TE Vwgh Erkenntnis 1975/4/11 1310/74

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Veröffentlicht am 11.04.1975
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Index

Öff Verkehr - Luftfahrt
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
92 Luftverkehr

Norm

AVG §41 Abs1
AVG §8
AVG §8 implizit
LuftfahrtG 1958 §68 Abs1
LuftfahrtG 1958 §70 Abs4
LuftfahrtG 1958 §71
LuftfahrtG 1958 §72 Abs1 litb
LuftfahrtG 1958 §85
LuftfahrtG 1958 §86 Abs1
VwGG §41 Abs1
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Härtel und die Hofräte Dr. Knoll, Dr. Schima, Öhler und Onder als Richter, im Beisein des Schriftführers prov. Landesregierungskommissär Funovits, über die Beschwerde des FD und der MD in W, vertreten durch Dr. Rudolf Jahn, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 28. Dezember 1972, Zl. 33103/226-1/8-1972 (mitbeteiligte Partei: Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. in Schwechat, vertreten durch Dr. Viktor Cerha, Dr. Karl Hempel und Dr. Dieter Cerha, Rechtsanwälte in Wien I, Reichsratsstraße 9), betreffend Änderung der Zivilflugplatz-Bewilligung (Flughafen Wien-Schwechat), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 360,-- (zusammen S 720,--) und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von je S 1.247,10 (zusammen S 2.494,20) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. ist Inhaberin einer vom Bundesministerium für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft mit zwei Bescheiden vom 21. September 1959, Zl. 32.686-I/7-1959, in der Fassung des Bescheides vom 7. Juli 1966, Zl. 33.111/18-I/8-1966, erteilten Zivilflugplatz-Bewilligung zum Betrieb des Flughafens Wien-Schwechat mit zwei je 60 m breiten, befestigten Parallelpisten in der Richtung 116 Grad /296 Grad. Eine dieser Pisten, und zwar die mit 3.500 m bewilligte Südpiste, wovon lediglich 3.000 m bis zum Jahre 1960 ausgebaut worden waren, wurde seither als Instrumentenpiste betrieben, während die mit 2.500 m bewilligte Nordpiste nicht realisiert wurde. Mit Eingabe vom 19. November 1964, welche in den Folgejahren mehrmals, zuletzt am 9. November 1972, unter Vorlage von Auswechslungsplänen geändert wurde, beantragte die Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. eine Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges zum Zwecke der Errichtung einer 3.600 in langen und 45 m breiten, verschwenkten Piste in der Richtung 164 Grad /296 Grad. Eine dieser Pisten, und zwar die mit 3.500 m bewilligte Südpiste, wovon lediglich 3.000 m bis zum Jahre 1960 ausgebaut worden waren, wurde seither als Instrumentenpiste betrieben, während die mit 2.500 m bewilligte Nordpiste nicht realisiert wurde. Mit Eingabe vom 19. November 1964, welche in den Folgejahren mehrmals, zuletzt am 9. November 1972, unter Vorlage von Auswechslungsplänen geändert wurde, beantragte die Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m.b.H. eine Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges zum Zwecke der Errichtung einer 3.600 m langen und 45 m breiten, verschwenkten Piste in der Richtung 164 Grad /344 Gradanstelle der seinerzeit bewilligten Nordpiste, sowie eine Verringerung der Breite der bestehenden Südpiste auf 45 m und eine entsprechende Erweiterung der Sicherheitszone. Begründet wurde dieser Antrag damit, daß durch die gewählte Richtung der neuen Piste einerseits der Überflug des dichtbesiedelten Gebietes der Stadt Wien vermieden und die Fluglärmbelästigung für das Stadtgebiet Schwechat verringert werden solle und daß andererseits diese zweite Piste aus Kapazitätsgründen, unter Berücksichtigung der Zuwachsraten im Luftverkehr bis zum Jahre 1980, sowie im Interesse des Ausbaues des Flughafens für einen Flugbetrieb der Cat. II im Sinne der Forderungen des Regionalplanes der ICAO notwendig sei. Vom Bundesministerium für Verkehr als Oberste Zivilluttfahrtbehörde wurde hierüber zunächst gemäß § 70 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes das Vorprüfungsverfahren eingeleitet, und es wurden von diesem Bundesministerium Sachverständige, und zwar Prof. Dr. techn. T vom erdbautechnischen Standpunkt, Regierungsdirektor E und Reg. Baurat B vom Standpunkt der Flugsicherung, Wirkl. Hofrat Dipl.-Ing. S vom Standpunkt der Geodäsie, Prof. Dr. Techn. C und Frau Dipl.-Ing Dr. L vom Standpunkt des Fluglärms, sowie das Bundesamt für Zivilluftfahrt vom Standpunkt der Flugsicherung- und Flugmeteorologie gehört, welche zunächst die Auffassung vertraten, daß eine Piste in der Richtung Nord/Süd günstiger wäre. Schließlich wurde jedoch durch einen vom damaligen Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen eingesetzten Expertenausschuß in einem Abschlußbericht vom 2. Juli 1968 nach Untersuchungen mehrerer Pistenvarianten geklärt, daß die Pistenrichtung 164 Grad /344 Grad unter den gegebenen Verhältnissen die optimale Pistenrichtung sei, sofern der Flughafen Wien/Aspern aufgelassen bzw. dessen Flugbetrieb auf das Flugfeld Vöslau oder ein anderes Flugfeld - etwa im Raume Stockerau - verlegt werde. Das Verfahren wurde sodann nach § 70 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes fortgesetzt. Schließlich wurden gemäß § 70 Abs. 4 des Luftfahrtgesetzes vier mündliche Verhandlungen auf dem Flughafen Wien/Schwechat durchgeführt und zwar am 27. Juli 1970, am 12. Jänner 1972 sowie am 29. Februar 1972 und am 15. Dezember 1972.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 28. Dezember 1972 wurde der Flughafen Wien Betriebsgesellschaft m. b. H. gemäß § 68 Abs. 1 und 72 des Luftfahrtgesetzes BGBl. Nr. 253/1957 LFG), die Zivilflugplatz-Bewilligung zur Änderung des Betriebsumfanges des Flughafens Wien/Schwechat nach Maßgabe des dem Bescheid beigefügten Planes und der im Spruch des Bescheides enthaltenen Bestimmungen über den Betriebsumfang erteilt.

