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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §8Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und die Hofrätinnen Mag. Dr. Maurer-Kober und Mag. Schindler als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee, Gemeinderat (vertreten durch Frau Bürgermeisterin Dr. Maria-Luise Mathiaschitz), vertreten durch Mag. Dr. Hans Herwig Toriser, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Osterwitzgasse 6/2. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 2. April 2020, Zl. KLVwG-398/2/2020, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten; mitbeteiligte Partei: S in V), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Kärnten vom 11. Februar 2020 wurde die mitbeteiligte Partei wegen einer Übertretung der StVO (Abstellen eines PKW im Halte- und Parkverbotsbereich) schuldig erkannt und über sie eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Der von ihr dagegen erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und stellte das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig, eine solche wegen Verletzung in Rechten gemäß § 25a Abs. 4 VwGG für ausgeschlossen.
2 Gegen dieses Erkenntnis hat die Revisionswerberin die gegenständliche Revision erhoben. Auch die belangte Behörde hat gegen dieses Erkenntnis Amtsrevision erhoben; dieses Verfahren wird zu Ra 2020/02/0137 geführt.
3 Die gegenständliche außerordentliche Revision der Revisionswerberin, die sich gegen die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Erkenntnis wendet, ist mangels Revisionslegitimation der Revisionswerberin unzulässig:
4 Gemäß Art. 133 Abs. 6 B-VG, BGBl. Nr. 1/1930 idF BGBl. I Nr. 22/2018, kann gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben: 1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet; 2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; 3. der zuständige Bundesminister in den im Art. 132 Abs. 1 Z 2 genannten Rechtssachen. Gemäß Abs. 8 leg. cit. bestimmen die Bundes- oder Landesgesetze, wer in anderen als den in Abs. 6 genannten Fällen wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben kann.
5 Die revisionswerbende Partei stützt ihre Revisionslegitimation auf § 54 Abs. 2 StVO und behauptet ohne nähere Begründung, in einem „Verfahren gemäß § 54 Abs. 2 StVO“ Formalpartei zu sein. Diese Bestimmung aber räumt weder der Revisionswerberin ausdrücklich ein behördliches Revisionsrecht ein, noch ist ein solches daraus ableitbar. Ebenso wenig wird darin der Revisionswerberin Parteistellung eingeräumt.
6 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Formalpartei (nur) berechtigt, beim Verwaltungsgerichtshof die Verletzung jener prozessualen Rechte, die für sie subjektive Rechte darstellen, geltend zu machen. Der Formalpartei kommt zur Durchsetzung ihrer aus der durch Gesetz eingeräumten Stellung folgenden prozessualen Befugnisse auch Revisionslegitimation im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zu (vgl. dazu VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0066, mwN; VwGH 15.3.2016, Ro 2016/02/0003, mwN).
7 Eine Verletzung ihrer prozessualen Rechte hat die revisionswerbende Partei nicht einmal behauptet. Vielmehr meint sie, in ihrem Recht auf Wahrung der objektiven Rechtmäßigkeit der Entscheidung verletzt zu sein. Eine Amtsrevision, somit eine Revision zur Wahrung der subjektiven öffentlichen Rechte, steht allerdings nur der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG) - welche im Revisionsfall von diesem Recht auch Gebrauch gemacht hat (Revisionsverfahren zu Ra 2020/02/0137) - sowie der gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG an die Stelle der belangten Behörde eintretende Oberbehörde zu (Art. 133 Abs. 6 Z 3 B-VG; dies wäre fallbezogen - zumal die StVO gem. Art. 11 B-VG in der Vollziehung eine Angelegenheit des Landes ist - die Kärntner Landesregierung). Der Landeshauptstadt Klagenfurt kommt jedoch gegenständlich keine Revisionslegitimation zu.
8 Dass ihr materielle subjektive Rechte zustehen würden, hat die revisionswerbende Partei selbst ausgeschlossen. Auch für die Einräumung der Stellung als Formalpartei gibt es keine gesetzliche Grundlage im Verfahren, die Revisionswerberin hat auch keine angeführt.
9 Im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung der StVO kommt weder dem Gemeinderat, wie die Revisionswerberin allenfalls meint, noch der Landeshauptstadt Klagenfurt in Ermangelung einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage somit weder die Stellung einer Formalpartei zu, noch werden ihr bzw. ihm subjektive Rechte oder das Revisionsrecht an den Verwaltungsgerichtshof eingeräumt.
10 Ein subjektives Recht auf Geltendmachung der in der Zulassungsbegründung aufgeworfenen Fragen zur rechtlichen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht steht der revisionswerbenden Partei entgegen ihrer Ansicht nicht zu.
11 Die Revision war daher mangels Legitimation als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 13. Dezember 2021
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020020136.L00Im RIS seit
18.01.2022Zuletzt aktualisiert am
01.02.2022