Entscheidungsdatum
15.09.2021Norm
AVG §13 Abs3Spruch
W249 2244029-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX gegen den Bescheid der GIS Gebühren Info Service GmbH vom XXXX , GZ. XXXX , Teilnehmernummer XXXX , zu Recht:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit am XXXX bei der GIS Gebühren Info Service GmbH (im Folgenden: „belangte Behörde“) eingelangtem Schreiben beantragte XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführerin“) die Befreiung von den Rundfunkgebühren für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen. Im dabei verwendeten Antragsformular ergänzte die Beschwerdeführerin unter der Rubrik „Wenn Sie eine der nachstehenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, kreuzen Sie bitte das entsprechende Feld an“ die Auswahlmöglichkeit „Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung“ handschriftlich mit dem Vermerk: „ XXXX , Diabetes Typ I zusätzliche Kinderbeihilfe (erhöht).“ Weiters gab sie an, dass in ihrem Haushalt XXXX weitere Personen ( XXXX ) wohnhaft seien.
Dem Antragsformular waren folgende Unterlagen angeschlossen:
? ein Erinnerungsschreiben der belangten Behörde vom XXXX über das Ende der bestehenden Gebührenbefreiung mit XXXX
? eine Einkommensteuererklärung für XXXX der Beschwerdeführerin (ohne Datum und Unterschrift)
? eine Einkommensteuererklärung für XXXX eines Haushaltangehörigen der Beschwerdeführerin (ohne Datum und Unterschrift)
? ein Lohnzettel eines weiteren Haushaltsangehörigen für den Zeitraum XXXX bis XXXX
? Meldebestätigungen aller im Antrag angeführten Personen
2. Am XXXX richtete die belangte Behörde an die Beschwerdeführerin folgendes Schreiben:
„[…] danke für Ihren Antrag vom XXXX [gemeint XXXX ] auf
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Fernsehempfangseinrichtungen
? Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radioempfangseinrichtungen
Für die weitere Bearbeitung benötigen wir von Ihnen noch folgende Angaben bzw. Unterlagen:
? Kopie des Nachweises über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage (soziale Transferleistung der öffentlichen Hand).
? Nachweis über alle Bezüge des/der Antragsteller/in bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben.
Dies können beispielsweise sein - bitte immer in Kopie:
? bei Berufstätigen die aktuelle Lohnbestätigung oder der letzte Einkommenssteuerbescheid
? bei Pensionisten die aktuelle Bestätigung über die Pensionsbezüge
? bei Auszubildenden die Bestätigung der Lehrlingsentschädigung
? bei Schülern und Studenten die Bescheide über Schüler- und Studienbeihilfen sowie Angabe der sonstigen Zuwendungen (Unterhaltszahlungen der Eltern) und Einkünfte (geringfügige Beschäftigung)
? bei Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, die Einheitswertbescheide
? sowie gegebenenfalls Bezüge von Alimenten bzw. sonstigen Unterhaltszahlungen
Anspruch wie z.B.(Rezeptgebührenbefreiung, etc.)sämtliche aktuelle Bezüge (Lohnzettel aktuell, etc.) von XXXX und XXXX nachreichen.
Wir bitten Sie, die noch fehlenden Unterlagen innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens nachzureichen. Bitte legen Sie Ihren Unterlagen unbedingt das beiliegende Formular „Deckblatt zur Nachreichung von Unterlagen“ bei. Auf diese Weise ist eine rasche Bearbeitung Ihres Antrages möglich.