Der Spruch des Bescheides enthält auch den Inhalt der in Aussicht genommenen Sicherheitszonen-Verordnung wie folgt:

„§ 3 Begrenzung der Sicherheitszone.

(1) Die Sicherheitszone des Flughafens Wien/Schwechat wird seitlich durch die im Sicherheitszonenplan (Anlage 2) stark ausgezogenen schwarzen Linien begrenzt.

(2) Die untere Begrenzung der Sicherheitszone wird durch die im Sicherheitszonenplan (Anlage 2) dargestellten Flächen A bis F gebildet. Überdecken sich zwei Flächen, so bildet die jeweils untere Fläche die untere Begrenzung der Sicherheitszone,

(3) Es verlaufen:

         a) die Flächen A (gelb angelegt) in der Höhe der Erdoberfläche,

         b) die Flächen B (braun angelegt) von den Verbindungsgeraden der Eckpunkte der Basen der Fläche C sowie von den Längsseiten der Flächen C, nach außen bis zur Schnittlinie mit der Fläche E im Verhältnis 1 : 10 ansteigend,

         c) die Fläche C (grün bzw. grün schraffiert angelegt) vom Bezugspunkt des zugeordneten Instrumentenanflugsektors (§ 2 Abs. 1 bis 4) bis zu einer Höhe von 100 m über diesem Bezugspunkt noch außen im Verhältnis 1 : 62,5 ansteigend,

         d) die Flächen D (rosa angelegt) vom Rande der Flächen C horizontal in einer Höhe von 100 m über dem Bezugspunkt des zugeordneten Instrumentenanflugsektors (§ 2 Abs. 1 bis 4),

         e) die Fläche E (ocker angelegt) horizontal in einer Höhe von 45 m über der Flughafenbezugshöhe (§ 1 Abs. 2),

         f) die Fläche F (grau angelegt) als Kegelfläche von der Schnittlinie mit der Fläche E nach außen im Verhältnis 1:20 bis zu einer Höhe von 100 m über der Flugplatzbezugshöhe (§ 1 Abs. 2) ansteigend.

