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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und den Hofrat Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des K D in G, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 30. Juni 2020, LVwG 30.10-2482/2019-20, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis vom 16. September 2019 erkannte die belangte Behörde den Revisionswerber als „Einzelunternehmer der Firma K e.U.“ der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild Glücksspielgesetz - GSpG schuldig, weil er im Café H in G mit einem näher bezeichneten Glücksspielgerät verbotene Ausspielungen veranstaltet habe. Sie verhängte über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) und verpflichtete ihn zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens. Überdies wurde die „angeführte Firma“ zur Haftung gemäß § 9 Abs. 7 VStG herangezogen.
2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde.
3 Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erlassenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) wurde die Beschwerde mit einer für das Revisionsverfahren nicht maßgeblichen Korrektur des Spruches abgewiesen und ausgesprochen, dass der Haftungsausspruch entfalle. Hinsichtlich des Strafausmaßes gab das LVwG der Beschwerde Folge und setzte die Geldstrafe (sowie die Ersatzfreiheitsstrafe) und den Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren neu fest.
4 Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision - gesondert - vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zum Zulässigkeitsvorbringen der Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall jedenfalls im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.
10 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C-685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff, und VfGH 12.6.2018, E 885/2018).
11 Anders als der Revisionswerber vermeint, kann sich das GSpG selbst bei Hinweisen auf das Vorliegen einer expansionistischen Geschäftspolitik der Konzessionäre - etwa durch das Glücksspiel verharmlosende Werbung - nach der Rechtsprechung des EuGH und des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen der Gesamtwürdigung als mit dem Unionsrecht in Einklang stehend erweisen, wenn etwa mit dieser Geschäftspolitik eine Umlenkung von Spielern vom illegalen zum legalen Glücksspiel sichergestellt werden soll (vgl. VwGH 26.9.2018, Ra 2017/17/0459, 0460, sowie 16.11.2018, Ra 2017/17/0947, 0948). Dass das LVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre, wird im Zulässigkeitsvorbringen der Revision nicht aufgezeigt.
12 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 12. September 2019, C-64/18 ua, Maksimovic ua, auch vor, der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 6. Mai 2020, Ra 2020/17/0001, die Anwendung des ersten Strafsatzes des § 52 Abs. 2GSpG als mit dem Unionsrecht vereinbar angesehen. Es wäre aber grob unsachlich, zudem verfassungswidrig und unionsrechtswidrig, wäre zwar eine Bestrafung nach dem ersten Strafsatz zulässig, nicht aber im Wiederholungsfall oder bei Vorliegen von mehr als drei „Gegenständen“. Mit dieser bloßen Behauptung einer Verfassungs- und Unionsrechtswidrigkeit des ersten Strafsatzes des § 52 Abs. 2 GSpG wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt. Im Übrigen wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die ausführlichen Entscheidungsgründe der hg. Erkenntnisse vom 6. Mai 2020, Ra 2020/17/0001, und vom 14. September 2020, Ro 2020/17/0015, verwiesen. In letztgenanntem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Unionsrecht auch in Bezug auf den zweiten Strafsatz des § 52 Abs. 2 GSpG der uneingeschränkten Anwendung des GSpG nicht entgegensteht (vgl. auch VwGH 22.3.2021, Ra 2020/17/0113, mwN).
13 In der Revision wird unter Hinweis auf § 48 VwGVG auch ein Verstoß gegen den darin normierten Unmittelbarkeitsgrundsatz behauptet, weil das LVwG seine Feststellungen im Zusammenhang mit der behaupteten Unionsrechtswidrigkeit nicht bloß auf der Grundlage der vom Revisionswerber vorgelegten Unterlagen getroffen habe, sondern auch offenbar amtswegig eingeholte Urkunden verwertet habe, die in das Verfahren keinen Eingang gefunden hätten. Die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels wird mit diesem Vorbringen jedoch nicht aufgezeigt (vgl. wieder VwGH 22.3.2021, Ra 2020/17/0113, mwN).
14 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170112.L00Im RIS seit
18.01.2022Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022