[…]
Sollten uns bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen, müssen wir Ihren Antrag leider zurückweisen.“
3. Die Beschwerdeführerin hierauf übermittelte, am XXXX bei der belangten Behörde einlangend, folgende Unterlagen:
? die ersten beiden Seiten des Aufforderungsschreibens der belangten Behörde vom XXXX ergänzt mit dem Hinweis, dass ein Nachweis der Rezeptgebührenbefreiung nun beiliege und „Einkommensbescheide“ für die Beschwerdeführerin und eine weitere Person bereits mit dem Antrag übermittelt worden seien
? ein Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom XXXX über die Rezeptgebührenbefreiung der Beschwerdeführerin von XXXX bis XXXX
4. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich Nachweise über alle Bezüge aller im Haushalt lebenden Personen, nachzureichen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe: „Aktuelle Bezüge von XXXX und XXXX fehlen.“
5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die vorliegende Beschwerde vom XXXX , in der die Beschwerdeführerin im Wesentlichen erklärte, sie wolle Beschwerde einbringen. Die Zurückweisung sei nicht gerechtfertigt. Bereits dem Antrag seien „Einkommensbescheid“ [gemeint: Einkommensteuererklärungen] der Beschwerdeführerin sowie ihres Haushaltsangehörigen beigefügt gewesen. Die fehlende Rezeptgebührenbefreiung habe sie nachgereicht. Sie übermittle nun nochmals die beiden „Einkommensbescheide“ für XXXX , XXXX sei noch nicht berechnet, somit sei XXXX aktuell. Sie bitte um nochmalige Bearbeitung.
Der Beschwerden waren folgende Unterlagen angeschlossen:
? der bekämpfte Bescheid vom XXXX
? die Beilage zur Einkommensteuererklärung für Einzelunternehmer/innen für XXXX der Beschwerdeführerin (ohne Datum und Unterschrift)
? die Beilage zur Einkommensteuererklärung für Einzelunternehmer/innen für XXXX eines Haushaltsangehörigen (ohne Datum und Unterschrift)
? das bereits übermittelte Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom XXXX über die Rezeptgebührenbefreiung
6. Die Beschwerdevorlage der belangten Behörde vom XXXX und der Verwaltungsakt langten beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX ein. Im Vorlageschreiben wies die belangte Behörde ergänzend darauf hin, dass bis zum XXXX eine Befreiung bestanden habe.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Beschwerdeführerin brachte am XXXX einen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebühr für Radio- und Fernsehempfangseinrichtungen ein. Hinsichtlich ihrer Anspruchsvoraussetzung machte sie insofern Angaben, als dass sie die Auswahlmöglichkeit „Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung“ mit dem Vermerk „ XXXX , Diabetes Typ I zusätzliche Kinderbeihilfe (erhöht)“ ergänzte. Weiters machte sie einen XXXX -Personen-Haushalt geltend.
Dem Antragsformular waren ein Erinnerungsschreiben der belangten Behörde vom XXXX über das Ende der bestehenden Gebührenbefreiung mit XXXX , eine Einkommensteuererklärung XXXX der Beschwerdeführerin (ohne Datum und Unterschrift), eine Einkommensteuererklärung XXXX eines Haushaltangehörigen der Beschwerdeführerin (ohne Datum und Unterschrift), ein Lohnzettel eines weiteren Haushaltsangehörigen für den Zeitraum XXXX bis XXXX sowie Meldebestätigungen aller im Antrag angeführten Personen angeschlossen.
2. Mit Schreiben vom XXXX wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf das Fehlen von Unterlagen, insbesondere eines Nachweises über ihre Anspruchsberechtigung sowie Nachweise über alle Bezüge aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen, hin, wörtlich: „Anspruch wie z.B.(Rezeptgebührenbefreiung, etc.)sämtliche aktuellen Bezüge (Lohnzettel aktuell, etc.) von XXXX und XXXX bitte nachreichen.“
Für die Nachreichung der fehlenden Unterlagen wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens gesetzt. Weiters wurde bemerkt, dass der Antrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen werden müsse, wenn „bis zum Stichtag die benötigten Informationen und Unterlagen nicht vorliegen“.
3. Die Beschwerdeführerin übermittelte hierauf, am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt, ein Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom XXXX über die Rezeptgebührenbefreiung der Beschwerdeführerin von XXXX bis XXXX und erklärte, die fehlenden „Einkommensbescheide“ seien bereits mit dem Antrag übermittelt worden.
