzuschlag ausgewiesen; im vorgelegten K7-Blatt sind für 14 wesentliche Positionen (die Position 09.37.45C Brandschutzbandage KT 300 fehlt) Angebote in der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Einheit (Stück oder Meter) mit Aufgliederung in Preisanteil Lohn (hergeleitet aus dem kalkulierten Zeitaufwand (in Minuten) für die Erbringung der betreffenden Leistung zuzüglich dem aus dem K3-Blatt abgeleiteten Gesamtzuschlag) und Preisanteil Sonstiges enthalten, aber keine aufgegliederte Herleitung der Einzelmaterialkosten. Im Angebot der Antragstellerin sind Nebenleistungen in den Positionen „Lohn“ und „Gesamtzuschlag“ abgebildet.
In der ÖNORM B 2061 („Preisermittlung für Bauleistungen Verfahrensnorm“, Ausgabe 1999-09-01, heißt es wörtlich u.a.:
„1 Anwendungsbereich
Diese ÖNORM regelt das Verfahren der Preisermittlung von Bauleistungen (gemäß ÖNORM B 2110 oder B 2117). Sie gibt Hinweise für den Aufbau der Kalkulation und regelt die Darstellung der Preisermittlung. (…)
3 Definitionen (…)
3.5.2 Materialkosten
Summe aller Kosten. die dem Material zuzurechnen sind.
3.5.3 Mittellohnkosten
durchschnittliche Lohnkosten und lohngebundene Kosten je Stunde. (…)
3.8. Gesamtzuschlag
Zusammenfassung aller über die Kosten der Zuschlagträger hinausgehenden Kosten zuzüglich des kalkulatorischen Wagnisses und Gewinnes.
3.9 Geschäftsgemeinkosten
fixe und variable Kosten für den allgemeinen Betrieb der Unternehmung, soweit sie nicht einzelnen Bauvorhaben zugeordnet werden können (…)
3.16 Preise
Kosten der Zuschlagträger zuzüglich des Gesamtzuschlages.
3.17 Preiskalkulation
Ermittlung der Preise von Bauleistungen mit Hilfe von Preiskomponenten. (…)
3.21 Zuschlagträger
Kostenarten und Kostenkomponenten, die als Grundlage für die Zurechnung von Zuschlägen dienen. (…)
4.2 Materialkosten
Grundlagen sind die Einkaufspreise entweder ab Auslieferungsstelle oder frei Baustelle. (…)
5.1.2 Einzelmaterialkosten
Die Einzelmaterialkosten je Leistungseinheit ergeben sich aus dem kalkulierten Bedarf an Bau- und Hilfsmaterialien sowie an Betriebsstoffen für die Erbringung der betreffenden Leistung, einschließlich der Verschleiß- und Wartungskosten von Geräten, unter Zugrundelegung der Materialkosten. (…)
6.1 Gesamtzuschlag
Wiederholt auftretende Kostenelemente werden im Gesamtzuschlag zusammengefasst und dem Zuschlagträger zugeschlagen. Dadurch ergeben sich die Preise.
Zuschlagträger sind:
(1) Lohnkosten gemäß 4.1.1
(2) Gehaltskosten gemäß 4 1 2;
(3) Materialkosten gemäß 4 2;
(4) Gerätekosten gemaß 4.3;
(5) Kosten für Fremdleistungen gemäß 4 4.
Der Gesamtzuschlag setzt sich zusammen aus den Anteilen für:
(1) Geschäftsgemeinkosten gemäß 5.3;
(2) sonstige Gemeinkosten gemäß 5.4;
(3) Bauzinsen gemäß 5.5;
(4) Wagnis gemäß 5.6;
(5) Gewinn gemäß 5.7.