§ 4 Luftfahrthindernisse

Die im Sicherheitszonenplan (Anlage 2) rot kenntlich gemachten und in der Anlage 3 verzeichneten Objekte und Bodenerhebungen bilden Luftfahrthindernisse im Sinne des § 85 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes.“

Dieser Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß durch den Abschlußbericht des Expertenausschusses vom 29. Juli 1968 im Vorprüfungsverfahren und das umfassende Gutachten des Amtssachverständigen Dipl.-Ing. K in den mündlichen Verhandlungen vom 27. Juli 1970 und vom 15. Dezember 1972, welchem sich die erkennende Behörde voll anschließe, festzustellen sei, daß das Vorhaben vom technischen Standpunkt aus geeignet sei und unter den Bedingungen der Verlegung bzw. Untertunnelung der Preßburgbahn (ÖBB-Strecke Zentralfriedhof-Berg) sowie der Verlegung der Bundesstraße B 9 im nördlichen Pistenvorfeld der projektierten neuen Piste, sowie der Auflassung des Flughafens Wien/Aspern auch eine sichere Betriebsführung von dem erweiterten Flughafen Wien/Schwechat zu erwarten sei. Der Änderung der Zivilflugplatz-Bewilligung stünden auch sonstige öffentliche Interessen nicht entgegen. Soweit Fragen des Umweltschutzes im Zusammenhang mit dem Fluglärm berührt würden, werde diesen, gestützt auf die Gutachten der Fluglärmsachverständigen, im Sinne der Forderungen des Landes Niederösterreich sowie der Gemeinden Schwadorf, Enzersdorf a. d. Fischa und Kleinneusiedl durch die Vorschreibung der Errichtung eines Lärmschutzgürtels aus dichtem Mischwald mit Unterholz entsprochen. Ebenso habe durch die Vorschreibung eines zusätzlichen Lärmschutzgürtels den Forderungen der Firma und Familie P Rechnung getragen werden können. Was die Einwendungen der Gemeinde Groß-Enzersdorf betreffe, werde auf das Gutachten des medizinischen Amtssachverständigen des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung in der Verhandlungsschrift vom 15. Dezember 1972 verwiesen. Zusammenfassend seien damit die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Bewilligung gemäß § 71 LPG erfüllt.

In der gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Verkehr vom 28. Dezember 1972 beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und erachten sich in ihrem Recht verletzt, als Parteien in einem ihr Eigentum betreffenden Verfahren gehört zu werden; damit sei aber auch ihr Recht, eine Entscheidung über ihre Einwendungen zu erlangen, ebenfalls verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die hiezu erstatteten Gegenschriften erwogen:

Die Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde beträgt nach § 26 Abs. 1 lit. a VwGG 1965 sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tage der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer bloß mündlich verkündet wurde, mit dem Tage der Verkündung nach § 26 Abs. 2 VwGG 1965 kann die Beschwerde auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt in diesem Fall der Bescheid an dem Tage zugestellt, an der der Beschwerdeführer von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat. Die Beschwerdeführer bringen dazu vor, ihre Nachforschungen auf Grund diverser Publikationen in letzter Zeit hätten es ihnen ermöglicht, von dem Inhalt des angefochtenen Bescheides am 18. Juli 1974 Kenntnis zu erlangen. Die gegenständliche Beschwerde ist am 29. Juli 1974 beim Verwaltungsgerichtshof überreicht worden. Der Verwaltungsgerichtshof hat keine Bedenken dagegen, daß die vorliegende Beschwerde gegen den den Beschwerdeführern nicht zugestellten Bescheid im Sinne dieser Bestimmungen rechtzeitig erhoben wurde, weil die Behauptung der Beschwerdeführer, von dem wesentlichen rechtlichen Inhalt des angefochtenen Bescheides, insbesondere von den Einzelheiten der sie betreffenden Sicherheitszone und deren räumlichen Gestaltung, erst am 18. Juli 1974 Kenntnis erlangt zu haben durch den Hinweis auf die mehr oder minder umfangreichen Veröffentlichungen in den Massenmedien nicht widerlegt werden kann.

