Entscheidungsdatum
14.09.2021Norm
BVergG 2018 §12 Abs1Spruch
W187 2243810-2/37E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzenden, Sabine SACHS, MAS als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Günther FEUCHTINGER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über den Nachprüfungsantrag der AAAA , vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9/3/13, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Rahmenvertrag für Systemteilnehmerprüfungen“ der Auftraggeberin VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH, Mariahilfer Straße 84/30, 1070 Wien, vertreten durch die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH, Jasomirgottstraße 6/5, 1010 Wien, vom 25. Juni 2021 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26. August 2021 zu Recht erkannt:
A)
Das Bundesverwaltungsgericht weist den Antrag der AAAA , „die Entscheidung über das Ausscheiden des Teilnahmeantrags der Antragstellerin gemäß § 347 BVergG 2018 für nichtig zu erklären“, ab.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Mit Schriftsatz vom 25. Juni 2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 28. Juni 2021 eingelangt, beantragte die AAAA , vertreten durch RIHS Rechtsanwalt GmbH, Kramergasse 9/3/13, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Durchführung eines Nachprüfungsverfahren und einer mündlichen Verhandlung, die Akteneinsicht, die Nichtigerklärung der Ausscheidensentscheidung und den Ersatz der Pauschalgebühr sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Rahmenvertrag für Systemteilnehmerprüfungen“ der Auftraggeberin VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH, Mariahilfer Straße 84/30, 1070 Wien, vertreten durch die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH, Jasomirgottstraße 6/5, 1010 Wien.
1.1 Nach der Bezeichnung und Darstellung des Vergabeverfahrens, der Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung, der Auftraggeberin und der vergebenden Stelle und der handelnden Personen gibt die Antragstellerin den Sachverhalt wieder sowie den drohenden Schaden und ihr Interesse am Vertragsabschluss an. Sie macht Angaben zur Rechtzeitigkeit des Nachprüfungsantrags. Die Antragstellerin erachte sich in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Nicht-Ausscheiden ihres ausschreibungskonformen Teilnahmeantrags und damit auf Teilnahme am weiteren Vergabeverfahren verletzt. Der Teilnahmeantrag der Antragstellerin sei mängelfrei. Die Auftraggeberin missachte mit ihrer rechtswidrigen Entscheidung die unionsrechtlichen Grundfreiheiten, das Diskriminierungsverbot sowie die Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbes und der Gleichbehandlung aller Teilnehmer bzw Bieter im Vergabeverfahren Sie führt zur Rechtwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen wie folgt aus.
1.2 Die Auftraggeberin stütze ihr Entscheidung auf die – verfehlte – Auslegung der Ausschreibungsunterlagen Teil I.A.1 Punkt 7.2. Die BBBB brauche als notwendige Subunternehmerin keine Befugnis zur Durchführung der Prüftätigkeiten von Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
1.3 Nach Abs 1 der zitierten Festlegung müsse „ein Bewerber oder ein notwendiger Subunternehmer“ über die Befugnis verfügen, Wirtschaftsprüferleistungen zu erbringen. Die Antragstellerin verfüge zweifelsfrei über die Befugnis zur Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen. Bei der BBBB handle es sich um ein verbundenes Unternehmen, das aufgrund des Konzernverhältnisses und der personellen Verflechtungen von den Führungskräften der CCCC gesteuert werde. Es erscheine somit vergaberechtswidrig, von beiden dieselbe Befugnis zu verlangen.
1.4 Hilfsweise weise die Antragstellerin darauf hin, dass die BBBB für jene Teilleistungen, die Gegenstand des ausgeschriebenen Rahmenvertrages seien, über eine ausreichende Befugnis verfüge. Die BBBB sei bei der deutschen „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ (ZSVR) akkreditiert. Die in dem Teilnahmeantrag genannten Schlüsselpersonen seien bei der Antragstellerin bzw deren Subunternehmern beschäftigt und bei der ZSVR als Prüfer registriert.
1.5 Eine Bestätigung der durch die BBBB geprüften Unternehmen durch diese selbst zum Nachweis als Referenz, ebenfalls die namentliche Nennung der im Antrag aufgeführten Unternehmen, scheide aus Gründen der Amtsverschwiegenheit und des Datenschutzes aus. Wenn die Antragsgegnerin entsprechende Referenzen durch eine Bestätigung der von der BBBB in Deutschland geprüften Unternehmen verlange, so benachteilige und diskriminiere sie diese gegenüber den bisher in Österreich tätigen Unternehmen, weil diese gegenüber der Auftraggeberin keine Referenz abgeben müssten bzw sich auf die bisherigen Prüfaufträge der Antragsgegnerin berufen könnten. Alle im deutschen VerpackG aufgeführten Berufsträger könnten sich bei der ZSVR diskriminierungsfrei registrieren lassen, um im deutschen Rechtsraum tätig zu werden. Dies gelte auch, wenn es sich um im EU-Ausland ansässige Personen handle. Die Antragstellerin erbringe Prüfleistungen auch in Frankreich, Luxemburg, Schweden und Belgien. Dort würden die Nachweise über die Befugnis der BBBB zur Erbringung von Prüfleistungen von öffentlichen Auftraggebern ohne Beanstandung akzeptierten.
1.6 Die Antragstellerin ersuche die Auftraggeberin, direkten Kontakt mit der deutschen „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ in Osnabrück aufzunehmen und sich von ihrem deutschen Pendant bestätigen zu lassen, dass die Anzahl der von der BBBB genannten Prüfungen im fraglichen Zeitraum korrekt sei.
1.7 Die BBBB sei in Deutschland – und damit entsprechend dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit auch in Österreich – befugt, entsprechende Prüfleistungen vorzunehmen. Der Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit, der in § 6 WTBG seinen Niederschlag gefunden habe, erlaube es Staatsangehörigen mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats der EU, die im Herkunftsstaat den Beruf eines selbstständigen, freiberuflichen Wirtschaftstreuhänders auf einem bestimmten dem WTBG entsprechenden Fachgebiet gemäß § 2 und § 3 WTBG befugt ausübten, auch in Österreich vorübergehend und gelegentlich Dienstleistungen auf diesem Fachgebiet zu erbringen. Die Antragstellerin könne sich entgegen den nicht näher konkretisierten Zweifeln der Auftraggeberin tatsächlich auf die Erbringung der Leistungen im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit berufen. Laut Tätigkeitsbericht des VKS 2019 seien im Berichtszeitraum 750 Systemteilnehmerprüfungen erbracht worden. 2020 seien soweit bekannt 1030 Systemteilnehmerprüfungen durchgeführt worden. Die Antragstellerin errechne 47 Arbeitstage in Österreich. Diese Leistungen könnten jedenfalls unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit grenzüberschreitend erbracht werden, ohne dass dafür eine eigene Niederlassung in Österreich begründet werden müsste. Ein erheblicher Teil der vor Ort stattfindenden Prüftätigkeit könne tatsächlich auch in Deutschland geleistet werden.
1.8 Der Versicherungsnachweis sei ausreichend und müsse nicht jedes Jahr erneuert werden.
2. Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2021 legte die Antragstellerin eine Versicherungsbestätigung über € 4.000.000 Deckungssumme für Vermögensschäden vom 28. Juni 2021 vor.
3. Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2021 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und verzichtete auf eine Stellungnahme zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
4. Am 6. Juli 2021 legte die Auftraggeberin die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.
5. Mit Schreiben vom 7. Juli 2021 forderte das Bundesverwaltungsgericht die Antragstellerin auf, € 16.240 an Pauschalgebühren nachzuzahlen.
6. Mit Schriftsatz vom 9. Juli 2021 nahm die Auftraggeberin zum Nachprüfungsantrag Stellung. Nach einer Darstellung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts verweist sie auf die Bestandsfestigkeit.
