TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/14 Ra 2017/08/0039

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Veröffentlicht am 14.12.2021
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 §2 Abs7a idF 2012/II/366
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 §8 Abs3 idF 2012/II/366
EStG 1988 §15 Abs1
EStG 1988 §15 Abs2 idF 2008/I/085
LStR 2002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Berger, Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision der P GmbH in I, vertreten durch Mag. Dieter Benko, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 43, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2017, I414 2141086-1/3E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1        1.1. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde (im Folgenden: Behörde) führte im März 2016 bei der Revisionswerberin (Betreiberin eines Gastlokals und Dienstgeberin der dort beschäftigten Dienstnehmer) eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA-Prüfung) für die Jahre 2011 bis 2014 durch.

Laut dem von der Behörde erstatteten Prüfbericht vom 30. März 2016 habe die Revisionswerberin in der Zeit von 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2014 den Sachbezug für eine von ihr angemietete der Unterbringung ihrer Dienstnehmer dienende Wohnung unrichtig berechnet, sodass sich eine diesbezügliche Nachverrechnung und Nachforderung offener Beiträge ergebe.

1.2. Die Revisionswerberin beantragte aufgrund der nachverrechneten Beiträge die bescheidmäßige Festsetzung der im Zuge der GPLA-Prüfung vorgenommenen „Hinzurechnung des Sachbezuges Wohnung“.

2        2.1. Mit Bescheid vom 21. September 2016 verpflichtete die Behörde die Revisionswerberin zur Zahlung offener Beiträge von € 5.363,38. Sie führte - soweit hier von Bedeutung - begründend aus, die kostenlose Zurverfügungstellung der Wohnung an die Dienstnehmer entspreche einem nach der Sachbezugswerteverordnung (auf näher dargelegte Weise) ermittelten Sachbezug von monatlich € 1.080,--. Dieser Sachbezug sei in Anlehnung an die Lohnsteuerrichtlinien 2002 (LStR 2002) auf die Dienstnehmer entsprechend den diesen eingeräumten Nutzungsmöglichkeiten an der Wohnung aufzuteilen. Dabei sei die gemeinsam genutzte Wohnfläche, bestehend aus Küche, Bad, WC, Diele und Vorräumen, zur Gänze jedem der Dienstnehmer zusätzlich zur allein genutzten Wohnfläche (je ein Zimmer) zuzurechnen. Aufgrund des Ausmaßes der demnach auf jeden Dienstnehmer entfallenden Wohnfläche von mehr als 30 m² und auch mehr als 40 m² komme eine Nichtansetzung und auch eine Verminderung des Sachbezugs nicht in Betracht. Es habe daher eine Nachverrechnung und Nachforderung der offenen Beiträge zu erfolgen.

2.2. Die Revisionswerberin erhob gegen den Bescheid Beschwerde und brachte - soweit hier von Bedeutung - vor, die Behörde habe in Ansehung des betreffenden Sachbezugs eine unrichtige Berechnung vorgenommen. Die gemeinsam genutzte Wohnfläche sei aufgrund mehrerer Nutzer zwangsläufig nicht für jeden jederzeit frei verfügbar gewesen, sodass sie nicht zur Gänze, sondern nur anteilig (Fläche dividiert durch die Zahl der Nutzer) den Dienstnehmern zuzurechnen gewesen wäre. Soweit sich die Behörde in dem Zusammenhang auf die LStR 2002 beziehe, stellten diese keine beachtliche Rechtsquelle dar. Fallbezogen wäre bei nur anteiliger Berücksichtigung der gemeinsam genutzten Räume eine jedem Dienstnehmer zuzuordnende Wohnfläche von nicht mehr als 30 m² und damit kein Sachbezug anzusetzen gewesen. Im Übrigen werde bei notwendiger gemeinsamer Nutzung der Nebenräume durch vier (und mehr) Dienstnehmer auch der Standard der mietrechtlichen Normwohnung nicht erreicht, sodass ein Abschlag vom Richtwert vorzunehmen gewesen wäre. Nicht zuletzt habe die Behörde außer Acht gelassen, dass sich die Betriebsstätte im selben Gebäude wie die Wohnung befunden habe und deren Zurverfügungstellung im ausschließlichen (näher erörterten) Interesse der Revisionswerberin gelegen sei.