Der Gesamtzuschlag kann für die einzelnen Zuschlagträger verschieden hoch sein. (…)
7.2 Materialkosten
Die Materialkosten ergeben sich aus den Materialkosten zuzüglich Transport und Manipulationskosten. Diesen Kosten sind angemessene Erfahrungszuschläge z.B. für allfälligen Schwund, Bruch, Toleranzen zuzurechnen. Allfälliger Verschnitt ist bei den Einzelkosten zu berücksichtigen. Die Lohnkosten für das Auf-, Um- und Abladen sowie das Lagern der Materialien sind gemäß 5.1.1 bei den Einzellohnkosten zu berücksichtigen, wobei mit den Mittellohnkosten der Baustelle gerechnet werden kann. (…)
8.2 Materialpreise
Durch Aufrechnung des Gesamtzuschlages auf die Materialkosten ergeben sich die Materialpreise.
9 Ermittlung von Einheits- und Pauschalpreisen
9.1 Preise und Preisanteile
Die Einheits- und Pauschalpreise können wie folgt ausgeschrieben und angeboten werden:
9.1.1 Nicht aufgegliedert in Preisanteile.
9.1.2 Aufgegliedert in Preisanteile für Lohn und für Sonstiges; hiebei wird der Preisanteil für Lohn gemäß 9 2.1 und der Preisanteil für Sonstiges gemäß 9 2.2 ermittelt. (…)
9.2.1 Preisanteil „Lohn“
Der Preisanteil „Lohn“ ergibt sich aus den Einzellohnkosten gemäß 5.1.1 für die zutreffende Leistung zuzüglich des jeweiligen Gesamtzuschlages.
9.2.2 Preisanteil „Sonstiges“
Der Preisanteil „Sonstiges“ ergibt sich aus den Einzelmaterialkosten gemäß 5.1.2 und den Einzelgerätekosten gemäß 5.1.3 für die zutreffende Leistung zuzüglich des jeweiligen Gesamtzuschlages. (…)
13.1.1 Das Ergebnis jeder Preisermittlung sind die Einheits- und Pauschalpreise. Die Preisermittlung kann sowohl auf dem Weg einer Kosten- als auch einer Preiskalkulation geschehen.
13.1.2 Bei der Kostenkalkulation werden zunächst aus den Kosten und den Kostenkomponenten die Einheits- und Pauschalkosten der Einzelleistung ermittelt und anschließend durch Hinzurechnung des Gesamtzuschlages die Einheits- und Pauschalpreise gebildet.
13.1.3 Bei der Preiskalkulation wird schon zu allen Kosten und Kostenkomponenten der Gesamtzuschlag hinzugerechnet. (…)
13.2.1 Für die Durchführung einer Preisermittlung sind zweckmäßigerweise Kalkulationsformblätter gemäß den Mustern im Anhang A zu verwenden. Hiefür sind folgende Formblätter vorgesehen:
— Formblatt K 3 Mittellohnpreis, Regielohnpreis, Gehaltspreis
— Formblatt K 4 Materialpreise
— Formblatt K 5 Preise für Produkte, Leistungen
— Formblatt K 6 Gerätepreise
— Formblatt K 6 A Gerätepreise (Ergänzung)
— Formblatt K 7 Preisermittlung,
13.2.2 Die Kalkulationsformblätter werden wie folgt verwendet:
Zur Ermittlung
(1) der Mittellohnkosten, Regielohnkosten, Gehaltskosten bzw. der Mittellohnpreise, Regielohnpreise, Gehaltspreise das Formblatt K 3 (je Kollektivvertrag ein eigenes Formblatt);
(2) der Gesamtzuschläge das Formblatt K 3;
(3) der Materialkosten bzw. der Materialpreise das Formblatt K 4;
(4) der Kosten bzw. der Preise für Produkte und Leistungen das Formblatt K 5;
(5) der Gerätekosten bzw. der Gerätepreise der beigestellten Baugerate (Vorhaltegeräte) die Formblätter K 6 und K 6 A;
(6) der Kosten bzw. der Preise von Einzelleistungen (einschließlich Leistungsgeräte) das Formblatt K 7. (…)“
Gemäß Anhang A (Muster der Kalkulationsformblätter) ergibt sich aus Zeile T des Formblattes K3 („Mittellohnpreis, Regielohnpreis, Gehaltspreis“) der Gesamtzuschlag und ist das Formblatt K4 („Materialpreise“) in folgende 16 Spalten unterteilt:
