Entscheidungsdatum
18.11.2021Norm
WRG 1959 §60Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Wallner über die Beschwerde der Wassergenossenschaft A, vertreten durch den Obmann B, ***, ***, vertreten durch C Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 08.02.2021, ***, betreffend Abweisung eines Antrages auf Einräumung eines Zwangsrechtes nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung am 15.10.2021 zu Recht:
1. Die Beschwerde wird gemäß § 28 Absatz 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision nach Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen dieses Erkenntnis nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27.01.1984, ***, wurde eine wasserrechtliche Bewilligung zur Nutzung des auf Grundstück Nr. ***, KG ***, befindlichen Grundwasserteiches als Bade- und Sportfischteich unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Gleichzeitig erfolgte der Ausspruch, dass dieses Recht mit dem genannten Grundstück verbunden ist.
Unter dem Punkt B „Auflagen und Bedingungen“ ist Folgendes als Punkt 1. festgehalten:
„An den im Projektplan ersichtlich gemachten vier Stellen sind zum Zweck der Ermöglichung späterer Sanierungsarbeiten, des Zuganges bzw. der Zufahrt für Feuerwehr und Rettung auf Dauer Grundstückstreifen von mindestens 5 m Breite, ausgenommen Zufahrt zwischen den Parzellen *** und ***, freizuhalten. An diesen Stellen dürfen keinerlei Baulichkeiten errichtet werden.“
Diese vier Stellen sind im Projekt (Einreichplan vom Oktober 1982, D, PlanNr. ***) wie folgt ersichtlich:
Grundstück Nr. ***, KG ***, … Zugang
Grundstück Nr. ***, KG ***, zwischen Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, … Zufahrt
Grundstück Nr. ***, KG ***, zwischen Grundstücken Nr. *** und ***, beide KG ***, … Zugang
Grundstück Nr. ***, KG ***, … Zufahrt
Aus dem Projekt ist ersichtlich, dass eine Zufahrt zum See über die Grundstücke Nrn. ***, ***, *** und ***, alle KG ***, (= 2. Stelle oben) sowie über die Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG ***, vorgesehen ist.
Durch Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 19.02.2008, ***, wurde unter anderem festgestellt, dass die wasserrechtlich bewilligte Errichtung eines Badeteiches zur Nutzung als Bade- und Sportfischteich im Wesentlichen projekts- und bewilligungsgemäß ausgeführt worden ist. Zur Mängelbehebung wurde Folgendes aufgetragen:
„1. Die Gewässerseitstellen sind derart zu beseitigen, dass durch Materialentnahme eine einheitliche Gewässersohle mit einer Mindesttiefe von 256,5 m ü.A. hergestellt wird.
2. Die Umsetzung ist unbeschadet der Möglichkeit des Einsatzes einer Schrapperanlage oder ähnlicher (weitgehend wasserstandsunabhängiger) Abbaugeräte spätestens ab Eintreten eines „Auslösewasserspiegels“ von 261,0 m ü.A.(das ist ca. 1,5 m über NGW) zu beginnen und ist dann innerhalb von 3 Monaten abzuschließen. Eventuell notwendige Vorschüttungen dürfen nur mit Kiesmaterial aus genehmigten natürlichen Abbaustellen oder mit Eigenmaterial aus dem Abbau selbst erfolgen.“
Mit Bescheid der nunmehr für Nassbaggerungen (§ 32 WRG 1959) zuständigen Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 19.03.2018, ***, erfolgte die Abänderung der Auflage 1.des Bescheides vom 27.01.1984 dahingehend, dass von den vier Möglichkeiten zur Erreichung des Teiches auf Gst. ***, KG ***, anstelle Grundstück Nr. ***, KG ***, nunmehr Grundstück Nr. ***, KG ***, tritt.
Für die Durchführung der Baggerungsarbeiten im Teich beantragte der Obmann der Wassergenossenschaft A mit Schreiben vom 10.02.2019 die Duldung der Benützung des Grundstückes ***, KG ***. Den Antrag wies die belangte Behörde mit Bescheid vom 08.02.2021 ab.