Nach § 68 Abs. 1 LFG ist für jede Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges eines Zivilflugplatzes eine Bewilligung erforderlich. Der Bescheid über die Zivilflugplatz-Bewilligung hat nach § 72 Abs. 1 lit. b LFG den Inhalt der allenfalls in Aussicht genommenen Sicherheitszonen-Verordnung zu bestimmen. Sicherheitszone ist gemäß § 66 Abs. 1 LFG der Bereich eines Flugplatzes und seiner Umgebung, innerhalb dessen für die Errichtung oder Erweiterung eines Luftfahrthindernisses im Sinne des § 85 Abs. 1 LFG (Bauten oberhalb der Erdoberfläche, Bodenerhebungen, Bodenvertiefungen usw.), unbeschadet sonstiger gesetzlicher Vorschriften, eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich ist (Ausnahmebewilligung). Nach § 85 Abs. 2 LFG sind die in Abs. 1 lit. a bezeichneten Anlagen auch außerhalb von Sicherheitszonen Luftfahrthindernisse, wenn ihre Höhe über der Erdoberfläche 100 m übersteigt. Gemäß § 87 Abs. 1 LFG ist die Sicherheitszone von der zur Erteilung der Zivilfluglatzbewilligung zu ständigen Behörde in dem für die Sicherheit der Abflug- und Landebewegungen erforderlichen Umfange durch Verordnung festzulegen.

Nach dem in diesem Punkt unbestrittenen Beschwerdevorbringen sind die Beschwerdeführer Eigentümer der EZ. nn, Katastralgemeinde Eßling, im Bereich der geplanten Sicherheitszone des Flughafens Wien/Schwechat. Die Fläche D der geplanten Sicherheitszone verläuft horizontal in einer Höhe von 100 m über dem Bezugspunkt der Anflugfläche 16 des nördlichen Instrumentenanflugsektors (Abschnitt II § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 lit. c und d des Spruches), somit in einer Höhe von 281 m über dem mittleren Meeresspiegel. Das Grundstück der Beschwerdeführer liegt in einer Höhe von 157 m über dem mittleren Meeresspiegel; zwischen den beiden Höhen besteht demnach eine Differenz von 124 m.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in den in dieser Beziehung sachlich und rechtlich ähnlich gelagerten Fällen seines Erkenntnisses vom 26. April 1974, Zl. 135, 136/74, in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgerichtshof (Erkenntnis vom 6. Dezember 1973, Zl. B 262, 266/73) die Parteieneigenschaft dieser Liegenschaftseigentümer deshalb als gegeben erachtet, weil eine Inanspruchnahme des Eigentums am Luftraum oberhalb ihrer Liegenschaft (§ 297 ABGB) durch den die Sicherheitszone betreffenden Inhalt des Bescheides an sich gegeben ist. Auf die Ausführungen dieses Erkenntnisses wird auch zur Widerlegung der diesbezüglichen Ausführungen der Gegenschrift der belangten Behörde, die sich auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes mit anders gearteten Sachverhalten bezieht, unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem angeführten Erkenntnis vom 6. Dezember 1973 in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Beschlüsse vom 20. Juni 1963, Zl. 1225/62, und vom 1. Juni 1967, Slg. N. F. Nr. 7149/A) ausgesprochen hat, kann die Erteilung (Erweiterung) einer Zivilflugplatzbewilligung durch die darin enthaltene Umschreibung der in Aussicht genommenen Sicherheitszonen-Verordnung die Eigentümer von Liegenschaften im Sicherheitszonenbereich insoweit in ihren Rechten berühren, als dadurch ihr Eigentumsrecht beeinträchtigt wird. Gemäß § 2 LFG ist aber die Benützung des Luftraumes durch Luftfahrzeuge und Luftfahrtgeräte im Fluge frei, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Darin liegt eine öffentlich-rechtliche Beschränkung des Eigentümers am Luftraum oberhalb seiner Liegenschaft (§ 297 ABGB). Eine Enteignung zugunsten Dritter wird durch diese Gesetzesstelle aber nicht angeordnet.