1 Lfd. Nr.
2 Materialbezeichnung, Lieferer und Ort
3 Einheit (EH)
4 Preis ab Lieferer (Betrag/EH)
5 Antransport zum Bau (Betrag / EH)
6 Materialkosten frei Bau (Betrag / EH; 4+5)
7 Ladearbeiten und Manipulation (h/EH)
8 Ladearbeiten und Manipulation (Betrag/EH)
9 Verlust (%)
10 Verlust (Betrag / EH; 6*9)
11 Materialkosten: Lohn (Betrag / EH; 8+10)
12 Materialkosten: Sonstiges (Betrag / EH; 6+10)
13 Materialkosten: Gesamt (Betrag / EH; 11+12)
14 Materialpreis: Lohn (Betrag / EH; 11+GZ%)
15 Materialpreis: Sonstiges (Betrag / EH; 12+GZ%)
16 Materialpreis: Gesamt (Betrag / EH; 13+GZ%)
Für den „Gesamtzuschlag auf Material“ (K3-Blatt Zelle T) ist auf dem Formblatt K4 ein eigenes Feld vorgesehen.
Das Formblatt K7 („Preisermittlung“) ist in folgende 5 Spalten unterteilt:
? Pos.-Nr. Menge, Einheit, Positionsstichwort, Kostenentwicklung je Einheit
? h/EH
? Anteil Lohn Betrag
? Anteil Sonstiges Betrag
? Einheitspreis Betrag
In rechtlicher Hinsicht folgt aus alldem:
Gemäß § 4 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz obliegt die Durchführung des Nachprüfungsverfahrens dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 leg. cit. ist bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf des Vergabeverfahrens das Landesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen Vorschriften im Bereich des Öffentlichen Auftragswesens
(Artikel 14b Abs. 1 und 5 B-VG) oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte (§ 15) zuständig.
Gemäß § 6 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines den Vorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Art. 14b Abs. 1 und 5 B-VG) unterliegenden Vertrages behauptet, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.
Gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz sind Anträge auf Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung bei einer Übermittlung bzw. Bereitstellung der Entscheidung auf elektronischem Weg sowie bei einer Bekanntmachung der Entscheidung binnen zehn Tagen einzubringen. Die Frist beginnt mit der Übermittlung bzw. Bereitstellung der Entscheidung bzw. mit der erstmaligen Verfügbarkeit der Bekanntmachung.
Gemäß § 16 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz hat das Landesverwaltungsgericht eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene gesondert anfechtbare Entscheidung eines Auftraggebers mit Erkenntnis für nichtig zu erklären, wenn
1. sie oder eine ihr vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte rechtswidrig ist und
2. die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.
Gemäß § 21 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz hat der Antragsteller u.a. für den Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Nichtigerklärung (§ 6 Abs. 1) und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (§ 14) eine Pauschalgebühr zu entrichten.
Gemäß § 21 Abs. 8 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz hat der vor dem Landesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Abs. 1 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber.
Gemäß § 21 Abs. 9 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz besteht ein Anspruch auf den Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung nur dann, wenn
1. dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2. dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.
Das Land Niederösterreich ist öffentlicher Auftraggeber i.S.d. § 4 Abs. 1 Z. 1 BVergG 2018, und das gegenständliche Vergabeverfahren fällt gemäß Art. 14b Abs. 2 B-VG in den Vollziehungsbereich des Landes Niederösterreich.