6.1 Zum aktuellen Nachweis einer aufrechten Haftpflichtversicherung führt sie im Wesentlichen aus, dass in Teil I.A.1 Punkt 7.4. die Mindestanforderungen an die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit festgelegt seien. Danach sei eine Berufshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens € 5.000.000 pro Schadensfall verlangt, die nachzuweisen sei. Dieser dürfe nicht älter als sechs Monate gerechnet vom Stichtag des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist sein. In Teil I.A.1 Punkt 6 sei das Ausscheiden geregelt. Die Antragstellerin habe mit ihrem Teilnahmeantrag ein Schreiben des Versicherers vom 17. November 2020 über die Fälligkeit einer Prämie zum 1. Jänner 2021 abgegeben. Einen aktuellen Nachweis über eine Berufshaftpflichtversicherung habe die Antragstellerin damit nicht abgegeben. Mit dem Mängelbehebungsschreiben vom 9. Juni 2021 habe die Auftraggeberin die Antragstellerin aufgefordert, einen aktuellen Nachweis vorzulegen. Mit der Mängelbehebung vom 15. Juni 2021 habe die Antragstellerin für die CCCC einen „Nachtrag Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung“ ausgestellt am 14. Juli 2020, für die BBBB einen Nachtrag zu einer Vermögensschadenshaftpflichtversicherung datiert mit 18. März 2018 und eine Versicherungsbestätigung vom 11. Juni 2021 nachgereicht. Der Nachweis für die CCCC habe ua die Antragstellerin umfasst, sei älter als sechs Monate gewesen und habe eine Deckungssumme von € 4.000.000 je Versicherungsfall bestätigt. Damit sei er zu alt und die Deckungssumme sei zu niedrig. Die Deckungssumme der Haftpflichtversicherung für die BBBB habe nur € 2.000.000 pro Schadensfall zweimal pro Jahr und damit weniger als in der Ausschreibung gefordert betragen. Das versicherte Risiko sei die „Unternehmens- und Personalberatung“, nicht jedoch wie in der Ausschreibung gefordert Wirtschaftsprüferleistungen. Die Antragstellerin habe daher weder in ihrem Teilnahmeantrag noch in ihrer Mängelbehebung einen aktuellen Nachweis über eine Berufshaftpflichtversicherung in der Höhe von € 5.000.000 vorgelegt. Es sei nur eine Aufforderung zur Verbesserung zulässig. Die Auftraggeberin habe die Antragstellerin nicht ein weiteres Mal zur Verbesserung auffordern dürfen. Daher sei der Teilnahmeantrag zwingend auszuscheiden gewesen. Die nach der Ausscheidensentscheidung vorgelegte Versicherungsbestätigung entspreche nicht den Vorgaben der Ausschreibung.
6.2 In der Ausschreibung seien in Teil I.A.1 Anforderungen an die Befugnis für Wirtschaftsprüferleistungen und deren Nachweis festgelegt worden. Die Auftraggeberin sei den Sammel- und Verwertungssystemen vertraglich verpflichtet, Prüfleistungen von Wirtschaftsprüfern oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchführen zu lassen. Sobald ein Subunternehmer Prüfleistungen vornehme und Prüfberichte erstelle, müsse auch der Subunternehmer über eine Befugnis zur Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen verfügen. Ein Bewerber dürfe auch seine fehlende Befugnis als Wirtschaftsprüfer nicht durch einen notwendigen Subunternehmer ersetzen. Bei einer Bewerbergemeinschaft müssten sämtliche Mitglieder über eine Befugnis als Wirtschaftsprüfer verfügen. Der Antragstellerin seien diese Festlegungen aus einer Ausschreibung aus dem Jahr 2018 bekannt. Dementsprechend habe die Auftraggeberin eine Bieteranfrage beantwortet. Die Antragstellerin wisse daher, wie die entsprechende Festlegung in der Ausschreibung zu verstehen sei. Die Antragstellerin verfüge über die Befugnis, Wirtschaftsprüferleistungen zu erbringen. Die für die Leistungen „fachliche Durchführung von abfallwirtschaftlichen, gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen“ namhaft gemachte notwendige Subunternehmerin BBBB , die auch sämtliche Referenzen erbringe, müsse daher auch über eine Befugnis zur Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen verfügen. Aus dem Handelsregisterauszug ergebe sich, dass sie keine Tätigkeiten ausüben werde, die als Vorbehaltsaufgaben für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater gelten. Weiters ergebe sich, dass zwei Schlüsselpersonen öffentlich bestellte Sachverständige für Abfallwirtschaft und Entsorgung von Altstoffen, insbesondere Verpackungen und Batterien seien. Die Subunternehmerin verfüge daher über keine Befugnis zur Erbringung von Wirtschaftsprüferleistungen. Sie sei eine notwendige Subunternehmerin. Ein Teilnahmeantrag sei auszuscheiden, wenn es einem notwendigen Subunternehmer an der geforderten Eignung fehle. Ein Austausch eines notwendigen Subunternehmers sei nicht zulässig. Daher sei der Teilnahmeantrag der Antragstellerin auszuscheiden. Die Auftraggeberin beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den Nachprüfungsantrag ab- bzw zurückweisen.
7. Mit Schriftsatz vom 14. Juli 2021 erstattete die Antragstellerin eine Stellungnahme. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin über die Leistungsfähigkeit verfüge und ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt habe. Der Mangel bezüglich der Dokumentation einer Haftpflichtversicherung über zusammen € 5.000.000 sei jedenfalls verbesserungsfähig. Durch die Nachreichungen entsprechender Nachweise entstehe keinerlei Wettbewerbsvorteil für die Antragstellerin. Die Antragstellerin und die BBBB , die ein verbundenes Unternehmen darstellten, erbrächten sämtliche ausschreibungsgegenständlichen Prüfleistungen und -tätigkeiten in Deutschland und anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und verfügten über entsprechende Befugnis und Befähigung in Deutschland. Entsprechend dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit dürften sie diese Tätigkeiten auch in Österreich erbringen. Die Ausschreibung verlange, dass die Bieterin über die Befugnis zum Wirtschaftstreuhänder verfüge. Dies sei bei der Antragstellerin zweifelsohne der Fall.
7.1 Die BBBB habe mit ihrem Teilnahmeantrag eine Bestätigung über Versicherungssummen von € 2.000.000 für Vermögensschäden und € 5.000.000 für Betriebs-, Produkt- und Umwelthaftpflichtschäden/Umweltschäden vorgelegt. Die Versicherung beziehe sich auf Tätigkeiten innerhalb der Beratung, Prüfung und Bescheinigungserstellung für Drittfirmen im Bereich des Umweltrechts, insbesondere Verpackungsverordnung. Versichert sei auch die private und gerichtliche Sachverständigentätigkeit von Geschäftsführer DDDD und EEEE im Auftrag der BBBB für die genannten versicherten Tätigkeitsfelder. Aus der mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Bestätigung der Berufshaftpflichtversicherung der Antragstellerin ergebe sich eine Versicherungssumme je Versicherungsfall von € 4.000.000. Aufgrund der mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Unterlagen ergebe sich somit eine gemeinsame Versicherungssumme von insgesamt € 6.000.000 je Schadensfall. Die Antragstellerin weise darauf hin, dass es sich bei dem von der Antragsgegnerin als Ausscheidensgrund geltend gemachten Mangel um einen verbesserungsfähigen Mangel handle.
