Entscheidungsdatum
22.11.2021Norm
AWG 2002 §15 Abs3Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Warum als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, in ***, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt vom 13.07.2021, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird hinsichtlich der Spruchpunkte 1., 2. und 3. des angefochtenen Straferkenntnisses als unbegründet abgewiesen.
2. Das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich des Spruchpunktes 4. aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren dazu gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
3. Die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens werden gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG mit 127,50 Euro neu festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat überdies gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 255,-- Euro zu leisten.
4. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Zahlungshinweis:
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 1.657,50 Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.
Entscheidungsgründe:
1. Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:
Mit Straferkenntnis vom 13.7.2021, ***, legte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (im Folgenden: Belangte Behörde) dem Beschwerdeführer die nachstehenden Verwaltungsübertretungen zur Last:
„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:
Zeit: 12.11.2020, 11:00 Uhr
Ort: Gemeindegebiet ***, ***, *** (auf der Grünfläche)
Tatbeschreibung:
1. Sie sind dafür verantwortlich, wie im Zuge von Erhebungen der PI *** am 12.11.2020 um 11:00 Uhr, festgestellt wurde, dass an der o.a. Örtlichkeit ein bereits teilweise zerlegter Baggerlader, Marke JCB, in sehr schlechten Zustand - nicht fahrbereit, aber mit Hydraulik- und weiteren Betriebsflüssigkeiten abgestellt wurde und somit gefährlicher Müll gelagert wurde, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.
Im Zuge der Erhebungen der PI *** wurde die Verwaltungsübertretung festgestellt und auf Fotos festgehalten.
2. Sie sind dafür verantwortlich, wie im Zuge von Erhebungen der PI *** am 12.11.2020 um 11:00 Uhr, festgestellt wurde, dass an der o.a. Örtlichkeit ein PKW, Marke Mitsubishi Colt, rot lackiert, Erstzulassung: 18.09.1995, Abmeldedatum: 01.12.2016, letzte Zulassung: ***, mit Betriebsflüssigkeiten (genützt als Lagerplatz) abgestellt wurde und somit gefährlicher Müll gelagert wurde, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.
Im Zuge der Erhebungen der PI *** wurde die Verwaltungsübertretung festgestellt und auf Fotos festgehalten.
3. Sie sind dafür verantwortlich, wie im Zuge von Erhebungen der PI *** am 12.11.2020 um 11:00 Uhr, festgestellt wurde, dass an der o.a. Örtlichkeit 4 Kühlschränke (Altgeräte, offensichtlich noch mit Kühlflüssigkeiten und Aggregat, ua Marke Bosch) abgestellt wurde und somit gefährlicher Müll gelagert wurde, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.
Im Zuge der Erhebungen der PI *** wurde die Verwaltungsübertretung festgestellt und auf Fotos festgehalten.
4. Sie sind dafür verantwortlich, wie im Zuge von Erhebungen der PI *** am 12.11.2020 um 11:00 Uhr, festgestellt wurde, dass an der o.a. Örtlichkeit 6 Stk. Altreifen und 4 Stk. Kompletträder (Stahlfelgen mit Reifen), offensichtlich schon lange Zeit im verwachsenen Vorgarten abgelagert, abgestellt wurde und somit gefährlicher Müll gelagert wurde, obwohl gefährliche Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.
Im Zuge der Erhebungen der PI *** wurde die Verwaltungsübertretung
festgestellt und auf Fotos festgehalten.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
zu 1. § 15 Abs. 3 Z. 1 iVm § 79 Abs. 1 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002,
zu 2. § 15 Abs. 3 Z. 1 iVm § 79 Abs. 1 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002,
zu 3. § 15 Abs. 3 Z. 1 iVm § 79 Abs. 1 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002,
zu 4. § 15 Abs. 3 Z. 1 iVm § 79 Abs. 1 Z. 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002,
idF BGBl. I Nr. 71/2019“
Die belangte Behörde verhängte über den Beschwerdeführer unter Anwendung von § 79 Abs. 1 AWG 2002 pro Spruchpunkt eine Geldstrafe in Höhe von € 425,- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 6 Stunden) und verpflichtete ihn zum Tragen der Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt € 170,-.
Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass im Zuge von Erhebungen der PI *** am 12.11.2020 festgestellt worden sei, dass im Gemeindegebiet ***, ***, *** (auf der Grünfläche), Abfallmengen gelagert worden seien. Bei den Abfallablagerungen handle es sich um einen teilweise zerlegten Baggerlader, einen PKW (Markte Mitsubishi Colt), Altgeräte und Reifen. In seiner Rechtfertigung zum Tatvorwurf habe der Beschwerdeführer angegeben, dass er all die Gegenstände mit Ausnahme der im Punkt 4.) angeführten bis Jänner 2020 in den Schuppen an der Hinterseite des Grundstückes abgestellt gehabt hätte. Im Jänner 2020 hätte er durch eine Altwarenfirma die nicht benötigten Gegenstände wie der Mitsubishi Colt, die Kühlschränke sowie den Baggerlader (er habe deshalb den Bagger zerlegen lassen und die Flüssigkeiten abpumpen lassen) und einige andere Gegenstände (Altfenster etc.) abholen lassen wollen und hätte die Gegenstände deshalb auf seinem Grund zum besseren Abtransport abgestellt. Nach Erledigung dieser Arbeiten sei es im Februar 2020 zur Corona Pandemie gekommen, deshalb lagerten die Gegenstände bis zum heutigen Tag auf seinem Grund im Freien.
Durch die Anzeige der PI *** sowie der Rechtfertigung des Beschwerdeführers sei der Tatvorwurf erwiesen. Als Einkommen des Beschwerdeführers sei seine monatliche Pension in Höhe von € 1.370,- netto anzusetzen gewesen. Als mildernd sei das Geständnis in der Rechtfertigung zu werten gewesen, erschwerende Umstände wären nicht vorgelegen.
2. Zum Beschwerdevorbringen:
Gegen das Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer, nun anwaltlich vertreten, fristgerecht Beschwerde und brachte darin zusammengefasst vor, dass der Beschwerdeführer ein ca. 80 Jahre alter Mann sei, der gewisse Probleme hätte, seine Dinge wahrzunehmen. Alleine dieser Umstand hätte mildernd berücksichtigt werden müssen. Außer Streit gestellt werde Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses, die Kühlschränke seien längst entfernt worden, diesbezüglich sei allerdings Verfolgungsverjährung eingetreten. Der Ladepacker sei hinsichtlich sämtlicher Flüssigkeiten entleert worden, insofern stelle er keinen gefährlichen Abfall dar. Im Übrigen habe er auch einen hohen wirtschaftlichen Wert, weil ein solches Fahrzeug als Ersatzteillager fungieren würde.
Der in Spruchpunkt 2. angesprochene Mitsubishi Colt sei grundsätzlich benützungsfähig und nicht als Abfall zu betrachten, er habe einen Restwert von ca. € 600,-. Es bestehe eine Verkaufsabsicht. Diese könne jedoch erst dann umgesetzt werden, wenn Geld für das „Pickerl“ vorhanden sei.
Zu den Altreifen und Kompletträdern sei auszuführen, dass diese von dritter Seite ohne das Wissen und Zutun des Beschwerdeführers auf dessen Grundstück abgestellt worden seien. Reifen und Stahlfelgen seien auch keine gefährlichen Abfälle.
Richtig sei schließlich, dass der Beschwerdeführer ca. € 1.300,- verdiene, er habe aber € 1.000,- Miete zu bezahlen und sei sorgepflichtig für seine Ehegattin. Der Beschwerdeführer befinde sich daher in einer drückenden Notlage.
3. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer A, geb. am ***, lagerte zumindest am 12.11.2020 auf der Grünfläche des Grundstücks an der Adresse ***, ***, die nachstehenden Gegenstände:
a) ein bereits teilweise zerlegter Baggerlader, Marke JCB, in sehr schlechten Zustand. Teilweise waren Schläuche bereits undicht, sodass sich an diesen Ölaustritte gebildet hatten, welche auch bereits zu Boden getropft sind und Ölflecke auf dem darunterliegenden Erdreich verursachten. Der Baggerlader war nicht fahrbereit, enthielt aber Hydraulik- und weitere Betriebsflüssigkeiten, war also nicht trockengelegt und schadstoffentfrachtet. Der Baggerlader war auf nicht abgedichtetem Untergrund (Erdreich) abgestellt.
b) Ein PKW, Marke Mitsubishi Colt, rot lackiert, Erstzulassung: 18.09.1995, Abmeldedatum: 01.12.2016, letzte Zulassung: ***, mit Betriebsflüssigkeiten (genützt als Lagerplatz); Der PKW war nicht trockengelegt und schadstoffentfrachtet und war auf nicht abgedichtetem Untergrund (Erdreich) abgestellt.
c) vier Kühlschränke (Altgeräte, unter anderem der Marke Bosch). Diese enthielten Kühlflüssigkeiten und Aggregat. Die Kühlschränke waren nicht auf einem abgedichteten Untergrund abgestellt.
d) sechs Stück Altreifen und vier Stück Kompletträder (Stahlfelgen mit Reifen). Die Altreifen und Kompletträder wurden in einem bereits verwachsenen Bereich im Garten bereits für lange Zeit abgelagert. Sie waren nicht gefährlich kontaminiert.
Der Beschwerdeführer wollte im Jänner 2020 durch eine Altwarenfirma den Mitsubishi Colt, die Kühlschränke sowie den Baggerlader sowie einige andere
Gegenstände (Altfenster etc.) abholen lassen, da er sie nicht mehr benötigt hat. Die Gegenstände hat er deshalb auf seinem Grund zum besseren Abtransport abgestellt. Er wollte sich dieser Gegenstände somit entledigen. Die Kühlschränke wurden außerdem bereits entfernt.
Der Beschwerdeführer konnte keinen Nachweis vorlegen, dass der PKW Mitsubishi Colt mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand wieder in Gang gesetzt werden könnte.
4. Beweiswürdigung:
Das erkennende Gericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde, ***, darin inliegend insbesondere die Anzeige der PI *** samt umfassendem Lichtbildkonvolut, die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, das angefochtene Straferkenntnis sowie die Beschwerde. Weiters führte das erkennende Gericht am 29.9.2021 eine mündliche Verhandlung durch, bei der zwar die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers, dieser jedoch unentschuldigt nicht erschienen ist.
Generell ist auszuführen, dass der von der PI *** im Zuge des Lokalaugenscheins am 12.11.2020 festgestellte Sachverhalt dem erkennenden Gericht plausibel erscheint. Angesichts der vorliegenden Lichtbilder und dem unentschuldigten Nichterscheinen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung bestanden für das erkennende Gericht keine Anhaltspunkte, am von der Polizei sowie der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt zu zweifeln, zumal in der Verhandlung von der Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers auch keine Beweise vorgelegt wurden, die die Feststellungen in der Anzeige hätten erschüttern können. Außerdem hat der Beschwerdeführer in seiner Rechtfertigung gegenüber der Behörde (AS 23) angegeben, die verfahrensrelevanten Gegenstände herausgestellt zu haben, um sie zu entsorgen. Daraus ergibt sich nun eine Entledigungsabsicht, welche mangels Mitwirkung im Verfahren durch den Beschwerdeführer auch nicht mehr zu hinterfragen war. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer die ihm gesetzte Nachfrist zur Vorlage eines Nachweises, wonach der PKW Mitsubishi Colt mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand hergerichtet werden kann, verstreichen ließ und ein solcher Nachweis dem Gericht nicht vorgelegt wurde. Ebenso nicht vorgelegt wurden Nachweise zur ordnungsgemäßen Trockenlegung und Schadstoffentfrachtung. Zum Tatvorwurf im Spruchpunkt 3. (Kühlschränke) ist außerdem auszuführen, dass dieser in der Beschwerde außer Streit gestellt wurde. Dem in der Verhandlung gestellten Antrag auf Durchführung eines Lokalaugenscheins war mangels Relevanz deshalb keine Folge zu geben. Insoweit die Beschwerde vorbringt, die Altreifen sowie Kompletträder würden keinen gefährlichen Abfall darstellen, war ihr jedoch zu folgen, ergaben sich aus der Anzeige der Polizei bzw. den sonstigen Feststellungen keine Hinweise auf eine gefährliche Kontaminierung der Reifen und Kompletträder.