3        3.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - die Beschwerde als unbegründet ab.

3.2. Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung folgende Feststellungen zugrunde:

Die Revisionswerberin betreibe ein Gastlokal als Ganzjahresbetrieb. Sie habe im selben Gebäude im dritten Obergeschoß auch eine „110 m²“ (laut dem in den Akten einliegenden Grundrissplan tatsächlich nur 97,77 m²) große Wohnung zu einem monatlichen Mietzins von € 1.440,-- angemietet und darin abwechselnd Dienstnehmer untergebracht. Die Dienstnehmer hätten für die Zurverfügungstellung der Wohnung keinen Mietkostenanteil, keinen Beitrag zu den Betriebskosten und auch keine zusätzlichen Dienstleistungen als Abgeltung erbringen müssen.

Die Wohnung bestehe aus vier Zimmern mit einer Größe von 15,36 m², 15,45 m², 15,94 m² und 15,32 m² (die unstrittig jeweils von einem Dienstnehmer allein oder auch von einem Paar benutzt wurden). Die Wohnung umfasse ferner eine 13,35 m² große Küche, ein 5,20 m² großes Bad, ein „2,60 m²“ (laut Grundrissplan tatsächlich 2,80 m²) großes WC, eine 4,66 m² große Diele und drei zusammen 9,69 m² große Vorräume. Küche, Bad, WC, Diele und Vorräume (mit einer Gesamtfläche - laut Plan - von 35,70 m²) seien von den Dienstnehmern gemeinschaftlich genutzt worden; kein Dienstnehmer sei von der Nutzung dieser „allgemeinen Nutzfläche“ ausgeschlossen gewesen.

3.3. Rechtlich folgerte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen:

Gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG sei Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge das gebührende Entgelt, worunter gemäß § 49 Abs. 1 ASVG Geld- und Sachbezüge zu verstehen seien, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch habe oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses erhalte. Gemäß § 50 ASVG gelte für die Bewertung der Sachbezüge die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer. Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 lägen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile unter anderem nach § 2 Abs. 3 Z 4 zuflössen. Gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 seien geldwerte Vorteile mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Eine nähere Regelung der Bewertung bestimmter Sachbezüge (unter anderem Wohnung) finde sich in der Sachbezugswerteverordnung.

Die Revisionswerberin wende sich gegen die Berechnung des Sachbezugs der Wohnung, weil die gemeinsam genutzte Wohnfläche jedem Dienstnehmer zur Gänze - und nicht bloß aliquot, was zu einer Fläche unter 30 m² (und damit zur Nichtansetzung eines Sachbezugs) geführt hätte - zugerechnet worden sei.

Gemäß § 2 Abs. 7a der Sachbezugswerteverordnung sei - wenn die Arbeitsplatznähe der Unterkunft im besonderen Interesse des Dienstgebers gelegen sei, weil sie die Erbringung von Arbeitsleistungen erleichtere - kein Sachbezug anzusetzen, wenn der dem Dienstnehmer zur Nutzung überlassene Wohnraum 30 m² nicht übersteige. Bei Wohnungsgrößen von mehr als 30 m² bis maximal 40 m² vermindere sich der Sachbezugswert um 35 %, wenn die arbeitsplatznahe Unterkunft durchgehend höchstens zwölf Monate vom selben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werde. Nach den LStR 2002 (Rz 162c, 162d) sei, wenn der Wohnraum mehreren Arbeitnehmern kostenlos oder verbilligt zur Verfügung gestellt werde, der Sachbezugswert entsprechend der eingeräumten Nutzungsmöglichkeit aufzuteilen, im Zweifel sei er durch die Anzahl der Arbeitnehmer zu dividieren.