7.2 Die Antragstellerin sei befugt und befähigt, die ausschreibungsgegenständlichen Prüfdienstleistungen zu erbringen. Die Zusammenarbeit der Antragstellerin mit dem ihr verbundenen Unternehmen, der BBBB , gewährleiste, dass sämtliche relevanten rechtlichen Anforderungen an die Art der Tätigkeit erfüllt würden. Da es sich um verbundene Unternehmen handle, sei auch gewährleistet, dass die Antragstellerin einen einheitlichen Ansprechpartner auf Seiten der Unternehmensgruppe der Antragstellerin habe und sämtliche Prüfdienstleistungen durch die Antragstellerin und ihr verbundenes Unternehmen ordnungsgemäß erbracht würden. Die Antragstellerin könne die ausgeschriebene Prüftätigkeit im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit erbringen. Sie sei zusammen mit den mit ihr verbundenen Unternehmen BBBB in Deutschland berechtigt, sämtliche ausgeschriebenen Tätigkeiten zu erbringen. Die Antragstellerin sei zum freien Beruf der Steuerberatung und Wirtschaftstreuhand zugelassen. Das mit ihr verbundene Unternehmen, die BBBB , übe sämtliche Tätigkeiten bzw Leistungen der Überprüfung von Verpackern nach dem deutschen Verpackungsgesetz und der Verpackungsverordnung rechtmäßig aus. Sie übe diese Tätigkeiten auch in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit aus. Die Tätigkeit von Systemprüfungen nach dem Abfallwirtschaftsrecht sei in Deutschland nicht den Wirtschaftsprüfern vorenthalten. Die im Teilnahmeantrag genannten Schlüsselkräfte des verbundenen Unternehmens seien registrierte Sachverständige. Aus der Ausschreibung und dem WTBG ergebe sich, dass die Antragstellerin Leistungen im Zuge der Dienstleistungsfreiheit in Österreich erbringen dürfe. Die Schlüsselpersonen seien auch wegen ihrer Eintragung in das Verzeichnis der „Zentralen Stelle Verpackungsregister“ selbstverständlich berechtigt, befugt und befähigt, die ausschreibungsgegenständlichen Prüftätigkeiten durchzuführen. Der Verweis auf eine Bieterauskunft in einem vergangen Vergabeverfahren sei nicht zielführend, weil die Ausschreibung anhand der Formulierungen der gegenständlichen Ausschreibung auszulegen sei. Die Antragstellerin sei berechtigt, die ausgeschriebenen Leistungen und Tätigkeiten im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit in Österreich zu erbringen.
7.3 Die Antragstellerin übe die vorgelegten Tätigkeiten zusammen mit dem verbundenen Unternehmen in Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Schweden und Belgien aus. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Antragstellerin diese nicht auch in Österreich ausüben dürfe.
8. Am 14. Juli 2021, beim Bundesverwaltungsgericht am 15. Juli 2021 eingelangt, legte die Antragstellerin einen Beleg über die Nachzahlung der Pauschalgebühren am 9. Juli 2021 vor.
9. Am 15. Juli 2021 erließ das Bundesverwaltungsgericht zur Zahl W187 2243810-1/4E eine einstweilige Verfügung. Darin untersagte es der Auftraggeberin die Öffnung der Angebote für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens.
10. Mit Schriftsatz vom 16. August 2021 nahm die Auftraggeberin Stellung. Darin bestreitet sie die Ausführungen der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 14. Juli 2021.
10.1 Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin seien alle Nachweise in aktueller Fassung vorzulegen gewesen. Die Antragstellerin habe keinen aktuellen Versicherungsnachweis mit dem Angebot vorgelegt, für die Subunternehmerin gar keinen Versicherungsnachweis. Die Auftraggeberin habe daher im Zuge der Mängelbehebung einen aktuellen Nachweis über eine Haftpflichtversicherung verlangt. Mit dem Mängelbehebungsschreiben habe die Antragstellerin einen nicht aktuellen Versicherungsnachweis datiert mit 14. Juli 2020 in der Höhe von € 4.000.000 für die CCCC vorgelegt. Für die Subunternehmerin habe die Antragstellerin zwar einen aktuellen Nachweis für eine Haftpflichtversicherung vorgelegt, der jedoch nur eine Versicherungssumme von € 2.000.000 aufweise und nur Risiken für die Tätigkeit der Unternehmens- und Personalberatung abdecke. Der Nachweis sei daher nicht erbracht worden. Es handle sich zwar bei dem Nachweis der Haftpflichtversicherung um einen behebbaren Mangel, die Antragstellerin habe ihn jedoch nicht behoben und ihr Angebot sei daher auszuscheiden.
10.2 In der Ausschreibung sei festgelegt, dass Bewerber und auch Subunternehmer, die Prüfungsleistungen durchführten, berechtigt sein müssten, Wirtschaftsprüferleistungen durchzuführen. Dies sei der Antragstellerin bewusst gewesen und in einer Bewerberanfrage in einer Ausschreibung im Jahr 2018 mitgeteilt worden. Es sei unmissverständlich erklärt worden, dass dies auf eine vertragliche Verpflichtung der Auftraggeberin gegenüber ihren Kunden zurückgehe. Da die Antragstellerin keine diesbezügliche Anfrage gestellt habe, sei davon auszugehen, dass ihr dies bewusst sei. Unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsregeln sei die Festlegung zur Befugnis in Teil I.A.1 Punkt 7.2 und der für einen sachkundigen Bewerber erkennbaren Absicht der Auftraggeberin so auszulegen, dass der Bewerber, alle Mitglieder einer Bewerbergemeinschaft und etwaige mit Prüfleistungen betraute Subunternehmer Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein müssten. Da die Subunternehmerin notwendige Subunternehmerin für die Antragstellerin sei und Prüfleistungen vornehmen solle, benötige sie eine Befugnis als Wirtschaftsprüfer. Aufgrund der mangelnden Befugnis der Subunternehmerin sei das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden.
10.3 Die Auftraggeberin beantragt, den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin, die Entscheidung der Auftraggeberin über das Ausscheiden des Teilnahmeantrags der Antragstellerin für nichtig zu erklären, ab- bzw in eventu zurückzuweisen.
11. Mit Schriftsatz vom 20. August 2021 ersuchte die Antragstellerin um Vertagung der Verhandlung.
12. Am 23. August 2021 legte die Antragstellerin weitere Nachweise über die Versicherungsdeckung vor und nahm erneut unter Verweis auf ihr bisheriges Vorbringen Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die Antragstellerin die nötige Versicherungsdeckung und Befugnis nachgewiesen habe.
12.1 Der Ausschreibung sei keine Einschränkung hinsichtlich der Aktualität des Versicherungsnachweises zu entnehmen. Die Antragstellerin verfüge über einen Versicherungsschutz in der Höhe von € 4.000.000. Es handle sich um einen fortgeschriebenen Vertrag, der laufend angepasst werde. Zusätzlich werde die Deckung der Subunternehmerin durch Bescheinigung des Versicherers in Höhe von € 2.000.000 im Rahmen der Mängelbearbeitungsphase belegt. Bereits 2018 sei bestätigt worden, dass eine Vermögenshaftpflichtversicherung bestehe, deren Deckung bei Bedarf auch erhöht werden könne. Diese Bestätigung finde sich auch in den nun vorgelegten Unterlagen. Die Auftraggeberin könne nach der Lebenserfahrung davon ausgehen, dass diese Versicherung noch bestehe. Der Nachweis durch eine Polizze erweise, dass auch länger als sechs Monate zurückliegende Nachweise einen ausreichenden Beweis für die aufrechte Haftpflichtversicherung darstellten. Die Urkunden, die die Antragstellerin mit dem Teilnahmeantrag vorgelegt habe, bewiesen, dass ein aufrechter Versicherungsschutz bestehe. Die Antragstellerin habe bereits den Versicherungsschutz mit den mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Unterlagen nachgewiesen, sodass der Ausscheidensgrund des § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 nicht vorliege. Stelle man auf die vorangegangenen Vergabeverfahren ab, müsste der Auftraggeberin bewusst sein, dass ein ausreichender Versicherungsschutz der Subunternehmerin vorliege. Durch die verspätete Vorlage von Nachweisen im Vergabeverfahren habe die Antragstellerin keinen Wettbewerbsvorteil.