5. Rechtslage:
5.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten auszugsweise:
„Ziele und Grundsätze(1) – (2a) […]
(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls
1.
die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,
2.
Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,
3.
die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,
4.
die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,
5.
Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,
6.
Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,
7.
das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,
8.
die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder
9.
Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.
[…]
Begriffsbestimmungen(1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,
1.
deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder
2.
deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.
(2) […]
(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange
1.
eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder
2.
sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.
[…]
Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer(1) – (2) […]
(3) Abfälle dürfen außerhalb von
1.
hiefür genehmigten Anlagen oder
2.
für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten
nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.
(4) – (4a) […]
(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben. Die Übergabe hat so rechtzeitig zu erfolgen, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) vermieden werden; Abfälle sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.
[…]
(1) Wer
1.
gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 oder entgegen § 16 Abs. 1 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,
2.
- 21. […]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 850 € bis 41 200 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 4 200 € bedroht.
(2) Wer
1.
- 3. […]
4.
nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 5 nicht oder nicht rechtzeitig einem entsprechend Berechtigten übergibt,
5.
- 26. […]
begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.
[…]“
5.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) lauten auszugsweise:
„„Strafbemessung(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
[…]
(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1.
[…]
2.
der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
[…]“
6. Erwägungen:
6.1. Die belangte Behörde wirft dem Beschwerdeführer im Straferkenntnis vor, mehrere Gegenstände, die als Abfall zu qualifizieren seien, entgegen den Bestimmungen des AWG 2002 gelagert zu haben. Zu prüfen ist daher zunächst, ob der Abfallbegriff des AWG erfüllt wird.
6.1.1. Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle im Rechtssinn bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (Z 1; „subjektiver Abfallbegriff“) oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen (Z 2; „objektiver Abfallbegriff“). Nach der Rechtsprechung liegt Abfall bereits dann vor, wenn entweder der subjektive, oder der objektive Abfallbegriff erfüllt ist (VwGH 28.11.2013, 2010/07/0144).
Wie festgestellt, hat der Beschwerdeführer den Baggerlader, den PKW Mitsubishi Colt sowie die Kühlschränke auf die Grundstücksfläche gestellt, um sie durch eine Altwarenfirma abholen zu lassen. Er wollte sich somit der Gegenstände entledigen, sodass der subjektive Abfallbegriff erfüllt war. Nach der Rechtsprechung folgt bereits daraus, dass der Baggerlader, der PKW Mitsubishi Colt sowie die Kühlschränke als Abfall anzusprechen waren.
6.1.2. Zusätzlich war auch davon auszugehen, dass in Bezug auf den Baggerlader und den PKW Mitsubishi Colt der objektive Abfallbegriff erfüllt ist:
6.1.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass bereits eine Menge von 30 ml Bremsflüssigkeit, die aus einem Altfahrzeug bei auftretenden Undichtheiten in den unbefestigten Boden und ins Grundwasser sickern kann, geeignet ist, eine Gefährdung des Grundwassers und der Umwelt iSd § 1 Abs. 3 AWG 2002 herbeizuführen (VwGH 18.11.2010, 2007/07/0035). Zu betonen ist in diesem Zusammenhang auch, dass für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes keine konkrete Kontamination, sondern bereits die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern iSd § 1 Abs. 3 AWG 2002 ausreicht (vgl. VwGH 22.12.2005, 2005/07/0088).
Ein Altfahrzeug gilt nach den Bestimmungen der Altfahrzeugeverordnung erst dann als dem Stand der Technik entsprechend trockengelegt, wenn bei der Öffnung (durch Aufschrauben, Anstechen, Anbohren oder Aufschneiden, etc.) an einer beliebigen, jene in Anlage 1, Punkt 4.3, der Altfahrzeugeverordnung genannten Flüssigkeiten beinhaltenden Stelle, keine nennenswerten Flüssigkeiten austreten. Dies gilt insbesondere für Motor, Getriebe, Tank, Hydraulikstoßdämpfer, Kühler, Bremsanlage (inklusive Leitungen), Klimaanlage, Scheibenreinigungsbereich und Servobereich (Lenkung). Darüber hinaus sind die weiteren in Anlage 1, Punkt 4.1., 4.2., 4.4. und 4.5., der Altfahrzeugeverordnung genannten Behandlungsschritte zu setzen, damit ein Altfahrzeug (sowie dessen Teile) dem Stand der Technik als schadstoffentfrachtet gilt.