Begründend führte die Behörde aus, dass die Duldungsverpflichtung nach § 72 WRG 1959 nur bestehe, wenn die Erreichung des gesetzlich vorgesehenen Zweckes nicht anders möglich wäre und verwies gleichzeitig auf den Kommentar zum Wasserrecht von Raschauer zu dieser Bestimmung. Der Antrag wäre abzuweisen gewesen, da die Erreichung des Zweckes, nämlich die Herstellung einer Zufahrt zum See zum Zwecke von Nachbaggerungsarbeiten, durch die Benützung der Grundstücke, welche im Miteigentum aller Mitglieder der Wassergenossenschaft stünden, gegeben wäre. Die Mitglieder wären auch Miteigentümer des Grundstückes, mit dem das Wasserbenutzungsrecht (Anmerkung: ***) verbunden worden wäre.
Dagegen erhob die Wassergenossenschaft A, vertreten durch C, Rechtsanwälte GmbH in ***, ***, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, der Bescheid wäre mangelhaft begründet. Bei der Entscheidung über eine Duldungsverpflichtung nach § 72 WRG 1959 wäre zu prüfen, ob das angestrebte Ziel durch andere – gelindere – Maßnahmen zu erreichen wäre, die in einem angemessenen Verhältnis zu den für die Beschwerdeführerin zu erwartenden Kosten stünden. Wie in der Stellungnahme vom 22.07.2020 thematisiert, lägen die Kosten und die gesamt zu erwartenden Risiken und Belastungen im Falle der Heranziehung unter anderem des Grundstückes *** als Zufahrt im Vergleich zu den Kosten für die Durchführung der Arbeiten über Grundstück *** samt einer zu zahlenden Entschädigung um ein vielfaches höher. Dazu näher ausführend wurde vorgebracht, dass Schwerfahrzeuge von je 12 bzw. 32 t benötigt würden und diese Fahrzeuge über eine Länge von 650 m, davon 150 m mit 5 m Breite und 500 m mit 7 m Breite, an insgesamt 41 Grundstücken samt Gebäuden ohne vorhandenen Gehsteig vorbeifahren müssten. Dass es durch die von den Schwerfahrzeugen ausgehenden Erschütterungen zu Schäden an den angrenzenden Gebäuden käme, wäre evident, weshalb vor Beginn der Arbeiten eine Beweissicherung für jedes Grundstück notwendig wäre. Die Kosten pro Liegenschaft würden sich dabei auf etwa € 800,-- belaufen. Es werde aufgrund der transportierten Lasten und des Gewichts der Schwerfahrzeuge die aktuell vorhandene Dünnasphaltschicht zu erneuern sein. Im Falle der Nutzung der Grundstücke *** und *** wäre im Vergleich zur Variante über Grundstück *** eine Strecke von ca. 325 m mit einer Straßenbreite von 5 m zurückzulegen. Es wären bei Heranziehung des Grundstückes *** lediglich drei Grundstücke zu passieren. Die Zufahrt zum See betrage ab der Einfahrt in das Siedlungsareal lediglich 50 m. Die Kosten für die Arbeiten selbst, die erforderliche Beweissicherung sowie die Erneuerung des Asphalts als auch das Risiko etwaiger Beschädigungen wären daher eklatant niedriger, was offenkundig wäre.
Aus technischen Gründen könnten die Arbeiten nicht ausschließlich vom Grundstück *** erfolgen, es wäre das Grundstück *** für eine Querung der Baufahrzeuge sowie einen Lagerplatz erforderlich. Trotz der Straßenbreiten von 5 bis 7 m wäre ein gefahrloses Vorbeifahren zweier Schwerkraftfahrzeuge nicht möglich und wäre im gesamten Straßenzug kein Gehsteig vorhanden. Es wäre daher mit einem enormen Risiko für die Fußgänger zu rechnen. Auch würden die Anrainer ihre Fahrzeuge am Straßenrand abstellen, wodurch das Risiko von Schäden erhöht werde. Es wäre, um ein gefahrloses Passieren der Fahrzeuge zu ermöglichen und Beschädigungen durch die von den Fahrzeugen ausgelösten Erschütterungen zu vermeiden, eine vorübergehende Einbahnregelung zu schaffen. Dazu müssten weitere Grundstücke im Eigentum Dritter in Anspruch genommen werden. Die Kosten bei Verwendung der Zufahrten über Grundstück *** oder *** würden die Kosten bei Nutzung des Grundstückes *** erheblich übersteigen. Von einer Verhältnismäßigkeit könne bei der von der belangten Behörde getroffenen Entscheidung in keiner Weise gesprochen werden.
Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass der von der belangten Behörde festgestellte Zugang über Grundstück *** mit rechtskräftigem Bescheid vom 19.03.2018 auf Grundstück *** abgeändert worden wäre. Der wasserbautechnische Amtssachverständige hätte sich mit den Kosten in keiner Weise in seiner Stellungnahme auseinandergesetzt. Aufgrund weiterer einzuholender Beweise zur Beurteilung der zu erwartenden Kosten, Belastungen und Risiken wäre die Behörde zum Ergebnis gelangt, dass die Einräumung der Legalservitut über Grundstück *** unbedingt notwendig wäre. § 72 sähe keine Interessensabwägung vor, sondern enthalte eine gesetzliche Einschränkung auf das unbedingt Notwendige. Eine Duldungsverpflichtung wäre dann rechtswidrig, wenn das angestrebte Ziel durch andere gelindere Maßnahmen zu erreichen wäre. § 72 WRG wäre nur unter strikter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzuwenden. Dies bedeute, dass nicht jede alternative Zufahrtsmöglichkeit das Vorliegen des Tatbestandsmerkmales der unbedingten Notwendigkeit ausschließe. Die belangte Behörde hätte sich damit auseinandersetzen müssen, ob die Alternativen in einem angemessenen Verhältnis zu den zu erwartenden Kosten stehen würden. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die belangte Behörde feststellen müssen, dass die Kosten für die Durchführung der Nachbaggerungsarbeiten sowohl bei der Zufahrt über Grundstück *** und andere als auch über Grundstück *** die Kosten bei Durchführung der Arbeiten über Grundstück *** erheblich übersteigen würden. Der angefochtene Bescheid wäre daher aufzuheben, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde beantragt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat daraufhin am 15.10.2021 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Obmannes der Wassergenossenschaft sowie der beiden Rechtsvertreter, nämlich einerseits der Beschwerdeführerin Wassergenossenschaft und andererseits der Eigentümer des Grundstückes ***, KG ***.
Weiters holte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das Gutachten des verkehrstechnischen Amtssachverständigen vom 08.10.2021 ein, welches in der Verhandlung verlesen wurde. Die Möglichkeit zur Einholung eines Gegengutachtens binnen zwei Wochen wurde eingeräumt, bis dato langte kein Gegengutachten ein.
Folgender Sachverhalt wird als erwiesen festgestellt:
Auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, befindet sich ein von Grundwasser gespeister Bade- und Sportfischteich. Dafür existiert ein mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 27.01.1984, ***, eingeräumtes Wasserbenutzungsrecht, welches derzeit die Wassergenossenschaft A als Eigentümerin des genannten Grundstückes innehat. Als Zufahrten zu diesem Teich zur Durchführung von Ausbaggerungen im Teich ist das Grundstück *** und das Grundstück ***, beide KG ***, vorgesehen. Weiters sind als Zugang zu diesem Teich das Grundstück *** und das Grundstück *** zwischen den Grundstücken *** und ***, alle KG ***, vorgesehen. Zuvor war anstelle des Grundstückes *** das Grundstück *** als Zugang vorhanden.
Die Mitglieder der Wassergenossenschaft sind Miteigentümer unter anderem der Grundstücke ***, ***, ***, *** und ***, alle KG ***.
Eigentümer des Grundstückes ***, KG ***, sind E, F und G.
Ein Straßenzug führt über die Grundstücke ***, *** und *** sowie weiter über das Grundstück *** bis zu einer Böschungskrone der Teichanlage auf Grundstück ***, alle KG ***. Die Böschung ist unverbaut. Die genannte Straße weist eine Fahrbahnbreite von ca. 7 m auf, nur im Einfahrtsbereich zum Areal des *** beträgt die Breite rund 6 m. Die Straße ist übersichtlich und gut einsehbar. Eckabschrägungen an den Kreuzungen sind vorhanden. Eine Verkehrsbeschränkung für Schwerfahrzeuge besteht nicht.