Vorliegend sei es sachlich gerechtfertigt, den Sachbezugswert „auf die Nutzungsmöglichkeit der einzelnen Dienstnehmer aufzuteilen“, weil jeder Dienstnehmer über die allgemeine Nutzfläche (Küche, Bad, WC, Diele und Vorräume) frei verfügen könne, ohne die anderen verständigen oder ihre Zustimmung einholen zu müssen, wohingegen eine Aufteilung nach Köpfen unsachlich wäre. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass es bei der Nutzung durch mehrere Dienstnehmer zu Einschränkungen kommen könne. Dasselbe gelte auch bei der gemeinsamen Belegung eines Zimmers, könnten doch die betreffenden Dienstnehmer über das Zimmer frei verfügen, ohne den jeweils anderen verständigen oder seine Zustimmung einholen zu müssen. Folgte man der Argumentation der Revisionswerberin, würde der Dienstgeber jeweils durch die Anzahl der Belegung der Wohnung mit Dienstnehmern darüber bestimmen, ob der Sachbezug steuerfrei und damit auch beitragsfrei wäre (oder nicht).

Vorliegend betrage daher die Nutzungsmöglichkeit jedes einzelnen Dienstnehmers mehr als 40 m² und komme folglich die Bestimmung des § 2 Abs. 7a der Sachbezugswerteverordnung nicht zur Anwendung.

Soweit die Revisionswerberin einwende, die den Dienstnehmern zur Verfügung gestellte Wohnung sei keine mietrechtliche Normwohnung im Sinn des RichtWG, weil mehrere Dienstnehmer gemeinsam Küche, Bad und WC benutzen müssten, übersehe sie, dass das RichtWG nicht auf die Anzahl der Mieter abstelle und nach den Feststellungen auch kein „Etagenbad“ etc. im mietrechtlichen Sinn vorliege. Auch die weitere Argumentation, die Zurverfügungstellung der im selben Gebäude wie die Betriebsstätte befindlichen Wohnung sei im ausschließlichen Interesse der Revisionswerberin gelegen, sei nicht begründet. Die Revisionswerberin habe kein ausschließliches Interesse (in dem Sinn, dass ein Vorteil auch für die Dienstnehmer schlechthin ausgeschlossen wäre), sondern nur ein überwiegendes Interesse behauptet, das nicht ausreiche, die unentgeltliche Überlassung der Wohnung an die Dienstnehmer nicht als geldwerten Vorteil anzusehen.

Aus den dargelegten Erwägungen hafte daher der Ermittlung des Sachbezugs und der Beitragsgrundlagen keine Rechtswidrigkeit an.

3.4. Das Verwaltungsgericht sprach ferner aus, dass die Revision nicht zulässig sei.

4        4.1. Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die - Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend machende - außerordentliche Revision mit einem Aufhebungsantrag.

Zur Zulässigkeit der Revision wird ausgeführt, es fehle einerseits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, wie der Sachbezug einer Dienstwohnung, insbesondere was die „Allgemeinfläche“ betreffe, auf mehrere nutzende Dienstnehmer aufzuteilen sei. Andererseits sei das Verwaltungsgericht von einer ähnlich gelagerten Entscheidung (Hinweis auf VwGH 20.12.1994, 94/14/0131) abgegangen.

4.2. Die Behörde erstattete im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurück- bzw. Abweisung der Revision.

5        5. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Revision ist aus dem oben (Punkt 4.1.) erstgenannten Grund zulässig. Die von der Behörde ins Treffen geführten Entscheidungen VwGH 25.11.1997, 93/14/0109, und VwGH 2.8.2000, 97/13/0100, betrafen hingegen jeweils nicht die Nutzung einer Wohnung durch mehrere Dienstnehmer und sind deshalb nicht einschlägig.