12.2 Die Antragstellerin und ihre konzernverbundene Subunternehmerin erbrächten seit vielen Jahren Systemteilnehmerprüfungen wie die hier ausschreibungsgegenständlichen rechtmäßig und mit entsprechender Befugnis. Sie dürfe diese entsprechend der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG auch in Österreich erbringen. Es stehe in Widerspruch zu den Grundsätzen des Vergabeverfahrens gemäß § 20 BVergG 2018, wenn der Auftraggeber in der Ausschreibung Befugnisse verlange, die zur Erbringung der Leistung nicht erforderlich seien. Sollte tatsächlich die Befugnis des Wirtschaftstreuhänders erforderlich sein, wäre die Ausschreibung unionsrechtswidrig. Die unionsrechtskonforme Auslegung der Ausschreibungsbedingungen verlange, dass die Antragstellerin und die Subunternehmerin über die notwendigen Befugnisse verfügten. Selbst wenn die Subunternehmerin nicht ausreichend befugt wäre, müsse die Antragstellerin keine Leistungen durch sie erbringen lassen.
12.3 Der Verweis auf eine Bieteranfrage im Zuge der Ausschreibung im Jahr 2018 sein nicht unionsrechtskonform. Es sei nicht richtig, dass die damalige Beantwortung der Bieteranfrage zum Verständnis der vorliegenden Ausschreibung heranzuziehen sei. Nach den allgemeinen Auslegungsregeln müsse der, der eine Formulierung verwende, die sein Gegenüber weniger belastende Auslegung gegen sich gelten lassen. Es wäre der Auftraggeberin unbenommen gewesen, die damalige missverständliche Formulierung durch eine andere zu ersetzen. Die Antragstellerin habe die Antwort im vorangegangenen Vergabeverfahren nicht akzeptiert oder billigend zur Kenntnis genommen.
13. Am 26. August 2021 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Sie hatte folgenden Verlauf:
Dr. Wolfgang BERGER, Rechtsvertreter der Auftraggeberin: Im Jahr 2018 fand eine Ausschreibung zum gleichen Leistungsgegenstand statt. Die Anforderung an die Befugnis war in dieser Ausschreibung wortgleich zur jetzigen Ausschreibung. Das gilt auch für die Anforderungen an die Berufshaftpflichtversicherung. Im Jahr 2018 wurde eine Bewerberanfrage bezüglich der Befugnis gestellt. Ich verweise dazu auf die Beilage ./A, wo ich diese Bewerberanfrage vorgelegt habe. Die Antragstellerin hat sich auch an dem Vergabeverfahren 2018 beteiligt.
Richter: Für welchen Zeitpunkt ist die Eignung nachzuweisen?
Dr. Wolfgang BERGER: Für den Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist.
Richter: Wie aktuell müssen Nachweise sein? Gibt es einen von der Ausschreibung geregelten Zeitraum, in dem Nachweise entstanden sein müssen?
Dr. Wolfgang BERGER: Ja, den gibt es. Im Teil I A 1 Punkt 7 Abs. 2 der Verfahrensregeln wird festgelegt, dass sämtliche geforderte Nachweise in aktueller Fassung vorzulegen sind (nicht älter als sechs Monate, Stichtag Tag des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist). Als einzige Ausnahme für die Aktualität wird der Bescheid der Befugnis angeführt.
Dr. Georg RIHS, Rechtsvertreter der Antragstellerin: Warum wird hier eine Ausnahme für den Bescheid über die Befugnis geregelt?
Dr. Wolfgang BERGER: Das hat aus meiner Sicht zwei Gründe: Erstens liegen solche Bescheide über die Befugnis meistens weit zurück und zweitens kann die Befugnis sehr einfach elektronisch überprüft werden.
Dr. Georg RIHS: Wie erfolgt die Überprüfung der Befugnis von ausländischen Firmen?
Dr. Wolfgang BERGER: Im Fall von zum Beispiel deutschen Unternehmen machen wir einen Handelsregisterauszug.
Dr. Georg RIHS: Wie unterscheidet sich eine Polizze von einem Bescheid über die Befugnis im Hinblick auf die Aktualität?
Dr. Wolfgang BERGER: Der Unterschied zur Aktualität des Nachweises liegt einerseits in der Bestandsfestigkeit der Ausschreibung und andererseits, wie bereits ausgeführt, in der einfachen Überprüfbarkeit des Auftraggebers des Nachweises des Gewerbescheins. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Auftraggeberin bei Zweifeln über die Befugnis (zum Beispiel, wenn der Bescheid über die Gewerbeausübung schon sehr alt ist) entsprechend ergänzende Nachweise verlangen kann.
Dr. Georg RIHS: Warum ist hier ausdrücklich von der Polizze als möglicher Nachweis die Rede?
Dr. Wolfgang BERGER: Das ist bloß eine beispielhafte Aufzählung von Nachweisen. Dies wird deshalb soweit formuliert, damit der Bieter auch andere Nachweise wie zum Beispiel Bestätigungen vorlegen können.
Richter: Sind Unterlagen, die nach dem 2.6.2021 erstellt wurden, für den Nachweis der Eignung zulässig?
Dr. Wolfgang BERGER: Bei einer strengen Interpretation der Bestimmung wäre ein nachträglich entstandener Nachweis nicht zu akzeptieren.
Dr. Georg RIHS: Den Punkt 7 der Ausschreibung ist zu entnehmen, dass die Eignung zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist vorliegen muss. Bezüglich der Aktualität der Nachweise ist die einzige Einschränkung, dass diese in aktueller Fassung, das heißt, nicht älter als sechs Monate vorzulegen sind. Deshalb ergibt sich aus meiner Einschätzung, dass jüngere Nachweise die nach dem Ablauf der Teilnahmeantragsfrist erstellt wurden, nicht zum Nachweis der Eignung zum Zeitpunkt des Fristablaufs gelten können. Es gibt auch keine weitere Bestimmung, die formale Einschränkungen vorsehen würde.
Richter: Welche Befugnis ist für die tatsächliche Prüftätigkeit vor Ort notwendig? Gibt es neben der Ausschreibung rechtliche Vorgaben dafür?
Dr. Wolfgang BERGER: Aufgrund der Prüftätigkeit, die dann von dem künftigen Rahmenvertragspartner zu erbringen sind, ist man davon ausgegangen, dass diese Leistungen nur von Wirtschaftsprüfern/Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erbracht werden können und dürfen. Weiters bestehen vertragliche Regelungen zwischen der Auftraggeberin und dem Sammel- und Bewertungssystemen, dass diese Leistungen ausschließlich von Wirtschaftsprüfern/Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt werden. Dies wird in der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung Anlage 1 als Mindeststandard für die Überprüfung der Teilnehmer der Sammel- und Verwertungssysteme festgelegt. Weiters wird auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sammel- und Verwertungssystemen (zum Beispiel der ARA oder Interseroh) festgehalten, dass für die Prüfungen zur Verschwiegenheit verpflichtete Wirtschaftsprüfer eingesetzt werden. Aufgrund dieser Rahmenbedingungen wurde in der Ausschreibung festgelegt, dass die Prüfleistungen durch Wirtschaftsprüfer zu erfolgen hat. Weiters wird in Teil I A 1 in Punkt 3 als Ziel der Ausschreibung festgelegt, dass Rahmenverträge mit drei geeigneten Wirtschaftsprüfern/Wirtschaftsprüfungsgesellschaften abgeschlossen werden soll.
Dr. Georg RIHS: Warum wird auf die Prüfungsleistungen und nicht auf bestimmte Befugnis- oder Berufsberechtigung in einem anderen Mitgliedsstaat Bezug genommen?