Eine Zufahrt über das Grundstück *** ist nur mit großem Aufwand realisierbar. Die Zufahrt über das Grundstück *** ist über den genannten Straßenzug auch im Begegnungsverkehr der LKWs durchführbar. Lagerungen sind im Uferbereich des Grundstückes *** ohne weitere Grundinanspruchnahme möglich. Technisch machbar ist auch die Herstellung einer Abflachung der Uferböschung und Errichtung einer befestigten Transporttrasse sowie einer Manöverfläche auf dem Grundstück ***.
Auf dem Grundstück *** befindet sich ein Gebäude (Blockhaus), welches ca. 7,20 m von der östlichen Grenze zum Grundstück Nr. *** entfernt situiert ist. Ein befestigter Fahrstreifen befindet sich auf diesem Grundstück nicht, es ist an der Uferseite auch Pflanzenbewuchs vorhanden.
Die Wassergenossenschaft A hat mit Schreiben vom 10.02.2019 die Einräumung eines Zwangsrechtes zwecks Zufahrt zum Teich mit LKWs über das Grundstück ***, KG ***, beantragt. Der Antrag ist mit Bescheid vom 08.02.2021 abgewiesen worden.
Diese Feststellungen basieren auf folgender Beweiswürdigung:
Das Bestehen des Wasserrechtes zu Gunsten der Beschwerdeführerin, die grundstücksmäßig vorgesehenen Zugänge und Zufahrten zur Teichanlage, bescheidmäßig festgelegt, sowie die Eigentumsverhältnisse der im Sachverhalt angeführten Grundstücke ist unbestritten.
Das Vorliegen der abweisenden Entscheidung über den gestellten Zwangsrechtseinräumungsantrag ergibt sich aus der Aktenlage.
Bei gegenständlicher Sachlage relevant sind für das Erreichen des Grundwasserteiches mit LKW einerseits die Möglichkeit der Benützung des Grundstückes *** (zwischen Gst. Nrn. *** und ***) und andererseits des Grundstückes ***. In der Beschwerde wird dazu ausgeführt, dass die Kosten, Risiken und Belastungen bei Heranziehung des Grundstückes *** viel höher wären als bei Verwendung des Grundstückes ***. Es wird dann näher dazu ausgeführt, etwa im Hinblick auf die verwendeten Schwerfahrzeuge, die zurückzulegende Wegstrecke (von ca. 650 m) und das Passieren von 41 Grundstücken samt Gebäuden. Auch Kosten der Beweissicherung je Grundstück werden angeführt. Schließlich wird auf die Notwendigkeit der Erneuerung der Fahrbahn nach den durchgeführten Baggerungsarbeiten samt Abtransport durch LKWs hingewiesen.
Diesem Vorbringen steht zum einen entgegen, dass ursprünglich ein Zugang über Grundstück *** projektsgemäß vorgesehen war, welcher durch Abänderung der Auflage 1. des Bewilligungsbescheides vom 27.01.1984 durch den Bescheid vom 19.03.2018 nunmehr durch eine Verwendung des Grundstückes ***, KG ***, ersetzt wurde. Konkret ergibt sich, dass über das Grundstück *** keine Zufahrts-, sondern eine Zugangsmöglichkeit neu geschaffen wurde. Damit im Einklang ist auch der Umstand, dass auf dem Gst. *** seit den 1970er Jahren ein Wohnhaus steht. Es ist daher schon aus diesem Grund eine Verwendung des Grundstückes *** für ein Zufahren mit LKWs nicht in Betracht zu ziehen. Zum anderen steht dem Vorbringen entgegen, dass durch das Verwenden einer Zufahrt zum Teich über den vorhandenen und asphaltierten Straßenzug (über die Grundstücke Nr. ***, ***, *** und schließlich ***) ein Zufahren nur über Grundstücke im Miteigentum aller Genossenschaftsmitglieder erfolgt. Das Grundstück *** hingegen steht im Miteigentum von E, F und G. Weiters hat das