6        Die Revision ist jedoch aus den nachstehenden Erwägungen nicht begründet.

6.1. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend hervorhob, ist gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge das einem pflichtversicherten Dienstnehmer gebührende Entgelt. Darunter sind nach § 49 Abs. 1 ASVG neben Geldbezügen auch Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. § 50 ASVG - in der zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung vor BGBl. I Nr. 118/2015 - ordnet an, dass für die Bewertung der Sachbezüge die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer gilt. Es ist daher in Fällen - wie hier - auf die bezughabenden Regelungen des Einkommensteuerrechts abzustellen (vgl. VwGH 25.2.2019, Ro 2017/08/0035).

6.2. Gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile unter anderem aus nichtselbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 3 Z 4) zufließen. Gemäß § 15 Abs. 2 EStG 1988 - in der zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 85/2008 - sind geldwerte Vorteile (Wohnung etc.) mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Als übliche Mittelpreise des Verbrauchsortes werden in der Sachbezugswerteverordnung für bestimmte Sachbezüge (unter anderem Wohnung) Wertansätze festgelegt (vgl. VwGH 21.11.2018, Ro 2016/13/0013).

7        7.1. Vorliegend ist im Revisionsverfahren unstrittig, dass die kostenlose Zurverfügungstellung der durch die Revisionswerberin angemieteten Wohnung an ihre Dienstnehmer einen - als Entgelt im Sinn des § 44 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 ASVG bzw. als Einnahme im Sinn des § 15 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu erachtenden - Sachbezug (geldwerten Vorteil) aus dem Dienstverhältnis oder aufgrund des Dienstverhältnisses darstellt (der Einwand, die Wohnung sei ausschließlich im Interesse der Revisionswerberin überlassen worden und bedeute daher keine Einnahme für die Dienstnehmer, wird im Revisionsverfahren nicht mehr aufrecht erhalten).

Unter Berücksichtigung der unstrittigen Beschaffenheit der Wohnung ist die Behörde nach den Bestimmungen der Sachbezugswerteverordnung (vor allem deren § 2 Abs. 1 und 7 in Verbindung mit dem RichtWG) zu einem im Revisionsverfahren dem Grund und der Höhe nach unstrittigen Sachbezugswert von € 1.080,-- gelangt (der die Vergleichsrechnung betreffende Einwand, die Wohnung entspreche nicht der mietrechtlichen Normwohnung, wird im Revisionsverfahren nicht aufrecht erhalten).

7.2. Strittig - und im Folgenden näher zu erörtern - bleibt indes, in welchem Verhältnis der genannte Sachbezugswert bei Nutzung der Wohnung durch mehrere Dienstnehmer aufzuteilen ist, wobei sich insbesondere auch die Frage stellt, ob den einzelnen Dienstnehmern eine verfügbare Wohnraumgröße nur bis zu 30 m² bzw. 40 m² zuzurechnen ist, sodass kein Sachbezug anzusetzen bzw. der Wert zu vermindern wäre, oder ob eine darüber hinausgehende Wohnraumgröße zuzuordnen ist.

8        8. § 2 Abs. 7a der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung), BGBl. II Nr. 416/2001 - in der zeitraumbezogen maßgeblichen Fassung BGBl. II Nr. 366/2012 (siehe auch § 8 Abs. 3 der Sachbezugswerteverordnung in der genannten Fassung) - lautet:

„(7a) Liegt die rasche Verfügbarkeit des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz nach der Natur des Dienstverhältnisses im besonderen Interesse des Arbeitgebers und überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kostenlos oder verbilligt eine arbeitsplatznahe Unterkunft (Wohnung, Appartement, Zimmer), gilt Folgendes:

1.   Bis zu einer Größe von 30 m2 ist kein Sachbezug anzusetzen.

2.   Bei einer Größe von mehr als 30 m2 aber nicht mehr als 40 m2 ist der Wert gemäß Abs. 1 oder der Wert gemäß Abs. 7 um 35% zu vermindern, wenn die arbeitsplatznahe Unterkunft durchgehend höchstens zwölf Monate vom selben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird.“

9        9.1. Der soeben angeführten Bestimmung der Sachbezugswerteverordnung liegt - nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs - das Verständnis zugrunde, dass es für die hier im Blick stehende Aufteilung des Sachbezugswerts einer mehreren Dienstnehmern kostenlos zur Verfügung gestellten Wohnung auf die den einzelnen Dienstnehmern jeweils eingeräumte Nutzungsmöglichkeit ankommt (vgl. auch Rz 162c der Lohnsteuerrichtlinien 2002).

Dabei bestimmt sich die Nutzungsmöglichkeit nach der Größe des Wohnraums, der den Dienstnehmern jeweils zur alleinigen und/oder gemeinsamen Nutzung überlassen wurde. Wurde also einem Dienstnehmer ein Wohnraum innerhalb einer größeren Einheit (etwa einer Wohnung oder einem Einfamilienhaus) zur alleinigen Nutzung zur Verfügung gestellt, so ist die betreffende Fläche dem Dienstnehmer allein zuzurechnen. Wurden hingegen Räume mehreren Dienstnehmern zur gemeinschaftlichen Nutzung überlassen (insbesondere Küche, Bad, WC, Vorräume und dergleichen), so ist die betreffende Fläche jedem der Dienstnehmer zuzuordnen (siehe in dem Sinn auch Rz 162d der Lohnsteuerrichtlinien 2002, insbesondere Beispiel 3; vgl. ferner Kufner/Krammer, RdW 2013, 422f, u.a.). Letzteres gilt ebenso, wenn ein Wohnraum innerhalb einer größeren Einheit zwei oder mehr (jedoch nicht allen) Dienstnehmern zur ausschließlichen Nutzung zur Verfügung gestellt wurde; in einem solchen Fall ist gleichfalls die betreffende Fläche jedem der Dienstnehmer, denen die ausschließliche Nutzung überlassen wurde, zuzurechnen.

9.2. Die Zuordnung einer gemeinschaftlich genutzten Fläche an jeden mitnutzenden Dienstnehmer erscheint auch sachgerecht, geht es doch darum, den in der kostenlosen Zurverfügungstellung des Wohnraums gelegenen Vorteil zu erfassen. Dieser Vorteil besteht aber gerade darin, dass jedem Dienstnehmer die Nutzung der betreffenden Fläche im vollen Ausmaß - also im Umfang der Gesamtfläche und nicht bloß im Umfang einer Teilfläche - ohne jegliche Vorbehalte und Einschränkungen überlassen wurde.

Der Vorteil wird auch nicht etwa durch die Gemeinschaftlichkeit der Nutzung durch mehrere Dienstnehmer entscheidend geschmälert, können doch Küche, Vorräume etc. problemlos von den Dienstnehmern nebeneinander und die Nassräume (Bad, WC) zumindest sukzessive genutzt werden. In der dabei vorauszusetzenden Koordinierung und gegenseitigen Rücksichtnahme durch die Dienstnehmer kann im Allgemeinen keine ins Gewicht fallende Einschränkung gesehen werden.

9.3. Vorliegend ist daher - ausgehend von der im Revisionsverfahren unstrittigen Beschaffenheit der Wohnung (mit vier jeweils von einem Dienstnehmer oder Paar allein genutzten Zimmern mit einer Größe von 15,36 m², 15,45 m², 15,94 m² und 15,32 m² sowie mit gemeinschaftlich genutzten Flächen, bestehend aus Küche, Bad, WC, Diele und Vorräumen, mit einer Gesamtgröße laut Plan von 35,70 m²) - den einzelnen Dienstnehmern eine Wohnfläche von 51,06 m², 51,15 m², 51,64 m² und 51,02 m² zuzurechnen.