Die Antragstellung am letzten Tag der zehntägigen Frist gemäß § 12 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz ist als rechtzeitig zu beurteilen. Die gemäß § 21 leg. cit. zu entrichtenden Pauschalgebühren für das Nachprüfungsverfahren (5.000 Euro) und das Provisiorialverfahren (2.500 Euro) in der Höhe von gesamt 7.500 Euro wurden nachweislich entrichtet. Der Antrag auf Nichtigerklärung erfüllt die Inhaltserfordernisse gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit., und der Antragstellerin fehlen auch die Antragsvoraussetzungen nach § 6 leg. cit. nicht offensichtlich: Dass sie als Unternehmen im Bereich Elektrotechnik im Geschäftsbereich der gegenständlich ausgeschriebenen Leistungen tätig ist, ist nachvollziehbar, und ihr Interesse am Vertragsabschluss hat sie ausreichend glaubhaft gemacht.
Bei der angefochtenen Entscheidung handelt es sich um das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin, diese ist bei Durchführung eines offenen Verfahrens eine gesondert anfechtbare Entscheidung (siehe dazu § 2 Z. 15 lit. a sublit. aa BVergG 2018). Hauptfrage des Nachprüfungsverfahrens ist somit die Frage, ob die Antragstellerin vom Auftraggeber zu Recht ausgeschieden worden ist (vgl. VwGH 23.11.2016, Ra 2016/04/0021). Der von der Antragstellerin behauptete drohende Schaden ist ebenfalls plausibel; ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten, wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14.4.2011, 2008/04/0065, ausgesprochen hat. Darin heißt es auch weiters, dass vom Schadensbegriff des damaligen § 328 Abs. 1 BVergG 2006 (wortgleich mit § 13 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz) all jene Nachteile umfasst sind, die in der Beeinträchtigung der Möglichkeit eines Unternehmers, am Vergabeverfahren teilzunehmen und den Zuschlag zu erhalten, liegen. Die Kosten einer frustrierten Angebotserstellung, der entgangene Gewinn und der Verlust eines bedeutenden Referenzprojekts stellen nach dieser Judikatur einen drohenden Schaden im Sinne des § 6 Abs. 1 NÖ Vergabe-Nachprüfungsgesetz dar.
Gemäß § 135 Abs. 1 BVergG 2018 erfolgt die Prüfung der Angebote in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht nach den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien.
Gemäß § 135 Abs. 2 Z. 5 BVergG 2018 ist bei Angeboten, die für eine Zuschlagserteilung in Betracht kommen, u.a. zu prüfen, ob das Angebot den sonstigen Bestimmungen der Ausschreibung entspricht, insbesondere ob es formrichtig und vollständig ist.
Gemäß § 138 Abs. 1 BVergG 2018 ist vom Bieter eine verbindliche Aufklärung zu verlangen, wenn sich bei der Prüfung der Angebote Unklarheiten über das Angebot oder über die geplante Art der Durchführung der Leistung ergeben oder wenn Mängel festgestellt werden, sofern die Unklarheiten für die Beurteilung der Angebote von Bedeutung sind. Die vom Bieter übermittelten Auskünfte bzw. die vom Bieter allenfalls vorgelegten Nachweise sind der Dokumentation über die Prüfung der Angebote beizuschließen.
Gemäß § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung u.a. den Ausschreibungsbestimmungen widersprechende Angebote, Teil-, Alternativ-, Varianten- und Abänderungsangebote, wenn sie nicht zugelassen wurden, nicht gleichwertige Alternativ- oder Abänderungsangebote und Alternativangebote, die die Mindestanforderungen nicht erfüllen, sowie fehlerhafte oder unvollständige Angebote, wenn deren Mängel nicht behoben wurden oder nicht behebbar sind, auszuscheiden.
Gemäß § 141 Abs. 3 BVergG 2018 hat der öffentliche Auftraggeber den Bieter vom Ausscheiden seines Angebotes unter Angabe des Grundes zu verständigen.
Gemäß § 142 Abs. 1 BVergG 2018 ist von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, der Zuschlag gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen.