Es war daher zu untersuchen, inwieweit die Beschwerdeführer durch die gegenständlich vorgesehene Sicherheitszone Fläche D in einer Höhe von 124 m über ihrer Liegenschaft über die angeführte öffentlich-rechtliche Beschränkung nach § 2 LFG hinaus in ihrem Eigentumsrecht in dem Sinn weiter beeinträchtigt werden, daß dadurch eine Bewilligungspflicht nach § 86 Abs. 1 LFG bewirkt wurde oder eine Enteignung nach § 97 lit. a LFG in Betracht kommt.

Dazu führen die Beschwerdeführer aus, bei einer derartigen Höhendifferenz sei es nicht mehr erforderlich, alle Bauten oberhalb der Erdoberfläche, Anpflanzungen usw. als Luftfahrthindernisse zu erklären, denn dann genügten schon die außerhalb von Sicherheitszonen mit mehr als 100 m Höhe bezeichneten Luftfahrthindernisse, um die Sicherheit der Luftfahrt zu gewährleisten. Bezogen auf ihren Fall erübrigte sich demnach eine Einbeziehung ihrer Liegenschaft in die Sicherheitszone.

Die belangte Behörde bringt dazu in ihrer Gegenschrift vom 14. Oktober 1974 vor, das Grundstück der Beschwerdeführer liege nicht „innerhalb“ der Sicherheitszone, sondern „außerhalb“ derselben. Die Auffassung der Beschwerdeführer, daß alle unterhalb einer Sicherheitszone gelegenen Objekte Luftfahrthindernisse seien, sei unzutreffend, da gemäß § 85 Abs. 1 LFG nur die innerhalb der Sicherheitszone, d. h. die über den Grenzflächen gelegenen Bauten etc., Luftfahrthindernisse darstellten. Daraus folge, daß entgegen den Beschwerdeausführungen nicht für jedes Bauvorhaben neben der Baubewilligung noch eine Ausnahmegenehmigung nach § 92 LFG erforderlich sei.

Dazu ist zunächst festzustellen, daß die Ansicht der Beschwerdeführer, wonach Sicherheitszonen nur an der Erdoberfläche verlaufen und sich nicht wie gegenständlich lediglich auf eine bestimmte Höhe des Luftraumes oberhalb der Erdoberfläche beschränken können, durch die Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes nicht gedeckt ist. Diese Ansicht wird durch die Erläuternden Bemerkungen zu § 86 LFG, 307 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates VIII.GP., erhärtet, wonach die Sicherheitszone in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse besonders festzulegen ist und der Entwurf dieses Gesetzes darauf verzichtet, für Flugplätze bestimmter Art Sicherheitszonen in einem bestimmten Umfang festzulegen. Die Ausführungen der Beschwerdeführer vermögen die Notwendigkeit der vorgesehenen Sicherheitszone, wie sie sich aus dem Sachverständigengutachten des Amtssachverständigen Dipl.Ing. K ergibt, nicht ernstlich in Frage zu stellen. Da weiters auch außerhalb von Sicherheitszonen Anlagen, wenn ihre Höhe über der Erdoberfläche 100 m übersteigt, Luftfahrthindernisse sind, kann nicht gesagt werden, daß durch die gegenständlich im Bewilligungsbescheid enthaltene Umschreibung der in Aussicht genommenen Sicherheitszone bzw. durch die Sicherheitszonen-Verordnung selbst für die Beschwerdeführer eine gesonderte öffentlich-rechtliche Belastung in der Form eines Bauverbotes verfügt wurde. Eine Enteignung nach § 97 lit. a LFG kommt aber gegenständlich nach der ganzen Sachlage nicht in Betracht.