Der Baggerlader befand sich nun in einem sehr schlechten, nicht fahrbereiten Zustand, und war nicht ordnungsgemäß trockengelegt und schadstoffentfrachtet. So wies er unter anderem mit Öl verklebte Schläuche auf, von denen das Öl auch teilweise zu Boden auf das Erdreich getropft ist, sodass sich Ölflecke am Boden bildeten. Die oben genannten Voraussetzungen der Altfahrzeugeverordnung waren also nicht erfüllt, im Fahrzeug befanden sich zumindest noch zum Teil umweltgefährdenden Stoffe, welche auch teilweise bereits ausgetreten waren, sodass sich daraus zumindest die Möglichkeit einer Umweltgefährdung ergibt. Der objektive Abfallbegriff im Sinne der Rechtsprechung war deshalb erfüllt.
6.1.2.2. Der PKW Mitsubishi Colt befand sich, wie festgestellt, ebenso nicht in einem fahrbereiten Zustand und war seit 1.12.2016 nicht zur Verwendung auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zugelassen. Dem Gericht wurde auch nicht die (aufgetragene) Bestätigung vorgelegt, wonach der Mitsubishi mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand wieder hergerichtet werden kann. Für das erkennende Gericht mangelt es daher an der bestimmungsgemäßen Verwendung des Fahrzeuges, stellt denn die Transportfunktion den unbestrittenen Hauptgrund eines Fahrzeuges dar (vgl. LVwG NÖ 23.7.2021, LVwG-AV-822/001-2021). Weiters wurde auch kein Nachweis über die ordnungsgemäße Trockenlegung des Fahrzeuges dem Gereicht vorgelegt, sodass auch hier davon auszugehen war, dass sich im Fahrzeug noch Betriebsflüssigkeiten befinden, zumal es Sache des Beschwerdeführers gewesen wäre, präzise anzugeben, dass und aus welchen Gründen diese Annahme für den Beschwerdefall nicht zutrifft (vgl. VwGH 13.4.2000, 99/07/0155). Aus diesen Gründen war ebenso davon auszugehen, dass der objektive Abfallbegriff erfüllt ist.
6.2. Gem. § 15 Abs. 3 AWG dürfen Abfälle außerhalb von hierfür genehmigten Anlagen (Z 1) oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten (Z 2) nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.
Dass eine genehmigte Anlage im Sinne der Z 1 vorliegen würde, wurde im Verfahren nicht behauptet und hat sich auch nicht ergeben.
Im Übrigen ist ein Ort jedenfalls dann im Sinne der Z 2 geeignet, wenn durch die Sammlung, Lagerung oder Behandlung keine Schutzgüter im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG beeinträchtigt werden können und nicht gegen andere bundes-, landes- oder unionsrechtlichen Vorschriften verstoßen wird (vgl. Scheichl/Zauner/Berl, AWG 2002 (2015), § 15, Rz 18). Die Schutzgüter müssen nicht tatsächlich gefährdet bzw. beeinträchtigt werden, es genügt deren mögliche Gefährdung bzw. Beeinträchtigung (vgl. VwGH 28.4.2011, 2011/07/0088). Eine konkrete Gefahrensituation muss nicht nachweisbar sein (VwGH 20.3.2013, 2010/07/0175).
Der Baggerlader, der PKW Mitsubishi Colt sowie die Kühlschränke wurden auf losem Erdreich und somit nicht auf einer abgedichteten Fläche abgestellt. Dabei handelt es sich nicht um eine geeignete Lagerfläche für die genannten Gegenstände, kann denn gerade nicht ausgeschlossen werden, dass es zu einer Kontamination des Erdreiches und damit einer Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen des Gewässer- und Bodenschutzes kommt. So haben sich, wie festgestellt, etwa unter dem Baggerlader bereits Ölflecke auf der Erde gebildet. Da auch der PKW sowie die Kühlschränke nicht vollständig schadstoffentfrachtet waren, erweist sich eine Lagerung auf einem Erdboden fallbezogen nicht als geeigneter Ort im Sinne des § 15 Abs. 3 Z 2 AWG 2002.