Dr. Wolfgang BERGER: Diese Bestimmung ist so zu verstehen, dass auch ausländische Bewerber Wirtschaftsprüfer sein müssen, doch ist allenfalls zusätzlich nachzuweisen, dass sie die konkret zu erbringenden Prüfleistungen erbringen dürfen. Weiters ist nachzuweisen, dass diese Prüfleistungen auch bei österreichischen Gesellschaften durchgeführt werden dürfen. Aus diesem Grund wird auch auf die Bestimmungen des Bundesgesetzes über Wirtschaftstreuhandberufe in diesem Absatz verwiesen.
Dr. Georg RIHS: Mir erschließt sich die Eindeutigkeit nicht aus dieser Formulierung. Darüber hinaus würde dies ausländische Bewerber mit schwer oder unmöglich zu erbringenden Nachweisen belasten, weil diese zusätzlich zur Befugnis zur Wirtschaftstreuhand auch noch die Berechtigung zur Erbringung spezifischer Leistungen nachweisen müssten. Was im Einzelfall wohl schwer möglich ist.
DDDD , Mitarbeiter der Antragstellerin: Ich schließe mich dem an. Ein ausländischer Wirtschaftsprüfer, der die nachgefragten Prüfleistungen in seinem Heimatstaat nicht erbringen dürfte, müsste dann weitere Nachweise erbringen, um die Befugnis nachzuweisen, selbst wenn er nach der österreichischen Rechtslage dazu befugt wäre.
Dr. Wolfgang BERGER: Diese Anmerkungen sind nicht nachvollziehbar. Am Beispiel des Teilnahmeantrages der Bewerberin ist ersichtlich, dass diese sowohl ihre Wirtschaftstreuhandbefugnis als auch ihre Befugnis zu Prüfleistungen nachweisen konnte. Wenn ein Subunternehmer Prüfungsleistungen vor Ort vornimmt, wird er auch die Befugnis als Wirtschaftsprüfer haben müssen.
Richter: Welche Leistung soll die Subunternehmerin erbringen?
DDDD : Die Subunternehmerin wird Prüfungsleistungen in ihrem Bereich erbringen. Die CCCC agiert in Teams, die abhängig von der notwendigen Expertise und dem verfügbaren Personal zusammengestellt werden und immer unter der Leitung eines verantwortlichen Wirtschaftsprüfers, wenn dies erforderlich ist, arbeiten. Andere Aufgaben, bei denen ein Wirtschaftsprüfer nicht notwendig ist, macht die Subunternehmerin alleine und eigenverantwortlich. Die Subunternehmerin ist im besonderen Maß der Tätigkeit spezialisiert. In Österreich prüfen derzeit Angestellte von Wirtschaftsprüfern, die nicht so einen hohen Grad an Spezialisierung aufweisen. Diese Angestellten haben selber keine Berufsberechtigung als Wirtschaftsprüfer.
Dr. Wolfgang BERGER: Ich möchte darauf hinweisen, dass die Subunternehmerin dazu verpflichtet ist die Prüfleistungen durchzuführen, weil sämtliche Referenzen von der Subunternehmerin beigestellt wurden und ich verweise diesbezüglich auf § 86 BVergG 2018.
Dr. Georg RIHS: Hierfür möchte ich nochmals auf die Ausschreibung hinweisen, nach der ein Bewerber zur Erbringung der ausschreibungsgegenständlichen Prüfungsleistungen an österreichischen Gesellschaften berechtigt sein muss. Aufgrund der Berechtigungen und Zulassungen der Subunternehmerin ist diese zur Erbringung der Leistungen berechtigt und kann diese auch grenzüberschreitend in Österreich durchführen.
Richter: Welchen Prozentanteil an der Gesamtleistung soll die Subunternehmerin erbringen?
DDDD : Der Leistungsanteil wird je nach Einsatz zwischen 30 und 70 Prozent liegen.
Richter: Welchen „reglementierten Beruf“ gemäß Artikel 3 Abs 1 lit. a Berufsanerkennungsrichtline übt die Subunternehmerin in Deutschland aus?
Dr. Georg RIHS: Die Tätigkeit der Begutachtung und die Sachverständigentätigkeit sind ein reglementierter Beruf. In Deutschland sind sie kein freier Beruf.
DDDD : Der Beruf erfolgt über eine Registrierung bei der Zentralen Stelle Verpackungsregister. Diese setzt voraus, dass ein Bewerber entweder Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger in den jeweiligen Fachgebieten ist. Voraussetzung ist auch die Bestellung der jeweiligen Kammer. Sachverständige müssen bei der deutschen Industrie- und Handelskammer, in unserem Fall im Bereich Recht, für ein bestimmtes Fachgebiet bestellt sein. Diese erfolgt nach Absolvierung einer Prüfung. Der Erhalt der Stellung als Sachverständiger setzt voraus, dass Fortbildungen absolviert werden und nach fünf Jahren um eine Verlängerung angesucht wird.
Richter: Welche Tätigkeit ist bei der Subunternehmerin versichert?
DDDD : Da die Versicherung keine Vorlage hatte, findet sich die versicherte Tätigkeit im Annex zur Versicherungsbestätigung, Seite 3.
Dr. Wolfgang BERGER: Der im Zuge der Verbesserung vorgelegte Versicherungsnachweis für die Subunternehmerin umfasst einerseits die Versicherungspolizze aus dem Jahr 2018, auf die sich das Vorbringen von DDDD bezieht und eine tabellarische Übersicht vom 11.6.2021, in der kein Hinweis für eine Versicherung im Sinne des Annexes zur Versicherungspolizze aufscheint.
Die Parteien bringen nichts mehr vor.
Der vorsitzende Richter erklärt das Ermittlungsverfahren gemäß § 39 Abs 3 AVG iVm § 333 BVergG 2018 wegen Entscheidungsreife für geschlossen.
14. Mit Schriftsatz vom 31. August 2021 brachte die Antragstellerin zur Registrierung als Systemteilnehmerprüfer bei der deutschen Zentralen Stelle Verpackungsregister, der Registrierung als Sachverständiger und die Prüfleitlinien für Sachverständige vor und beantragte die Einsicht in den Vergabeakt. In einem Telefonat mit dem Vertreter der Antragstellerin gab er an, dass die Antragstellerin insbesondere Einsicht in das Protokoll der Öffnung der Teilnahmeanträge nehmen wolle, um zu wissen, wer sich sonst noch an dem Vergabeverfahren beteiligt habe. Der senatsvorsitzende Richter machte auf § 17 Abs 3 AVG aufmerksam, verwies auf die Verpflichtung des Auftraggebers, die Namen und Anzahl der beteiligten Unternehmer in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung geheim zu halten, hin und stellte klar, dass ausschließlich die Ausscheidensentscheidung Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist, sodass andere Bewerber ohne Bedeutung für den Ausgang des Nachprüfungsverfahrens sind. Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin könne durch die Verweigerung der Akteneinsicht nicht erfolgen. Er gab an, die Akteneinsicht in das Protokoll über die Öffnung der Teilnahmeanträge nicht zu gewähren.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen
1. Feststellungen (Sachverhalt)
1.1 Die VKS Verpackungskoordinierungsstelle gemeinnützige Gesellschaft mbH schreibt unter der Bezeichnung „Rahmenvertrag für Systemteilnehmerprüfungen“ einen Dienstleistungsauftrag über Prüftätigkeiten mit dem CPV-Code 79210000-9 – Rechnungslegung und -prüfung in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung nach dem Bestangebotsprinzip aus. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem zwanzigfachen des Schwellenwerts gemäß § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2018. Vergebende Stelle ist die Harrer Schneider Rechtsanwälte GmbH. Die Bekanntmachung der Ausschreibung wurde in Österreich zur Zahl 4/VKS-PRÜ 2021 und unionsweit im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 24. November 2020 zur Zahl 2021/S 089-229651, beide abgesandt am 3. Mai 2021 veröffentlicht. Das Ende der Teilnahmeantragsfrist war der 2. Juni 2021, 9.00 Uhr. (Angaben der Auftraggeberin; Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.2 Die Ausschreibung lautet auszugsweise wie folgt:
„…
TEIL I.A.1
Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrags
…
3. PRÄAMBEL
…
3.2. Ziel der Ausschreibung
Ziel dieses Vergabeverfahrens ist es, die Umsetzung des koordinierten Kontrollkonzepts durch den Abschluss eines Rahmenvertrags für die Dauer von drei Jahren mit drei geeigneten Wirtschaftsprüfern / Wirtschaftsprüfergesellschaften sicherzustellen. Die Aufteilung der Aufträge unter den Beauftragten Wirtschaftsprüfern / Wirtschaftsprüfergesellschaften erfolgt nach einem festgelegten Aufteilungsschlüssel, der in der 2. Stufe endgültig festgelegt wird.