verkehrstechnische Gutachten vom 08.10.2021 ergeben, dass keine weiteren fremden Grundstücke bei Verwendung der Zufahrtsmöglichkeit über Gst. *** in Anspruch genommen werden müssen. Der Amtssachverständige hat nach Durchführung eines Lokalaugenscheines am 24.09.2021 fachlich festgehalten, dass wegen der vorhandenen Fahrbahnbreiten und der guten Einsehbarkeit aus verkehrstechnischer Sicht keine weiteren straßenpolizeilichen Maßnahmen erforderlich sind. Der Amtssachverständige hat auch ausgeführt, dass die Fahrbahnbreite großteils ca. 7 m beträgt und im Kreuzungsbereich Eckabschrägungen vorhanden sind. Auch hat er darauf hingewiesen, dass Verkehrsbeschränkungen für Schwerfahrzeuge nicht bestehen. Mit diesen Ausführungen wird auch das weitere Beschwerdevorbringen im Hinblick auf eine Erforderlichkeit des Grundstückes *** für Lagerungen und im Hinblick auf eine geltend gemachte notwendige Einbahnregelung entkräftet. Auch in der Beschwerde wird von Straßenbreiten von bis zu 7 m ausgegangen, was mit dem Gutachten vom 08.10.2021 übereinstimmt. Betrachtet man § 9 Abs. 1 der Bodenmarkierungsverordnung, BGBl. Nr. 848/1959 idgF, dann ergibt sich, dass ein Fahrstreifen 2,9 m grundsätzlich zu betragen hat. Damit steht aber fest, dass eine Straßenbreite (ohne Gehsteig) von 7 m schon nach straßenverkehrsrechtlichen Normen für einen Begegnungsverkehr von LKWs geeignet ist. Auch das aufgrund eines durchgeführten Lokalaugenscheines erstellte Gutachten vom 08.10.2021 zeigt die Eignung der gegenständlichen Zufahrt (letztendlich über Grundstück ***) für einen Begegnungsverkehr von LKWs auf, wobei der Gutachter lediglich zur Verbesserung des Begegnungsfalles abschnittsweise oder durchgängige Halte- und Parkverbote als Verkehrsbeschränkungen vorschlägt.
Diese Verkehrsbeschränkungen werden auch zum Schutz nicht motorisierter Verkehrsteilnehmer als aus fachlicher Sicht geeignet erachtet. Die in der Beschwerde geforderte Einbahnregelung ist daher grundsätzlich nicht notwendig.
Auch die vom verkehrstechnischen Amtssachverständigen im Zuge des Lokalaugenscheines am 24.09.2021 festgestellte Enge im Einfahrtsbereich zum Areal des *** mit ca. 6 m steht im Einklang mit einer normierten Fahrbahnreite von 2,9 m. In diesem Zusammenhang erwähnt, gibt § 9 der Bodenmarkierungsverordnung sogar eine Unterschreitung eines Fahrstreifens von 2,6 m unter gewissen Voraussetzungen her.
Überdies lässt sich ein Begegnungsverkehr von Lastkraftwagen auch durch gegenseitige Kontaktaufnahme der LKW-Fahrer über Handy oder Funkgerät im Hinblick auf ein Abstimmen des Zufahrtszeitpunktes oder eines Ausweichortes regeln. Schließlich spricht auch die gute Einsehbarkeit dieser Zufahrtsstrecke für einen funktionierenden Begegnungsverkehr.
Ein Bedarf für eine Heranziehung des Gst. *** kann nicht erkannt werden.
Die fachlichen Ausführungen sind fundiert erstellt und auf einen durchgeführten Lokalaugenschein des Amtssachverständigen gestützt. Das Gutachten ist schlüssig.
In der Verhandlung am 15.10.2021 wird die Befragung des Amtssachverständigen im Hinblick auf Unrichtigkeiten bei der Befundaufnahme begehrt. Auch wird eine Gutachtensergänzung im Hinblick auf gelindere Mittel beantragt und eine allfällige ergänzende Befundung in Anwesenheit der Parteien vor Ort geltend gemacht.
