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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache des Dr. G in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 14. Mai 2020, LVwG 50.21-2670/2019-4, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach dem Steiermärkischen Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark (LVwG) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Graz (belangte Behörde) vom 14. August 2019, mit dem gemäß § 41 Abs. 6 und § 39 Abs. 2 Steiermärkisches Baugesetz (Stmk. BauG) ein Antrag des Revisionswerbers auf Beseitigung einer Grundstückszufahrt und Untersagung der Nutzung derselben als unzulässig zurückgewiesen worden war, als unbegründet abgewiesen. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für unzulässig erklärt.
2 Begründend führte das LVwG aus, mit Eingabe vom 9. April 2019 habe der Revisionswerber einen Antrag auf Beseitigung gemäß § 41 Stmk. BauG hinsichtlich der (in seinem Eigentum stehenden) Liegenschaft EZ A, KG G., Grundstück Nr. B, (und ein weiteres Begehren auf Feststellung gemäß § 39 Abs. 2 Stmk. BauG) gestellt. Diesem Antrag seien mehrere Ergänzungsvorbringen gefolgt. Sämtlichen Vorbringen lasse sich zusammenfassend entnehmen, dass der Revisionswerber von der Baubehörde einen baupolizeilichen Auftrag dahingehend begehre, dass ihm selbst aufgetragen werde, die Nutzung der über das in seinem Eigentum stehenden Grundstück Nr. B führenden Zufahrt zur Wohnanlage S. durch Dritte zu unterlassen und die Schließung der verbotenen Zufahrt samt Gehweg durchzuführen, weil der G.GmbH (Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks Nr. C) „alle drei notwendigen Zufahrtsgenehmigungen“ (im Sinne des Vorbringens des Revisionswerbers gemeint offenbar: baubehördliche Bewilligung, „straßenamtliche Zustimmung“, privatrechtliche Zufahrtsvereinbarung) zum A.-Weg (öffentliches Gut) fehlten.
3 In seinen Erwägungen führte das LVwG im Wesentlichen aus, es stehe fest, dass der Revisionswerber Alleineigentümer der Liegenschaft EZ A, Grundstück Nr. B, sei, auf dem sich der vom Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages bezogene Zufahrtsweg befinde. Da sich somit der gegenständliche Antrag auf ein im Alleineigentum des Revisionswerbers selbst stehendes Grundstück beziehe, liege ein Anwendungsfall des § 41 Abs. 6 Stmk. BauG, der dem Nachbarn im Sinne der Begriffsdefinition des § 4 Z 44 Stmk. BauG das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages bei Vorliegen der darin umschriebenen Voraussetzungen einräume, nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages, es sei denn, der Gesetzgeber habe einen solchen Anspruch vorgesehen. Im Stmk. BauG habe der Gesetzgeber ein derartiges Recht nur dem Nachbarn, nicht aber dem Grundeigentümer zuerkannt. Der Eigentümer oder ein Miteigentümer besitze diesbezüglich keinen Rechtsanspruch (Verweis auf VwGH 14.9.1995, 95/06/0126; 23.12.1999, 99/06/0173; 9.9.2008, 2005/06/0341). Der Grundeigentümer besitze keinen Rechtsanspruch auf Erlassung eines baubehördlichen Auftrages hinsichtlich der auf seiner Liegenschaft errichteten Baulichkeit. An der mangelnden Antragslegitimation des Revisionswerbers - als Eigentümer des vom begehrten Auftrag umfassten Grundstücks - auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages ihm selbst gegenüber vermochten auch die vor der belangten Behörde sukzessive eingebrachten Ergänzungsvorbringen oder das der Beschwerde angeschlossene umfassend vorgelegte Konvolut an Beilagen und Ausführungen nichts zu ändern.
4 Zu Recht habe die belangte Behörde den Revisionswerber daher mit seinem eigentlichen Anliegen, eine Nutzung der auf seinem Grundstück Nr. B befindlichen Zufahrt durch die G.GmbH allenfalls unterbinden zu lassen, auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dabei handle es sich um zivilrechtliche Belange, die auch vor den Zivilgerichten zu klären seien; eine diesbezügliche Entscheidungskompetenz der Baubehörde liege nicht vor.
5 Das Absehen von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG begründete das LVwG unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des EGMR und des Verwaltungsgerichtshofes damit, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt sei und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet seien. In der Beschwerde seien keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen worden, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das LVwG habe „die streitgegenständliche Zufahrts-Schrankenanlage“ zu Unrecht als auf dem Grundstück Nr. B des Revisionswerbers anstatt auf dem Grundstück Nr. C der G.GmbH (situiert) festgestellt und daher entsprechend unrichtig rechtlich beurteilt.
11 Abgesehen davon, dass der Antrag des Revisionswerbers sich nicht explizit auf eine Schrankenanlage bezog und unklar ist, auf welche baurechtliche Norm der mit straßenrechtlichen Aspekten begründete Antrag sich stützen sollte, kann der Revisionswerber durch die irrtümliche Annahme der Lage der Schrankenanlage nicht in einem Recht verletzt sein, zumal auch bei Zutreffen seiner nunmehrigen Behauptung die Zurückweisung seines Antrags rechtmäßig wäre, weil der Revisionswerber hinsichtlich einer nicht auf seinem Grundstück gelegenen Schrankenanlage nicht antragslegitimiert nach der Bauordnung sein kann.
12 Damit wird auch durch das Vorbringen, „die belangte Behörde“ habe es im Widerspruch zu höchstgerichtlicher Judikatur unter Zugrundelegung einer antizipierenden Beweiswürdigung unterlassen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen, keine grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt, weil eine Verhandlung vor dem LVwG keine weitere Klärung der Rechtssache im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG hätte erwarten lassen (vgl. zum Unterbleiben einer beantragten mündlichen Verhandlung etwa VwGH 14.7.2021, Ra 2021/06/0106, mit weiterführenden Judikaturnachweisen).
13 Der in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Verfahrensmangel ist daher im Revisionsfall ohne Relevanz. Schon deshalb zeigt das Revisionsvorbringen keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Dezember 2021
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020060141.L00Im RIS seit
18.01.2022Zuletzt aktualisiert am
25.01.2022