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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag WienNorm
BauO Wr §60Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache 1. des O B A und 2. des S K, beide in W, beide vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rudolfsplatz 12/12, gegen das am 4. August 2021 mündlich verkündete und am 27. August 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien, VGW-111/084/9074/2021-13 und VGW-111/V/084/9075/2021, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) die Versagung der baubehördlichen Bewilligung einer Unterkonstruktion für eine Markise im Vorgarten einer näher bezeichneten Liegenschaft. Gleichzeitig sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 nicht zulässig sei.
2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dass es sich bei der Unterkonstruktion nicht um eine (bewilligungsfreie) Pergola iSd § 62a Abs. 1 Z 14 der Bauordnung für Wien (BO) handle. Eine Berankung der Konstruktion mit Pflanzen sei durch die elektrisch ausfahrbare Markise unmöglich. Die Kombination aus Pergola und Markise stelle ein Flugdach dar, weil die Konstruktion bei ausgefahrener Markise nach oben hin abgeschlossen sei. Ein Flugdach sei nach § 79 Abs. 6 BO - e contrario - in einem Vorgarten weder erlaubt noch wäre es (sonst) in dieser Größe bewilligungsfrei nach § 62a Abs. 1 Z 13 BO. Das - in der Natur bereits bestehende - Projekt weise eine Größe von 52 m² und eine Höhe von bis zu 3,5 m auf. Nach § 62a Abs. 1 Z 13 BO seien nur Flugdächer mit einer Fläche von bis zu 25 m² und einer Höhe von höchstens 2,5 m bewilligungsfrei.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revisionswerber bringen zur Zulässigkeit zusammengefasst vor, dass noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob die gegenständliche Konstruktion unter § 62a Abs. 1 Z 13, Z 14 oder Z 33 BO zu subsumieren sei.
8 Zu derartigen Konstruktionen ist eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch bereits vorhanden: So wurde zu einer auf mehreren Stützen ausrollbaren Dachvorrichtung ausgesprochen, dass eine solche Konstruktion nicht als „Markise“ iSd § 62a Abs. 1 Z 33 BO eingestuft werden könne. Es handle sich vielmehr um eine als Flugdach einordenbare Baulichkeit (VwGH 30.4.2009, 2006/05/0264). Ebenso gibt es zum Begriff „Pergola“ iSd § 62a Abs. 1 Z 14 BO bereits ausreichend Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (so schon VwGH 26.6.2018, Ra 2018/05/0186). Unter „Pergola“ (= Rankgerüst) wird demnach im Allgemeinen ein nicht überdeckter Laubengang in einer Gartenanlage verstanden, wobei ihre entscheidende Funktion ist, als Rankgerüst den Pflanzen Halt zu gewähren. Eine Pergola ist nach oben offen und nicht raumbildend (VwGH 27.8.2014, 2013/05/0169; 23.8.2012, 2010/05/0170 und 2012/05/0021, mwN).
9 Es trifft daher entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen nicht zu, dass keine höchstgerichtliche Judikatur zur Einordnung vergleichbarer Konstruktionen vorliegt; dass das Verwaltungsgericht bei seiner Beurteilung von der hg. Judikatur abgewichen wäre, wird nicht aufgezeigt.
10 Darüber hinaus unterliegt die Frage, ob eine konkrete Anlage als Flugdach, als Pergola oder als Markise zu beurteilen ist, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. zu ähnlichen Fragestellungen VwGH 10.11.2020, Ra 2020/06/0258; 29.1.2021, Ra 2020/05/0257; 16.3.2021, Ra 2020/05/0260).
11 Mit dem Vorbringen, es sei für die Revisionswerber weder ersichtlich, warum sich die gegenständliche Konstruktion von einer bewilligungsfreien Markise bzw. einer Pergola unterscheide, noch, wie das Verwaltungsgericht zum Ergebnis komme, dass eine Kombination einer Pergola mit einer Markise ein Flugdach darstelle, zeigen die Revisionswerber keine Unvertretbarkeit der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Beurteilung auf.
12 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 15. Dezember 2021
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021050205.L00Im RIS seit
18.01.2022Zuletzt aktualisiert am
18.01.2022