In Anbetracht dieser auf die Dienstnehmer entfallenden Größe des verfügbaren Wohnraums kommt jedoch - wie das Verwaltungsgericht ohne Rechtsirrtum erkannte - eine Steuer- und damit auch Beitragsfreiheit gemäß § 2 Abs. 7a der Sachbezugswerteverordnung in dem Sinn, dass ein Sachbezug (aufgrund einer Wohnraumgröße von nur bis zu 30 m² oder 40 m²) nicht anzusetzen oder zu vermindern wäre, nicht in Betracht.

9.4. Ausgehend von der den einzelnen Dienstnehmern zuzurechnenden Wohnraumgröße ist daher der - von der Behörde ermittelte, im Revisionsverfahren dem Grund und der Höhe nach nicht mehr strittige - Sachbezugswert von € 1.080,-- auf die Dienstnehmer entsprechend der ihnen jeweils eingeräumten Nutzungsmöglichkeit an der Wohnung im Verhältnis von gerundet 51 : 51 : 52 : 51 aufzuteilen. Diese Aufteilung kommt im Ergebnis einer - sonst nur im Zweifelsfall zulässigen - Division des Sachbezugswerts durch die Anzahl der Arbeitnehmer gleich.

10       10. Soweit sich die Revisionswerberin auf die hg. Entscheidung VwGH 20.12.1994, 94/14/0131, beruft, ist auch daraus für ihren Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen.

In jener Entscheidung ging es um die Zurverfügungstellung eines firmeneigenen Kraftfahrzeugs an drei Dienstnehmer für Fahrten zwischen deren Wohnsitz und Arbeitsstätte. Die Finanzbehörden brachten einen monatlichen Sachbezug von 1,5 % bzw. 0,75 % der Anschaffungskosten bei jedem der Dienstnehmer in Ansatz. Dem trat der Verwaltungsgerichtshof mit der Begründung entgegen, dass bei einer Fahrgemeinschaft nicht jeder Teilnehmer mit dem ungeteilten Sachbezugswert belastet werden dürfe, wie ein Arbeitnehmer, der das Fahrzeug allein benütze. Vielmehr sei der Sachbezugswert nach dem Ausmaß der Teilnahme an der Fahrgemeinschaft zwischen den teilnehmenden Dienstnehmern aufzuteilen und jedem nur der auf ihn entfallende Anteil des Sachbezugswerts als Lohn zuzurechnen.

Ein Widerspruch zwischen der soeben erörterten Entscheidung und dem hier gegenständlichen Fall ist nicht zu sehen. Vorliegend wurde der Sachbezugswert für die Wohnung nicht etwa jedem Dienstnehmer zur Gänze auferlegt, sondern es wurde das Ausmaß der jedem Dienstnehmer an der Wohnung eingeräumten Nutzungsmöglichkeit ermittelt und der Sachbezugswert in dem ermittelten Verhältnis auf die nutzenden Dienstnehmer aufgeteilt. Nichts anderes hat - im Ergebnis - auch der Verwaltungsgerichtshof in dem von der Revisionswerberin herangezogenen Erkenntnis vertreten.

11       11. Insgesamt ist daher dem Verwaltungsgericht bei der strittigen Aufteilung des Sachbezugs der mehreren Dienstnehmern überlassenen Wohnung auf die einzelnen Dienstnehmer kein aufzugreifender Rechtsirrtum unterlaufen. Aufgrund dieser Zurechnung ist die Behörde (und ihm folgend das Verwaltungsgericht) zur Nachforderung offener Beiträge gelangt, wobei insofern ein Fehler nicht behauptet wird und auch nicht zu sehen ist.

12       12. Die Revision war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2017080039.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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