RS Vwgh 2021/12/10 Ra 2020/17/0013

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 10.12.2021
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Index

E000 EU- Recht allgemein
E1E
E1P
E6J
34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren
59/04 EU - EWR

Norm

EURallg
GSpG 1989 §52 Abs2 idF 2014/I/013
VStG §16
VStG §19 idF 2013/I/033
VStG §20
VStG §64 Abs2 idF 2013/I/033
12010E056 AEUV Art56
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
62008CJ0447 Sjöberg und Gerdin VORAB
62018CJ0064 Maksimovic VORAB
62020CJ0231 M.T. VORAB

Beachte


Vorabentscheidungsverfahren:
* Vorabentscheidungsantrag:
Ra 2020/17/0013 B 27.04.2020
* EuGH-Entscheidung:
EuGH 62020CJ0231 B 14.10.2021

Rechtssatz

Der EuGH hat aufgrund des Vorlagebeschlusses des VwGH vom 27. April 2020, Ra 2020/17/0013, mit Urteil vom 14. Oktober 2021, MT, C-231/20, erkannt, dass Art. 56 AEUV dahin auszulegen ist, dass das nationale Gericht, das mit der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer wegen Verstoßes gegen das Glücksspielmonopol verhängten Sanktion befasst ist, in einem Verfahren über die Verhängung von Sanktionen wegen eines solchen Verstoßes speziell prüfen muss, ob die in der anwendbaren Regelung vorgesehenen Sanktionen unter Berücksichtigung der konkreten Methoden für deren Bestimmung mit Art. 56 AEUV vereinbar sind. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die im Fall der unternehmerischen Zugänglichmachung verbotener Ausspielungen Folgendes zwingend vorsieht:- die Festsetzung einer Mindestgeldstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtsumme der verhängten Geldstrafen, sofern der Gesamtbetrag der verhängten Geldstrafen nicht außer Verhältnis zu dem durch die geahndeten Taten erzielbaren wirtschaftlichen Vorteil steht;- die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe für jeden nicht bewilligten Glücksspielautomaten ohne Höchstgrenze der Gesamtdauer der verhängten Ersatzfreiheitsstrafen, sofern die Dauer der tatsächlich verhängten Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf die Schwere der festgestellten Taten nicht übermäßig lang ist, und - einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen, sofern dieser Beitrag im Hinblick auf die tatsächlichen Kosten eines solchen Verfahrens weder überhöht ist noch das in Art. 47 der GRC verankerte Recht auf Zugang zu den Gerichten verletzt. Zur Durchführung der Prüfung des Sanktionssystems des § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG 1989 iVm. der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 16 VStG sowie die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG im Hinblick auf Art. 56 AEUV ist darauf hinzuweisen, dass die Festlegung von Sanktionen im Bereich der Glücksspiele zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, dass aber das Unionsrecht dieser Zuständigkeit Schranken setzt, da solche Regelungen die durch das Unionsrecht garantierten Grundfreiheiten nicht beschränken dürfen (vgl. EuGH 8.7.2010, Sjöberg und Gerdin, C-447/08 und C-448/08, EU:C:2010:415; 19.11.2020, ZW, C-454/19, EU:C:2020:947). Alle Maßnahmen, die die Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs untersagen, behindern oder weniger attraktiv machen, sind als Beschränkungen dieser Freiheit zu verstehen (EuGH 12.9.2019, Maksimovic C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723). Insoweit ist eine nationale Regelung, wie § 52 Abs. 2 dritter Strafsatz GSpG 1989 idF. BGBl I Nr 13/2014, die vorsieht, dass im Fall der Nichteinhaltung von Verpflichtungen, die für sich genommen den freien Dienstleistungsverkehr beschränken, gegen den Erbringer von Dienstleistungen Sanktionen verhängt werden, geeignet, die Ausübung dieser Freiheit weniger attraktiv zu machen, und stellt somit eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit dar (vgl. EuGH 12.9.2019, Maksimovic, C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723. Gleichwohl können nationale Maßnahmen, die geeignet sind, die Ausübung der durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen, zulässig sein, wenn sie zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, wenn sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und wenn sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. EuGH 12. 9.2019, Maksimovic C-64/18, C-140/18, C-146/18 und C-148/18, EU:C:2019:723).

Gerichtsentscheidung

EuGH 62008CJ0447 Sjöberg und Gerdin VORAB
EuGH 62018CJ0064 Maksimovic VORAB
EuGH 62020CJ0231 M.T. VORAB

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020170013.L08

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

24.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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