4. Mit dem bekämpften Bescheid vom XXXX wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin zurück und führte begründend aus, dass die Beschwerdeführerin schriftlich dazu aufgefordert worden sei, fehlende Angaben bzw. Unterlagen, nämlich Nachweise über alle Bezüge aller im Haushalt lebenden Personen, nachzureichen, diese Nachweise aber nicht erbracht habe. Wörtlich heißt es darin: „Aktuelle Bezüge von XXXX und XXXX fehlen.“
5. Im Rahmen der Beschwerde erklärte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen, die „Einkommensbescheide“ der Beschwerdeführerin sowie ihres Haushaltsangehörigen seien bereits mit dem Antrag übermittelt worden, nun schicke sie sie nochmals. Sie bitte um nochmalige Bearbeitung.
Der Beschwerde war der bekämpfte Bescheid vom XXXX , die Beilage zur Einkommensteuererklärung für XXXX der Beschwerdeführerin, die Beilage zur Einkommensteuererklärung für XXXX eines Haushaltsangehörigen sowie das bereits übermittelte Schreiben der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen vom XXXX angeschlossen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen beruhen auf den von der belangten Behörde und von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Für den Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen maßgeblich:
3.1.1. § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008, lautet:
„§ 13. […] (3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.“
3.1.2. § 28 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden: VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 138/2017, regelt die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte und lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
[…]
(5) Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
[…]“
3.1.3. Das Bundesgesetz betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren (Rundfunkgebührengesetz – RGG), BGBl. I Nr. 159/1999 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lautet auszugsweise:
„Rundfunkgebühren
§ 3. (1) Die Gebühren sind für jeden Standort (§ 2 Abs. 2) zu entrichten und betragen für
Radio-Empfangseinrichtungen ..................................0,36 Euro
Fernseh-Empfangseinrichtungen ...............................1,16 Euro
monatlich
[…]
(5) Von den Gebühren nach Abs. 1 sind auf Antrag jene Rundfunkteilnehmer zu befreien, bei denen die in §§ 47 bis 49 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, genannten Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr vorliegen.
[…]
Verfahren
§ 6. (1) Die Wahrnehmung der behördlichen Aufgaben nach § 4 Abs. 1 obliegt der Gesellschaft; gegen von der Gesellschaft erlassene Bescheide ist Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig. Das AVG ist anzuwenden.
(2) Im Verfahren über Befreiungen sind die §§ 50, 51 und 53 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970, anzuwenden.
[…]“
3.1.4. Die §§ 47 bis 51 der Anlage zum Fernmeldegebührengesetz (Fernmeldegebührenordnung), BGBl. Nr. 170/1970 idF BGBl. I Nr. 70/2016, lauten auszugsweise:
„Befreiungsbestimmungen
§ 47. (1) Über Antrag sind von der Entrichtung
– der Rundfunkgebühr für Radio-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 1. Untersatz RGG),
– der Rundfunkgebühr für Fernseh-Empfangseinrichtungen (§ 3 Abs. 1 2. Untersatz RGG)
zu befreien:
1. Bezieher von Pflegegeld oder einer vergleichbaren Leistung;
2. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994;
3. Bezieher von Leistungen nach pensionsrechtlichen Bestimmungen oder diesen Zuwendungen vergleichbare sonstige wiederkehrende Leistungen versorgungsrechtlicher Art der öffentlichen Hand,
4. Bezieher von Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977,
5. Bezieher von Beihilfen nach dem Arbeitsmarktförderungsgesetz,
6. Bezieher von Beihilfen nach dem Studienförderungsgesetz 1992,
7. Bezieher von Leistungen und Unterstützungen aus der Sozialhilfe oder der freien Wohlfahrtspflege oder aus sonstigen öffentlichen Mitteln wegen sozialer Hilfsbedürftigkeit.
[…]
§ 48. (1) Die Zuerkennung einer Gebührenbefreiung an Personen nach § 47 ist jedoch dann unzulässig, wenn das Haushalts-Nettoeinkommen den für die Gewährung einer Ausgleichszulage für einen Ein- oder Mehrpersonenhaushalt festgesetzten Richtsatz um mehr als 12% übersteigt.
(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 finden auf die nach § 47 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. b anspruchsberechtigte Personengruppe keine Anwendung.
(3) Nettoeinkommen im Sinne des Abs. 1 ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten und vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge.