Wie sich aus der oben zitierten ÖNORM B 2061 ergibt, sind „K-Blätter“ standardisierte Kalkulationsformblätter. Sie dokumentieren die Kalkulationsgrundlagen, und durch sie wird die Kalkulation von Bauleistungen vereinheitlicht (vgl. Bammer, K-Blätter, in ZRB 2013/3). Die Materialpreise, die mit Hilfe des K4-Blatts errechnet werden, ergeben sich aus den Materialkosten und dem Gesamtzuschlag auf Material (wie er dem K3-Blatt entnommen wird); die Materialkosten wiederum setzen sich aus dem Preis ab Bezugsquelle (Lieferer) inkl. Antransport zur Baustelle (=Materialkosten frei Bau) zuzüglich Ladearbeiten und Manipulation bzw. Verlust (% von Materialkosten frei Bau) zusammen. Die Materialkosten sind also die dem Bieter erwachsenden Kosten, die Materialpreise also die Materialkosten zuzüglich des Gesamtzuschlages. Die Ergebnisse aus den K3-, K4-, K5- und K6-Blättern dienen als Grundlage zur Ermittlung der Detailkalkulation im K7-Blatt. Das Kalkulationsformblatt K7 enthält die Aufgliederung der Einheitspreise einzelner Positionen des Leistungsverzeichnisses in die Anteile Lohn und Sonstiges sowie den Betrag des Einheitspreises. Nur die letzten drei Spalten der K4-Blätter entsprechen dem Inhalt der K7- Blätter. Im Unterschied zu K7-Blättern, die als Mittel zur Preisermittlung auf einzelne Positionen des Leistungsverzeichnisses bezogen sind und den Gesamtzuschlag beinhalten, sind K4-Blätter nicht auf einzelne Positionen, sondern auf eingesetzte Materialien bezogen, die in unterschiedlichen Positionen verwendet werden können. Die Kalkulationsformblätter K4 enthalten also detailliertere Informationen hinsichtlich der kalkulatorischen Herleitung der Preise. Daraus ergibt sich, dass sich die Inhalte der Kalkulationsformblätter K4 nicht vollständig den Kalkulationsformblättern K7 und K3 entnehmen lassen (so auch BVA 11.5.2005, 17N-23/05-40).
Die gegenständlichen Ausschreibungsbestimmungen, insb. auch jene (2.2.4), wonach die Kalkulation des Bieters der ÖNORM B 2061 zu entsprechen hat und K3-, K4- und K7-Blätter für Positionen, die im Leistungsverzeichnis als wesentlich („W“) gekennzeichnet sind, bereits dem Angebot beizugeben sind, sind mangels Anfechtung bestandsfest geworden und daher jedenfalls der gegenständlichen Auftragsvergabe zu Grunde zu legen (vgl. VwGH 10.12.2009, 2005/04/0201). Mit der Bezugnahme auf das K4-Blatt, dessen Inhalt in der ÖNORM B 2061 festgelegt ist, hat der Auftraggeber eindeutig angegeben, welche Kalkulationsgrundlagen er von den Bietern erfahren will. Gemessen an der bestandsfesten Ausschreibung lag ein nicht der Ausschreibung entsprechendes und somit mangelhaftes Angebot vor. Ob das Fehlen des K4-Blattes, das „bereits dem Angebot beizugeben“ gewesen wäre, ein behebbarer Mangel ist oder zwingend zum sofortigen Ausscheiden des Angebotes führt, legt die Ausschreibung nicht fest. In Punkt 1.10 wird nur auf § 141 BVergG 2018 verwiesen.
