TE Vwgh Beschluss 2021/12/16 Ra 2018/06/0261

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Veröffentlicht am 16.12.2021
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Index

L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Vorarlberg
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
RPG Vlbg 1996 §16
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des C H in H, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 23. März 2018, LVwG-302-4/2017-R6, betreffend Versagung einer Bewilligung gemäß § 16 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Lech, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Annichstraße 40; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Gemeinde Lech Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 7. August 2017, mit welchem unter anderem sein Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur Nutzung der in einem Gebäude auf einem näher bezeichneten Grundstück bestehenden Wohnungseigentumseinheit W 2 als Ferienwohnung gemäß § 16 Abs. 4 Raumplanungsgesetz - RPG, als unbegründet abgewiesen worden war, keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5        Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass der Revisionswerber deutscher Staatsangehöriger und Miteigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft sei, welche mit einem aus drei Wohneinheiten bestehenden Wohngebäude bebaut sei. Mit Bescheid vom 28. April 2004 sei die baubehördliche Bewilligung für diese Wohnanlage erteilt worden und mit Bescheid vom 28. März 2006 seien Planänderungen genehmigt. In beiden Bescheiden sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass das gegenständliche Grundstück keine Widmung zur Errichtung von Ferienwohnungen habe, die Wohneinheiten ausschließlich für ständige Wohnzwecke zu verwenden seien, eine Verwendung diese Wohnungen als Ferienwohnungen unzulässig und strafbar sei und dass nicht mit einer späteren Bewilligung zur Nutzung dieser Wohnungen als Ferienwohnung zu rechnen sei. Mit den Miteigentumsanteilen des Revisionswerbers an der betreffenden Liegenschaft sei Wohnungseigentum an der Wohnung W 2 verbunden, wobei der Revisionswerber diese Wohnung derzeit zeitweise als Zweitwohnung nutze. Der Revisionswerber habe mit Eingabe vom 8. August 2006 die Erteilung der Bewilligung gemäß § 16 Abs. 1 1. und 2. Satz und eventualiter gemäß § 16 Abs. 4 und 4a RPG „in der damaligen Fassung“ zur Nutzung seiner Wohnungseigentumseinheit W 2 als Ferienwohnung beantragt.

6        In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass sich die Rechtslage im Zuge des gegenständlichen Verfahrens geändert habe. Am 13. Mai 2015 sei das Gesetz über eine Änderung des RPG, LGBl. Nr. 22/2015, in Kraft getreten und mit 1. Jänner 2018 die Novelle LGBl. Nr. 78/2017, mit welchen § 16 RPG wesentlich geändert worden sei. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hätten die Behörden ebenso wie das Verwaltungsgericht ihrer Entscheidung die zum Zeitpunkt der Entscheidung maßgebliche Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen, weshalb der verfahrensleitende Antrag des Revisionswerbers nach der neuen, seit 13. Mai 2015 geltenden Rechtslage zu beurteilen sei, zumal die in dieser Novelle enthaltenen Übergangsbestimmungen keine Regelung für im Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der Novelle anhängige Verfahren enthielten. Es bestehe auch kein Grund zur Annahme, dass im Fall der Anwendung der neuen Rechtslage für den Revisionswerber die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert würde, sodass die behauptete Beeinträchtigung des Effizienzgebotes nicht gesehen werde. Im Übrigen habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass kein unionsrechtlicher Grundsatz bestehe, wonach eine im Zeitpunkt der Einbringung eines Antrages geltende Rechtslage, die allenfalls unionsrechtswidrig gewesen sein könnte, bei der Entscheidung über den Antrag auch dann anzuwenden wäre und gegebenenfalls als verdrängt unbeachtet zu bleiben hätte, wenn die Vorschrift mittlerweile durch eine andere innerstaatliche Regelung ersetzt worden sei. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, eine Ferienwohnungsbewilligung gemäß § 16 Abs. 4 lit. a oder lit. b RPG setze voraus, dass der Eigentümer der betreffenden Wohnung zum Kreis der gesetzlichen Erben des vormaligen Eigentümers gehöre. Diese Voraussetzung treffe auf den Revisionswerber nicht zu, weshalb die Erteilung einer Bewilligung zur Nutzung als Ferienwohnung an ihn ausscheide. Dem Vorbringen, wonach auch die neuen Bestimmungen des § 16 in Verbindung mit § 2 RPG auf Grund von Unionsrechtwidrigkeit unanwendbar seien, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht der Erwerb einer Wohnung, sondern die Änderung der Nutzung der bestehenden Wohnung sei, wodurch die Kapitalverkehrsfreiheit nicht berührt sei. Es könne auch nicht erkannt werden, wie bei Anwendung der neuen Rechtslage das Diskriminierungsverbot unterlaufen werden sollte, weil gerade mit der neuen Rechtslage die diskriminierungsfreie Anwendung der Ferienwohnungsbestimmungen gewährleistet werden sollte.

