TE Vwgh Erkenntnis 2021/12/15 Ra 2020/06/0118

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §31 Abs1 idF 2013/I/033
VStG §31 Abs2 idF 2013/I/033
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §29 Abs4
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des H B in E, vertreten durch Mag. Daniel Vonbank, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Reichsstraße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 12. Juni 2018, LVwG-1-671/2017-R10, betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bregenz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht) vom 29. September 2017 wurde dem Revisionswerber eine Übertretung des § 20 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 10 Abs. 1 und 11 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) zur Last gelegt, weil er am 16. Oktober 2016 ein näher genanntes Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Es wurde deshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von € 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 33 Stunden) verhängt.

2        Der vom Revisionswerber dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg (LVwG) vom 12. Juni 2018 keine Folge gegeben. Das Erkenntnis enthält darüber hinaus einen Ausspruch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die Erklärung, dass eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

3        Das angefochtene Erkenntnis des LVwG wurde dem Rechtsvertreter des Revisionswerbers - nach dessen Urgenz - am 21. Jänner 2020 zugestellt.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts.

5        Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6        Zur Zulässigkeit seiner Revision bringt der Revisionswerber vor, das angefochtene Erkenntnis des LVwG sei ihm als einer am 16. Oktober 2016 begangenen Tat Beschuldigten erst nach Ablauf der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten dreijährigen Frist und damit nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung zugestellt worden, weshalb das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche.

7        Die Revision erweist sich aus dem genannten Grund als zulässig und berechtigt.

8        § 31 Abs. 1 und 2 VStG in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 lautet:

Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1.   die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2.   die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3.   die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4.   die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.“

9        Gemäß § 31 Abs. 2 VStG tritt Strafbarkeitsverjährung ein, wenn das Straferkenntnis bzw. die dieses bestätigende Entscheidung erst nach Ablauf von drei Jahren, gerechnet ab dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt (Tatzeit), erlassen wird (VwGH 13.12.2016, Ra 2016/02/0199; 2.5.2019, Ra 2018/17/0155, jeweils mwN).

10       Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Frist des § 31 Abs. 2 VStG nur dann gewahrt, wenn das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes innerhalb der dort genannten Frist gegenüber dem Beschuldigten rechtswirksam erlassen wurde (vgl. nochmals VwGH Ra 2018/17/0155, mwN). Die Erlassung gegenüber einer anderen Verfahrenspartei (etwa der Bezirkshauptmannschaft) ist nicht geeignet, diese Wirkung herbeizuführen (vgl. erneut VwGH Ra 2016/02/0199, mwN).

11       Im vorliegenden Fall steht nach der Aktenlage fest, dass das angefochtene Erkenntnis des LVwG gegenüber dem Revisionswerber, dem eine am 16. Oktober 2016 erfolgte Übertretung des BStMG zur Last gelegt wurde, durch die am 21. Jänner 2020 an seinen Rechtsvertreter erfolgte Zustellung und damit nach Ablauf der in § 31 Abs. 2 VStG geregelten Frist von drei Jahren bzw. nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung erlassen wurde.

12       Das LVwG hat das angefochtene Erkenntnis daher mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

13       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 15. Dezember 2021

Schlagworte

Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060118.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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