…
6. AUSSCHLUSS UND AUSSCHEIDEN VON TEILNAHMEANTRÄGEN / ANGEBOTEN
…
(2) Von der Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren sind ausgeschlossen:
(3) Die in § 78 BVergG 2018 genannten Ausschlussgründe sowie die Ausscheidensgründe des § 141 Abs 1 BVergG 2018 kommen für die gegenständliche Ausschreibung zur Anwendung und gelten gleichermaßen für Teilnahmeanträge und Angebote, Teilnahmeanträge, die einen Ausscheidenstatbestand des § 141 Abs 1 BVergG 2018 verwirklichen, werden daher zur Teilnahme am weiteren Verfahren nicht zugelassen.
(4) Weiters werden auch Teilnahmeanträge von Bewerbern und Angebote von Bietern nicht berücksichtigt, die es unterlassen haben, innerhalb der ihnen gestellten Frist die verlangte Aufklärung zu geben oder deren Aufklärung einer nachvollziehbaren Begründung entbehrt (analog § 141 Abs 2 BVergG 2018). Für allfällige Verbesserungen wird der Auftraggeber jeweils eine Frist von max 7 Kalendertagen setzen.
(5) Überdies werden Teilnahmeanträge und Angebote auch dann nicht weiter berücksichtigt/ausgeschieden, wenn sie gegen eine Ausschreibungsbestimmung verstoßen, die ausdrücklich unter Ausscheidenssanktion gestellt ist.
…
7. EIGNUNG
(1) Die Eignung muss zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist vorliegen. Der Auftraggeber wird daher nur solche Bewerber zur Angebotsabgabe einladen, die zum Zeitpunkt des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist befugt, zuverlässig, wirtschaftlich / finanziell und technisch leistungsfähig sind.
(2) Sämtliche geforderte Nachweise sind in aktueller Fassung (nicht älter als 6 Monate, Stichtag: Tag des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist – außer Bescheid über die Befugnis) vorzulegen.
…
7.2 BEFUGNIS
(1) Der Bewerber oder ein notwendiger Subunternehmer muss die Befugnis haben, Wirtschaftsprüferleistungen zu erbringen.
(2) Österreichische Bewerber müssen über die für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen notwendigen gesetzlichen Befugnisse (Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) verfügen.
…
(4) Ausländische Bewerber, die keine einschlägige österreichische Berechtigung besitzen, müssen über die berufliche Befugnis eines Mitgliedsstaates der EU bzw einer Vertragspartei des EWR-Abkommens verfügen, die sie insbesondere auch zur Erbringung der Prüfungsleistungen österreichischer Gesellschaften berechtigt. Die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wirtschaftstreuhandberufe („WTBG“) idgF zu beachten.
Darüber hinaus haben alle ausländischen Bewerber eine deutsche Übersetzung der Abschrift des Berufs- oder Handelsregisters ihres Herkunftslandes oder die dort vorgesehene Bescheinigung oder eidesstättige Erklärung vorzulegen (Anlage 4). Welche Nachweise konkret für ein bestimmtes Herkunftsland vorzulegen sind, bestimmt sich nach Anhang VII zum BVergG 2018. Weiters ist von jedem Bewerber Formblatt 1 auszufüllen.
(5) Soweit der Bewerber Subunternehmer heranzieht, ist für jene Leistungen, die der Subunternehmer erbringt, die entsprechende Befugnis des Subunternehmers erforderlich und den obigen Bestimmungen entsprechend nachzuweisen. Beachte: Auch für ausländische Subunternehmer gelten die Bestimmungen gem Abs (4) oben.
…
7.4 FINANZIELLE UND WIRTSCHAFTLICHE LEISTUNGSFÄHIGKEIT
7.4.1 Mindesterfordernisse an die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
Der Bewerber hat zum Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit folgende Mindesterfordernisse zu erfüllen:
a. Der Bewerber verfügt über eine Berufshaftpflichtversicherung gemäß WTBG oder vergleichbarer Rechtsvorschrift im Umfang von mindestens EUR 5 Mio pro Schadensfall. Im Fall einer Bewerbergemeinschaft und auch im Fall einer Beiziehung von Subunternehmern beträgt die Berufshaftpflichtversicherung zumindest insgesamt den Umfang von EUR 5 Mio.
…
7.4.2 Nachweis der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
(1) Zum Nachweis für die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hat der Bewerber den aktuellen Nachweis (z.B. Polizze, Deckungszusage) des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens EUR 5 Mio pro Schadensfall vorzulegen (Anlage 5).
…
11. SUBUNTERNEHMER
(1) Subunternehmer ist gemäß § 2 Z 34 BVergG 2018 ein Unternehmer, der Teile des an den Auftragnehmer erteilten Auftrags ausführt, wobei es unerheblich ist, ob der Unternehmer in einem direkten Vertragsverhältnis mit dem Auftragnehmer steht oder nicht. Dh, als Subunternehmer gelten alle Unternehmer bis zum letzten Glied (‚Subunternehmerkette‘). Die bloße Lieferung von handelsüblichen Waren oder Bestandteilen, die zur Erbringung der Leistung erforderlich sind, ist keine Subunternehmerleistung.
(2) Es wird zwischen sog ‚notwendigen (erforderlichen)‘ Subunternehmern und ‚zweckmäßigen‘ Subunternehmern unterschieden:
a. Notwendige Subunternehmer sind jene Subunternehmer, die der Bewerber benötigt, weil er nicht selbst die zur Leistungserbringung technische Leistungsfähigkeit verfügt oder weil sich der Bewerber im Rahmen des Auswahlverfahrens auf sie stützt.
b. Zweckmäßige Subunternehmer sind alle sonstigen Subunternehmer, die Teile der vom AN zu erbringenden Leistungen ausführen.
(3) Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch verbundene Unternehmen bei Vorliegen der obigen Voraussetzungen als Subunternehmer zu qualifizieren und gemäß Pkt 12 mit dem Teilnahmeantrag bekanntzugeben sind.
…
14. EIGNUNGSNACHWEISE BEI NOTWENDIGEN SUBUNTERNEHMERN
(1) Notwendige Subunternehmer müssen über die erforderliche Eignung entsprechend dem von ihnen zu erbringenden Leistungsteil verfügen und haben folgende Eignungsnachweise vorzulegen:
a. Mit Abgabe des Teilnahmeantrags erklärt der Subunternehmer im Formblatt 2, dass er alle Voraussetzungen der Eignung erfüllt und gibt die geforderte Erklärungen ab.
b. Nachweis der Befugnis gem Punkt 7.2 des namhaft gemachten Unternehmens hinsichtlich des vorgesehenen Leistungsteils.
c. Nachweise der beruflichen Zuverlässigkeit des namhaft gemachten Unternehmens gem Punkt 7.1 (Unbedenklichkeitsbescheinigung Sozialversicherung und Rückstandsbescheinigung Finanzamt oder gleichwertige Bescheinigung)
d. Nachweise der technischen Leistungsfähigkeit/Auswahlkriterien des namhaft gemachten Unternehmens gem Punkt 7.3 in Bezug auf die substituierte Leistungsfähigkeit (Referenzprojekte/Mitarbeiter).