Dazu wird darauf hingewiesen, dass die Durchführung eines Lokalaugenscheines durch den Amtssachverständigen ein geeignetes Beweismittel ist und kein Rechtsanspruch von Parteien auf Beiziehung zu diesem Augenschein besteht. Der Amtssachverständige nimmt aufgrund seiner fachlichen Kompetenz den Befund vor Ort auf und trifft anschließend Schlussfolgerungen. Das Parteiengehör zum Gutachten vom 08.10.2021 ist durch Verlesung in der mündlichen Verhandlung am 15.10.2021 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme gewahrt, und wird im Wesentlichen von Beschwerdeführerseite die Richtigkeit der Befundaufnahme durch den Amtssachverständigen in Abrede gestellt. Näheres, worin eine Mangelhaftigkeit des erstellten Befundes bestehen würde, wird nicht ausgeführt. Auf die Möglichkeit zur Einholung eines Gegengutachtens binnen zwei Wochen wurde in der Verhandlung hingewiesen, bis dato langte kein Gegengutachten ein.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat erwogen:
Nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Nach § 28 Abs. 2 leg. cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht
selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Die für gegenständliche Beschwerdesache relevanten Bestimmungen des WRG 1959 lauten auszugsweise:
„Einteilung der Zwangsrechte und allgemeine Bestimmungen.(1) Zwangsrechte im Sinne dieses Abschnittes sind:
a)
…
…
d)
die Benutzungsbefugnisse nach den §§ 71 und 72.
(2) Diese Maßnahmen sind nur gegen angemessene Entschädigung (§ 117) und nur dann zulässig, wenn eine gütliche Übereinkunft zwischen den Beteiligten nicht erzielt werden kann.
...
Betreten und Benutzung fremder Grundstücke.(1) Die Eigentümer von Grundstücken und die Wasserberechtigten haben
a)
…
b)
zur Ausführung und Instandhaltung von Wasserbauten und Anlagen,
c)
…
…
das Betreten und Benutzen ihrer Grundstücke insbesondere zur Zu- und Abfuhr und zur Ablagerung von Baustoffen, Geräten, Werkzeugen und dgl., zur Zubereitung der Baustoffe, zur Vornahme von Erhebungen und Untersuchungen sowie zur Entnahme von Proben, einschließlich der Entnahme von Fischen, sonstigen Wassertieren und Pflanzen zu Zwecken der Überwachung und zur Einrichtung von Untersuchungs- und Überwachungseinrichtungen insoweit zu dulden, als sich dies als unbedingt notwendig erweist; die Wasserberechtigten sind in gleicher Weise gehalten, eine vorübergehende Einschränkung oder Einstellung der Wasserbenutzung zu dulden. Desgleichen sind die Fischereiberechtigen in gleicher Weise gehalten, die oben genannten Entnahmen zu Zwecken der Überwachung zu dulden. Die ihnen hiedurch verursachten vermögensrechtlichen Nachteile sind zu ersetzen (§ 117), soweit nicht ein Anspruch auf unentgeltliche Gestattung besteht. Die Vorschriften über das Betreten von Eisenbahngrundstücken werden nicht berührt.
(2) …
…“
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 08.02.2021 wird ein Zwangsrechtsantrag im Hinblick auf eine Benützung des Grundstückes ***, KG ***, zum Zwecke des Befahrens dieses Grundstückes mit LKWs abgewiesen. Die Behörde führt zusammengefasst begründend aus, dass eine Duldungsverpflichtung nach § 72 WRG 1959 nur bestehe, wenn die Erreichung des Zweckes anders nicht möglich wäre; da aber für die Herstellung einer Zufahrt zum See als Zweck für die Durchführung von Nachbaggerungsarbeiten die Benützung von Grundstücken im Miteigentum der Wassergenossenschaftsmitglieder gegeben wäre, wäre spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Voraussetzung für die Einräumung eines Zwangsrechtes ist zunächst das Vorliegen eines Bedarfes. Ein solches ist aber, wie die oben durchgeführte Beweiswürdigung ergeben hat, nicht zu bejahen.
Das Beschwerdevorbringen zur Verhältnismäßigkeit und den Kosten wäre erst in zweiter Linie zu erörtern, wenn ein Bedarf nach Einräumung des begehrten Zwangsrechtes bejaht werden könnte.
Eine Gutachtensergänzung im Hinblick auf gelindere Mittel war nicht vorzunehmen, da diese Fragestellung erst nachgeordnet, nach Bejahung eines Bedarfes nach Einräumung eines Zwangsrechtes zulasten des Grundstückes ***, zu behandeln wäre.
Die Einholung eines bautechnischen Gutachtens ist für die Entscheidung aufgrund obiger Erwägungen nicht erforderlich.