(4) Bei Ermittlung des Nettoeinkommens sind Leistungen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, Kriegsopferrenten, Heeresversorgungsrenten, Opferfürsorgerenten, Verbrechensopferrenten sowie Unfallrenten und das Pflegegeld nicht anzurechnen. Nicht anzurechnen sind außerdem die Einkünfte der am Standort einer zu pflegenden Person lebenden Pflegeperson, die aus den Einkünften anderer im Haushalt lebender Personen bestritten werden.
(5) Übersteigt das Nettoeinkommen die für eine Gebührenbefreiung maßgebliche Betragsgrenze nach Abs. 1, kann der Befreiungswerber als abzugsfähige Ausgaben geltend machen:
1. den Hauptmietzins einschließlich der Betriebskosten im Sinne des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und anderer vergleichbarer mieterschützender Gesetze, wobei eine gewährte Mietzinsbeihilfe anzurechnen ist; besteht kein Rechtsverhältnis nach dem Mietrechtsgesetz, dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz oder anderen vergleichbaren mieterschützenden Gesetzen, so ist ein monatlicher Pauschalbetrag in der Höhe von 140,00 Euro als Wohnaufwand anzurechnen,
2. anerkannte außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 und 35 des Einkommensteuergesetzes 1988, Ausgaben im Zusammenhang mit einer 24-Stunden-Betreuung können auch geltend gemacht werden, wenn der Bezug eines Zuschusses des Sozialministeriumservice zur Unterstützung der 24-Stunden Betreuung nachgewiesen wird.
§ 49. Eine Gebührenbefreiung setzt ferner voraus:
1. Der Antragsteller muss an dem Standort, für welchen er die Befreiung von den Rundfunkgebühren beantragt, seinen Hauptwohnsitz haben,
2. der Antragsteller muss volljährig sein,
3. der Antragsteller darf nicht von anderen Personen zur Erlangung der Gebührenbefreiung vorgeschoben sein,
4. eine Befreiung darf nur für die Wohnung des Antragstellers ausgesprochen werden. In Heimen oder Vereinen nach § 47 Abs. 2 eingerichteten Gemeinschaftsräumen gelten für Zwecke der Befreiung als Wohnung.
§ 50. (1) Das Vorliegen des Befreiungsgrundes ist vom Antragsteller nachzuweisen, und zwar:
1. in den Fällen des § 47 Abs. 1 durch den Bezug einer der dort genannten Leistungen,
[…]
(4) Die GIS Gebühren Info Service GmbH ist berechtigt, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern.
[…]
§ 51. (1) Befreiungsanträge sind unter Verwendung des hiefür aufgelegten Formulars bei der GIS Gebühren Info Service GmbH einzubringen. Dem Antrag sind die gemäß § 50 erforderlichen Nachweise anzuschließen.
[…]“
3.2. In Bezug auf den Beschwerdefall enthält die Fernmeldegebührenordnung eine Verpflichtung des Antragstellers, für die Gewährung der Befreiung von der Entrichtung der Rundfunkgebühr den Befreiungsgrund durch den Bezug einer der in § 47 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung genannten Leistungen nachzuweisen, und berechtigt die belangte Behörde, den Antragsteller zur Vorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden aufzufordern. Die erforderlichen Nachweise sind gemäß § 51 Abs. 1 zweiter Satz Fernmeldegebührenordnung dem Antrag anzuschließen.
3.3. Wenn die belangte Behörde einen Antrag zurückweist, ist Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. u.a. VwGH 27.08.2020, Ra 2020/15/0035; 29.01.2020, Ra 2019/09/0118).
Es ist daher allein entscheidungswesentlich, ob die Zurückweisung des Antrags durch die belangte Behörde wegen der Nichtvorlage sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens erforderlichen Urkunden zu Recht erfolgt ist.
3.4.1. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
Die von der Behörde gesetzte Frist muss zur Vorlage bereits vorhandener Unterlagen angemessen sein, nicht aber zur Beschaffung dieser Unterlagen (VwGH 26.07.2012, 2008/07/0101; 31.08.1999, 99/05/0143).
§ 13 Abs. 3 AVG dient dem Schutz der Parteien vor Rechtsnachteilen, die ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind (vgl. VwGH 13.11.2012, 2012/05/0184; 21.09.2010, 2010/11/0108).