Das Gesetz unterscheidet zwischen behebbaren und nicht behebbaren Mängeln und sieht – bei ersteren – ein Mängelbehebungsverfahren vor (vgl. § 138 Abs. 1 und § 141 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2018), indem Aufklärung über den Angebotsmangel verlangt wird. Die (Nicht-)Behebbarkeit eines Mangels liegt dabei nicht im Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, sondern unterliegt einem objektiven Beurteilungsmaßstab. Bei der Beurteilung der Behebbarkeit eines Mangels sind die Grundsätze eines freien und lauteren Wettbewerbs sowie der Gleichbehandlung aller Bieter zu berücksichtigen (vgl. zu alldem Fink/Hofer in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4 (2015) Rz 1600f.).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Mängel dann als unbehebbar zu qualifizieren, wenn die Wettbewerbsstellung des Bieters (nachträglich) gegenüber seinen Mitbietern durch die Behebung des Mangels materiell verbessert werden könnte und damit der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt würde (vgl. VwGH 5.10.2016, Ra 2015/04/0002). Ein nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behebbarer Mangel stellt im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. das Urteil vom 25.4.1996, C-87/94, Wallonische Autobusse) keine (materielle) nachträgliche Änderung des Angebotes dar, vielmehr bleibt dieses materiell (seinem Inhalt nach) unverändert (vgl. VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087). In seinem Erkenntnis vom 29.6.2005, 2005/04/0024, hat der Verwaltungsgerichtshof zwar judiziert, dass das Fehlen des Formblattes SR 75 (also keines Kalkulationsformblattes nach der ÖNORM B 2061) einen behebbaren Mangel darstellt, aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass dieses Formblatt keine vom Bieter änderbaren Bestandteile enthielt. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. sein Erkenntnis vom 28.2.2012, 2007/04/0218), unter Verweis auf das soeben zitierte EuGH-Urteil vom 25.4.1996 ausgesprochen, dass eine Neukalkulation der Preise des Angebotes dem Bieter die Möglichkeit eröffnen würde, einen ursprünglich möglicherweise unplausiblen Preis zu einem plausiblen zu machen, was dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspräche.
In zwei Entscheidungen des Bundesvergabeamtes aus dem Jahr 2003 (vgl. BVA 20.3.2003, 12N-10/03-11, wonach das K7-Blatt lediglich zur Präzisierung des Leistungsverzeichnisses heranzuziehen sei, und BVA 11.12.2003, 17N-115/03-30, wonach durch das K3- und das K7-Blatt der Angebotspreis nicht mehr verändert werden könne) wurde die Nichtvorlage dieser K3- bzw. K7-Blätter als behebbarer Mangel qualifiziert, während in der bereits oben zitierten Entscheidung des Bundesvergabeamtes vom 11.5.2005, in der es um die Nichtvorlage des K4-Blattes ging, zwar die bereits oben dargestellte Rechtsansicht vertreten wurde, dass die Kalkulationsformblätter K4 detailliertere Informationen hinsichtlich der kalkulatorischen Herleitung der Preise enthalten und sich die Inhalte der Kalkulationsformblätter K4 nicht vollständig den Kalkulationsformblättern K7 und K3 entnehmen lassen, sodass die Vorlage von K7-Blättern die Vorlage von K4-Blättern nicht zu ersetzen vermag, aber zur Frage der Behebbarkeit dieses Mangels nichts ausgeführt wurde, da in der dortigen Ausschreibung die sofortige Ausscheidenssanktion angedroht war (Pacher in ZVB 2006/3 hat diese Entscheidung übrigens so kommentiert, dass ihr Tenor dann zutreffend ist, wenn in den K7-Blättern die Herleitung der Bruttopreise nicht enthalten ist, also der Auftraggeber die benötigte Information nicht erhält).