Ein Recht auf Durchführung eines von einem Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenscheines in Anwesenheit einer Partei besteht nicht.
Für gegenständliche Teichanlage ist projektsgemäß eine Zufahrt über unter anderem das Grundstück Nr. ***, KG ***, bescheidmäßig vorgesehen, eine weitere Zufahrtsmöglichkeit über Grundstück ***, KG ***, hat der verkehrstechnische Amtssachverständige als nicht geeignet beurteilt. Die begehrte Benützung des Grundstückes ***, KG ***, ist nach der Bescheidlage lediglich als Möglichkeit für einen Zugang vorgesehen. Dies ergibt sich aus einer Zusammenschau der projektsgemäß vorgesehenen Wege zur Erreichung des Grundwasserteiches auf Grundstück ***, KG ***, mit dem Änderungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 19.03.2018, *** und der örtlichen Situation auf dem Gst. Nr. ***. Mit diesem Bescheid wird lediglich eine Zugangsmöglichkeit anders geregelt, nämlich, dass anstelle des Grundstückes *** nunmehr das Grundstück *** zur Verfügung steht. Es stellt sich damit auch aus diesem Grund die Frage eines Zwangsrechtes für das Zufahren zum Grundwasserteich über das Grundstück *** nicht.
Sollten tatsächlich im Zuge der LKW-Fahrten – was jedoch nicht wahrscheinlich erscheint – Schäden an Gebäuden durch Rissbildung entstehen, wäre der Zivilrechtsweg zu beschreiten. Dass derartiges eintritt, ist deshalb nicht sehr wahrscheinlich, da eine entsprechend große Fahrbahnbreite von grundsätzlich 7 m besteht, kein LKW-Fahrverbot verordnet ist und die Straße auch befestigt ist. Auch ist anzumerken, dass die Gebäude aufgrund des Bauwichs nicht direkt an der Grundstücksgrenze der jeweiligen Grundstücke situiert sind, sodass zusätzlich zu den 6 bis 7 m Fahrbahnbreite noch ein Abstand der Gebäude zur hier relevanten Zufahrtsstraße zum Grundwasserteich im Ausmaß von mehreren Metern gegeben ist (vorderer Bauwich).
Abschließend ist auf die Judikatur des VwGH hinzuweisen, wonach die „Notwendigkeit der Enteignung sich einerseits daraus ergibt, dass das durch ein Zwangsrecht zu belastende Grundstück für die Durchführung des Projektes zur technischen und wirtschaftlich einwandfreien Ausübung des Wasserrechtes erforderlich ist, andererseits dass der für das Projekt erforderliche Grund nicht auf eine andere Weise als durch ein Zwangsrecht zu beschaffen ist“ (vgl. VwGH vom 14.09.1978, 978/78). Gegenständlich besteht die Möglichkeit, über das im Miteigentum aller Genossenschaftsmitglieder stehende Grundstück Nr. ***, KG ***, (zwischen Gst. Nrn. *** und ***) zum Teich zuzufahren, weshalb die Notwendigkeit der Verwendung des Grundstückes *** für diesen Zweck nicht gegeben ist.
Dass die Zufahrt über Gst. *** technisch machbar und mit vertretbarem Aufwand durchführbar ist, hat das Gutachten vom 08.10.2021 zweifelsfrei ergeben. Der Amtssachverständige führt begründend dazu aus, dass eine Abflachung der Böschung und Aufschüttung zwecks Herstellung einer befestigten Transporttrasse vorzunehmen ist, wobei eine Breite von rund 3,5 m und eine Längsneigung von etwa 16 % herzustellen ist. Das Teichgrundstück Nr. *** erachtet er für das gegenständliche Vorhaben als ausreichend und auch für Lagerungen als geeignet.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
Nach § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seiner Entscheidung auszusprechen, ob eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Eine Revision nach Artikel 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, da in gegenständlicher Angelegenheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Entscheidung weicht weder von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt eine solche oder liegt eine nicht einheitliche Rechtsprechung vor. Die Entscheidung erging im Einzelfall aufgrund der klaren Rechtslage.
Schlagworte
Umweltrecht; Wasserrecht; Zwangsrechte; Grundwasserteich; Benützung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.AV.515.001.2021Zuletzt aktualisiert am
17.01.2022