TE Vwgh Beschluss 2021/12/9 Ra 2021/18/0386

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Veröffentlicht am 09.12.2021
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des N N, vertreten durch Mag.a Nadja Lindenthal, Rechtsanwältin in 1070 Wien, Siebensterngasse 23/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2021, W228 2153940-3/10E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger, stellte seit Juli 2015 bereits zweimal erfolglos Anträge auf internationalen Schutz in Österreich, die er jeweils auch damit begründete, im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat wegen seiner Zuwendung bzw. Konversion zum Christentum verfolgt zu werden.

2        Gegenständlich ist der dritte Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vom 27. Dezember 2019 (somit sein zweiter Folgeantrag), den er damit begründete, dass seine bisherigen Fluchtgründe nach wie vor aufrecht seien. Als er sich in Schubhaft befunden habe, sei er von einem Mitarbeiter der afghanischen Botschaft, der ihn aufgesucht habe, wegen seiner Konversion „indirekt bedroht“ worden. Bei Rückkehr nach Afghanistan sei er gefährdet, weil die afghanische Regierung nun von seiner Konversion wisse.

3        Mit Bescheid vom 14. Jänner 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und wies den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gemäß § 38 AVG ab.

4        Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

5        Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Erkenntnis vom 22. September 2021, E 2640/2021-11, hob der Verfassungsgerichtshof die angefochtene Entscheidung in Bezug auf die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und die darauf aufbauenden Spruchpunkte wegen Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander auf. Im Übrigen lehnte er die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6        Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich nur mehr gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten und macht zur Zulässigkeit zusammengefasst geltend, das BVwG treffe in der angefochtenen Entscheidung zum Fluchtgrund ausschließlich negative Feststellungen, die sich auf das vom Revisionswerber vorgebrachte Bedrohungsszenario im Zusammenhang mit den Vertretern der afghanischen Botschaft bezögen. Zur Konversion aus innerer Überzeugung verweise das BVwG lediglich darauf, dass diese schon in den beiden vorangegangenen Verfahren als „unglaubwürdig“ beurteilt worden sei. Das BVwG habe es jedoch rechtswidrig zur Gänze unterlassen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt zu erheben, nämlich, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung eine Konversion aus innerer Überzeugung des Revisionswerbers vorgelegen sei. Hätte das BVwG weitere Ermittlungstätigkeit in diese Richtung entfaltet, so hätte sich ergeben, dass der Revisionswerber jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bzw. der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben konvertiert sei.

7        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

9        Der Revision ist zwar zuzustimmen, dass die neuerliche inhaltliche Beurteilung des vorliegenden zweiten Folgeantrags sich nicht nur darauf beschränken durfte, das neu vorgebrachte Sachverhaltselement (nämlich die angebliche Bedrohung durch Mitarbeiter der afghanischen Botschaft) beweiswürdigend zu überprüfen. Es war vielmehr anhand des gesamten Fluchtvorbringens des Revisionswerbers zu klären, ob ihm bei Rückkehr in den Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung drohen würde.

10       Das BVwG setzte sich in seiner Beweiswürdigung ausführlich mit dem zur Begründung des gegenständlichen Antrags vorgebrachten neuen Sachverhalt auseinander und gelangte zu dem Ergebnis, dass die angebliche Bedrohung des Revisionswerbers durch Mitarbeiter der afghanischen Botschaft wegen der (formalen) Konversion des Revisionswerbers nicht glaubhaft sei und ihm daraus keine Rückkehrgefährdung drohe. Diesen Erwägungen tritt die Revision nicht substantiiert entgegen.

11       Zur Frage, ob der Revisionswerber aus innerer Überzeugung konvertiert sei und deshalb in Afghanistan Verfolgung zu gewärtigen hätte, beschränkte sich das BVwG auf den Hinweis darauf, dass ihm dies bereits in den vorangegangenen Asylverfahren nicht geglaubt worden sei. Damit brachte es zumindest implizit zum Ausdruck, dass es keinen Grund sehe, von dieser Beweiswürdigung abzuweichen.

12       Dass diese Beurteilung des BVwG fehlerhaft erfolgt wäre, vermag die Revision nicht darzutun. Wenn sie geltend macht, weitere Ermittlungsschritte hätten zu einem anderen Ergebnis führen können, legt sie nicht einmal ansatzweise dar, welche relevanten Tatsachen durch weitere Beweisaufnahmen unter Beweis gestellt werden hätten können, die eine von der bisherigen beweiswürdigenden Einschätzung abweichende Beurteilung gerechtfertigt hätten.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 9. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021180386.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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