Eine Behörde darf nur dann nach § 13 Abs. 3 AVG vorgehen, wenn das Anbringen einen „Mangel“ aufweist, also von der Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes an ein vollständiges, fehlerfreies Anbringen abweicht. Was unter einem Mangel schriftlicher Eingaben iSd § 13 AVG zu verstehen ist, muss der in Betracht kommenden Verwaltungsvorschrift entnommen werden. Als Mangel ist insbesondere das Fehlen von Belegen anzusehen, wenn die Parteien aufgrund des Gesetzes erkennen konnten, welche Unterlagen erforderlich sind (VwGH 16.09.2009, 2008/05/0206).
§ 13 Abs. 3 AVG gibt der Behörde nicht die uneingeschränkte Ermächtigung, unter allen Umständen alle Unterlagen, die einem Ansuchen nach dem Gesetz anzuschließen sind, zu verlangen, sondern erlaubt nur diejenigen anzufordern, die für die Entscheidung des Parteibegehrens notwendig sind (vgl. zB. VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079).
Die Behörde hat im Verbesserungsauftrag konkret und unmissverständlich anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (vgl. VwGH 14.10.2013, 2013/12/0079; 22.05.2012, 2008/04/0208; 07.09.2009, 2009/04/0153; 30.10.2008; 2007/07/0075; 27.05.2007, 2005/11/0216).
Folglich ist zu prüfen, ob 1.) der verfahrensgegenständliche Antrag im Hinblick auf die Vorlage (des schließlich nachgereichten Nachweises der Anspruchsberechtigung bzw.) sämtlicher für die Berechnung des Haushalts-Nettoeinkommens notwendiger Unterlagen (§ 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung) mangelhaft und insoweit der erteilte Verbesserungsauftrag erforderlich war, 2.) ob der Verbesserungsauftrag den Anforderungen des § 13 Abs. 3 AVG iSd zitierten Judikatur entsprach und 3.) ob ein korrekt erteilter Verbesserungsauftrag von der Beschwerdeführerin nicht befolgt wurde. Erst wenn alle diese drei Prüfungsschritte zu bejahen sind, erweist sich die Zurückweisung als rechtsgemäß.
3.4.2. Die Beschwerdeführerin – so die belangte Behörde – unterließ es, mit ihrem Antrag einen Nachweis einer Anspruchsgrundlage bzw. einen Nachweis ihres Einkommens sowie des Einkommens eines Haushaltsangehörigen zu übermitteln (zu den übermittelten Einkommensteuererklärungen siehe unter 3.5.).
Aus Sicht der belangten Behörde wurden daher im Zeitpunkt der Antragstellung die gemäß § 51 Abs. 1 Fernmeldegebührenordnung erforderlichen Nachweise nicht erbracht.
3.4.3. Die belangte Behörde richtete daher am XXXX an die Beschwerdeführerin ein Schreiben mit der Aufforderung, einen Nachweis über eine im Gesetz genannte Anspruchsgrundlage sowie Nachweise über alle Bezüge der Antragstellerin bzw. gegebenenfalls aller Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben, nachzureichen, wörtlich „Anspruch wie z.B.(Rezeptgebührenbefreiung, etc.)sämtliche aktuelle Bezüge (Lohnzettel aktuell, etc.) von XXXX und XXXX bitte nachreichen.“
3.4.4. Der erteilte Verbesserungsauftrag vom XXXX ist jedoch weder hinreichend konkret noch unmissverständlich:
Die irreführende Setzung der Klammern sowie die fehlende nebenordnende Konjunktion (z.B. „und“ oder „sowie“) bzw. der fehlende Beistrich nach dem Klammerausdruck ist geeignet, bei der Leserin den Eindruck entstehen zu lassen, dass ausschließlich ein Nachweis der „aktuellen Bezüge“ nachzureichen und ein solcher zugleich ein Nachweis ihres „Anspruchs“ sei.
Auch wenn der allgemein gehaltene Teil des Verbesserungsauftrages deutlich darauf hinweist, dass sowohl der Nachweis einer Anspruchsberechtigung als auch ein Einkommensnachweis fehlt, entsteht durch den darunter eingefügten Satz der Eindruck, die Vorlage der „aktuellen Bezüge“ sei jedenfalls ausreichend.
