TE Vwgh Erkenntnis 1996/10/3 95/19/1871

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Veröffentlicht am 03.10.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/02 Familienrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
EheG §23;
EheG §27;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. August 1995, Zl. 302.766/3-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. August 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) gemäß § 5 Abs. 1 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz (FrG) abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In der Beschwerde bleibt die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde unbestritten, daß die von der Beschwerdeführerin am 6. Juni 1990 mit einem österreichischen Staatsbürger zwecks Vereinfachung der Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung geschlossene Ehe mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 4. Mai 1994 für nichtig erklärt wurde.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Eingehung einer Ehe nur zum Schein, um sich eine fremdenrechtlich bedeutsame Bewilligung zu verschaffen, ein Verhalten, das eine gravierende Mißachtung der den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Vorschriften bildet. Aus diesem Grunde liegt eine beträchtliche Gefährdung der Ordnung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG vor, die zur Versagung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 5 Abs. 1 AufG führt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330, mit weiteren Hinweisen). Für die Entscheidung der belangten Behörde über das Vorliegen des eben dargestellten Grundes für die Versagung einer Aufenthaltsbewilligung ist demnach die Frage, ob eine derartige nichtige Ehe vorliegt, als Vorfrage zu beurteilen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, daß mit dem von der belangten Behörde erwähnten Urteil die von ihr mit einem österreichischen Staatsbürger eingegangene Ehe aus den von der Behörde zutreffend wiedergegebenen Gründen für nichtig erklärt wurde. Zudem war die belangte Behörde an die Beurteilung dieser Vorfrage durch das Gericht gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/1664).

Wenn die Beschwerdeführerin vorbringt, sie habe "nicht einfach aus Leichtsinn gegen österreichisches Recht verstoßen, sondern aus einer existenziellen Notlage heraus", welche bezweckte, sich und ihre gesamte Familie (inklusive den leiblichen Vater ihrer Kinder) aus der Provinz Krajina im Jahre 1990 nach Österreich zu bringen, so ist ihr zu entgegnen, daß diese Motive, welche sie veranlaßten, die gegenständliche "Scheinehe" zu schließen, von allem Anfang an den Interessen einer geordneten Fremdenpolitik zuwiderliefen, um eben die Regelungen der Zugangsbeschränkungen Fremder nach Österreich zu umgehen. Die Beschwerdeführerin bringt nicht vor, sie habe die durch die mißbräuchliche Eheschließung erlangte fremdenrechtliche Stellung inzwischen aufgegeben, sodaß auch ihr weiteres Verhalten die Annahme der Gefährdung der öffentlichen Ordnung stützt.

Der Beschwerdeführerin ist zuzubilligen, daß im Rahmen einer auf § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützten Entscheidung grundsätzlich zu prüfen ist, ob ein Eingriff in die gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten privaten und familiären Interessen des Fremden durch die in Art. 8 Abs. 2 MRK angeführten Gründe gerechtfertigt ist (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330). Die Beschwerdeführerin bringt vor, sie sei samt ihrer Familie (2 Söhne, 1 Tochter und der Vater ihrer Kinder) seit 1990 in Österreich aufhältig, weiters lebe eine 1995 geborene Enkelin in Österreich, und sie habe immer gearbeitet.

Die Behörde hat im angefochtenen Bescheid eine, wenn auch knappe, Interessenabwägung vorgenommen.

Das Ergebnis dieser Interessenabwägung ist nicht gesetzwidrig. Denn dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist zu entgegnen, daß sich daraus kein Hinweis auf einen legalen Aufenthalt in Österreich vor ihrer Eheschließung entnehmen läßt. Die vorgebrachten Bindungen zu Österreich waren somit Ausfluß der gegenständlichen rechtsmißbräuchlichen Eheschließung. Die infolge des von der Beschwerdeführerin zu vertretenden Rechtsmißbrauches entstandenen privaten Bindungen in Österreich können schon deshalb keine zugunsten der Beschwerdeführerin ausfallende Interessenabwägung gemäß Art. 8 MRK bewirken, als es dem Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwiderliefe, wenn sich ein Fremder auf eine solche Weise den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte. Im übrigen stellt die Eingehung einer Ehe zum Schein zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen einen Rechtsmißbrauch dar, welcher als Gefährdung der Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK zu qualifizieren ist, sodaß diesfalls ein durch Versagung der Aufenthaltsbewilligung bewirkter Eingriff in das Privat- und Familienleben des Fremden gerechtfertigt ist (vgl. aus vielen die hg. Erkenntnisse vom 20. Juli 1995, Zl. 95/18/0757, und vom 25. Jänner 1996, Zl. 95/19/0330).

Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995191871.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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