(2) Darüber hinausgehende Eignungsnachweise sind nur über gesonderte Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen.
15. DRITTE ZUM NACHWEIS DER FINANZIELLEN / WIRTSCHAFTLICHEN LEISTUNGSFÄHIGKEIT
(1) Zum Nachweis der fehlenden Eignung in Bezug auf die finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kann sich der Bewerber auf jeden Dritten (zB Subunternehmer, verbundene Unternehmen oder sonstige Dritte) stützen.
(2) Mit der Abgabe des Teilnahmeantrags gibt der Dritte in Teil I.B / Formblatt 3 die Patronats- und Haftungserklärung ab.
(3) Weiters hat der Dritte die iin Teil I.A.1 Punkt 7.4 geforderte finanzielle und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in Teil I.B / Formblatt 5 nachzuweisen.
(4) Darüber hinausgehende Eignungsnachweise sind nur über gesonderte Aufforderung durch den Auftraggeber vorzulegen.
…“
(Ausschreibung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.3 Kein Bewerber stellte eine Frage zur Befugnis oder dem Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung, wenn ein notwendiger Subunternehmer im Teilnahmeantrag genannt wird. (Rückfragebeantwortung in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.4 Am 2. Juni 2021 öffnete die vergebende Stelle von 9.00 Uhr bis 9.25 Uhr die Teilnahmeanträge. (Öffnungsprotokoll vom 2. Juni 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.5 In ihrem Teilnahmeantrag unterfertigt am 1. Juni 2021 nennt die Antragstellerin die REVISA CyleProof GmbH als notwendige Subunternehmerin für den Leistungsteil „fachliche Durchführung von abfallwirtschaftlichen, gesetzlich vorgeschrieben Prüfungen“ und zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit sowie die FFFF – als notwendige Subunternehmerin für den Leistungsteil „zusätzliche Bereitstellung von Personal“ zum Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit und der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. In der Subunternehmererklärung ist als Befugnis der BBBB „Bestellung und Vereidigung als Sachverständige sowie Registrierung gem. § 27 VerpackG (Deutschland)“ genannt. Die Subunternehmerinnen gaben die geforderten Erklärungen ab. In Anlage 9 zum Teilnahmeantrag gibt die Antragstellerin eine Reihe von Referenzprojekten über Prüfungstätigkeiten in Deutschland an, die allesamt von den beiden genannten Schlüsselpersonen der BBBB erbracht wurden und bei denen die Auftraggeber nicht genannt sind. Weiters liegt eine Bestätigung der Der Grüne Punkt – Duales System Deutschland GmbH vom 31. Mai 2021 über Prüfungsleistungen der BBBB bei. Die Antragstellerin legt ua folgende Nachweise bei:
• die Bescheinigung der Wirtschaftsprüferkammer vom 1. Februar 2016 über die Teilnahme der Antragstellerin am System der Qualitätskontrolle des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer befristet bis 25. Jänner 2022 (Anlage 4 zum Teilnahmeantrag),
• den Auszug aus dem Berufsregister nach § 40 Abs 3 dWPO über die Eintragung der Antragstellerin vom 17. Juni 2016 (Anlage 4 zum Teilnahmeantrag),
• die Bestätigung eines Versicherungsunternehmens vom 17. November 2020 über die fälligen Beträge für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung der CCCC für den Zeitraum 1. Jänner 2021 bis 31. Dezember 2022 (Anlage 5 zum Teilnahmeantrag),
• den 15. Nachtrag zum Versicherungsschein Vermögensschaden-Haftpflicht der CCCC ausgestellt am 3. Mai 2017 mit einer Beschreibung der versicherten Risiken mit einer Deckungssumme von € 4.000.000 pro Versicherungsfall, höchstens jedoch € 6.000.000 pro Versicherungsjahr, der nicht für die Subunternehmerin gilt (Anlage 5 zum Teilnahmeantrag),
• den Nachweis über die Registrierung zweier Schlüsselpersonen der Subunternehmerin als zugelassene Prüfer im öffentlich zugänglichen Prüfregister der Zentralen Stelle Verpackungsregister, Abteilung 1 vom 27. Mai 2021, als öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Abfallwirtschaft und Entsorgung von Abfallstoffen, insbesondere Verpackungen und Batterien bzw Verpackungsentsorgung mitsamt Ausführungen zu den Rahmenbedingungen der Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen in Deutschland (Anlage 7.1 zum Teilnahmeantrag).
(Teilnahmeantrag der Antragstellerin in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.6 Mit Schreiben vom 9. Juni 2021 forderte die vergebende Stelle die Antragstellerin zur Mängelbehebung bis 16. Juni 2021, 9.00 Uhr ua durch Vorlage eines aktuellen Nachweises einer Berufshaftlichtversicherung mit einer Deckungssumme von € 5.000.000 für die Antragstellerin und der Anteile der Subunternehmer an der Ausführung des Auftrags in Prozent auf. (Schreiben der vergebenden Stelle vom 9. Juni 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.7 Mit Schreiben vom 10. Juni 2021, der Antragstellerin am 15. Juni 2021 übermittelt, legte die Antragstellerin ua eine Versicherungsbestätigung vom 14. Juli 2020 für die CCCC mit einer Deckungssumme von € 4.000.000 pro Schadensfall, höchstens € 6.000.000 pro Versicherungsjahr bei Vermögensschäden, gültig vom 1. Jänner 2011 bis 1. Jänner 2022, und eine Versicherungsbestätigung vom 11. Juni 2021 für die BBBB mit einer Deckungssumme von € 2.000.000 pro Schadensfall für Vermögensschäden und € 5.000.000 für Betriebs-, Produkt- und Umwelthaftpflichtschäden/Umweltschäden für die versicherte Tätigkeit Unternehmens- und Personalberatung, gültig von 1. Jänner 2015 bis 1. Jänner 2022, vor. Weiters gab sie an, dass die FFFF 10 bis 30 % der Leistung und die BBBB 20 bis 60 % der Leistung erbringen solle. (Schreiben der Antragstellerin vom 10. Juni 2021 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)
1.8 Am 18. Juni 2021 teilte die vergebende Stelle der Antragstellerin die Nichtzulassung zur Teilnahme am Vergabeverfahren im Wege des Vergabeportals mit. Diese lautet wie folgt:
„…
Wir bedauern jedoch, im Namen und Auftrag der VKS, mitteilen zu müssen, dass Ihr Teilnahmeantrag im gegenständlichen Vergabeverfahren ausgeschieden wird und die AAAA somit für das weitere Vergabeverfahren nicht zugelassen wird.
Dies aus den folgenden Gründen:
1. Fehlende Befugnis
Gem Teil I.A.1 Punkt 7.2. der Ausschreibung wird die Anforderung an die Befugnis wie folgt geregelt:
(1) Der Bewerber oder ein notwendiger Subunternehmer muss die Befugnis haben, Wirtschaftsprüferleistungen zu erbringen.
(2) Österreichische Bewerber müssen über die für die Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen notwendigen gesetzlichen Befugnisse (Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft) verfügen.
(4) Ausländische Bewerber, die keine einschlägige österreichische Berechtigung besitzen, müssen über die berufliche Befugnis eines Mitgliedstaates der EU bzw einer Vertragspartei des EWR-Abkommens verfügen, die sie insbesondere auch zur Erbringung der Prüfungsleistungen österreichischer Gesellschaften berechtigt. Die Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Wirtschaftstreuhandberufe („WTBG“) idgF zu beachten.