Die Beschwerdeführer machen aber nicht nur Beschränkungen solcher mit ihrem Grundeigentum im Bereich der vorgesehenen Sicherheitszone im Zusammenhang stehenden Rechte geltend. Ihre Einwendungen richten sich auch gegen die Änderung des bescheidmäßig festgelegten Betriebsumfanges des Flughafens selbst, sie fühlen sich in ihren behaupteten Ansprüchen aus § 71 Abs. 2 LFG verletzt. Nach dieser Gesetzesstelle ist Voraussetzung für die Erteilung der Zivilflugplatzbewilligung eines öffentlichen Flugfeldes außerdem, daß ein Bedarf hiefür gegeben ist. Flughäfen dürfen nach dieser Bestimmung nur bewilligt werden, wenn ihre Errichtung im öffentlichen Interesse gelegen ist. Die Beschwerdeführer bestreiten den Bedarf für den Ausbau des Flughafens Schwechat im westlichen damit, daß die Zahl der An- und Abflüge in Schwechat 1972 rund 40.000 betragen habe, was pro Tag einem Durchschnitt von 110 Flugbewegungen entspreche. Die Kapazität der heutigen Piste 12/30 ermögliche pro Tag durchschnittlich 200 Flugbewegungen, sodaß die derzeitige Piste erst zu 50 % ausgelastet sei. Auch die Flugzeuge selbst seien derzeit im kontinentalen und interkontinentalen Verkehr nur zu 47 % genützt. Eine allfällige Reparaturbedürftigkeit der derzeitigen Piste zwinge den Flugplatzhalter höchstens zur Instandhaltung, aber nicht zum Bau eines neuen Pistensystems. Die Beschwerdeführer wenden sich auch gegen die Wahl der Pistenrichtung und führen aus, solange betriebs- und flugsicherungstechnisch mögliche Pistenvarianten im Vorverfahren geprüft worden seien, sei stets von allen befaßten Sachverständigen einer um 25 Gradnach Nordosten verschwenkten Landebahn der Vorzug gegeben worden. Erst als jede Alternative von der belangten Behörde ausgeschlossen worden, es also nur mehr um die Frage gegangen sei, ob die nunmehr bewilligte Piste technisch durchführbar sei, hätten dies die Experten selbstverständlich bejaht. Aber genau dasselbe positive Ergebnis gebe es aus technischer Sicht für eine Piste 01/19. Für letztere spreche, daß ihre Einflugschneise im Gegensatz zur bewilligten nicht über teilweise dichtest besiedeltes und teilweise derzeit in raschester Verbauung befindliches Wiener Gemeindegebiet führe, sondern vorwiegend über das gering besiedelte Marchfeld, wehrend südlich der Donau die Beeinträchtigungen in beiden Fällen im wesentlichen dieselben seien. Es bedürfe wohl keiner tiefschürfenden Überlegung, welche Richtung dabei dem öffentlichen Interesse entspreche. Schließlich dürfe nach § 72 Abs. 2 LFG eine Zivilflugplatz-Bewilligung nur an österreichische Staatsbürger erteilt werden.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 1970, Zl. 1820/69, ausgeführt, daß lediglich die Eigentümer von Liegenschaften, die für die Errichtung oder Erweiterung einesFlughafens in Anspruch genommen und im Weigerungsfalle enteignet werden können, einwenden können, daß die Errichtung oder Erweiterung eines Flugplatzes nicht im öffentlichen Interesse gelegen sei. Nach den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1973, Zl. 429-493/73, und vom 26. April 1974, Zl. 135,136/74, ist kein Raum für die Annahme, daß die jeden Bewohner des Staatsgebietes gleichermaßen, darüber hinaus die Bewohner der Flugplatzumgebung besonders berührenden Interessen an einer ihren Lebenskreis möglichst wenig störenden Gestaltung des Flugplatzbetriebes von jedem einzelnen im Bewilligungsverfahren verfolgt werden könnten. Die Wahrnehmung der angeführten öffentlichen Interessen ist in einem solchen Fall den Behörden, darunter auch dem von den Beschwerdeführern angeführten Bundesministerium für Bauten und Technik, überantwortet. Die Beschwerdeführer können demnach in dieser Richtung keine rechtlich relevanten Anträge oder Einwendungen erheben.

Hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang, daß der Bundesminister für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen mit dem von den Beschwerdeführern herangezogenen Bescheid vom 7. Juli 1966 lediglich die erteilte Zivilflugplatzbewilligung vom 21. September 1959 gemäß § 68 des Luftfahrtgesetzes im Zusammenhalt mit § 68 Abs. 3 AVG 1950 dahin abgeändert hat, daß die unter Punkt A Z. 1 erteilte Bewilligung zum Betrieb der Graspiste aufgehoben wurde, und er damit - entgegen der Behauptung der Beschwerdeführer - nicht über den Antrag vom 19. November 1964 abgesprochen hat.

Was aber das von den Beschwerdeführern herangezogene Verbot des Steigenlassens von Drachen und das ebenfalls von den Genannten angeführte Erfordernis einer Bewilligung für Modellflüge (§§ 128 und 129 LFG) betrifft, so gelten auch dafür die oben ausgeführten Erwägungen über das Ausmaß und damit über die Beschränkungen innerhalb und außerhalb der gegenständlichen Sicherheitszone.

Die Beschwerdeführer erklären schließlich aber auch, durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten auf rechtliches Gehör (§§ 8, 40 bis 42 AVG 1950, § 70 Abs. 4 LFG) deshalb verletzt zu sein, weil sie von den im gegenständlichen Verwaltungsverfahren durchgeführten mündlichen Verhandlungen nicht persönlich verständigt worden seien.

Nach § 41 Abs. 1 AVG 1950 hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Nach § 70 Abs. 4 LFG ist vor Erlassung des Bescheides über die Zivilflugplatzbewilligung in allen Fällen eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Ist eine Sicherheitszone (§ 86 LFG) vorgesehen, so ist die Anberaumung der mündlichen Verhandlung unbeschadet der Bestimmungen des § 41 AVG 1950 in jedem Fall durch Anschlag in den Gemeinden, die ganz oder teilweise im Bereich der geplanten Sicherheitszone liegen, kundzumachen. Diese Kundmachung ist nach der Aktenlage erfolgt.

Den Beschwerdeführern ist einzuräumen, daß sie zufolge § 41 Abs. 1 AVG 1950 als Parteien zu dieser Verhandlung zu laden gewesen wären. Der Umstand, daß eine solche Ladung nicht erfolgt ist, stellt wohl einen Verfahrensmangel dar, jedoch nicht einen solchen, der ihnen einen Anspruch darauf einräumen würde, daß allein aus diesem Grund der angefochtene Bescheid als rechtswidrig aufgehoben werden müßte. Sie hatten vielmehr das Recht, all das, was sie in der Lage gewesen wären, in der mündlichen Verhandlung vorzubringen, in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen, ohne daß ihnen das Neuerungsverbot (§ 41 VwGG 1965) entgegengehalten werden durfte. Davon haben sie auch Gebrauch gemacht, doch liegt trotzdem im Endergebnis in der Nichtbeiziehung der Beschwerdeführer zu der mündlichen Verhandlung kein wesentlicher zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führender Mangel im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965; denn die belangte Behörde hätte bei der gegenständlichen Sach- und Rechtslage aus den angeführten Erwägungen auch dann nicht zu einem anderen Bescheid kommen können, wenn die Beschwerdeführer bereits bei der mündlichen Verhandlung Gelegenheit gehabt hätten, das vorzubringen, was sie nunmehr in der Beschwerde geltend machen.

Durch die Regelung der letztangeführten Gesetzesstelle wird - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer - die grundsätzlich kassatorische Entscheidungsfunktion des Verwaltungsgerichtshofes nicht „in eine Funktion mit Sachentscheidung umgedeutet“.

Auf Grund der aufgezeigten Erwägungen erweist sich demnach die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.

Der Zuspruch des Aufwandersatzes an den Bund gründet sich auf §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b sowie § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 und Art. IV Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 4/1975.

Der Zuspruch des Aufwandersatzes an die mitbeteiligte Partei stützt sich auf §§ 47, 48 Abs. 3 lit. a und b sowie § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG 1965 und Art. 1 C Z. 7 der Verordnung Nr. 4/1975.

Wien, am 11. April 1975

Schlagworte

Beteiligter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1975:1974001310.X00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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