Aus den obigen Feststellungen, insb. dem festgestellten Inhalt der Ausschreibung und der laut dieser bei der Kalkulation anzuwendenden ÖNORM B 2061 bzw. der darin festgelegten Kalkulationsformblätter, ergibt sich, dass die Kalkulationsformblätter K4 tatsächlich detailliertere Informationen hinsichtlich der kalkulatorischen Herleitung der Preise enthalten und sich die Inhalte der Kalkulationsformblätter K4 nicht vollständig den Kalkulationsformblättern K3 und K7 entnehmen lassen. Das gegenständlich von der Antragstellerin vorgelegte K7-Blatt enthält zwar für jede (außer eine) wesentliche Position ein Angebot in der im Leistungsverzeichnis vorgesehenen Einheit (Stück oder Meter) mit Aufgliederung in Preisanteil Lohn (hergeleitet aus dem kalkulierten Zeitaufwand (in Minuten) für die Erbringung der betreffenden Leistung zuzüglich dem aus dem K3-Blatt abgeleiteten Gesamtzuschlag) und Preisanteil Sonstiges, aber keine aufgegliederte Herleitung der Einzelmaterialkosten, sodass z.B. bei den Energieleitungen und Kabelrinnen nicht nachvollziehbar ist, von welchem Stückpreis man ausgegangen ist und wie man diesen – unter Berücksichtigung von Transport, Ladearbeiten, Manipulation und Verlust – auf den angebotenen Meterpreis umgerechnet hat (das K4-Blatt stellt – entgegen der von der Antragstellerin geäußerten Ansicht, dass darin „ein Meter-Preis aufzulisten sei“ – in Spalte 3 die Wahl der Einheit (EH) frei). Der Auftraggeber erhält also durch die Vorlage von K3- und K7-Blättern nicht alle Informationen über die Preiskalkulation (Materialkostenkomponenten), die er für die Angebotsprüfung bzw. im Fall von Nachträgen als notwendig erachtet. Dass nach den Vertragsbestimmungen zahlreiche Nebenleistungen einzukalkulieren sind und es nicht für jede denkmögliche Nebenleistung eine Spalte im K4-Blatt gibt, ändert nichts daran, dass nach der bestandfesten Ausschreibung zumindest die im K4-Blatt vorgesehenen Informationen zur Verfügung zu stellen sind, um zumindest diese Grundlagen für die Materialkostenkalkulation offenzulegen. Wie dargelegt, enthält das K7-Blatt für eine Position (Brandschutzbandage) gar keine Angaben.
Aus den obigen Feststellungen ergibt sich außerdem, dass das K4-Blatt nicht nur vergessen, sondern bewusst nicht vorgelegt wurde; d.h. es ist im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt des Endes der Angebotsfrist noch nicht vorgelegen (vgl. abermals VwGH 12.5.2011, 2008/04/0087), sondern müsste erst neu angefertigt (kalkuliert) werden. Das K4-Blatt nach ÖNORM B 2061 enthält einige vom Bieter änderbare Bestandteile, sodass seine Nachreichung zu einer materiellen Verbesserung der Wettbewerbsstellung führen könnte (vgl. abermals VwGH 29.6.2005, 2005/04/0024). Würde ein Auftraggeber einem Bieter die Möglichkeit zur Nachreichung eines bei Angebotsöffnung noch nicht existierenden K4-Blattes einräumen, erhielte dieser Bieter damit – nach Angebotsöffnung und damit in Kenntnis seiner Wettbewerbsstellung – die Möglichkeit, seine Materialpreise neu herleiten bzw. die einzelnen, im K4-Blatt enthaltenen Kostenkomponenten frei gestalten zu können und einen ursprünglich möglicherweise unplausiblen oder gar spekulativen Preis zu einem plausiblen zu machen, was aber nach der höchstgerichtlichen Judikatur (siehe abermals VwGH 28.2.2012, 2007/04/0218) dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter und der Transparenz des Verfahrens widerspricht. Würde man also die Nichtvorlage des K4-Blattes als behebbaren Mangel qualifizieren, stünde jedem Bieter, der das K4-Blatt noch nicht mit seinem Angebot abgibt, sondern dieses erst auf nachträgliche Aufforderung durch den Auftraggeber im Mängelbehebungsverfahren anfertigt, nicht nur mehr Information (über die bei Angebotsöffnung bekannt gegebenen Angebotspreise und damit die Einschätzung seiner Wettbewerbsstellung), sodass er mit seinen Lieferanten Verhandlungen führen könnte, um die Komponenten der Materialkosten anders (z.B. hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Plausibilität) zu gestalten, sondern auch weitaus mehr Zeit zur Kalkulation seiner Materialpreise zur Verfügung als jenen Mitbietern, die das K4-B