Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der AB in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 15. April 1996, Zl. 1/02-32.733/36-1996, betreffend einen Devolutionsantrag in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Gemeinde errichtete auf Grund einer Baubewilligung der Bezirkshauptmannschaft Zell am See aus dem Jahre 1989 in ihrem Gemeindegebiet eine Parkgarage. Im Zusammenhang mit diesem Projekt wurde auch ein Ausgangsgebäude auf die sogenannte Turmwiese errichtet. Mit Antrag vom 17. Juni 1991 an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See beantragte die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf eine gesetzwidrige und ohne Baugenehmigung erfolgte Bauführung "das gesetzliche Verfahren einzuleiten, insbesondere eine nachträgliche Bauüberprüfungs- und Baugenehmigungsverhandlung anzuberaumen". Im Hinblick auf eine zwischen der mitbeteiligten Gemeinde und der Beschwerdeführerin abgeschlossene zivilrechtliche Vereinbarung (die eine andere Situierung des Ausgangsgebäudes vorgesehen hätte) beantragte die Beschwerdeführerin weiters die Wiederaufnahme des mit dem Bescheid vom 31. August 1989 abgeschlossenen Baubewilligungsverfahrens.
Mit Schreiben vom 24. Februar 1992 stellte die Beschwerdeführerin neben dem neuerlichen Antrag auf Durchführung eines Genehmigungsverfahrens und der Anregung, ein Strafverfahren durchzuführen, weiters den Antrag, "für den Fall, als eine Baugenehmigung und Ausnahmegenehmigung nicht erwirkt wird, bezüglich des Bauwerkes das Abbruchverfahren durchzuführen".
Mit einem bei der belangten Behörde am 17. Oktober 1994 eingelangten Schriftsatz stellte die Beschwerdeführerin schließlich einen Devolutionsantrag bezüglich ihrer Anträge vom 17. Juni 1991 und vom 24. Februar 1992. Auf Grund dieses Devolutionsantrages erließ die belangte Behörde einen baupolizeilichen Beseitigungsauftrag hinsichtlich des Ausgangsgebäudes zur Turmwiese. Dieser Bescheid wurde von der mitbeteiligten Gemeinde mit Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft und mit dem Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Zl. 95/06/0070, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründend führte der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis insbesondere aus, daß die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen die Annahme, daß das Ausgangsgebäude entgegen der Baubewilligung aus dem Jahre 1989 errichtet worden sei, nicht deckten.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren neuerlich über den Devolutionsantrag der Beschwerdeführerin. Der Spruch des Bescheides lautet wie folgt:
"Gemäß § 73 Abs. 2 AVG wird von der Salzburger Landesregierung DER DEVOLUTIONSANTRAG VOM 10. 10. 1994 der AB in S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G in S, ABGEWIESEN".
Nach der Begründung dieses Bescheides bejaht die belangte Behörde zunächst den Übergang der Entscheidungspflicht auf sie (es wird in diesem Zusammenhang auch auf Seite 4 des oben genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen) und begründet sodann, weshalb das genannte Ausgangshaus mit der Baubewilligung vom 30. August 1989 übereinstimme und somit keine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin vorliege. Eine Begründung dafür, weshalb der Devolutionsantrag abgewiesen wurde, enthält der Bescheid nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin die Verletzung in ihrem subjektiven öffentlichen Recht auf Wahrnehmung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde auf Grund des § 73 Abs. 2 AVG und Fällung einer Sachentscheidung bezüglich der dem Devolutionsantrag zugrundeliegenden Anträge geltend macht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine lediglich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verweisende Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach dem oben wiedergegebenen Inhalt der Beschwerde in ihrem Recht auf Sachentscheidung (Entscheidung über ihre Anträge vom 17. Juni 1991 und 24. Februar 1992) verletzt.
Strittig ist im Beschwerdefall somit lediglich, ob der angefochtene Bescheid entsprechend seinem Spruch als Abweisung des Devolutionsantrages der Beschwerdeführerin zu werten ist, oder ob er im Hinblick auf seine Begründung als eine Sachentscheidung über die Anträge der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1991 und 24. Februar 1992 gewertet werden kann.
Angesichts des klaren Wortlautes des Spruches des angefochtenen Bescheides ("Gemäß § 73 Abs. 2 AVG wird von der Salzburger Landesregierung DER DEVOLUTIONSANTRAG VOM 10.10.1994 der AB in S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G in S, ABGEWIESEN", wobei sich die Unterstreichung im Original des Bescheides findet) ist die Beschwerdeführerin im Recht, wenn sie in der angefochtenen Entscheidung eine Abweisung ihres Devolutionsantrages erblickt.
Wohl hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Auslegung eines unklaren Spruches nach der Begründung des Bescheides für zulässig erachtet, eine derartige Auslegung des Spruches aus der Begründung jedoch nur in Fällen, in welchen der Spruch für sich allein Zweifel an seinem Inhalt offen ließ, vorgenommen (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1976, Slg. Nr. 9112/A, vom 20. Juni 1990, Zl. 90/16/0003, sowie vom 12. Juni 1991, Zl. 90/13/0027). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang etwa im eben zitierten Erkenntnis vom 9. September 1976 betont, daß sich ausschließlich nach dem Inhalt des Spruches des Bescheides bestimme, was Gegenstand eines in Rechtskraft erwachsenen Bescheides sei. Dies gelte auch dann, wenn eine - allenfalls mangelhafte - dem Bescheid beigegebene Begründung diesen Spruch nicht zur Gänze decke. Davon ist auch im Beschwerdefall auszugehen, da die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid an sich eine Begründung dafür gibt, weshalb die Anträge der Beschwerdeführerin vom 17. Juni 1991 und vom 24. Februar 1992 abgewiesen werden könnten. Nach dem wiedergegebenen Spruch hat sie jedoch nicht diese Anträge, sondern den Devolutionsantrag vom 10. Oktober 1994 abgewiesen. Entgegen den Ausführungen in der Gegenschrift der mitbeteiligten Partei ist daher eine Umdeutung dieses klar gefaßten Spruches nicht möglich.
Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hinweist, daß "die Sachentscheidung der belangten Behörde ... in der Abweisung des Devolutionsantrages vom 10.10.1994" liege, so zeigt dies erneut, daß die belangte Behörde nicht zwischen der Erledigung der Sachanträge in einem Verwaltungsverfahren und der Abweisung eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht zu unterscheiden vermag bzw. die Bedeutung der Abweisung eines Devolutionsantrages verkennt.
Da der angefochtene Bescheid keine Begründung dafür enthält, weshalb der Devolutionsantrag abzuweisen gewesen wäre (wie dies mit dem Spruch erfolgt ist), sondern die belangte Behörde vielmehr im Gegenteil ausführt, daß die Zuständigkeit auf sie als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergegangen sei, liegt ein Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung des angefochtenen Bescheides vor, der diesen inhaltlich rechtswidrig macht (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Juni 1958, Slg. Nr. 4705/A). Die belangte Behörde hat keinen Sachverhalt festgestellt, der die Abweisung des Devolutionsantrages gerechtfertigt hätte. Der Devolutionsantrag wäre daher nicht abzuweisen gewesen, sondern die belangte Behörde hätte in der Verwaltungssache zu entscheiden gehabt (vgl. Winkelhofer, Säumnis von Verwaltungsbehörden, 85, und Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts, 6. Auflage, Rz. 645). Die Beschwerdeführerin ist damit auch in dem geltend gemachten Recht auf Entscheidung über ihre Anträge gemäß § 73 Abs. 2 AVG verletzt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Spruch und BegründungRechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der BehördeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996060144.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
31.10.2009