(5) Soweit der Bewerber Subunternehmer heranzieht, ist für jene Leistungen, die der Subunternehmer erbringt, die entsprechende Befugnis des Subunternehmers erforderlich und den obigen Bestimmungen entsprechend nachzuweisen. Beachte: Auch für ausländische Subunternehmer gelten die Bestimmungen gem Abs (4) oben.
Aus den obigen Festlegungen ist ersichtlich, dass in Abs 1 allgemein festgelegt wurde, dass der Bewerber oder ein notwendiger Subunternehmer berechtigt sein muss, Wirtschaftsprüferleistungen (ohne Einschränkung) zu erbringen. In Bezug auf ausländische Bewerber wird klarstellend festgehalten, dass sie auch zur Erbringung von Prüfleistungen von österreichischen Gesellschaften berechtigt sein müssen. Werden Subunternehmer herangezogen, dann müssen diese die für ihren Leistungsteil erforderliche Befugnis aufweisen.
Die BBBB ist eine notwendige Subunternehmerin, weil diese für den Nachweis der erbrachten Systemteilnehmerprüfungen (Referenznachweis) herangezogen wird. Soweit ersichtlich, wurden sämtliche der erbrachten Prüfleistungen von dieser Subunternehmerin erbracht. Inhaltlich werden von dieser gemäß den Angaben im Teilnahmeantrag die abfallwirtschaftlichen, gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen fachlich durchgeführt.
Entsprechend dem vergaberechtlichen Erfordernis legt die Ausschreibung fest, dass der notwendige Subunternehmer auch über die gem der Ausschreibung geforderte Befugnis – hier also aufgrund der Durchführung der Prüftätigkeiten Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft – verfügen muss (vgl Teil I.A. Punkt 7.2 Abs 5). Dies ist bei der BBBB nicht der Fall, was aus dem, dem Teilnahmeantrag beigelegten, Auszug des Handelsregisters ersichtlich ist. Insofern verfügt der notwendige Subunternehmer nicht über die geforderte Befugnis.
Nach der österreichischen vergaberechtlichen Judikatur ist ein Teilnahmeantrag / Angebot auszuscheiden, wenn es einem notwendigen Subunternehmer an der geforderten Eignung fehlt (vgl zB BVA 23.10.2007, N/0084-BVA/05/2007-27). Ein Austausch eines notwendigen Subunternehmers ist vergaberechtlich nicht zulässig (vgl auch EBRV 776 BlgNr XXV GP zu §§ 83 Abs 2 BVergG 2018, etc).
Aufgrund der mangelnden Befugnis ihrer notwendigen Subunternehmerin ist die Bewerberin daher gem § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 iVm § 141 Abs 1 Z 7 BVergG 2018 auszuscheiden.
2. Fehlender/Mangelhafter Nachweis über Berufshaftpflichtversicherung
Gem Teil I.A.1 Punkt 7.4.1 lit a der Ausschreibung müssen die Bewerber zum Nachweis der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit unter anderem Folgendes nachweisen:
‚Der Bewerber verfügt über eine Berufshaftpflichtversicherung gemäß WTBG oder vergleichbarer Rechtsvorschrift im Umfang von mindestens EUR 5 Mio pro Schadensfall. Im Fall einer Bewerbergemeinschaft und auch im Fall einer Beiziehung von Subunternehmern beträgt die Berufshaftpflichtversicherung zumindest insgesamt den Umfang von EUR 5 Mio.‘
Gem Teil I.A.1 Punkt 7. Abs 2 sind „sämtliche Nachweise in aktueller Fassung (nicht älter als 6 Monate, Stichtag: Tag des Ablaufs der Teilnahmeantragsfrist) vorzulegen.“
Mit der am 9. Juni 2021 an die Bewerberin versendete Aufforderung zur Mängelbehebung, wurde diese aufgefordert, einen aktuellen Nachweis des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß WTBG oder vergleichbarer Rechtsvorschrift vorzulegen, weil die mit dem Teilnahmeantrag vorgelegten Nachweise älter als 6 Monate waren.
Mit der Mängelbehebung vom 15. Juni 2021 wurden folgende Versicherungsbestätigungen vorgelegt:
• Nachtrag Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (datiert mit 14.7.2020) für die CCCC Wirtschaftsprüfer, Steuerberater. Mitversicherte Unternehmen sind ua die Bewerberin, AAAA .
• eine Versicherungsbestätigung der GGGG (datiert mit 11. Juni 2021) für das Unternehmen REVISA Cycle Proof GmbH (Versicherungssumme: Euro 2 Millionen für Vermögensschäden und Euro 5 Millionen für Personen- und Sachschäden)
Aufgrund der bestandfesten Festlegung, dass die vorzulegenden Nachweise nicht älter als 6 Monate sein dürfen, kann der Nachtrag der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung vom 14.7.2020 nicht für die Beurteilung der finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Nachweis der Berufshaftpflichtversicherung) herangezogen werden. Es liegt daher kein gültiger Nachweis der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung für die CCCC vor.
Aus der Versicherungsbestätigung der GGGG geht hervor, dass diese Versicherung nur Vermögensschäden bis Euro 2 Millionen deckt. Dies widerspricht jedoch den Festlegungen der Ausschreibung, wonach eine Berufshaftpflichtversicherung gemäß WTBG (oder vergleichbare Rechtsvorschrift) im Umfang von 5 Millionen nachzuweisen ist. Da es sich bei einer Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 11 WTBG um eine ‚Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung‘ handelt, müssen daher Vermögensschäden bis EUR 5 Millionen versichert sein.
Insgesamt liegen der Auftraggeberin – trotz der eingeräumten Möglichkeit zur Mängelbehebung – keine gültigen bzw. geeigneten Nachweise für eine Berufshaftpflichtversicherung in der geforderten Höhe vor. Eine weitere Mängelbehebung durfte die Auftraggeberin gemäß der ständigen Rechtsprechung aus Gründen der Bietergleichbehandlung nicht mehr einräumen.
Der Teilnahmeantrag der Bewerberin ist daher auch aus diesem Grund wegen des fehlenden Nachweises der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit gem § 141 Abs 1 Z 2 BVergG 2018 bzw. wegen der erfolgten Mängelbehebung/Aufklärung gemäß § 141 Abs 2 BVergG 2018 auszuscheiden für das weitere Verfahren nicht mehr zuzulassen.
3. Weitere aufzuklärende mögliche Ausscheidungsgründe
Im Übrigen bestehen auch Zweifel an der Befugnis der AAAA , im Hinblick auf § 231 Abs 1 und Abs 2 Wirtschaftstreuhandberufsgesetz 2017 (‚WTBG‘), wonach Staatsangehörige von EU-Mitgliedstaaten ohne Niederlassung in Österreich (nur), vorübergehend und gelegentlich ihre Dienstleistungen in Österreich erbringen dürfen.
Weiters wurden von der Bewerberin für den Nachweis der Referenzen nicht die dafür geforderten Formblätter ausgefüllt und vom historischen Auftraggeber bestätigt, sondern in einem Begleitschreiben eine Liste (ohne Angabe des historischen Auftraggebers) mit erbrachten Prüfleistungen abgegeben. Die Auftraggeberin hätte die Bewerberin daher, um die Referenzen prüfen zu können, im Rahmen der Mängelbehebung auffordern müssen, ua verbesserte Nachweise (insbesondere unter Verwendung der Formblätter) für den Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit vorzulegen.
Diese Umstände wurden aber aus verfahrensökonomischen Gründen nicht mehr abschließend geklärt, weil die Bewerberin AAAA bereits aus den oben angeführten Gründen auszuscheiden ist.
…“
(Schreiben der vergebenden Stelle vom 18. Juni 2021 in den Unterl