7        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. September 2018, E 1804/2018-13, deren Behandlung abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Begründend hielt der Verfassungsgerichtshof unter anderem fest, für ihn sei nicht erkennbar, dass die Bestimmungen des § 16 RPG - soweit diese im vorliegenden Fall präjudiziell seien - gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verstießen, weswegen „eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung“ von vornherein nicht vorliegen könne.

Mit dem in der Zulässigkeitsbegründung erstatteten Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

8        Mit den auch in der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung aufgeworfenen Fragen zu der im Revisionsfall anzuwendende Fassung des RPG und der Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit sowie des Diskriminierungsverbotes, wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Begründung des Beschlusses VwGH 16.12.2021, Ra 2018/06/0262, verwiesen.

9        Darüber hinaus kann im Revisionsfall von einem vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 22/2015 wohlerworbenen Recht, das dem Revisionswerber im Hinblick auf die beabsichtigte Ferienwohnungsnutzung zugestanden wäre, nicht gesprochen werden, zumal gerade keine rechtskräftige Bewilligung und auch sonst kein von der Rechtsordnung ex lege anerkannter Anspruch dafür vorlag, weshalb das dazu erstattete Vorbringen schon deshalb ins Leere geht (vgl. auch VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0260).

10       Selbst wenn Nutzungsbeschränkungen für Ferienwohnungen die Dienstleistungsfreiheit berühren sollten, wurde fallbezogen allein mit dem Hinweis darauf, dass sich das gegenständliche Grundstück in einer Randlage der betreffenden Gemeinde befinde, nicht dargelegt, dass § 16 RPG in der Fassung LBGl. Nr. 22/2015 im Sinn der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes nicht legitimiert und verhältnismäßig sei. Daher wurde auch mit der in der Revision behaupteten Verpflichtung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens unter Hinweis auf Art. 267 AEUV keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt (vgl. zum Ganzen VwGH 15.9.2021, Ra 2021/06/0138 und 0139, mwN).

11       Da im Revisionsfall somit - gemäß den Ausführungen im oben genannten hg. Beschluss - die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht maßgeblich ist, sind jene Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung, die sich auf die vor diesem Zeitpunkt geltende Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. Nr. 22/2015 beziehen, nicht relevant. Gleiches gilt für das Revisionsvorbringen zu Beherbergungsbetrieben, zumal der Revisionswerber, wie die Revision selbst zugesteht, keinen solchen betreibt.

12       Soweit der Revisionswerber das Fehlen von Feststellungen unter Hinweis auf das in dieser Rechtssache ergangenen Vorerkenntnis VwGH 25.5.2016, 2013/06/0165, geltend macht, ist auszuführen, dass die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Bindung an die Rechtsauffassung der (vor Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz zuständigen) Vorstellungsbehörde im Fall einer wesentlichen Änderung der Rechtslage gerade nicht besteht (vgl. auch dazu VwGH 30.1.2019, Ra 2018/06/0260, mwN).

13       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2021

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018060261.L00

Im RIS seit

18.01.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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