6.3. Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer Abfälle außerhalb einer hierfür genehmigten Anlage sowie an einem nicht dafür geeigneten Ort gelagert hat. In Bezug auf Spruchpunkt 1. bis 3. des angefochtenen Straferkenntnisses war der belangten Behörde daher nicht entgegenzutreten, hat denn der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand jeweils erfüllt.
6.4. Zum Verschulden ist auf § 5 Abs. 1 VStG zu verweisen, wonach zur Strafbarkeit gegenständlich fahrlässiges Verhalten genügt. Umstände, die die Schuld ausgeschlossen hätten, sind nicht hervorgekommen. Zwar wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer angesichts seines Alters Schwierigkeiten hätte, seine Dinge wahrzunehmen; Dies rechtfertigt jedoch nicht, automatisch einen Schuldausschließungsgrund anzunehmen, zumal substantiiertes Vorbringen, wonach tatsächlich von einem die Schuld ausschließenden Zustand auszugehen gewesen wäre, nicht gemacht wurde. Die Tat in Bezug auf Spruchpunkt 1. bis 3. des Straferkenntnisses war dem Beschwerdeführer daher auch subjektiv vorwerfbar.
6.5. Zu den gelagerten Altreifen und Kompletträdern ist auszuführen, dass die belangte Behörde dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses vorgeworfen hat, die Altreifen und Kompletträder würden gefährlichen Abfall darstellen. Dementsprechend hat sie ihn unter Anwendung der Bestimmung des § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 bestraft. Dazu ist auszuführen, dass Altreifen nach dem Abfallverzeichnis dann als gefährlicher Abfall einzustufen sind, wenn sie gefährlich kontaminiert sind (vgl. SN 57502 des Abfallverzeichnisses). Dazu liegen aber, wie festgestellt, keine Hinweise vor. Der Beschwerdeführer hat daher diese ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb Spruchpunkt 4. zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Umfang gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen war.
7. Zur Strafhöhe:
7.1. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde hat über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von € 425,- pro Spruchpunkt verhängt. Dabei hat sie die jeweils für eine Übertretung des § 79 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 vorgesehene Mindeststrafe von € 850,- um die Hälfte unterschritten und dies mit dem Geständnis des Beschwerdeführers in dessen Rechtfertigung begründet. Auch wenn sich im Straferkenntnis dazu keine näheren Ausführungen finden und insbesondere auch die gesetzliche Bestimmung dazu nicht angeführt wurde, kann dies inhaltlich nur so verstanden werden, als hätte die belangte Behörde von § 20 VStG, der die außerordentliche Strafmilderung regelt, Gebrauch machen wollen. Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungs- gegenüber der Erschwerungsgründe, wie es § 20 VStG fordert, war für das erkennende Gericht zwar nicht ersichtlich; Dem Gericht war es aber ebenso verwehrt, über den Beschwerdeführer eine höhere Strafe zu verhängen.
Angesichts der hohen Bedeutung des geschützten Rechtsguts, nämlich des Gesundheits- und Umweltschutzes, kommt ein vollständiges Absehen von der Strafe im Sinne des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG – allenfalls unter Erteilung einer Ermahnung – gegenständlich nicht in Betracht.
Die Beschwerde war im Ergebnis im Hinblick auf die Spruchpunkte 1. bis 3. des Straferkenntnisses abzuweisen.
8. Zu den Kosten des Verfahrens:
Da Spruchpunkt 4. des Straferkenntnis behoben wurde, waren die Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG neu festzusetzen. Die Kosten für das gerichtliche Verfahren ergeben sich aus § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG, wonach ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben ist, wenn eine Beschwerde als unbegründet abgewiesen wird.
9. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Schlagworte
Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Verwaltungsstrafe; Abfall; Lagerung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2021:LVwG.S.1944.001.2021Zuletzt aktualisiert am
17.01.2022