Der erteilte Verbesserungsauftrag entspricht damit nicht den Anforderungen des § 13 Abs. 3 AVG iSd oben zitierten Judikatur. Schon aus diesem Grund war der bekämpfte Bescheid aufzuheben.
3.4.5. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass eine Formulierung wie: „Anspruch (wie z.B. Rezeptgebührenbefreiung, etc.), sämtliche aktuelle Bezüge (Lohnzettel aktuelle, etc.) von XXXX und XXXX bitte nachreichen." oder: „Anspruch (wie z.B. Rezeptgebührenbefreiung, etc.) sowie sämtliche aktuelle Bezüge (Lohnzettel aktuelle, etc.) von XXXX und XXXX bitte nachreichen." den Anforderungen des § 13 Abs. 3 AVG entsprochen hätte.
3.5. Zudem ist der angefochtene Bescheid in seiner Begründung rechtswidrig:
Die belangte Behörde begründete die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin mit dem Fehlen der aktuellen Bezüge zweier im Antrag angeführten Personen. Dabei unterließ sie es jedoch, auszuführen, warum sie die von der Beschwerdeführerin bereits mit dem Antrag übermittelten Einkommensteuererklärungen der beiden betreffenden Personen als nicht ausreichend erachtete.
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht dabei nicht, dass es sich bei einer Einkommensteuererklärung (die noch dazu weder Datum noch Unterschrift trägt und auch nicht erkennen lässt, ob sie tatsächlich bei der Abgabenbehörde eingereicht wurde) – im Gegensatz zu einem Einkommensteuerbescheid – um keinen geeigneten Einkommensnachweis handelt, da die bloße Erklärung noch keine Auskünfte darüber gibt, welches Einkommen von der Abgabenbehörde tatsächlich festgestellt wurde. Die belangte Behörde wäre allerdings angehalten gewesen, ihre diesbezüglichen Überlegungen in der Begründung des bekämpften Bescheides (bzw. schon zuvor bei Erteilung des Verbesserungsauftrages) darzulegen.
Die belangte Behörde belastet daher ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit nach § 58 Abs. 2 und § 60 AVG.
3.6. Ausgehend von diesen Erwägungen war somit nach § 28 Abs. 1, 2 und 5 VwGVG vorzugehen und der angefochtene Bescheid infolge Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Behebungsgründe bei einem Vorgehen nach § 28 Abs. 5 VwGVG werden gesetzlich nicht genannt. In Betracht kommen etwa die Unzuständigkeit der Behörde oder die rechtswidrige Zurückweisung eines Antrags analog zum bisherigen Verständnis zu § 66 Abs. 4 AVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018] § 28 VwGVG Anm. 17 und 18 mwN).
Als Folge der Aufhebung des angefochtenen Bescheides ist der verfahrensgegenständliche Antrag auf Befreiung von den Rundfunkgebühren wiederum als unerledigt zu betrachten, die belangte Behörde hat erneut über diesen Antrag zu entscheiden.
3.7. Hebt das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf, sind die Behörden gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
Die belangte Behörde wird sohin im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, unter Ermittlung der Anspruchsgrundlage bzw. des Haushalts-Nettoeinkommens, ob die Beschwerdeführerin die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebühr iSd §§ 47 ff Fernmeldegebührenordnung erfüllt.
3.8. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte im vorliegenden Fall – auch mangels eines entsprechenden Parteienantrages und angesichts des unbestrittenen Sachverhaltes – gemäß § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden.
Zu Spruchpunkt B)
3.9. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung folgt – wie dargelegt – der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
angemessene Frist Begründungsmangel Behebung der Entscheidung Berechnung Bindungswirkung Einkommensnachweis ersatzlose Behebung Kassation konkrete Darlegung Konkretisierung Mängelbehebung mangelhafter Antrag Mangelhaftigkeit Nachreichung von Unterlagen Nachweismangel Nettoeinkommen Rundfunkgebührenbefreiung Verbesserungsauftrag Vorlagepflicht ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2021:W249.2244029.1.00Im RIS seit
18.01.2022Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022